17.57

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Rechnungshofpräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Auch ich werde mich der Reduzierung der Lebensmittel­ver­schwendung widmen. Wir haben dazu einen sehr aussagekräftigen Bericht des Rechnungshofes vorliegen. Es geht um den Prüfzeitraum 2016 bis 2019. Darin steht, dass pro Jahr 800 000 Tonnen Lebensmittel im Müll landen.

Mittlerweile gibt es eine ganz aktuelle Schätzung der Boku, die besagt, dass 1 Million Tonnen Lebensmittel im Müll verschwinden – 1 Million! Das ist eine gewaltige Menge und soll nicht nur uns alle dazu aufrufen, da individuell anzusetzen und gut zu überlegen, wie viel wir wirklich einkaufen, wie viel man auch verbrauchen kann, sodass nichts verdirbt. Das bedeutet: 521 Tonnen Lebensmittel, die noch genießbar sind, werden pro Jahr entsorgt. An der Spitze stehen Gebäck und Brot gefolgt von Obst und Gemüse. Und selbst bei Fleisch und Fisch sind es 11 Prozent. Das ist zu viel; da gilt es wirklich anzuset­zen, um das zu reduzieren.

Man hat auch untersucht, warum so viel weggeworfen wird. Einer der Gründe: Zeitmangel bei der Zubereitung, zu wenige Ideen beim Kochen und Ähnliches. Man sollte also wirklich sein individuelles Einkaufsverhalten überdenken.

Die Regierung hat einen Aktionsplan ausgearbeitet. Es ist zwar gut, dass es ihn gibt, aber ich muss festhalten, dass die Schritte zu zögerlich sind. Es sind zu wenige konkrete Maßnahmen drinnen, und es wird zu sehr auf Freiwilligkeit gesetzt. Das ist zu wenig! Das ist insofern zu wenig, als wir alle sehr gefordert sind, eines der SDGs, der Sustainable Development Goals einzuhalten: Halbie­rung der Lebensmittelverschwendung bis 2030. Wenn das weiter so ansteigt, dass man so viel wegwirft, dann wird sich das nicht ausgehen. Das sagt auch der Rechnungshof.

Wie kann man aber erreichen, dass man wirklich vermeidet, Lebensmittel wegzuwerfen? Mein Vorredner hat schon ein Problem angesprochen, das uns da stets begleitet, nämlich die Datenlage.

Es gibt zu wenige brauchbare, verwertbare Daten entlang der Lebensmittel­produktion und des Verbrauchs, die greifbar sind und Vergleiche zulassen. Da gilt es – und das ist auch eine dezidierte Empfehlung des Rechnungshofes –, qualitative und quantitative Messgrößen zu definieren, damit klar ist, wovon wir sprechen, und damit wir auch vom Gleichen sprechen.

Unsere Fraktion hat sich entschieden, einen eindeutigen Antrag einzubringen, und ich ersuche Sie wirklich um breite Zustimmung, sodass auch dokumentiert wird, dass wir gemeinsam daran arbeiten wollen, die Verschwendung von hochwertigen Lebensmitteln zu vermeiden. Der Aspekt, dass man gerade in den letzten Monaten gesehen hat, dass Sozialmärkte mit zu wenigen Lebens­mitteln ausgestattet sind, ist dabei besonders wichtig. Dazu hat es im Dezember dankenswerterweise ein Gespräch mit allen Beteiligten – Vertretern von Sozialmärkten, Produzenten und NGOs – gegeben, um diese Probleme zu besprechen. Das betrifft nicht nur die Zurverfügungstellung von Lebens­mitteln, sondern auch die Lagerung. Da geht es um logistische Fragen, da geht es auch um Haftungsfragen, die Kühlung et cetera. Da muss aber ein bisschen Bewegung in die Sache kommen.

Ich darf abschließend unseren Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit der Verschwendung von Lebensmitteln“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„‚Die Bundesregierung wird aufgefordert,

- nach französischem Vorbild ein Konzept für die verpflichtende Abgabe von nicht mehr benötigten oder verkaufbaren Lebensmitteln an soziale Einrich­tun­gen vorzulegen, das jedenfalls auch die Frage der nötigen Infrastruktur (Lager, Kühlhäuser, etc.) sowie die Bedürfnisse der Sozialeinrichtungen berücksich­tigt;

- ein Verbot, Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden, für den weiteren Verbrauch ungenießbar zu machen, zu erarbeiten;

- in Übereinstimmung mit der auf europäischer Ebene weiterentwickelten Metho­dik Daten-Lücken zu schließen – derzeit gibt es etwa kaum verfügbare Informationen darüber, wie viele Lebensmittelabfälle im Lebensmittelgroßhandel anfallen.

- Konzepte zu erarbeiten, mit denen Lebensmittel früher Sozialmärkten zur Verfügung gestellt werden, um sie vor dem Abfall zu retten.‘“

*****

Ich ersuche Sie um durchgängige Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.02

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

§ 55 GOG-NR

der Abgeordneten Mag.a Karin Greiner, Genossinnen und Genossen

betreffend Schluss mit der Verschwendung von Lebensmitteln

eingebracht im Zuge der Debatte zum TOP 23 Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Verringerung der Lebensmit­tel­verschwendung – Umsetzung des Unterziels 12.3 der Agenda 2030 – Reihe BUND 2021/19 (III-319/1801 d.B.)

Weltweit gehen jährlich 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel verloren oder werden weggeworfen, das entspricht rund einem Drittel der für die menschliche Ernährung erzeugten Lebensmittel. Lebensmittelverschwendung ist dabei nach Angaben der Welternährungsorganisation nach den USA und China der drittgrößte Klimasünder und weltweit für 3,6 Gigatonnen CO2 Emissionen verant­wortlich, was in etwa den weltweiten Emissionen aus dem Straßenverkehr entspricht. Innerhalb der EU sind es 170 Millionen Tonnen CO2, die im Zuge der Erzeugung und Beseitigung von Lebensmittelabfällen ausgestoßen werden. Allein in der EU werden schätzungsweise 57 Millionen Tonnen Lebensmittel pro Jahr verschwendet, etwa 127 kg pro Person. In Österreich fallen jährlich mehr als eine Million Tonnen an vermeidbaren Lebensmittelabfällen an. Davon ent­fallen etwa 50% an Privathaushalte. Auf europäischer Ebene gibt es Anstren­gungen im Rahmen der Maßnahmen zur Verbesserung der Kreislaufwirtschaft zuerst die Datenbasis über das Ausmaß der Lebensmittelabfälle zu verbessern und in Richtung verpflichtender Zielvorgaben für die Reduktion von Lebensmittelabfällen zu kommen. In den UN Sustainable Development Goals heißt es hinsichtlich der Verringerung von Lebensmittelabfällen unmissverständlich: „Bis 2030 die weltweite Nahrungsmittelverschwendung pro Kopf auf Einzelhandels- und Verbraucherebene halbieren und die entlang der Produktions- und Lieferkette entstehenden Nahrungsmittelverluste einschließlich Nachernteverlusten verringern.“ In mehreren europäischen Ländern (u.a. Frankreich, Italien und Tschechien) gibt es in unterschiedlicher Ausformung gesetzliche Verpflichtungen für Lebensmittelhändler, die die Verschwendung von Lebensmitteln begrenzen sollen. In Frankreich sind etwa Lebensmitteleinzelhändler mit einer Verkaufsfläche größer als 400 m2 verpflichtet übrige Lebensmittel zu spenden. Hierzu haben sie Vereinbarungen mit karitativen Einrichtungen zu treffen. In Tradition der bisherigen Umwelt­minis­ter*innen setzt auch BM Gewessler lieber auf freiwillige Maßnahmen, statt klare gesetzliche Vorgaben zu machen. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert,

•          nach französischem Vorbild ein Konzept für die verpflichtende Abgabe von nicht mehr benötigten oder verkaufbaren Lebensmitteln an soziale Einrichtungen vorzulegen, das jedenfalls auch die Frage der nötigen Infrastruktur (Lager, Kühl­häu­ser, etc.) sowie die Bedürfnisse der Sozialeinrichtungen berücksichtigt;

•          ein Verbot, Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden, für den weiteren Verbrauch ungenießbar zu machen, zu erarbeiten;

•          in Übereinstimmung mit der auf europäischer Ebene weiterentwickelten Methodik Daten-Lücken zu schließen - derzeit gibt es etwa kaum verfügbare Informationen darüber, wie viele Lebensmittelabfälle im Lebensmittelgroßhandel anfallen.

•          Konzepte zu erarbeiten, mit denen Lebensmittel früher Sozialmärkten zur Verfügung gestellt werden, um sie vor dem Abfall zu retten.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Kainz. – Bitte.