14.59

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte mich mit dem vorliegenden Dringlichen Antrag der SPÖ und auch mit meinem Vorredner, Herrn Kollegen Silvan, auseinandersetzen.

Sie haben in Ihrer Rede unter anderem Spanien als Vorbild angeführt, im Antrag selbst kommen Länder wie Frankreich, Spanien oder Portugal vor, und wir können ja trefflich darüber diskutieren, welche Maßnahmen wie wirken, und das ist ja auch der Sinn einer solchen Debatte. Ich möchte aber schon auf ein paar Fakten verweisen, weil Sie auch immer wieder Vergleiche anstellen, und ich will diese einfach einmal ergänzen.

Schauen wir uns die Arbeitslosenquote an! Spanien: 12,4 Prozent im abgelau­fenen Jahr, Frankreich: 7 Prozent, Portugal: 6 Prozent, Österreich: 5,6 Prozent. Der Vergleich macht uns hier sicher. Das Interessante ist: Selbst skandinavische Länder wie Schweden oder Finnland haben 2022 eine höhere Arbeitslosenquote gehabt als wir hier in Österreich – Faktum eins. (Abg. Taschner: Hört, hört!)

Faktum zwei: Schauen wir uns das Wirtschaftswachstum im abgelaufenen Jahr an! Deutschland: 1,6 Prozent, Vorbildland Frankreich: 2,6 Prozent, die Schweiz: 2,5 Prozent, Schweden: 2,9 Prozent und – jetzt kommt es – Österreich: 4,6 Prozentpunkte Wirtschaftswachstum (Abg. Meinl-Reisinger: Aber wir hatten ja auch einen stärkeren Einbruch!) im Jahr 2022. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Taschner: Hört, hört! – Abg. Meinl-Reisinger: Wir hatten einen deutlicheren Einbruch! Schweden hatte nicht so einen Einbruch! Das ist ja - -!)

Warum erwähne ich das? Vielleicht noch ein letztes Faktum für die Zusehe­rinnen und Zuseher: Ein wesentlicher Index im internationalen Vergleich (Abg. Meinl-Reisinger: Wir haben einen wesentlich stärkeren Einbruch gehabt durch die Lockdownpolitik, dann ist es klar, dass wir da einen Aufholeffekt haben!) ist das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist wieder verzerrend natürlich!), das beträgt in Österreich in etwa 54 000 US-Dollar, in Spanien 30 000 US-Dollar, in Portugal 25 000 US-Dollar. – So, das sind einmal wesentliche Fakten, um zu vergleichen, von welchen Voraussetzungen wir hier überhaupt sprechen.

Ich denke, es ist sehr wichtig, auf den Antrag selber noch einmal einzugehen und sich anzuschauen, was denn die Sozialdemokratie fordert und welche Kritik sie gleichzeitig an uns richtet. Die Kritik richtet sich unter anderem an das Gießkannenprinzip bei den Einmalzahlungen et cetera – man kann das auch nehmen, man kann das auch diskutieren. Das ist nur insofern interessant, als Sie zum Beispiel ein Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs fordern. Zugegebenermaßen klingt das einmal sehr populär und einfach: Machen wir das einfach, alles wird 10 Prozent billiger! Ob das dann so ist, wage ich zu bezweifeln, aber was es auf jeden Fall ist: ein System der Gießkanne, denn egal, wie viel Sie verdienen, Sie werden davon profitieren. (Beifall bei der ÖVP. –Zwischenruf des Abg. Kollross.) – Das habe ich ja gerade gesagt, aber Sie fordern etwas, das Sie selber quasi gerade kritisiert haben. (Abg. Matznetter: Nein! Er versteht es immer noch nicht! Es kauft ein Millionär ... Lebensmittel ...! – Abg. Haubner: Matznetter, pass auf, da kannst was lernen! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Zum Zweiten fordern Sie das Einfrieren von Richtwertmieten. Es wurde ja schon des Öfteren hier erwähnt, meine Damen und Herren, die Stadt Wien – und das ist kein Wienbashing, sondern das ist einfach ein Faktum – ist der größte Immobil­ienbesitzer Europas (Ruf bei der SPÖ: Das stört euch!) – mich stört es nicht, aber es ist einfach ein Faktum –, über 220 000 Wohnungen, über 500 000 Menschen wohnen in Wien in einer Wiener Gemeindewohnung, und Sie brauchen keine Gesetzesänderung, um die Mieten zu senken oder auch in Wien die Gebühren einzufrieren und nicht zu erhöhen, so wie es der Bund gemacht hat.

Ich will damit nur dokumentieren, meine sehr geehrten Damen und Herren Zuseherinnen und Zuseher, dass da auf der einen Seite Dinge gefordert werden, die man aber auf der anderen Seite nicht umsetzen will. Es gibt vielleicht auch die eine oder andere Begründung, warum die Stadt Wien da sehr zurückhaltend ist. Ich frage mich: Warum? (Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Es gibt natürlich große Herausforderungen, diese Gemeindewohnungen, wie übrigens auch Altbau­wohnungen, auf den Stand der Zeit zu bringen. Wir leben in einer Zeitenwende, auch was die Energiewende betrifft, wir wollen unabhängiger werden, wir wollen sanieren, wir wollen die Qualität für die Mieterinnen und Mieter steigern, ja, und das bedarf natürlich Investitionen. Also die Stadt Wien ist deshalb auch zurück­haltend, weil sie weiß, dass genau diese Maßnahmen, die notwendig sind, viel Geld kosten werden. Aber noch einmal: Es liegt ja da in Ihrer Hand. Wenn Sie sagen: Wir wollen die Priorität so setzen!, können Sie das für eine halbe Million Menschen in Wien jederzeit tun. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es wurde ja schon einiges darüber gesprochen, welche Maßnahmen auch umge­setzt wurden, meine Damen und Herren. Die Abschaffung der kalten Pro­gression wurde erwähnt, die Senkung der Lohn- und Einkommensteuer im Rahmen der ökosozialen Steuerreform, die Valorisierung der Sozialleistungen, der Familien­bonus und vieles, vieles mehr.

Vielleicht zum Schluss an die Kolleginnen Meinl-Reisinger und Doppelbauer von den NEOS: Ich verstehe Ihren Diskussionsansatz in der Debatte. Wir haben, glaube ich, gestern den gleichen Artikel in einer Tageszeitung gelesen, der hat mich auch sehr beschäftigt: Inwiefern sind gewisse Maßnahmen, die wir setzen, inflationstreibend? Es ist natürlich – und so ehrlich müssen wir sein – für uns als Politiker eine Gratwanderung, auf der einen Seite dafür Sorge zu tragen, dass wir diese Teuerung abfedern, dass wir den Menschen helfen, und auf der anderen Seite mit Maßnahmen dafür zu sorgen – die Abschaffung der kalten Progression beispielsweise ist kaufkraftstärkend, und immer, wenn man die Kaufkraft stärkt (Abg. Loacker: Sie reduziert die Kaufkraftberaubung!) oder die Lohn- und Einkommen­steuer senkt, heißt das, der Bürger, die Bürgerin hat mehr Kaufkraft und wird wahrscheinlich auch mehr konsumieren –, dass natürlich wiederum die Nach­frage angetrieben wird.

Nachfrage ist auch ein Inflationstreiber, und dessen müssen wir - - (Abg. Meinl-Reisinger: Aber die Gießkanne ist die schlechteste!) – Ich habe jetzt nicht über die Gießkanne geredet, ich habe nur darüber gesprochen, und das ist natürlich das Interessante (Abg. Meinl-Reisinger: Kalte Progression hätten wir eh auch gemacht!), bei der Kerninflation müssen wir uns damit auseinandersetzen (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, kalte Progression hätten wir auch gemacht!), und es ist einfach auch ein Faktum, dass die wahnsinnig tolle Konjunktur, dass dieser Erfolg letztes Jahr, dass ein Teil dieses Erfolges natürlich auch dazu beigetragen hat, dass wir in der Kerninflation einen Auftrieb gehabt haben. Wir müssen es nur zu Ende disku­tieren und nicht nur halb, das wäre meine Bitte in diesem Zusammenhang. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Ein letzter Satz noch dazu, weil ja auch die geringe Treffsicherheit bei den Coronaförderungen, was die Unternehmen et cetera betrifft, erwähnt wurde und dass die Nationalbank festgestellt hat, dass die Eigenkapitalquote höher geworden ist und dass sozusagen auch der Cashbestand höher ist: Man kann natürlich jetzt über einzelne Dinge trefflich diskutieren – was war zielsicher, was weniger? –, aber das Fakt, dass die Eigenkapitalquote möglicherweise gestiegen ist – immer eine Forderung auch der Kolleginnen und Kollegen der NEOS, die ich unterstütze –, dass der finanzielle Polster überhaupt besser geworden ist, bedeutet, dass die Unternehmen in Österreich hoffentlich resilienter geworden sind (Abg. Meinl-Reisinger: Das schau’ ich mir an!) und am Ende dazu beitragen, dass wir gut durch die nächsten Monate kommen und möglichst viele Arbeits­plätze erhalten bleiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.06

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dr.in Dagmar Belakowitsch. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.