9.45
Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Das Kinderschutzpaket ist kein aufgrund des Falls Teichtmeister schnell zusammengeschustertes Maßnahmenpaket, sondern wir sind seit Monaten dran (Abg. Deimek: Warum habt ihr dann im Oktober abgelehnt? Das ist ja nur Scheinheiligkeit!), ein breites Kinderschutzpaket auf die Beine zu stellen, weil es massive Lücken gab, weil in der Vergangenheit zu wenig passiert ist.
Uns war von Anfang an klar, dass uns Einzelmaßnahmen oder Scheinlösungen keinen Zentimeter weiterbringen. Wir brauchen ein umfassendes Kinderschutzpaket, das wirkt, bevor es überhaupt zu einem Missbrauch kommt.
Dabei geht es nicht nur um die sexualisierte Gewalt. Wir müssen unsere Kinder vor jeder Form von Gewalt schützen, vor sexualisierter, physischer und psychischer, denn ein Kind darf genauso wenig geschlagen oder gedemütigt werden. Wir wollen ein Kinderschutzpaket, das unsere Kinder tatsächlich schützt, vor jeder Form von Gewalt (Abg. Deimek: Was war dann die letzten drei Jahre?), und das wirkt, bevor überhaupt etwas passiert ist, denn Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder in Schulen, in Freizeiteinrichtungen in Sicherheit sind. (Beifall bei den Grünen. – Bravoruf der Abg. Fischer.)
In der Vergangenheit kam bei solchen Fällen immer wieder schnell der Ruf nach härteren Strafen. Das ist ein wichtiger Baustein, das hat unsere Justizministerin schon ausgeführt, aber wir müssen eben das Übel an der Wurzel packen und dafür sorgen, dass Kinder gar nicht erst Opfer werden. Darum sind diese Kinderschutzpakete, die die FPÖ so lächerlich macht, so extrem wichtig und ein zentraler Teil in unserem Paket.
Und zur FPÖ: Wir haben einen Scherbenhaufen im Gewaltschutzbereich übernommen, und das ist Ihre Verantwortung. Unter Ihrer Regierungsbeteiligung (Zwischenruf des Abg. Deimek) wurden die Mittel für den Gewaltschutzbereich massiv gekürzt. Unter Ihrer Regierungsbeteiligung wurden Frauenhäuser finanziell ausgehungert. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Unter Ihrer Regierungsbeteiligung wurde Kinder- und Jugendhilfe verländert, trotz massiver Kritik von Volksanwaltschaft und Co. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Deimek.) – Das war unsere Ausgangssituation, und wir haben trotzdem etwas richtig Gutes geschaffen, obwohl Sie den Karren in den Dreck gefahren haben. (Beifall bei den Grünen.)
Kindesmissbrauch zieht sich durch alle gesellschaftlichen Schichten. Auch in Ihrer Partei gab es Verurteilungen von Funktionären, was Kindesmissbrauch anbelangt, darum ist das keine linke Romantik und sonst irgendetwas. Wir müssen vermehrt hinschauen und sensibilisieren. (Abg. Belakowitsch: ... das ist Ihr Parteiprogramm!) Und so brutal dieses Thema auch ist, ich bin wahnsinnig froh, dass wir in der Öffentlichkeit darüber reden, dass wir hier darüber sprechen, denn wir wissen, dass in fast jeder Klasse ein Kind sitzt, das von sexueller Gewalt betroffen ist.
Ich habe, wie wahrscheinlich viele von uns, leider im eigenen Umfeld Betroffene von Kindesmissbrauch. Darum weiß ich, wie wichtig es ist, dass wir darüber reden, auch wenn es unangenehm ist, denn das Traurige ist, dass sich Kinder durchschnittlich an acht Personen wenden müssen – sie müssen durchschnittlich acht Mal ihre brutalen, grausamen Erlebnisse erzählen –, bis ihnen überhaupt geglaubt wird. Das ist das, was mich immer wieder schockiert. Wir haben es auch beim Fall Teichtmeister gesehen, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der wir dem Täter immer noch mehr glauben und in der wir Warnsignale ganz oft ignorieren. Wir müssen mit diesem blinden Täterschutz aufhören, wir müssen anfangen, Frauen zu glauben, und wir müssen anfangen, Kindern zu glauben. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Darum ist es wichtig, dass wir gerade dann, wenn es um Kinderschutz geht, unsere Augen nicht verschließen. Wir dürfen nicht einmal kurz blinzeln, denn dann können Täter ungestört weitermachen und es kommt zu einem Schneeballeffekt, dass immer mehr Kinder Opfer werden. Darum bin ich so froh, dass wir dieses Kinderschutzpaket haben, das auch dazu führen wird, dass wir eine Kultur des Hinschauens entwickeln und nicht darauf warten, bis sich Betroffene melden.
Und ganz ehrlich, es geht wahrscheinlich vielen so: Wenn man über solche Fälle liest, dann stellt es einem alle Haare auf, und ich werde wie viele von uns extrem wütend. Genau darum war es uns so wichtig, ein echtes Kinderschutzpaket auf die Beine zu stellen, denn gerade wenn es um unsere Kinder geht, müssen wir alles dafür tun, sie zu schützen, denn jedes Kind hat das Recht auf ein gewaltfreies Leben. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Fischer: Bravo!)
Danke an alle Experten und Expertinnen, an die Kinderschutzorganisationen, vor allem auch an alle Minister und Ministerinnen, die mitgewirkt haben, vor allem Danke an unsere Justizministerin, an mein Team und alle, die dafür gekämpft haben! In diesem Paket steckt wirklich viel Herzblut, und ich bin wahnsinnig froh, dass uns das gelungen ist. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
9.50
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte sehr.