15.50

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es geht um einen Beschluss aus dem Jahr 1992, als man sich dazu durchgerungen hat, das Pensionsantrittsalter der Frauen an jenes der Männer anzugleichen, in einem 40-jährigen Über­gangs­zeitraum – 40-jähriger Übergangszeitraum!

Weil Kollege Koza den Vertrauensschutz herangezogen hat: Seit diesem Beschluss 1992 hat die Pensionsversicherungsanstalt die Beratung der Frauen immer nach der gleichen Logik gemacht und hat gesagt: Wenn Sie am 15. Dezember Geburtstag haben, dann ist Ihr Pensionsstichtag der 1. Jänner, und daher sind Sie von der Regelung mit 1. Jänner betroffen. – Das war immer klar. Das, was jetzt geändert wird, geht in die andere Richtung und nimmt diese Dezembergeborenen und die Junigeborenen heraus und zieht den Pen­sionsantritt für diese Leute um ein halbes Jahr vor. (Abg. Koza: Ja eh! Habe ich eh gesagt!)

Genau deshalb, Kollege Koza, müssen Sie die Altersteilzeitregelung anpassen, weil sich die Leute eigentlich darauf verlassen haben, dass sie sechs Monate später in Pension gehen. (Abg. Koza: Habe ich ja gesagt, Gerald!) Also der Ver­trauensgrundsatz geht genau in die andere Richtung als Ihre Argumentation. Sie widersprechen sich da leider selbst. (Abg. Koza: Nein!)

Jetzt kann man sagen, gut, dann gehen diese Menschen halt sechs Monate früher in Pension. Das sind zehn Jahrgänge, die jeweils zu einem Sechstel (Abg. Belakowitsch: Zehn Jahrgänge?), nämlich die im Dezember und im Juni Geborenen - - (Abg. Belakowitsch: Da hast dich jetzt verrechnet!) – Zehn Jahr­gänge, von 2024 bis 2033 sind es zehn Jahrgänge, Kollegin Belakowitsch, und davon geht ein Sechstel, weil es zwei Monate sind, die betroffen sind, ent­sprechend früher.

Und dieses Paketlein kostet gemütlich 1 Milliarde Euro, darf man schätzen – 1 Milliarde Euro! (Abg. Koza: Auf wie viele Jahre? – Abg. Michael Hammer: Auf die Laufzeit aber!) Haben wir ja, macht ja nichts. Wir legen eh nur jedes Jahr 25 Milliarden Euro ins Pensionssystem hinein. Das ist das Geld der Jungen, das da verblasen wird!

Und dann regt man sich auf, speziell hier auf der linken Seite, dass die Frauen­pensionen niedriger sind. – Ja, weil die Frauen auch mit 20 Prozent weniger Beitragsmonaten in Pension gehen. Jetzt verlängern Sie diesen Zustand, indem die Frauen mit weniger Beitragsmonaten in Pension gehen. Das ist Ihr Verdienst und das Verdienst der Regierung.

Jetzt zu dem absurden Antrag des Kollegen Muchitsch: Also wenn man einen logikfreien Antrag nehmen will, dann nimmt man den von Beppo Muchitsch. Jemand, der im Jänner in Pension geht, dessen Pension zwölf Monate lang der Inflation unterlegen ist, bekommt am 1. Jänner eine volle Pensionserhöhung. Wenn man im Dezember in Pension geht, dann ist die Pension erst einen Monat lang der Inflation unterlegen. Natürlich kann man dann nicht am 1. Jänner eine volle Inflationsabgeltung bekommen, wenn die Pension ja erst einen Monat alt ist. Also wie absurd kann man denken?!

Diese absurde Denkweise des Beppo Muchitsch aber hat der Herr Minister mit Regierungsmehrheit leider umgesetzt: Wenn Sie im Dezember 2022 in Pension gegangen sind, haben Sie am 1. Jänner 2,9 Prozent Pensionserhöhung bekommen. Sie waren leider dumm, falls Sie sich für einen Pensionsantritt am 1. Jänner 2023 entschieden haben. Da waren Sie ein bisschen blöd. Wären Sie einen Monat früher gegangen, hätten Sie jetzt nämlich mehr. Tut mir leid für Sie, das ist Ihr Pech! – So viel zu dieser Pensionspolitik der Geschenke, die da von der ÖVP gemacht wird, ein bisschen abgemildert von den Grünen, und von den Roten sowieso.

Diese Verteilpensionspolitik bestraft immer diejenigen, die mehr arbeiten, und belohnt jene, die möglichst früh in Pension gehen. Und das ist ein Fehlanreiz, von dem wir wegkommen müssen, nämlich im Sinne derer, denen wir hoffentlich in 30, 40, 50 Jahren auch noch eine vernünftige Pension gönnen. (Beifall bei den NEOS.)

Zur geblockten Altersteilzeit: Was heißt denn geblockte Altersteilzeit? – Geblockte Altersteilzeit bedeutet, Sie arbeiten zwei Jahre voll, zwei Jahre gar nicht und bekommen 75 Prozent bezahlt. Wir nehmen Geld der Arbeitslosenversicherten in die Hand, um mit diesem Modell Menschen zwei Jahre früher aus dem Arbeitsmarkt herauszukaufen. Wie gscheit ist das in Zeiten von Arbeitskräfte­mangel, die Frauen sechs Monate früher in Pension zu schicken und für die Altersteilzeit zusätzliches Geld in die Hand zu nehmen, um mit der geblockten Altersteilzeit gesuchte Arbeitskräfte aus dem Arbeitsmarkt herauszukaufen?! (Abg. Belakowitsch: Sei doch nicht so asozial! Wer will, kann eh bleiben!)

Jetzt hat sich die Regierung darauf verständigt, die geblockte Altersteilzeit ab 2030 auslaufen zu lassen. Alle Experten sagen seit Jahren: Schafft bitte diesen Unfug ab! Schafft diese geblockte Altersteilzeit ab! – Wenn Sie jetzt zu dem Schluss kommen, sie ist ein Unfug, dann schaffen Sie sie nicht erst ab 2030 ab, sondern mit 1.1.2024! Dann ist sie weg, außer die Vereinbarungen, die bis zu diesem Zeitpunkt schon geschlossen sind – Ende der Durchsage.

Darauf richtet sich mein Entschließungsantrag, den ich hiermit einbringe:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der geblockten Altersteilzeit“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert, dem Natio­nalrat schnellstmöglich eine Gesetzesvorlage vorzulegen, die eine Abschaffung der geblockten Altersteilzeit mit 01.01.2024 vorsieht.“

*****

Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

15.56

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gerald Loacker,  Kolleginnen und Kollegen

betreffend Abschaffung der geblockten Altersteilzeit

eingebracht im Zuge der Debatte in der 197. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3073/A der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern- Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (1922 d.B.) - TOP 14

Ziel der Altersteilzeit ist es, ältere Beschäftigte durch eine Arbeitszeitreduktion (inkl. 50 Prozent Lohnausgleich) länger im Erwerbsleben zu halten. Dieser Zielsetzung entspricht derzeit jedoch nur die kontinuierliche Altersteilzeit, bei der die Erwerbs­tätigen anschließend mit einer reduzierten Wochenarbeitszeit bis zum Regel­pensionsantrittsalter arbeiten. Die geblockte Altersteilzeit unterläuft hingegen diese Zielsetzung.

Denn in der Praxis arbeiten Arbeitnehmer bei einer geblockten Altersteilzeit eine bestimmte Zeitspanne voll (Arbeitsphase) und die restliche Zeit nicht (Freizeitphase), wobei üblicherweise die Freizeitphase unmittelbar an die Arbeitsphase anschließt. Diese Freizeitphase kann bis zu 2,5 Jahre betragen. Sie stellt de facto eine vorzeitige Pensionsphase dar. Die geblockte Altersteilzeit ist also nichts anderes als eine Früh­pensionierungsmöglichkeit, die noch dazu mit Millionenbeträgen vom Arbeits­markt­service (AMS) subventioniert wird. Den Dienstgebern werden die durch den Lohn­ausgleich (inkl. Dienstgeberbeiträge) entstehenden Aufwendungen für das Brutto­arbeitsentgelt bis zur Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG zuzüglich der zusätz­lich entrichteten Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträge zur Sozialver­sicherung bei einer Blockzeitvereinbarung im Ausmaß von 50% vom AMS ersetzt. Damit subven­tioniert das AMS den Unternehmen das Wegrationalisieren von Arbeitsplätzen durch frühzeitige Ruhestände. Die Ausgaben für die geblockte Alters­teilzeit betrugen laut AMS 2021 rund 96 Mio. Euro (1). Gerade angesichtes des akuten Arbeitskräfte­man­gels ist der Einsatz diese Mittel widersinnig. Der Staat kauft mit dem Geld der Arbeits­losenversicherung Erwerbstätige aus dem Arbeitsleben hinaus.

Auch AMS Vorstand Johannes Kopf äußert mehrfach Kritik an der geblockten Alters­teilzeit und fordert eine Abschaffung dieser: "Aus meiner Sicht könnte man die geblockte Altersteilzeit abschaffen". Die geblockte Altersteilzeit entspreche seiner Ansicht nach einer "Frühverrentnung" und nicht "altersgerechtem Arbeiten" (2). Nach langer Zeit des anhaltenden Widerstandes sieht das inzwischen auch die Regierung so und plant deshalb die versteckte Form der Frühpension abschaffen (3), allerdings erst mit 2030, außerdem fehlt nachwievor die entsprechende Regierungs­vorlage. Warum eine sachlich richtige und von sämtlichen Experten unterstützte Maßnahme bis 2030 aufgeschoben wird, bleibt unerklärlich.

Zu selben Ergebnis wie AMS-Chef Kopf kommt auch eine Studie des Institutes für Höhere Studien (IHS) aus dem Jahr 2017, die insbesondere die Anreizwirkung, de facto in Frühpension zu gehen, aber auch die Altersteilzeit insgesamt, deutlich kriti­siert: "Vor dem Hintergrund der geringen Erwerbstätigkeit Älterer in Österreich ist das ATZG sehr kritisch zu beurteilen. Die empirische Analyse hat eindeutig gezeigt, dass das ATZG das Arbeitsangebot (Arbeitszeitvolumen) der Älteren reduziert. Die vom ATZG ausgelösten makroökonomischen Effekte sind gering. Bezogen auf die vergleichsweise hohen Ausgaben für die Förderung der Altersteilzeit erscheint eine umfassende Reform des ATZG daher unbedingt angeraten." (4)

Zusätzlich führt die geblockte Altersteilzeit auch zu einem verzerrenden statistischen Effekt im Bereich des Pensionsantrittsalters. Obwohl in Form der geblockten Frei­zeitphase ein vorzeitiger Ruhestand vorliegt, wird dieser Zeitraum als aufrechtes Arbeitsverhältnis, nicht als Pension betrachtet. Damit stellt die Regierung das Pensi­ons­antrittsalter künstlich höher dar, als es tatsächlich ist.

Quellen:

(1) https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/10745

(2) https://www.diepresse.com/5202432/ams-chef-kopf-empfiehlt-abschaffung-der-geblockten-altersteilzeit

(3) https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2174313-Ende-fuer-versteckte-Fruehpension.html

(4) https://irihs.ihs.ac.at/id/eprint/1835/1/2008-graf-hofer-sellner-wroblewski-winter-ebmer-evaluierung-der-arbeitsmarktpolitischen-wirkungen-des-altersteilzeitgeldes.pdf

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Gesetzesvorlage vorzulegen, die eine Abschaffung der geblockten Altersteilzeit mit 01.01.2024 vorsieht."

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Rauch. Ich darf ihm das Wort erteilen. – Bitte.