16.39

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Ich möchte mich im Rahmen dieses Tagesordnungspunktes nur kurz mit der eigenartigen Doppelstrategie unseres Landes im Umgang mit unse­rem Nachbarland Ungarn auseinandersetzen: Auf der einen Seite wird Bundes­kanzler Nehammer nicht müde, auf die neuen Kooperationen mit Ungarn hinzuweisen, auf der anderen Seite machen wir beim Kanon des EU-Establish­ments auf der europäischen Ebene komplett mit. Wir sind bei allen Sank­tionen gegen Ungarn dabei. Ich verstehe nicht, warum man eine traditionelle Freundschaft mit unserem Nachbarland, mit dem wir wirklich eine ge­meinsame Geschichte haben, genau über diese Ebene so nachhaltig zerstört.

Wenn wir uns genau anschauen, was da gerade mit Ungarn passiert, dann sehen wir, dass es doch genau das ist, was auch Sie, Herr Bundesminister, im­mer wieder im außenpolitischen Kontext kritisieren: Es ist doch eine Einmi­schung von außen in innere Angelegenheiten. Das ist doch das, was die Europäische Union in Ungarn gerade macht, weil es dort eben einen mit überwältigender Mehrheit gewählten Ministerpräsidenten gibt, der nicht den Interessen der Europäischen Union folgt, sondern in erster Linie seine Landsleute in den Fokus seiner Politik stellt. Ich denke, gerade das ist auch die Verpflichtung von im Land gewählten Politikern – und nicht, dem EU-Establishment alles nachzuhopsen. Wenn man sich anschaut, mit welchem Zynismus das gerade gemacht wird und welchen Zynismus auch die sozialdemokratische Vizepräsidentin des Parlaments an den Tag legt, dann sieht man ja, was das Ziel dahinter ist, denn sie wird nicht müde, zu erzählen, dass die Ungarn dieses Geld – diese 7,5 Milliarden Euro, von denen sie jetzt ei­nen kleinen Teil bekommen – ja wirklich brauchen.

Wenn wir, Herr Bundesminister, einen Blick über die Grenze machen, dann se­hen wir, dass wir in Ungarn gerade bei den Lebensmitteln Teuerungsraten im Bereich von 20 Prozent haben, dann sehen wir, dass die Währung dort ganz massiv unter Druck geraten ist, nicht zuletzt auch deswegen, weil es ganz massive Währungsspekulationen gegen den Forint gibt. Auch die Zinsentwick­lung ist dort natürlich entsprechend alarmierend. Das heißt also, um dem Willen der Europäischen Union zu entsprechen, spielt man mit dem Schicksal eines EU-Mitgliedslandes. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das kann doch wohl nicht Sinn und Zweck des europäischen Miteinanders sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Gleiche spielt man jetzt übrigens auch in Polen, das gleiche Spiel kann man auch dort betrachten. Dort läuft es ein bissl anders. Den Polen hat man seitens der Europäischen Kommission versprochen, dass, wenn sie alles mittra­gen und mitbefeuern, was im Zusammenhang mit dem Ukrainekonflikt pas­siert, dieser Rechtsstaatlichkeitsmechanismus natürlich auch nicht auf Polen an­gewandt wird. Sie haben alles mitgemacht, was man ihnen sozusagen aufoktroyiert hat, zum Schluss haben sie ihr Geld trotzdem nicht bekommen. Warum? – Auch da ist man draufgekommen, dass in Polen nächstes Jahr Parlamentswahlen anstehen, man eigentlich dort die PiS-Partei nicht mehr haben möchte und man vor allem auch einen in der Europäischen Union auf Lager hat, den man dort eh schon jahrelang zwischenversorgt hat: Herrn Tusk.

Da ist auch interessant zu wissen, dass es offensichtlich auch ein Übereinkom­men gibt, dass Herr Tusk mit den Geldkoffern aus Brüssel in Polen landen darf. Da versucht man nichts anderes seitens der Kommission, als auch dort eine gewählte Regierung wegzuputschen. Herr Bundesminister – noch einmal –, mich würde interessieren, wie Sie in diesen Zusammenhängen bei Ungarn und Polen die Einmischung von außen sehen, die Sie in vielen anderen Berei­chen teilweise auch zu Recht kritisieren.

Wenn man sich diesen Rechtsstaatlichkeitsmechanismus anschaut und ins­besondere auch, worauf der zum Beispiel in Ungarn abzielt, dann sieht man, dass es eine nicht funktionierende oder eine schlecht funktionierende Justiz, die Bestechlichkeit und die Einflussnahme auf die Medien sind. Ich möchte Sie übri­gens darauf aufmerksam machen, dass der EU-Beitrittskandidat Ukraine in den letzten Tagen ein Mediengesetz sondergleichen verabschiedet hat, in dem es wirklich nur um massive Zensur geht. Da hat man übrigens gesagt, man möchte mit der Europäischen Union gleichziehen. Das gehört auch einmal separat diskutiert.

Dieser Rechtsstaatlichkeitsmechanismus, der da zur Anwendung kommt, ist ja doch nichts anderes als ein Gummiparagraf, den man dazu verwendet, um in den entsprechenden Ländern Einfluss zu nehmen.

Wenn Ihnen diese Beispiele noch immer nicht reichen und da Kollege Lopatka gerade vorhin gesprochen hat – ich weiß nicht, wo er jetzt gerade ist –, dann muss man doch zumindest als Österreicher, als gelernter Österreicher auf das Jahr 2000 zurückblicken. Damals hat man doch nichts anderes gemacht. Zumindest die ÖVP sollte wissen, was damals über die Sozialistische Internationale passiert ist. Da hat es massive Nestbeschmutzung gege­ben. Da mussten wir dann nachweisen, dass bei uns alles in Ordnung ist, dass wir jetzt nicht irgendeine rechtsradikale Regierung oder sonst irgendetwas ha­ben. Wir hatten die drei Weisen im Land, auch wir sind sanktioniert worden, wir sind international geschnitten worden. Das ist doch alles noch nicht so lange her, daran muss man sich ja erinnern können. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Wie gesagt, ich finde es schwach, dass die österreichische Außenpolitik mit einem Österreich historisch langjährig verbundenen Nachbarn so umgeht, dass wir keine klare Kante zeigen, wie wir es in vielen oder in manchen anderen Bereichen zumindest dann tun, wenn es für die ÖVP politisch opportun ist.

Ich bin der Ansicht, wir sollten als zumindest derzeit stärkerer Nachbar auf jeden Fall Partei für die Ungarn ergreifen, wir sollten diesem Spiel ein Ende berei­ten, und – noch einmal – wir sollten ganz gezielt darauf hinweisen, dass es nicht die Aufgabe der Europäischen Kommission sein kann, in die innenpolitischen Fragen anderer Länder nur deshalb einzugreifen, weil einem halt da oder dort ein politisches System oder eine politische Entwicklung nicht gefällt. (Beifall bei der FPÖ.)

16.44

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Bayr. – Bitte.