11.01

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Es ist eine große Ehre, hier in diesem historischen Haus, im Herzen der Demokratie, sprechen zu dürfen, aber auch eine große Verantwortung, die mit dieser Ehre einhergeht. Dessen bin ich mir sehr bewusst. Es ist eine Verantwortung, aber auch eine Verpflichtung, sich für die Ängste und Sorgen der Menschen stark zu machen und hier stellvertretend für viele zu sprechen. Diese Verantwortung ist aber leider anscheinend nicht allen hier bewusst, das habe ich bei meinen Vorrednerinnen und Vorrednern sehr klar gehört.

Herr Abgeordneter Wöginger ist leider gerade nicht im Saal. (Abg. Wöginger betritt den Sitzungssaal. – Zwischenrufe bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) – Er ist wieder hier. Herzlich willkommen! Sie erklären immer nur, wo es noch schlechter läuft. Was ist denn Ihr Anspruch an Sie selbst? Man muss sich doch an den Besten der Welt orientieren, um den Menschen unter die Arme zu greifen zu können. (Beifall bei der SPÖ.) Wie verzweifelt muss man sein, damit man die von den Gewerkschaften erkämpften Gehaltserhöhungen als die wesentliche Entlastungsmaßnahme seitens der Regierung hervorhebt? (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Tanja Graf und Jeitler-Cincelli.) Es ist ja wirklich unglaublich, dass das hier als Regierungscoup präsentiert wird. (Beifall bei der SPÖ.)

In wirklich unzähligen Gesprächen kommt eines ganz klar heraus: Die Menschen haben Angst vor der Zukunft, weil sie sich ihr Leben nicht mehr leisten können, weil sie sich ihre Stromrechnung, ihre Gasvorschreibung, das Holz, die Pellets für ihre Öfen nicht mehr leisten können. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Wenn Mindest­pensionist:innen ihr gesamtes Monatseinkommen für Vorschreibungen aufwen­den müssen, die Schlangen bei den Sozialmärkten immer länger und länger werden, dann können Sie das von dieser Stelle aus nicht wegquatschen (Beifall bei der SPÖ) – Entschuldigung, dass ich das jetzt so sagen muss! –, dann müssen Sie handeln.

Eltern, Leute, die früher zur florierenden und breiten Mittelschicht gehört haben, schenken ihren Kindern Pullis und Decken zu Weihnachten, nicht weil die sich das gewünscht haben, sondern weil sie sich die Energiepreise nicht mehr leisten können. (Zwischenruf der Abg. Tanja Graf.) Wenn Sie sich dann hierherstellen und sich für all das abfeiern, was Sie – auch wenn Sie es hier glorifizieren – nicht leisten, bleibt mir fast der Atem weg. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie übermitteln spätabends Anträge, und dieser Antrag strotzt vor all dem, was mich an Schwarz-Blau I erinnert, nämlich vor einem gewissen Unwillen, gepaart mit einer Unfähigkeit, hier wirklich auf breiter Basis Gesetze zu machen.

Da frage ich mich schon, geschätzte Regierung: Was machen Sie eigentlich beruflich? Wenn Sie sich hierherstellen und das nächste Bürokratiemonster zur Welt bringen, frage ich mich, was Sie eigentlich beruflich machen. Fünf Ministerien sind da involviert, und man merkt ganz klar, dass auch innerhalb der Koalition die Eintracht nicht so ist, wie hier geschauspielert wird, geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Man glaubt, da werden die Zuständig­keiten ausgewürfelt oder in Niederösterreich nach einem langen Wahlkampf­abend bei einem Glaserl DAC ausgeschnapst. Man ist sich da nicht wirklich einig, und in dieser Zeit galoppiert uns die Inflation weg.

Warum schmieden Sie nicht Allianzen, um die bereits voranschreitende Ver­armung der früher so breiten und florierenden Mittelschicht zu verhindern? (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Im Gegensatz dazu lassen Sie zu – ja, Kollege Hörl, auch Sie lassen es zu –, dass die Energieallianz ihre AGBs ändern kann, sodass ab 1. April der Optimatarif auf fast 60 Cent erhöht wird. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Ja, da spreche ich jetzt auch als niederösterreichische Abge­ordnete. Sie sehen zu, wie unter der Federführung von Mikl-Leitner Fanta­siepreise zustande kommen und Energiekonzerne sich mehr Gedanken darüber machen müssen (Abg. Hörl: Ihr Bürgermeister!), wie sie Geldspeicher bauen, anstatt über Gasspeicherstände nachzudenken, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Tanja Graf.)

Also raus aus Meritorder! Eine ordentliche Übergewinnabschöpfung muss her, genauso wie ein Energiepreisdeckel, ein temporäres Aussetzen der Mehr­wertsteuer auf Lebensmittel und ein Mietpreisstopp! Orientieren Sie sich endlich an den Besten der Welt! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Nehmen Sie sich Spanien als Beispiel! Dort hat man schon im vergangenen Frühjahr all das getan, was so bitter und dringend notwendig ist. (Zwischenrufe bei Abgeordneten der ÖVP.)

Hören Sie auf – Ihre Aufregung gibt mir ja recht (Abg. Zarits: Welche Aufregung? Das ist Ihre eigene Aufregung!) –, Erfüllungsgehilfen der ÖVP Niederösterreich zu spielen! Emanzipieren Sie sich! So viele gescheite Leute sitzen hier herinnen. Krempeln wir gemeinsam die Ärmel auf und verhandeln wir Gesetze, die den Menschen wirklich helfen! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.07

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Totschnig. – Bitte.