11.02

Mitglied des Europäischen Parlaments Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, wieder hier zu sein. Es hat immer noch das Feeling des Wohnzimmers meines Großvaters.

Die österreichische Bundesregierung befindet sich meines Erachtens seit Kriegsbeginn in einer Mischung aus Schockstarre, Widersprüchen, Beruhigungsrhetorik und Untätigkeit. Das betrifft ganz viele Bereiche, zum Beispiel auch die Verteidigung und die Sicherheitspolitik. (Abg. Leicht­fried: Das hätte ich vermutet!)

Bei manchen Redebeiträgen muss man jetzt wirklich den Kopf schütteln. Was da alles an Falschem gesagt wird, tut einem fast körperlich weh. – Jetzt nur in Richtung der SPÖ, zum Kollegen Leichtfried: Den Markt betreffend kann ich in diesem Fall dem Kollegen von den Grünen nur zustimmen. Was sagt uns denn der Markt? – Wir haben zu wenig Energie, es gibt zu wenig Gas. Die Signale funktionieren schon. Es ist so teuer, weil nichts da ist. Es ist Aufgabe der Mitgliedstaaten, die Kosten zu subventionieren. Man muss sich aber nur einmal vor Augen führen, was denn passiert wäre, wenn diese Fantasien der SPÖ wahr geworden wären. Sagen wir einmal: Die SPÖ hätte sich ein europäisches Gesetz gewünscht, in dem festgeschrieben wird: Wir zahlen nur mehr so und so viel Geld für das Gas. Wenn man sich so durchgesetzt hätte: Was haben wir dann? – Licht aus in Europa! (Abg. Leichtfried: Das war nicht unser Antrag!) Das ist nämlich die Politik der SPÖ: Licht aus für den gan­zen Kontinent! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Leichtfried: Das ist nicht unsere Idee!)

Zur Kollegin Steger: Wenn Sie irgendjemanden für die hohen Preise ver­antwortlich machen wollen, dann melden Sie sich doch bitte beim richtigen Ad­ressaten: Wladimir Putin ist nämlich dafür verantwortlich, dass Europa un­ter diesen hohen Preisen leidet. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Steger: Die Inflation gab es schon vor dem Krieg!)

Das, was Sie hier vorschlagen, ist das, was wir immer schon von der FPÖ gehört haben: Wenn wir uns nur genug anbiedern, dann wird er schon mit dem Preis runtergehen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Das ist nicht die Strategie, die ein selbstbestimmtes, freiheitsliebendes Europa umsetzen sollte. In die­sem Sinne betreiben wir nämlich unsere Energiepolitik. (Abg. Steger: Und wie er­klären Sie sich die Steigerung der Energiepreise vor dem Krieg?)

Im Übrigen haben wir sehr viel gutzumachen, was das betrifft. Wir müssen Jahrzehnte energiepolitischer Sabotage im Interesse Russlands in sehr kurzer Zeit rückgängig machen. Das ist eine enorme Herausforderung für die ganze Europäische Union, vor allem aber auch für Staaten wie Österreich, die einen wesentlichen Beitrag zu dieser Sabotage geleistet haben. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Die EU legt im Bereich Energiepolitik vor: Turbo für den Ausbau von Erneu­erbaren durch die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren; Maßnahmen zur Verringerung des Stromverbrauchs; Abschöpfung von Zufallsgewinnen, weil dadurch die Entlastung für Bürgerinnen und Bürger finanziert werden soll; weiters eine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, den Stromverbrauch zu Spitzenzeiten zu senken sowie Mindestverpflichtungen zu Gasspeicherungen. All das ist von europäischer Ebene innerhalb von nicht einmal einem Jahr ge­kommen. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Es ist wirklich beachtlich, was da - - (Zwischenruf der Abg. Steger.) – Entschuldigung, ich verstehe nicht, was Sie da jetzt hereinschreien! Wenn, dann bitte einer nach dem anderen und nicht alle auf einmal, dann kann ich auch darauf antworten!

Auch die Stadt Wien legt vor: Mit dem neuen Raus-aus-Gas-Paket ist jetzt wirklich auch endlich ein Pfad geschaffen worden, mit dem auch die Wienerinnen und Wiener eine Zukunft und eine Perspektive haben. Es gibt einen Ausblick darauf, wie das ausschauen kann, dass sie spätestens bis 2040 keine Gasthermen mehr in den Wohnungen haben und vom Import fossiler Energie nicht mehr abhängig sein werden. Das leistet die Stadt Wien für ihre Bürger:innen, nämlich: Raus aus Gas! (Beifall bei den NEOS. – Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Was mir in Österreich fehlt, ist manchmal auch die Klarheit hinsichtlich der Dringlichkeit, in der wir uns generell befinden, und zwar was die Energiepolitik betrifft, aber auch im Zusammenhang mit unserer Freiheit ganz allgemein und unserer Freiheit auch im Hinblick auf die Klimakatastrophe. Diese Dringlich­keit merkt man nicht, wenn wieder über neue Projekte gesprochen wird. Von der einen Seite kommt dann: Windräder nicht bei uns! Wir haben schon ge­nug! Sie verschandeln die Landschaft! –Das kommt dann von jenen, die über Jahrzehnte hinweg ihre Gegenden verschandelt haben, indem sie die Vor­plätze mit riesigen Shoppingcentern zubetoniert haben. Jetzt aber küm­mert man sich um die Landschaft. (Beifall bei den NEOS.)

Ich nenne aber auch Beispiele dafür – und diesfalls bin ich eh froh, wenn es vorbei ist –, was die Grünen über Jahre lang gemacht haben: Sie haben jedes Wasserkraftwerk, freie Flächen für PV oder auch Netzinfrastrukturpro­jekte verhindert. Es ist auch ihre Verantwortung. (Beifall bei Abgeordne­ten der NEOS.) Wenn es jetzt nicht mehr so ist, dass man jedes wesentliche Infrastrukturprojekt verhindert, bin ich sehr froh darüber! (Abg. Wurm: Freiheitlich wählen!) Sie haben etwa einen Beitrag dazu geleistet, dass zum Bei­spiel die Salzburgleitung über die Jahre in Brüssel zum absoluten Witz­projekt geworden ist. – Nun gut.

Die Bürger:innen ziehen im Übrigen mit: Laut der neuen Eurobarometerstudie ist die Zustimmung für erneuerbare Energieprojekte so hoch wie nie zuvor. Wir sollten diese Zeit wirklich so gut nutzen wie nur möglich, um Freiheit zu schaffen, und zwar Freiheit für die Europäische Union, vor allem aber auch Freiheit für unsere Bürgerinnen und Bürger, damit sie wissen, dass die Zukunft erneuerbar und leistbar ist. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Wurm: Freiheitlich wählen! – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

11.07

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager. – Bitte.