12.23

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Ich glaube, man hat jetzt an meinem Vorredner schon recht gut gesehen, wie schwer sich die Bundesregierung mit dem tut, was sie im Augenblick macht. Auf der einen Seite wird das deutsche Modell kriti­siert, weil es nicht treffsicher ist, auf der anderen Seite sagen alle Ökono­men und alle Spezialisten in Österreich, inklusive der Oesterreichischen Natio­nalbank, dass die Modelle in Österreich viel zu teuer sind, dass viel zu viel Geld ausgegeben wird und dass sie eines nicht sind, nämlich treffsicher. (Beifall bei den NEOS.)

Diese Kritik, meine Damen und Herren, muss man einfach so stehen lassen. Im Augenblick wird in Österreich keine gute Energiepolitik und vor allem auch keine gute Budgetpolitik gemacht. Wenn man das im Ausschuss besprechen will, was wir ja gerne getan hätten, dann scheitert man tatsächlich daran, dass ganz große Themen halt nicht im Ausschuss diskutiert werden.

Energiekostenzuschuss zwei: Wir hätten uns alle gewünscht, letzte Woche über dieses Thema zu sprechen. Gestern am Nachmittag kam der Antrag, wieder in letzter Minute. Da richte ich meinen Blick auch auf die Grünen: Als Abgeord­neter hätte Sie der jetzige Vizekanzler Kogler durch Sonne und Mond ge­schossen, wenn Sie das so gemacht hätten. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Stöger.)

Wie es gemacht wird, ist das eine, das andere ist natürlich: Was wird gemacht? Ich muss sagen, auch inhaltlich bin ich tatsächlich sehr enttäuscht, weil auch da wieder keine Lösungen präsentiert werden. Es werden Probleme weg­retuschiert. Sie werden mit der großen Gießkanne wegretuschiert, und tatsächlich artet die Gießkanne inzwischen zu einem Löschflugzeug aus. – Nichts anderes kann man mehr sagen.

Lassen Sie mich das erklären: Problem Nummer eins ist die marode Netzinfra­struktur, die wir auch im Budgetausschuss angesprochen haben. Was soll­te aus unserer Sicht passieren? – Nun, man müsste Geld in die Hand nehmen, um diese Netzinfrastruktur zu modernisieren. Da sollte das Geld hinflie­ßen. Das passiert aber nicht. Was tatsächlich passiert, ist, dass Mehrkosten, die wegen dieser maroden Infrastruktur entstehen, nämlich 800 Millionen Euro – das sagt uns die APG – pro Jahr, mit der Gießkanne wegretuschiert wer­den. Mit einer halben Milliarde Euro Steuergeld wird da – unter Anfüh­rungszeichen – „darübergestrichen“: Gießkanne.

Das zweite Problem: Sogar die IV sagt Ihnen inzwischen, dass im Augenblick zu viel Geld an Förderungen für die Wirtschaft und für die Industrie unter­wegs ist. Liebe ÖVP, Sie müssen diesen Förderreflex wieder in den Griff kriegen, das geht so nicht mehr. Tatsächlich sagen Ihnen das Ihre eigenen Leute und Ihre eigenen Vertretungen.

Natürlich müssen wir vor allem Unternehmen im internationalen Wettbewerb stärken, die brauchen faire Rahmenbedingungen. Das kann aber nicht zur Ausrede dafür werden, dass weiter mit der Gießkanne oder, wie ich es vorhin schon gesagt habe, mit dem Löschflugzeug Geld auf das Problem gewor­fen wird. Es ist tatsächlich so, dass in Zeiten des Umbruchs Unternehmen ge­holfen werden muss. Das ist klar und das ist gut. Jetzt müssten sich die Unternehmen und die Geschäftsmodelle aber auch wieder darauf einstellen, dass sie diese Umstände selbstständig in den Griff kriegen, und das wol­len die auch, meine Damen und Herren. (Beifall bei den NEOS.)

Die Position von uns als NEOS – und das wird sich auch nicht ändern – ist also immer, zu sagen: Lassen wir den Markt da, wo er ist und funktioniert, arbei­ten!, und das tut er ja auch. Bei dem, was nicht über den Markt geregelt ist, wie zum Beispiel eben die Netzinfrastruktur, verlangen wir als NEOS vollkom­mene Transparenz.

Da sind wir zurück beim ersten Problem, bei der Netzinfrastruktur, die in diesem Land wirklich marod ist. Es gibt überhaupt keinen Einblick in die Bilanzen oder in die Ausbaupläne der Netzbetreiber. Die Kontrollmöglichkeiten der E-Con­trol sind enden wollend – das sagen sie auch immer wieder –, weil es die Landesgesetze ja tatsächlich verhindern. Wir wissen also nicht, was beim Netzausbau tatsächlich geplant wird, auf welcher Entscheidungsgrundlage das gemacht wird, und vor allem auch nicht, wer kontrolliert, dass die Weiter­gabe der Förderungen durch die Netzbetreiber dann tatsächlich auch so gemacht wird. Auch das wissen wir nicht.

Damit sind wir beim dritten Problem – jetzt bin ich wieder beim Löschflugzeug, das im Augenblick so massiv eingesetzt wird –: Dieser heutige Tag, meine Damen und Herren, dieser Tag heute hier in diesem Hohen Haus kostet den Steuerzahler und die Steuerzahlerin 8 Milliarden Euro. Da erfolgt nicht einmal mehr ein Wimpernzucken von der ÖVP und von der Bundesregierung. (Beifall bei den NEOS.) Es ist schon wurscht: 8 Milliarden Euro da, 5 Milliar­den Euro dort. 30 Milliarden Euro an temporären Ausgaben, Hilfsmaßnahmen gegen die Teuerung, 30 Milliarden Euro: Das interessiert niemanden mehr.

Es ist alles ein Jammer, aber die Hoffnung stirbt tatsächlich zuletzt, und deswe­gen bringe ich heute auch noch einen sehr umfassenden Entschließungsan­trag zum Ausbau der Erneuerbaren ein. Da geht es mir um Transparenz beim Netzausbau, um Anschlüsse, um Transparenz bei den Entgelten, einen integrierten Infrastrukturausbauplan und natürlich auch den Ausbau, eine Modernisierung der Netze auf den letzten Stand der Technik.

*****

Frau Bundesministerin, Sie wissen, was ich damit meine: Wir brauchen in diesem Land Erdkabel statt Freileitungen! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

12.28

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Endlich Transparenz und Innovation bei Netzausbau, Anschlüssen und Entgelten!

eingebracht im Zuge der Debatte in der 195. Sitzung des Nationalrats über den Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 (ElWOG 2010) geändert wird (1917 d.B.) - TOP 3

Der Ausbau der Erneuerbaren ist mittlerweile eine wirtschaftliche Überlebensfrage geworden und jedes Monat, das ohne konkrete Handlungen verstreicht, treibt unsere Wirtschaft näher in Richtung Abgrund. Das Jahr 2022 hat schonungslos dar­gelegt, warum die Umstellung unseres Energiesystems auf erneuerbare Energien eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Überlebensfrage sein wird. Fast sieben Mo­nate nach dem Beginn des faschistischen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, wo jeden Tag neue Belege für Kriegsverbrechen, Folter und ethnische Säu­berungen ans Tageslicht kommen, wird zunehmend klar, dass es bei keinem möglichen Kriegsausgang eine normale energiepolitische Zusammenarbeit mit Russland geben kann und wird. Die horrenden Gaspreisexplosionen, wel­che die Kosten für Wärme und Strom europaweit in die Höhe schnellen ließen, haben gezeigt, wie verwundbar wir aufgrund von fossilen Importen sind. Gleichzeitig haben extreme Dürre und Rekordhitze in ganz Europa gezeigt, dass unsere Landwirt­schaft, unser Wohlstand und unsere Lebensgrundlage langfristig durch den Klimawandel bedroht ist und wir dringend unseren Teil zur globalen Emissionsre­duktion leisten müssen.

Ein rascher, großflächiger Ausbau der Stromnetzinfrastruktur, um die Einspeisung neuer, dezentraler erneuerbarer Stromerzeugung zu gewährleisten, gilt als eine der Grundvoraussetzungen für die Energiewende. Hier könnten in Österreich die Verteilnetzbetreiber eine entscheidende Rolle einnehmen, sind aber bisher vor allem durch zögerlichen Ausbau und Intransparenz aufgefallen. Auch bei den Energie­kosten für Haushalte und Unternehmen wird oft übersehen, dass die Netzent­gelte ein signifikanter Kostenfaktor sind. Hier wird häufig argumentiert, dass das Geld für den Netzausbau verwendet wird, allerdings versickern die Mittel häufig in­transparent und ohne Klarheit darüber, wie viel davon tatsächlich genutzt wird oder über die Eigentümer in Form von Dividenden an die Landespolitik ausgezahlt wird. Hier braucht es umgehend Transparenz und eine entsprechende Reduktion der Kosten für Haushalte und Unternehmen.

Aber auch beim Anschluss neuer Während das EAG vor allem die Grundlage des För­dersystems für erneuerbare Energieproduktion darstellt ist das Fördersystem tat­sächlich oft nicht der entscheidende Faktor beim Zustandekommen einer Anlage bzw. bei der Entscheidung Geld, Zeit und Energie in ein Projekt zu stecken. In der Praxis bestehen andere große strukturelle und bürokratische Hindernisse, welche An­schlüsse von Anlagen verhindern oder verzögern, vor allem für KMU. Vor allem der Netzanschluss sowie die Interaktionen mit den Netzbetreibern, welche in einer Monopolposition sind, verursachen viele Probleme und frustrieren engagierte Bürger:innen und Unternehmer:innen, oftmals so weit, dass ein für die Klimawende sowie für die lokale Energieversorgung wichtiges Projekt nicht umgesetzt wird. Probleme mit den Netzmonopolisten gibt es häufig vor allem in folgenden Bereichen:

•     Intransparenz bei Entscheidungen: Unternehmer_innen und Bürger_innen werden bei technischen Entscheidungen unzureichend informiert und es wird zu wenig getan, um Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten. Auch das Zustandekommen von Kosten und Entgelten wird nicht klar kommuniziert.

•     Mangelhafte Kommunikationskultur: Oft werden Unternehmer_innen wochen­lang ohne Einblick in den Status ihrer Anliegen oder Zeitpunkt der Behand­lung allein gelassen, bei der Kommunikation gibt es eine "Behörden-Mentalität" und Top-Down statt Serviceorientierung

•     Anschluss nicht möglich / Fehlende Infrastruktur: Oft ist der Netzbetreiber schlicht und einfach physisch nicht in der Lage sein Kerngeschäft zu ge­währleisten und kann mangels Kapazitäten oder Infrastruktur neue Anlagen nicht integrieren. Auch hier gibt es weder Transparenz, noch eine klar ersichtliche Dringlichkeit bei Netzbetreibern eine entsprechende Infrastruktur aufzubauen.

•     Fehlende Technische Unterstützung: Kleinunternehmer oder willige Investoren mit wenig Erfahrung im Energiebereich werden nicht "abgeholt" oder unter­stützt sondern stattdessen Bürokratie und einer "Bringschuldmenta­lität" ausgesetzt, welche entmutigt Projekte scheitern lässt.

•     Unzureichendes Unbundling und politische Einflussnahme: Obwohl EU-rechtlich eine strikte Trennung zwischen Politik, EVUs und Netzbetreiber besteht die­se in der Praxis vielfach. So sind Unternehmer_innen in manchen Fällen sogar Schikanen ausgesetzt (etwa bei Widmungsprozessen), da Politik und Netzbetreiber im Interesse der assoziierten EVUs agieren.

•     Hohe, intransparente Kosten: Hohe, intransparent gestaltete Gebühren stellen eine zusätzliche Hürde da und machen langfristige finanzielle Planung schwierig.

All diese Probleme werden dadurch verschlimmert, dass die Netzbetreiber einerseits eine Monopolstellung genießen, keiner Konkurrenz ausgesetzt sind und so we­nig serviceorientiert agieren können - andererseits mit Verweis auf ihren Status als Privatunternehmen wenig Transparenz, Kontrolle und Nachvollziehbarkeit zulassen.

Zusätzlich agieren Netzbetreiber äußerst zögerlich wenn es darum geht, neue technische Innovationen umzusetzen: Während auf niedrigeren Netzebenen das Le­gen von Erdkabeln als Alternative zur Freileitung mittlerweile auch in Österreich Usus ist, werden 110kV Leitungen hierzulande noch regelmäßig - aus besag­ten Kostengründen - oberirdisch geplant und errichtet. Diese Praxis verursacht jedoch vermehrt Unverständnis der betroffenen Anrainer:innen, da mittlerweile zahlrei­che, im Ausland bereits standardmäßig angewendete innovative Methoden die Kos­ten für Erdkabel bereits erheblich reduziert haben und die bereits erwähnten Beeinträchtigungen von Landschaftsbild, Umwelt und Volkswirtschaft nicht einbe­rechnet werden. Auch wenn eine Erdverkabelung nicht in allen Fällen tech­nisch möglich sein wird, besteht bei vielen Verteilnetzbetreibern eine grundsätzliche Blockadehaltung, welche Konflikte um die Schaffung von Energieinfrastruk­turen verschärft.

Es braucht also eine dringende Neugestaltung der Rolle der Netzbetreiber wenn die Energiewende in Österreich Erfolg haben soll. Transparenz, Innovation und Serviceorientierung für Kunden und Energieunternehmen sind hierfür entscheidend.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, ein Maßnah­menpaket für die Optimierung der Rolle der Verteilnetzbetreiber bei der Energiewende zu entwerfen, das folgende Punkte beinhaltet:

•     Verbesserte Transparenz, Service- und Kommunikationskultur: Verteilnetzbetreiber sollen wesentlich stärker in die Pflicht genommen werden, technische Entscheidungen, Prozesse und die Struktur von Kosten trans­parent, nachvollziehbar und detailliert in zeitnaher Form offenzulegen. Quali­tätskontrollen und Sanktionsmechanismen sollen eine entsprechende Einhaltung gewährleisten.

•     Schritte zur Vereinfachung von Anschlussverfahren inklusive einer aktiven Verfahrensbegleitung, um Verzögerungen zu minimieren.

•     Verstärkte Pflicht zum Anschluss: Verteilnetzbetreiber sollen verstärkt in die gesetzliche Pflicht genommen werden, Anschlüsse erneuerbarer Anlagen zu garantieren oder durch die Schaffung der entsprechenden Infrastruktur diese in absehbarer Zeit zu gewährleisten.

•     Ausbau der Kontroll-, Prüf- und Schlichtungsmechanismen um zügige Anschlüsse, optimales Service und ein Minimum an Bürokratie für Unternehmer:innen zu gewährleisten.

•     Ausbau der Kontrollrechte der E-Control bei Netzbetreibern um Missstände, wie etwa bei der Energie Ried, zu vermeiden

•     Senkung, Optimierung und Transparenz der Netzanschlussgebühren für neue Anlagen gemäß folgender Prinzipien:

o     Die unmittelbar mit dem Netzanschluss verbundenen Kosten sind transparent vorzulegen.

o     Der geografisch nächstgelegene Verknüpfungspunkt ist dem Projekt zuzuordnen.

o     Transparenz und Kostenoptimierung müssen oberste Priorität bei der Festset­zung der Pauschale haben.

•     Ein Maßnahmenpaket, um die Flexibilisierung der Netzentgelte für Industriebe­triebe zu ermöglichen um netzdienliches Verhalten zu fördern und Kosten zu senken.

•     Die zweckmäßige Nutzung der Netzentgelte für den Erhalt und Ausbau der Netze muss gesetzlich festgeschrieben und transparent sowie öffentlich einsehbar jährlich dargelegt werden.

•     Die zweckmäßige Nutzung der Netzentgelte zur Begleichung der gestiegenen Netzverlustkosten transparent sowie öffentlich einsehbar jährlich dar­gelegt werden.

•     Klare bundesweite, einheitliche Kriterien festzulegen, wann Erdverkabelung gegenüber Freileitungen zu bevorzugen ist, sowie verbindliche Vorga­ben zu schaffen, um die Information und Einbindung von Bürger:innen, Zivil­gesellschaft und Wissenschaft bei diesem Entscheidungsprozess zu gewährleisten. "

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert, wird gerade verteilt und steht mit in Verhandlung.

Nun hat sich Herr Bundesminister Martin Kocher zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.