9.34
Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Werte Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Kein Kind darf Opfer werden. Ich bin davon überzeugt, dass das Thema der heutigen Aktuellen Stunde in uns allen Gefühle aufkommen lässt, die uns erschaudern lassen. Kinder als Opfer, das ist leider kein seltener Ausnahmefall mehr. Schätzungen zufolge werden 25 Prozent der Mädchen und wird jeder achte Bub einmal während der Kindheit beziehungsweise Jugend Opfer eines sexuellen Übergriffs. Das ist die tragische Realität.
Leider braucht es – wie so oft – einen prominenten Fall, damit diese Realität in den Fokus gerückt wird, darüber nachgedacht wird, dass wir noch viel mehr tun müssen und tun können, damit Kinder nicht Opfer werden. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Der Vorwurf des Besitzes von unzähligen Machwerken, in denen Kinder vergewaltigt werden – man muss es so benennen; das ist keine Kinderpornografie, das ist keine legale Geschichte, das ist eine Vergewaltigung von wehrlosen Kindern –, ist in diesem Fall offenbar eingestanden worden. Das Perfide am aktuellen Fall ist, dass es dann Menschen gibt, die das verharmlosen: Das war ja so eine Onlinegeschichte, er hat es ja nur gekauft! – Das ist bedrohlich, sehr geehrte Damen und Herren.
Man kann sich wohl kaum vorstellen, was die Kinder, die in diesen Machwerken dargestellt werden, an sexueller Gewalt erlitten haben. Jene, die diese Machwerke kaufen, herunterladen und anschauen, tragen unmittelbar dazu bei, dass die Zukunft von Kindern zerstört wird. Es macht schlichtweg keinen Unterschied, ob Kindern unmittelbar Gewalt angetan wird oder ob diese Gewalt ein Ausfluss der kommerziellen Ausbeutung von Kindern ist. Kurzum: Würde mit derartigen Machwerken nicht viel Geld verdient werden können, würde es diese nicht geben und würde es vielen Kindern besser gehen. Käuferinnen und Käufer derartiger Machwerke – insbesondere Käufer, da es zahlenmäßig tragischerweise vor allem Männer sind – sind also Mittäter.
In den zehn Jahren von 2012 bis 2022 hat sich die Zahl der angezeigten Straftaten wegen illegaler sexueller Darstellungen Minderjähriger mehr als verdreifacht. Die Dunkelziffer beträgt ein Vielfaches der angezeigten Straftaten. Es ist eigentlich nicht notwendig, klarzustellen, dass die SPÖ – wie jede andere Fraktion in diesem Hohen Haus – jede Art von Gewalt verurteilt, unabhängig davon, wer betroffen ist. Ausbeutung und Gewalt gegenüber wehrlosen Kindern stellt aber eine besonders kriminelle Art – ich würde sogar sagen Abartigkeit – dar. Jeder Ansatz, da eine Besserung zu bewirken, Frau Ministerin, ist zu begrüßen.
Den Ruf nach höheren Strafen kann ich bei solchen Taten absolut verstehen. Strafverschärfungen allein werden das Problem leider nicht lösen, das wissen wir aus vielen anderen Bereichen. Es sollte oberste Priorität haben, Gewalt und Missbrauch zu verhindern, bevor sie passieren. Das beginnt bei der Bewusstseinsbildung und der aktiven Prävention. Sogenannte Tabuthemen zu verdrängen, nicht wahrnehmen zu wollen, das geht einfach nicht. Es braucht engmaschigere Beratungs- und Gewaltschutzeinrichtungen, also sichern wir ihre Basisfinanzierung auch ab. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir fordern zudem einen permanenten Krisenstab, der die Zusammenarbeit von Innen- und Justizministerium und anderen im Gewaltschutz tätigen Organisationen verbessert. Speziell im Onlinebereich brauchen Justiz und Polizei auch mehr Expertinnen und Experten, damit Verdachtsfälle rasch geklärt und Täter ausgeforscht werden können. Im Büro Sittlichkeit und Kinderpornografie im Bundeskriminalamt arbeiten derzeit nur sechs Beamtinnen und Beamte. Wie sollen denn diese sechs Beamtinnen und Beamte allein den Zehntausenden Verdachtsfällen im Jahr ernsthaft nachgehen können?
Wichtig wäre aber auch – nicht zu vergessen! – die Arbeit mit Tätern. Wir müssen sie verbessern, wir müssen diese Gewaltspirale durchbrechen.
Es braucht also ein umfassendes Maßnahmenpaket zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Missbrauch. Setzen wir das so rasch es geht gemeinsam um, damit eben kein Kind mehr Opfer wird! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Steinacker und Wurm.)
9.39
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fürst. – Bitte sehr.