13.43
Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Nehammer, ich nehme Ihre Entschuldigung, was den Gesetzesübermittlungsprozess betrifft, natürlich zur Kenntnis, ich glaube sie halt nur bedingt, denn wenn eine Tageszeitung bereits um 19 Uhr darüber berichtet, aber Abgeordnete erst um 21 Uhr das Gesetz übermittelt bekommen, dann zeigt das die Wertigkeit und dann zeigt das letztendlich die Wertschätzung und dann glaube ich Ihnen diese Entschuldigung nur bedingt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Scherak.)
Und zum Martinsfest vielleicht auch noch eine Anmerkung: Ist eh nett, aber Sie teilen nicht Ihren eigenen Mantel, sondern Sie teilen das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zarits: Sagt der Sozi!)
Wir erleben leider tagtäglich, dass sich viele Menschen ihr Leben in den unterschiedlichsten Bereichen nicht mehr leisten können. Ich gehe ja prinzipiell davon aus, dass auch ihr Mails bekommt; bei mir sind es nicht nur Mails, sondern ich bin auch Bürgermeister und erlebe das tagtäglich auch in meinen Sprechstunden, dass Menschen kommen und sagen, dass sie sich ihr Leben nicht mehr leisten können. Unsere Parteivorsitzende hat schon einen Bereich angesprochen, nämlich den geförderten Wohnbau.
Ich möchte Ihnen, Herr Bundeskanzler, auch wenn Sie jetzt fortgehen (Bundeskanzler Nehammer verlässt den Saal) – vielleicht wäre es doch nicht schlecht, wenn Sie zuhörten –, diesbezüglich zwei Mails von zwei unterschiedlichen Damen vorlesen.
Eine schreibt mir: Ich wohne im nördlichen Niederösterreich in einer kleinen Gemeinde, habe keine gute direkte Verbindung zu öffentlichen Verkehrsmitteln, circa 50 km von Wien entfernt. Durch die neue, enorme Zinserhöhung bin ich mit der neuen Miete 2023 von 786 Euro auf 927 Euro hinaufgesetzt worden. Wahrscheinlich kommt mit der Jahresabrechnung noch etwas dazu, sodass ich möglicherweise auf einen Mietpreis von insgesamt 1 000 Euro komme. – Zitatende.
Eine zweite Dame – und ich habe auch noch viele andere Beispiele, aber leider nicht so viel Redezeit – aus dem Waldviertel schreibt mir: Unsere Mieten im Waldviertel werden aus genannten Gründen zwischen 35 und 40 Prozent erhöht. Ich als Pensionistin zahlte bis voriges Jahr 435 Euro und jetzt, mit 1.1.2023, 618 Euro. Wie soll ich beziehungsweise sollen wir das finanzieren? Mir persönlich bleiben nach Heizung, Miete, Versicherung und so weiter gerade einmal 195 Euro zum Leben. – Zitatende.
Und das ist der geförderte Wohnbau, von dem wir immer sprechen. Was ist der Grund, warum die Mieten so ansteigen? Das hat natürlich in erster Linie damit zu tun, dass die Europäische Zentralbank den Leitzins erhöht hat und sich das somit automatisch durch das WGG auf die Mieten der Mieterinnen und Mieter niederschlägt.
Das hat aber noch einen anderen Grund, und der hat auch mit der ÖVP und auch mit der FPÖ zu tun, denn bis zum Jahr 2018 gab es die sogenannte Wohnbauinvestitionsbank. Diese hätte nämlich dafür gesorgt, dass mit stabilen Krediten, mit stabilen Zinsen die Mieten kalkulierbar und niedrig bleiben. Von wem wurde sie abgeschafft? – Von Kurz und Strache, von ÖVP und FPÖ wurde diese Wohnbauinvestitionsbank abgeschafft und dafür gesorgt, dass sich die Menschen die Mieten nicht mehr leisten können. (Beifall bei der SPÖ.)
Was wir in diesem Bereich brauchen, ist erstens einmal eine Zweckwidmung der Wohnbauförderung, damit das Geld auch wirklich dort ankommt. Es soll ja angeblich auch Finanzlandesräte, die heute Präsidenten sind, gegeben haben, die mit Wohnbaugeldern spekuliert haben. Und wir brauchen die Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank. Interessant ist ja, dass Frau Ministerin Schramböck im Jahr 2020 angekündigt hat, dass die Wohnbauinvestitionsbank wieder eingeführt wird. Ich frage mich nur: Wo ist sie? – Jetzt nicht Frau Minister Schramböck, sondern die Wohnbauinvestitionsbank. (Heiterkeit der Abgeordneten Leichtfried und Rendi-Wagner.) Wo ist diese Wohnbauinvestitionsbank? (Beifall bei der SPÖ.) – Ankündigungen zahlen keine Stromrechnungen, Ankündigungen zahlen keine Heizungsrechnungen, Ankündigungen machen keinen Lebensmitteleinkauf und Ankündigungen zahlen auch keine Miete. (Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.)
Deshalb stelle ich abschließend den Antrag – und das wäre ein Elchtest für die Regierungsparteien, ob sie es ernst meinen oder nicht; mich hätte auch sehr interessiert, ob der Bundeskanzler eine Antwort auf dieses Problem hat, aber er ist halt lieber zum Telefonieren hinausgegangen –, deshalb stelle ich folgenden Entschließungsantrag:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank (WBIB)“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft sowie der Bundesminister für Finanzen werden ersucht, eine Regierungsvorlage auszuarbeiten und dem Nationalrat zuzuleiten, die die Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) vorsieht.“
*****
Schön, dass Sie wieder da sind. (Bundeskanzler Nehammer: Ich war am Klo!) – Ja. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strasser: Applaus für den Bundeskanzler!)
13.48
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abg. Andreas Kollross, Mag. Ruth Becher
Genossinnen und Genossen
betreffend Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank (WBIB)
eingebracht im Zuge der Debatte zum Dringlichen Antrag der Abg. Dr. Pamela Rendi-Wagner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Teuerung weiter auf Rekordniveau, Insolvenzen steigen: Bekämpfen wir die Inflation und senken die Preise. Tun wir es für die Menschen und die Unternehmen in Österreich, Herr Bundeskanzler!
Das Konjunkturpaket 2015 der damaligen SPÖ-ÖVP-Regierung stellte zur Schaffung von leistbarem Wohnraum Mittel für den Bau von zusätzlichen 30.000 Wohnungen bereit, welche damals am Kapitalmarkt nur zu vergleichsweise hohen Konditionen besorgt werden konnten (siehe Ministerratsbeschluss vom 24. März 2015).
Dadurch sollte leistbarer Wohnraum für rund 68.000 Bewohner*innen über einen Zeitraum von fünf bis sieben Jahren sowie siedlungsbezogene Wohn-Infrastruktur errichtet werden. Insgesamt war damals von einem Investitionsvolumen von 5,75 Milliarden Euro ausgegangen worden, davon 5 Milliarden Euro für die Wohnraumschaffung und 750 Millionen Euro für siedlungsbezogene Wohn-Infrastruktur, finanziert über die gesetzliche Erweiterung des Geschäftskreises von Wohnbaubanken. Der vom Bund garantierte Teil der Gesamtfinanzierung betrug 500 Millionen Euro von insgesamt 5 Milliarden Euro. Durch die Haftungsübernahme des Bundes für ein EIB-Globaldarlehen über 700 Millionen Euro (davon 500 Millionen Euro bundesbehaftet) sollte die Finanzierung und Investitionstätigkeit im Wohnbau angeregt werden.
Die EIB-Mittel wären über die „Wohnbauinvestitionsbank“ (WBIB), die im Eigentum der Wohnbaubanken und Bausparkassen gestanden wäre, an gemeinnützige oder gewerbliche Bauträger direkt zu den Nutzern in Form langfristig leistbarer Mieten weitergeleitet worden.
Genau diese WBIB, die unter der Regierung Kurz-Strache liquidiert wurde, fehlt jetzt, da die Zinsen wieder steigen und so manche Wohnbaugenossenschaft die steigenden Zinsen direkt an ihre Mieter*innen weitergibt. Mit den billigeren Krediten der WBIB könnte dies verhindert werden.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft sowie der Bundesminister für Finanzen werden ersucht, eine Regierungsvorlage auszuarbeiten und dem Nationalrat zuzuleiten, die die Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) vorsieht.
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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher auch mit in Verhandlung.
Nun gelangt Herr Abgeordneter Christian Stocker zu Wort. – Bitte.