10.50

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Die Frau Bundesministerin hat es ange­sprochen: Es geht heute um das Stromkostenzuschussgesetz, diese Novelle, die gestern sehr spät vorgelegt worden ist. Ich denke aber, es geht doch um ein wenig mehr.

Es ist schon symptomatisch, was hier wieder passiert ist – mein Kollege Gerald Loacker hat es auch ausgeführt –: Diese Bundesregierung hat ihr Pulver einfach verschossen. Türkis und Grün bilden nur mehr eine Zweckehe, und ehrlich gesagt wirkt es ein wenig so, als könnten sie einander nicht mehr leiden. (Abg. Rössler: Das stimmt nicht!) Was sie auf jeden Fall nicht schaffen, ist, dass sie noch irgendwie zu Lösungen kommen. Es ist eine Zweckehe mit einem Blick, mit einem Ziel, und der Blick geht immer wieder auf die Umfragewerte, und da bleibt man dann halt doch besser zusammen.

Dieser Antrag in letzter Minute ist eben wieder das, was er ist: Er ist ein Pflaster, er ist eine weitere Gießkanne, die tatsächlich so nicht funktionieren wird. Das Einzige – und das muss man schon sagen, da es ja offenbar keine wirklich tief­greifenden und nachhaltigen Lösungen mehr gibt –, was diese Bundesregierung noch wirklich gut kann, ist, Geld auszugeben. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Wurm. – Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

Es wird nun ein weiteres Loch in diese eh schon so große Gießkanne gebohrt. Sie müssen es ja nicht mir glauben, Sie brauchen nur das Interview mit Dr. Felbermayr zu lesen, Sie müssen sich nur anschauen, was nicht nur das Wifo, sondern was auch die Oesterreichische Nationalbank in ihren Studien sagt. Oder schauen Sie, was die EU-Kommission sagt: Österreich hat viel mehr Geld ausgegeben als alle anderen Länder in der EU! Und was ist passiert? – Wir sind schlechter durch diese Krise gekommen als alle anderen. Das ist wirklich das, was eigentlich picken bleiben muss: Wir haben im EU-Schnitt mehr Geld ausgegeben als die anderen, und wir sind schlechter durch diese Krise gekom­men! (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Erasim.)

Gehen wir noch einmal auf das Stromkostenzuschussgesetz, auf diese Novelle ein: Worum geht es? – Es geht in Wahrheit um zwei Punkte: Es geht darum, dass man großen Haushalten mehr Geld zugestehen will. Es ist natürlich klar, dass große Familien mehr Geld brauchen, aber ganz im Ernst, meine Damen und Herren: nicht alle! Es fehlt in dieser Novelle schon wieder die soziale Treffsicher­heit. Das ist einfach wirklich schwierig, denn damit zahlen Sie Familien, die ein sehr hohes Familieneinkommen haben, tatsächlich mit Steuern von Familien, die ein kleineres Einkommen haben, diese Förderung, und das kann es eigentlich nicht mehr sein. (Beifall bei den NEOS.)

Der zweite Punkt wurde auch schon angesprochen: Da geht es darum, dass man kleinere Gewerbebetriebe oder auch Bauernhöfe, die vielleicht nur einen Zähler haben, wo sozusagen das Gewerbe dort betrieben wird, wo man lebt – man lebt dort und gleichzeitig arbeitet man dort –, unterstützt. Auch da soll mehr Geld ausgegeben werden. Wir haben uns das ein wenig angeschaut, meine Damen und Herren: Die Landwirtschaft hat in letzter Zeit einige Förderungen bekom­men. (Beifall des Abg. Eßl.) Ich sage nur: Stromkostenzuschuss: 120 Millionen Euro; Agrardiesel: 30 Millionen Euro; Teuerungsausgleich: 110 Millionen Euro. 284 Millionen Euro wurden in diesem Bereich bereits ausgegeben, meine Damen und Herren, und die Hilfen überschneiden sich! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Hilfen überschneiden sich. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Ich finde es wirklich absurd, dass die ÖVP jetzt auch noch klatscht. Sie wissen doch überhaupt nicht mehr, was Sie schon beschlossen haben und wofür Sie noch Geld ausgeben, meine Damen und Herren! Haben Sie überhaupt noch einen Überblick? (Beifall bei den NEOS.)

Ich meine, es ist schon klar: Bei so vielen Förderungen kann man schon einmal ein wenig den Überblick verlieren. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.) Man hat es ja auch bei Kollegen Wöginger gesehen (Abg. Hörl: Begeistert von Ihrer Rede!), dass er wirklich nicht mehr weiß, was Sie schon alles entschieden haben.

Das Gleiche passiert übrigens bei den kleinen Gewerbebetrieben. Erst gestern haben wir für diese im Budgetausschuss über eine zusätzliche Förderung, eine zusätzliche Maßnahme entschieden, und heute kommt schon die nächste! Auch da überschneiden sich die Maßnahmen wieder. Das heißt: Doppelförderungen, Dreifachförderungen, da ist die Tür einfach weit offen. (Abg. Meinl-Reisinger: Viel zu weit!)

Es ist tatsächlich so, dass Sie in diesem Land überfördern, und diese Überför­derung hat auch noch einen anderen Nachteil – und auch das sagen die Zahlen, das ist inzwischen festgestellt, festgeschrieben und analysiert worden: dass Sie mit diesen Überförderungen, die Sie die ganze Zeit betreiben, in Österreich nur eines schaffen: Sie treiben die Inflation nach oben! (Beifall bei den NEOS.)

Die Kerninflation, meine Damen und Herren, ist in Österreich um 2,4 Prozent höher als im EU-Durchschnitt. Und warum? – Weil diese Regierung so viele Überförderungsmaßnahmen setzt. Das ist unverantwortlich! (Beifall bei den NEOS.)

Ich möchte auch noch darauf zurückkommen, was wir NEOS tun würden, denn natürlich wollen auch wir niemanden im Regen stehen lassen (Abg. Schnabel: 20 Milliarden Umweltsteuer...!), und natürlich geht es darum, dass man Haushalten mit geringerem Haushaltseinkommen treffsicher hilft – aber eben treffsicher.

Es geht auch darum, dass man Unternehmen hilft. Natürlich muss geschaut werden, dass zum Beispiel energieintensiven Unternehmen, die im internatio­nalen Wettbewerb stehen, geholfen wird, dafür sind wir – aber eben nicht allen Unternehmerinnen und Unternehmern, die es vielleicht gar nicht brauchen. Das ist der große Unterschied.

Es braucht auch, Frau Bundesministerin, ein wenig mehr Willen beim Ausbau der Erneuerbaren. Wir sind da in der Zielsetzung ganz bei Ihnen: Es ist so, dass die Erneuerbaren ausgebaut gehören, und es ist so, dass da investiert werden muss. Aber wir hören halt sehr viele Überschriften, und tatsächlich fehlen die ganz, ganz wichtigen Gesetzesblöcke. Erneuerbare Energien sind Freiheitsenergien, da müssen wir investieren, da müssen wir etwas tun, wir brauchen dazu aber die notwendigen Gesetze, damit sich die Unternehmerinnen und Unternehmer und auch die Menschen darauf einstellen können, was passiert; und das fehlt. Da wünschen wir uns mehr als Überschriften und Ankündigungen.

Weil wir ja von dieser schönen Zweckehe gesprochen haben, mein letzter Punkt: Diese Zweckehe muss jetzt tatsächlich wiederbelebt werden, denn Sie schaffen es nicht, endlich Maßnahmen auf den Tisch zu legen, die uns wirklich nach vorne bringen. Sie müssen diese Gießkanne wegpacken, Sie müssen Maßnahmen bringen, die uns nach vorne in die Zukunft führen. Wenn Sie das in dieser Zweckehe – denn mehr ist es nicht – nicht schaffen, dann sollten Sie sie überdenken und eventuell auch auflösen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

10.56

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Voglauer. – Bitte.