15.15

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Bevor ich zu den konkreten Fragen Ihrer Dringlichen Anfrage komme, erlauben Sie mir viel­leicht ein paar allgemeine Ausführungen zu dem Thema Nationalbank. Es ist natürlich wichtig und schön, dass wir heute darüber diskutieren können und auch die Gelegenheit haben, insgesamt über wichtige Themen rund um die Oesterreichische Nationalbank zu sprechen.

Die Oesterreichische Nationalbank – das würde ich gerne voranstellen – ist seit dem Start der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion Teil des Euro­systems insgesamt und gemeinsam mit der EZB, also mit der Europäi­schen Zentralbank, und den anderen Notenbanken des Euroraums übrigens für die einheitliche Geldpolitik, die wir haben, verantwortlich.

Die Nationalbank hat damit auch an den geldpolitischen Anleihekaufprogram­men des Eurosystems insgesamt mitgewirkt, die nun, nach der zur Infla­tionsbekämpfung eingeleiteten Zinswende, zu Veranlagungsverlusten – ja – führen. Anzumerken ist aber in diesem Zusammenhang natürlich, dass die OeNB aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Eurosystem auch den einheitlichen Bilan­zierungsvorschriften des Eurosystems unterliegt.

Die Unabhängigkeit der Oesterreichischen Nationalbank ist durch das National­bankgesetz gewährleistet. Dieses Gesetz sieht vor, dass als Folge der Re­chenschaftspflichten sowohl der Gouverneur als auch der Vizegouverneur dem Finanzausschuss des Nationalrates, wie wir es ja schon öfters erlebt haben, zweimal pro Jahr über die Durchführung von geld- und währungspolitischen Operationen zu berichten hat und den Abgeordneten natürlich dann für entsprechende Fragen zur Verfügung zu stehen hat. Dieser Einladung des Fi­nanzausschusses beziehungsweise zuletzt auch des Budgetausschusses sind der Gouverneur und der Vizegouverneur stets nachgekommen.

Dass die Politik insgesamt nicht in das Lenkrad einer geldpolitischen Steuerung greifen kann, halte ich ehrlich gesagt durchaus für eine Errungenschaft, die wir haben – die übrigens auch in anderen sehr entwickelten Industrieländern gesetzlich abgesichert ist wie in Österreich.

Es gibt allerdings aus meiner Sicht – das würde ich schon gerne voranstellen – aktuell gerade im Zusammenspiel zwischen der FMA, der Finanzmarkt­aufsicht, und der Nationalbank einige Themen, die auf jeden Fall höhere Rele­vanz für die Bürgerinnen und Bürger und für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben.

Wir erleben beispielsweise seit einigen Monaten aufgrund der geänderten Zinslage, dass Neukredite zurückgehen und immer weniger Menschen in der Lage sind, sich ihren Traum vom Eigenheim und eigenen Haus entspre­chend erfüllen zu können. Jetzt verstehe ich die grundsätzlichen Ziele (Abg. Herr: Zur Sache!) dieser Verordnung, und die werden natürlich auch weit­gehend anerkannt. Es zeigt sich aber in einer Vielzahl von Stellungnahmen über ganz Österreich hinweg Kritik an der Auslegung, die wir in der Praxis erle­ben. (Ruf bei der SPÖ: Das ist sehr verdächtig!)

Deswegen habe ich auch – das gehört natürlich schon auch zum Thema Natio­nalbank insgesamt – bei der FMA angeregt, zu prüfen, ob die FMA-Verord­nung in ihrer derzeitigen Form zeitgemäß ist und wo es durchaus Ver­besserungsmöglichkeiten im Sinne der Finanzmarktstabilität auf der einen Seite und einer sinnvollen Kreditfinanzierung auf der anderen Seite geben kann (Abg. Herr: Zur Sache! – Abg. Haubner: Das ist sehr wichtig!), wenn es um Privat­personen geht.

Ja, das gehört natürlich zur Sache, weil es um die OeNB insgesamt geht und wir auch einige Themen haben, die man ansprechen muss. Das sind auf der ei­nen Seite eben die Neukredite, weil wir immer betont haben, dass wir Kreditver­gaben eigentlich erleichtern sollten, um auch jungen Familien den Traum vom Eigenheim zu erleichtern und möglich zu machen. Da erwarte ich mir auch seitens der OeNB, aber vor allem der FMA in dem Bereich eine flexiblere, bürgerorientiertere Lösung, damit es eben rasch zu einer Aufweichung von die­sen bestehenden starren Richtlinien kommt. Es freut mich natürlich, wenn Sie mit mir gemeinsam auch bei der FMA entsprechend argumentieren, damit dieser Traum vom Eigenheim für die Österreicherinnen und Österreicher eben auch wahr wird und nicht nur ein Traum bleibt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Abgeordneter Krainer, ich würde mich natürlich auch über Ihre Unterstüt­zung freuen, wenn es beispielsweise um die Abschaffung und Beseitigung von Pensionsprivilegien bei der Nationalbank geht. Dafür würde ich mir wirklich Unterstützung erhoffen. (Zwischenruf des Abg. Hauser.) Auch da gibt es laut Medienberichten, die wir alle kennen, Handlungsbedarf. Da entsteht auch ein wirklicher Schaden für die Steuerzahlerin und den Steuerzahler in Ös­terreich. Wir können also gerne einen neuerlichen, gemeinsamen Anlauf unternehmen, um diese Doppelpensionen, diese Luxuspensionen, die es dort gibt, auf ein – ich würde einmal sagen – erträgliches Niveau für den Steu­erzahler und die Steuerzahlerin zu bringen. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie auch in dem Bereich Ihre bisherige Haltung zumindest verändern würden und uns dabei unterstützen würden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Wir ha­ben sie gekürzt!)

Wie ich Ihrer Anfrage entnehmen kann, machen Sie sich auch für den Schutz von Steuergeld stark. Das ist natürlich durchaus lobenswert und nachvollziehbar. Als Finanzminister begrüße ich das prinzipiell natürlich auch und rechne daher auch mit Ihrer Unterstützung, wenn es um andere Fragestellungen, wenn es um Luxuspensionen, Pensionsprivilegien und andere Dinge geht, wenn es darum geht, diese in der Nationalbank abzuschaffen und keine neuen ins Le­ben zu rufen. (Abg. Herr: Zur Sache!)

Ich darf aber konkret zu Ihren Fragen kommen, Herr Abgeordneter:

Zu den Fragen 1 bis 3 und 7:

Diese stehen in einem Zusammenhang. Die Oesterreichische Nationalbank hat in den Medien und zuletzt übrigens auch im Budgetausschuss am 24. Jänner, wo ich nicht dabei sein konnte, berichtet, dass sie im Jahr 2022 ausgeglichen bi­lanzieren werde, dies allerdings unter signifikanter Auflösung der in den Jahren zuvor aus dem jeweiligen Gewinn gebildeten Risikorückstellungen.

Jetzt auch zum Prinzipiellen: Die Gewinne einer Notenbank sind von der jewei­ligen Zinsentwicklung, natürlich auch von der Zinspolitik im System der europäischen Zentralbanken, der EZB und auch der Veranlagung der Währungs­reserven abhängig. Das ist Ihnen natürlich klar und allen von uns sollte das auch klar sein. Die Entwicklungen in dem Zusammenhang führten im Jahr 2022 dazu, dass meines Wissens zumindest die meisten Notenbanken des Euro­systems auch Verluste aufweisen werden, aber auch andere Notenbanken wie beispielsweise die Schweizer Nationalbank haben Verluste angekündigt. Diese betragen übrigens in der Schweiz für 2022 in Euro umgerechnet circa 132 Milliarden Euro, bei der Bank of England sind es beispielsweise circa 12,5 Milliarden Euro Verlust. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Die weitere Zinsentwicklung und Geldpolitik machen natürlich auch eine Ge­winnprognose insgesamt für die Jahre 2023 bis 2026, von der Sie in der Anfrage ja auch schreiben, durchaus schwierig und kann eigentlich auch nur auf Basis der Vergangenheit geschätzt werden. Dem Budget lagen die zum Zeitpunkt der Budgeterstellung damals aktuellen Informationen zugrunde.

Zu den Fragen 4, 5, 6, 27 und 38:

Die Bilanzerstellung für das Jahr 2022 ist noch nicht abgeschlossen. Es wird der Jahresabschluss der Nationalbank nach der Beschlussfassung in der Gene­ralversammlung, die am 23. März 2023 stattfindet, der Öffentlichkeit von der Nationalbank entsprechend präsentiert werden. Somit kann ich über die Detailergebnisse des Geschäftsjahres 2022 keine Informationen geben.

Zu den Fragen 8 bis 17:

Die Oesterreichische Nationalbank berichtet dem Generalrat quartalsweise über die laufende Geschäftsentwicklung und gibt auch im Zuge dessen eine Ge­winneinschätzung für das jeweils laufende Jahr ab. Diese Gewinneinschätzung ist jedoch, wie bereits auch vorhin angesprochen, von unterschiedlichen Faktoren abhängig: von der Zinsentwicklung auf der einen Seite, auch von der Zinspolitik im System der europäischen Zentralbanken, auch der EZB-Geld­politik insgesamt und auch der Veranlagung der entsprechenden Wäh­rungsreserven, und zeigt im Laufe des Jahres 2022 einen negativen Trend.

Zu den Fragen 18 bis 26:

Herr Abgeordneter Krainer, Direktor Thomas Steiner ist seit seiner Bestellung in das Direktorium der Oesterreichischen Nationalbank für den Bereich Treasury zuständig. Das Risikomanagementtreasury ist von diesem Ressortbe­reich getrennt. Das ist nicht in der Verantwortung von Thomas Steiner und auch in einem anderen Ressort beheimatet.

Die Veranlagungspolitik der Oesterreichischen Nationalbank ist autonom, da haben wir nichts dreinzureden. Gegebenenfalls ist vielleicht eine Abstimmung mit dem europäischen System der Zentralbanken vorzunehmen, und der Bundesminister für Finanzen kann und darf natürlich auch darauf keinen Einfluss nehmen. Das umfasst sowohl die Auswahl der Anlage, der Veranla­gungsinstrumente, aber auch die Volumina, die jeweils investiert werden.

Diese Treasurypolitik wurde übrigens auch insgesamt im Generalrat zusammen und allgemein diskutiert. Der Generalrat hat in dem Zusammenhang auch dieser geänderten Strategie, von der Sie, Herr Abgeordneter Krainer, gesprochen haben, insgesamt zugestimmt. Begleitet ist diese Strategie von einem pro­zessbegleitenden Risikomanagement, das beispielsweise die Kennzahl Value at Risk misst. Dieser Value at Risk findet – zumindest nach den mir von den Staatskommissären übermittelten Informationen – in den Eigenmitteln der Oester­reichischen Nationalbank auch eine entsprechende Deckung.

Zu den Fragen 28 und 29:

Die Oesterreichische Nationalbank hat dem Generalrat jährlich eine Plankos­tenrechnung und einen Investitionsplan vorzulegen. Das ist auch ent­sprechend erfolgt. Diese Unterlagen enthalten jedoch nicht Ergebnisse aus den Veranlagungen.

Zur Frage 30:

Die Veranlagungen der Oesterreichischen Nationalbank umfassen im eigenen Bereich im Wesentlichen auf der einen Seite die Veranlagung der Wäh­rungsreserven und auf der anderen Seite der Pensionsreserve.

Zu den Fragen 31 und 33:

Es liegt kein schriftliches Verlangen auf Abhaltung einer Generalversammlung vor.

Zu den Fragen 32, 34 und 35:

Die Staatskommissäre berichten laufend nach den Sitzungen des Generalrats an die jeweils befassten Stellen auch in meinem Ressort.

Zur Frage 36:

Es besteht keine Informationspflicht des Bundesministers für Finanzen an den Nationalrat über die Geschäftsentwicklung der OeNB, aber es ist in § 32 Abs. 5 Nationalbankgesetz vorgesehen, dass der Gouverneur und der Vize-Gou­verneur mindestens zweimal jährlich dem Finanzausschuss des Nationalra­tes über Maßnahmen der Geldpolitik und Währungspolitik insgesamt berichten.

Zur Frage 37:

Den dem Nationalrat vorgelegten Budgetentwürfen lagen die damals verfügba­ren Informationen, die wir hatten, zugrunde, die von einem geringeren Ge­winn der OeNB ausgegangen sind. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen.)

15.29

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Matznetter. – Bitte.