11.56

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Leichtfried hat ja recht gut begonnen. (Abg. Leichtfried: Was ist mit der FPÖ Steiermark? Na?) Er hat gesagt: Korruption ist Gift für diese Gesellschaft. – Mindestens genauso ein Gift ist es aber, diese wechselseitigen Vorwürfe zu machen, gerade als SPÖ. (Zwischenruf der Abg. Greiner.)

Ich bin ja in Wien aufgewachsen. Ich weiß, was Korruption ist. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Leichtfried: Ich meine, 500 000 Euro sind ja nicht nichts!) In Wien hat nie jemand eine Position bekommen, der nicht bei der SPÖ ist. Jeder Schul­direktor, jeder Kindergartenleiter – alles ist durchgestylt rot. (Abg. Leichtfried: Für 500 000 Euro muss der kleine Mann lange arbeiten!) Das sind sicherlich nur die Besten, keine Frage. Da gibt es keine Korruption und keine Postenbesetzung. Das ist eine Erfindung der letzten sechs Monate, glaube ich. (Abg. Leichtfried: Sie brauchen nur Graz erklären!)

Herr Kollege Leichtfried, bitte! Ich hätte es mir eigentlich erspart, das zu sagen, aber man muss es halt sagen, wenn Sie damit anfangen: Die Roten haben die Korruption zur Perfektion getrieben: die Inserate, die Sie gekauft haben oder sich über Unternehmen, die im öffentlichen Zusammenhang stehen, haben zahlen lassen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bitte, hören Sie auf! Wirklich: Sie sind sensationell gut in der Korruption, da können Sie stolz sein, aber lassen Sie es, hier auf die anderen zu zeigen! (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Loacker. – Abg. Leichtfried: Aber wenn Sie jetzt nur Graz erklären würden!)

Da sind wir eh schon beim Punkt. Ich denke da natürlich genauso wie alle anderen hier, insofern könnte ich meine Rede genauso beginnen wie Sie: Korruption ist ein Gift für diese Gesellschaft. Ich bin hundertprozentig dafür, dass wir sie bekämpfen, aber natürlich sind wir über die Details nicht ganz einig. Und wenn man – das war bei dem Volksbegehren so wichtig – mit Moral und Entpolitisierung hantiert, dann sind das in Wirklichkeit Kampfbegriffe, die sehr gefährlich sind. Moral – das wissen wir – ist für jeden eine persönliche Einschätzung und daher kein rechtsstaatlicher Begriff. Wenn ich mit Moral arbeite, dann kann ich jeden unter Druck setzen. Immer der, der die Möglichkeit hat, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, oder der stärker ist, kann dann über Moral andere in die Knie zwingen. Das ist gefährlich. Deswegen bin ich dagegen, Moral als Gradmesser zu nehmen. Also rechtsstaatlich muss es sein.

Entpolitisierung ist genauso ein Kampfbegriff, denn Entpolitisierung verlangen immer die, die selbst schon in den Institutionen drinnen sind und nicht wollen, dass andere hineinkommen. (Abg. Meinl-Reisinger: Nein! Auch wir zeigen, dass es anders geht! – Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.) Wenn man zum Beispiel den ORF entpolitisieren will, dann will man das, weil man weiß, man ist selbst – als SPÖ, als Grüne oder als wer auch immer – schon längst fest im ORF verankert. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Singer.) Dann will man keinen Stiftungsrat, bei dem auch andere Parteien dabei sind. Also Vorsicht, da sind wir sehr dagegen.

Auch diese Übertreibungen: Wir machen jetzt das beste Antikorruptions­straf­recht der Welt!, ja, genau deswegen gibt es, glaube ich, auch diesen Missmut und dieses mangelnde Vertrauen in der Bevölkerung, weil einfach alle diese Übertreibungen satthaben.

Wenn Sie sich anschauen, was da jetzt vorgeschlagen wurde: Das ist ja offenbar eine Reaktion auf das Ibizavideo, bei dem man festgestellt hat, das ist nicht einmal strafbar, also müssen wir jetzt nachschärfen. Wir müssen uns also sozu­sagen rechtfertigen, dass wir aufgrund des Ibizavideos eine Regierung in die Luft gesprengt haben. Wir müssen diese Dinge jetzt im Nachhinein strafbar machen.

Wenn man sich das aber anschaut, dann wird es auch im Detail schon sehr heikel. Was ist der Kandidat? Wie heißt es da? Es gibt da so gute Formulie­rungen: Beim Kandidaten muss die Möglichkeit bestehen, dass er eine „hypothetisch mögliche[...] Funktion als Amtsträger“ bekommt. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Na ja, was heißt das? Wenn sich die Umfragen ändern, dann ist er hypothetisch plötzlich doch ein Amtsträger. Wenn die Umfragen schlechter werden, nicht. Unbestimmte Gesetzesbegriffe – das wissen wir – sind im Straf­recht auch Gift, ähnlich wie Korruption. Das ist einmal das eine.

Der Mandatskauf: ja, auch da: Wann ist der Wahlkampf? Wann beginnt der Wahlkampf? (Abg. Steinacker: Stichtag oder Neuwahlbeschluss!) Ja, das kann man auf irgendwelche Tage festlegen. Drei Tage davor gilt es dann nicht mehr. Ich glaube, das Ibizavideo – Kollege Scherak hat es schon gesagt – ist, drei Tage bevor laut Gesetz der Wahlkampf beginnt, gewesen (Abg. Scherak: Am Abend davor!) – oder am Abend davor. Gut, also noch schöner hingebracht.

Dann: Wer ist ein „Verantwortlicher einer [...] Partei“? Das ist ein Rechtsbegriff, den es bis jetzt nicht gibt, der steht jetzt plötzlich da im Gesetz. Also auch das ist unbestimmt.

Auch den Mandatsverlust nach sechs Monaten bedingter Verurteilung halte ich für höchst problematisch. (Abg. Steinacker: Wählbarkeitsverlust! Da ist ein Unterschied!) Wir haben bewusst die Gewaltenteilung, und es sollten auch die Mandatare, die Politiker und vor allem jene der Opposition davor geschützt werden, dass sie möglicherweise leichtfertig durch die Justiz entfernt werden.

Und sechs Monate bedingt: Es gibt auch Fehler in der Justiz – das muss man auch sagen –, sonst gäbe es ja auch keine Rechtsmittel oder Wiederaufnahme von Verfahren. Also da geht es schon sehr schnell, dass man jemanden hinausdrängt. Also wir sind da skeptisch.

Wir werden uns das alles anschauen. Wie gesagt: Wir sind natürlich genauso wie alle anderen für die Bekämpfung der Korruption, aber Vorsicht, wo man sich hinbewegt, und Vorsicht mit Kampfbegriffen! (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

12.01

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Michaela Steinacker. – Bitte.