17.22

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich möchte mich bei meiner Vorrednerin, bei beiden Fraktionen in Wirklich­keit, bei den Grünen und bei der ÖVP, für diese Initiative bedanken. Ein Gedenk­tag für die Roma und Sinti auf nationaler Ebene ist längst überfällig, und der 2. August ist sehr gut gewählt.

Vorredner von mir haben es schon gesagt, aber auch ich möchte es nicht unerwähnt lassen: Am 2. August 1944 war es so, dass im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau Abschnitt B aufgelöst worden ist und dass im Zuge dieser Auflösung in der Nacht vom 2. auf den 3. August 3 000 Roma und Sinti ihr Leben verloren haben – in einem Schreckensregime, in einem Holocaust, der vergessen worden ist, im Vergleich zur Schoah, die wir schon sehr oft hier im Hohen Haus diskutiert haben.

Für uns NEOS ist ganz zentral, dass wir uns neben dem Gedenktag auch wirklich mit unserer Erinnerungskultur beschäftigen, mit der Frage, wie wir mit dem, was in der Vergangenheit passiert ist, umgehen, um sicherstellen zu kön­nen, dass es keine Zukunft gibt, in der in irgendeiner Weise Ähnliches wieder in unserer Gesellschaft Platz findet. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen.)

Wir sprechen nicht von einer Träumerei oder von einer fernen Panik, wir sprechen von einem politischen Umfeld, das nicht nur in Europa, sondern auch in Österreich in den letzten Jahren wieder zu einer deutlichen Radikalisierung geführt hat. Wir sprechen davon, dass bei der Angelobung des Bundes­präsidenten bei seiner Rede, als er gesagt hat, dass wir gemeinsam an dem Nie­mals-Wieder jeden Tag aufs Neue arbeiten müssen, indem in unserer Ge­sellschaft etwas wie der Nationalsozialismus keinen Platz haben darf, eine Frak­tion im Hohen Haus nicht applaudiert hat, eine Fraktion im Hohen Haus sitzen geblieben ist. Und wir sehen, es ist der Keim in der Gesellschaft und der Keim in der Politik, der am Ende des Tages solche Verbrechen auch mög­lich macht. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Belakowitsch: Wir haben bei der ganzen Rede nicht geklatscht, Herr Kollege!)

Wenn die Freiheitlichen sich jetzt lautstark aufregen: Das Aufregen über den Vorwurf, dass Sie nicht mitmachen in einer Koalition derjenigen, die nicht vergessen wollen, regt Sie anscheinend weniger auf als der Vorwurf, dass Sie einmal nicht geklatscht haben. (Abg. Belakowitsch: Ich habe nur gesagt, dass wir die ganze Rede nicht geklatscht haben!)

Ich möchte aber auf etwas anderes eingehen, das uns genauso wichtig ist. So wie der Gedenktag ist auch ein Gedenkort, eine Gedenkstätte ein extrem wichti­ges Signal an die Roma und Sinti. Es ist auch ein Wunsch der Volksgruppen, dass sie einen Ort in der Bundeshauptstadt finden, an dem man den Opfern des Nationalsozialismus dieser beiden Volksgruppen auch tatsächlich eine würdige Erinnerung geben kann. Das ist ein ganz zentraler Punkt. Eine Gedenkstätte ist nicht nur ein Platz, sondern sie ist ein Ort, an dem diejenigen auch eine Stim­me bekommen, die heute nicht mehr sprechen können. Daher haben wir NEOS im Ausschuss angeregt, dass wir in einem nächsten Schritt, nach einem Gedenktag, auch nach einer passenden Gedenkstätte in Wien Ausschau halten, um diesen nächsten Schritt auch gehen zu können. Wir werden dazu auch einen eigenen Antrag einbringen.

Abschließend zum zweiten Antrag, der ebenfalls im Ausschuss diskutiert worden ist, nämlich betreffend die Stärkung der Sprachkompetenz im Bereich der Volksgruppensprachen: Dazu möchte ich nur einen Punkt anmerken, den wir auch Frau Ministerin Raab schon übermittelt haben: Die Volksgruppen werden noch immer in einer sehr starren Struktur gedacht, nämlich sehr regional, dort, wo sie herkommen. Das ist natürlich in den Siebziger- und Achtziger­jahren, als die Mobilität noch eine andere war, vollkommen richtig gewesen. In der heutigen Zeit, in der junge Menschen auch aus Kärnten, aus dem Burgenland Universitäten in anderen Städten besuchen, dort hinziehen, vielleicht eine Familie gründen, Kinder in die Welt setzen, ist das zu überdenken. Dort finden sie nicht diese Strukturen vor, dass auch das Slowenische und das Kroati­sche im Bildungsbereich, in der Kinderbetreuung angeboten werden.

Wenn wir auf das 21. Jahrhundert schauen und wenn wir wollen, dass die Volks­gruppen wieder zu jener Stärke kommen, auch sprachlich, die sie vielleicht vor 100 oder 200 Jahren hatten, dann müssen wir tatsächlich digitale Angebote schaffen, mediale Angebote und Bildungsangebote, die in ganz Österreich verfügbar sind, und nicht nur im Burgenland und in Kärnten. Nur so gelingt es, diese Traditionen, Rituale und insbesondere die gesamte Volksgruppe auch in die Zukunft zu führen. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeord­neten der ÖVP.)

In diesem Sinne vielen Dank für die Initiativen. Von unserer Seite, von uns NEOS gibt es dafür auch in Zukunft viel Unterstützung. – Danke schön. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.28

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alexander Mel­chior. – Bitte.