10.22
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin, schön, dass Sie hier sind! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte heute eine einfache Frage stellen: Warum geben wir eigentlich diese Milliarden und Abermilliarden an Hilfszahlungen für die Energiekosten aus? – Die Antwort darauf ist eine, die wir, glaube ich, jetzt noch gemeinsam geben können: weil der Energiemarkt völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Der Energiemarkt funktioniert weder in Europa noch in Österreich. Der Markt hat vollkommen versagt. (Abg. Meinl-Reisinger: ... überhaupt nicht! Er zeigt genau an, was das Thema ist!)
Die Frage ist: Was hat die Bundesregierung diese Situation betreffend gemacht? Sie sehen: Man sagt, der Markt habe versagt, und die NEOS regen sich auf. (Abg. Meinl-Reisinger: Nein, Entschuldigung! Es gibt einfach zu wenig Energie, und der Preis geht hinauf! Wo versagt da der Markt?) Das ist eine typische Reaktion dieser Partei.
Aber ich frage mich ja nicht, was die NEOS gemacht haben – die haben wie üblich nichts gemacht –, sondern ich frage mich: Was hat die Regierung gemacht? (Abg. Meinl-Reisinger: Entschuldigung, er gibt genau das richtige Signal! – Ruf: Also müssen wir noch mehr ...? – Abg. Meinl-Reisinger: Es ist so elend! Wir müssen etwas tun! Es ist doch so dumm, was Sie ..., so dumm! – Abg. Heinisch-Hosek: Blöd und dumm wollen wir nicht hören, Frau Kollegin!)
Sie hat sich geweigert, Markteingriffe vorzunehmen. Sie hat sich vor allem geweigert, auf europäischer Ebene Markteingriffe vorzunehmen. Markteingriffe wären das gewesen, was in dieser Situation unbedingt notwendig gewesen wäre, geschätzte Damen und Herren! (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ja unfassbar! – Ruf bei der SPÖ: Marktschützerin! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Das wäre die Lösung in dieser Frage gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)
Das Gegenteil ist leider passiert: Die Bundesregierung hat nicht nur keine Markteingriffe vorgenommen, nein, sie hat auf europäischer Ebene aktiv Markteingriffe verhindert. Drei Mal ist in den Protokollen der Räte nachzulesen, dass Markteingriffe verhindert wurden. Drei Mal wurde seitens unserer Bundesregierung und ihrer Verbündeten verhindert, dass dieses Meritordersystem irgendwie geändert wurde. Das wurde blockiert.
An all diejenigen, die sich jetzt über die Idee von Markteingriffen alterieren, am meisten die NEOS – ich verstehe ideologisch, dass sie das tun (Abg. Meinl-Reisinger: Wissen Sie, wovor wir Angst haben? Dass dank Ihrer Politik die Menschen ohne Energie da...!) –: Es ist ein Unsinn, denn andere Länder haben gezeigt, dass es geht. (Abg. Loacker: Ideologisch könnte ...!) Spanien, Portugal, Frankreich, sie haben die Energiepreise längst reguliert – längst reguliert! –, und diese Länder, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, haben Inflationsraten in der Höhe von ungefähr der Hälfte von jener von Österreich. Daran könnte man sich ein Beispiel nehmen und nicht in blinder Ideologie gegen Markteingriffe sein. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)
Da ergänzen sich plötzlich die NEOS und die ÖVP großartig. Das ist schön zu sehen, und es ist schön zu sehen, dass das hier auch einmal so wirklich offensichtlich wird, geschätzte Damen und Herren. (Abg. Meinl-Reisinger: Wer fordert denn seit Monaten, dass Meritorder geändert wird? Meritorder ist ja auch ein Marktdesign!)
Auf den Finanzmärkten ist nicht mehr gehandelt worden, es ist nur mehr mit dem Leid der Menschen gespielt worden – und diejenigen, die das unterstützt haben, haben das am Ende vor sich selbst und ihrem Gewissen zu verantworten.
Mit dem Festlegen eines Höchstpreises auf europäischer Ebene wurde ein erster Schritt getan – ein erster Schritt, der ein bisserl in diese Richtung des Markteingriffes geht –, aber natürlich behaftet mit den üblichen Problemen bei europäischen Entscheidungen: behaftet mit der Problematik, dass wieder die Bremser am Werk waren, und wieder hat Österreich zu diesen Bremsern gehört.
Der Oberdeckel ist wahrscheinlich viel zu hoch. Er verhindert Spekulation nicht und bewirkt wahrscheinlich überhaupt nichts. Dabei wäre es so wichtig gewesen, diese Inflation zu dämpfen.
Was bedeutet das jetzt für die Menschen in Österreich? – Die Preise bleiben hoch, die Preise bleiben nicht leistbar. Was bedeutet das für die Unternehmen? – Sehr, sehr viele Unternehmen sind insolvenzgefährdet; andere Unternehmen, die in der Lage sind, die Preise anzuheben, heben die Preise extrem an. Man braucht sich das nur bei den Grundnahrungsmitteln anzuschauen: Schauen Sie einmal auf den Milchpreis, schauen Sie auf den Butterpreis! Die haben sich in einer Dimension verändert, die absolut inakzeptabel ist.
Jetzt versuchen Sie, das mit einem Energiekostenzuschuss zu lösen – einem Energiekostenzuschuss, der im Grunde beschlossen ist, bei dem es aber keine Richtlinie gibt. Es ist davon auszugehen, dass die ersten Zuschüsse vielleicht im Sommer kommen. Nur: Was passiert bis dahin? – Denjenigen, die die Preise nicht anheben können, geht es schlecht, sie sind insolvenzgefährdet; diejenigen, die die Preise anheben können, werden die hohen Preise auch nach dem Zuschuss beibehalten. Das heißt, der Staat investiert in Unternehmergewinne, und ob das Sinn und Zweck der Sache ist, geschätzte Damen und Herren, möchte ich wirklich bezweifeln. (Beifall bei der SPÖ.)
Sie haben das bei den Coronahilfen schon einmal so gemacht, bei denen sehr viele Unternehmen viel zu wenig bekommen haben, einige Unternehmen viel zu viel, und diesen Fehler setzen Sie mit dem Energiekostenzuschuss jetzt noch einmal um. Sie sind da einfach nicht lernfähig!
Eine Frage, die ich stellen möchte, lautet: Warum schauen Sie nicht nach Deutschland? – Deutschland hat durch den Gaspreisdeckel im Dezember die Inflation um 2 Prozent hinuntergedrückt – 2 Prozent auf einmal! Warum machen nicht auch wir hier einen solchen Gaspreisdeckel? – Damit wären viele Dinge gelöst. Damit könnten Sie endlich in Österreich erstmals die Inflation senken, und darauf warten die Menschen in diesem Land, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Derzeit – dafür tragen Sie, Frau Bundesminister, aber nicht Sie allein, dafür trägt die gesamte Regierung, dafür tragen die Abgeordneten der Regierungsfraktionen die Verantwortung – sind die Spekulanten, die Konzerne und die Millionäre die Gewinner, und die Verlierer, das sind die Millionen Menschen, die in Österreich leben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Steger.)
Ich kann Sie nur bitten, kann Sie nur ersuchen: Wir wollen in Österreich und in Europa eine Politik für die Millionen Menschen und nicht für die Millionärinnen und Millionäre – machen Sie das so! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
10.28
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet – ich darf auch sie recht herzlich begrüßen – ist Frau Bundesminister Gewessler. – Bitte sehr, Frau Bundesminister.