11.36

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Diplomatinnen und Diplomaten! Ich möchte Sie herz­lich hier im Hohen Haus begrüßen, allen voran auch den Botschafter der Ukraine Chymynez und den Vertreter der EU-Kommission in Österreich, Martin Selmayr. Herzlich willkommen bei uns im Parlament! Ebenso herzlich willkommen im österreichischen Nationalrat: Swjatlana Zichanouskaja, die Oppo­sitionsführerin und Führerin der Demokratiebewegung aus Belarus! (Beifall bei NEOS, ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Vor einem Jahr ging es dann auf einmal ganz schnell: Was monatelang vermutet wurde und wovor in einer ungewöhnlichen Transparenz vor allem vonsei­ten des amerikanischen Geheimdienstes immer wieder gewarnt wurde, ist in den Morgenstunden des 24. Februar 2022 schreckliche Wirklichkeit geworden: ein Angriffskrieg, ein völkerrechtswidriger, illegaler Angriffskrieg, der mit Panzern, Granaten und Soldaten die gesamte Friedensordnung, wie wir sie ge­kannt haben, an der wir seit 1945 gebaut haben, nicht nur mit Füßen getreten, sondern auch mit Bomben zerbombt hat.

Wladimir Putin hat diesen ungeheuerlichen Krieg vom Zaun gebrochen, und er war sehr klar darin, auch wenige Tage davor, am 21.2., was sein Kriegsziel ist. Er hat nichts weniger gemacht, als der Ukraine das Recht auf Eigenstaatlich­keit, auf Selbstbestimmung abzusprechen. Er hat damit – und das habe ich gesagt – auch sämtliche diplomatische Bemühungen mit einem Strich vom Tisch gewischt; der Weg wurde schon Jahrzehnte zuvor begonnen, um auch der Ukraine einen Weg der Freiheit und Selbstbestimmtheit und einen part­nerschaftlichen Dialog vor allem Europas mit vielen Ländern, die wir früher ein­mal als wichtige Partner erachtet haben, zu ermöglichen.

Wir haben vielleicht alle miteinander im Westen, in Europa die naive Vorstellung gehabt, dass Wandel durch Handel möglich ist, dass wir tatsächlich an ein Ende der Geschichte kommen und Freiheit, liberale Demokratie, die Grundlagen von Rechtstaatlichkeit, von internationalen Verträgen zukünftig die Grund­lage unseres Handelns sein werden, samt partnerschaftlicher Beziehungen auf Augenhöhe, und nicht mehr das Schlachtfeld.

All das ist obsolet geworden, und es stellt sich seitdem mehr als die Frage, die vereinfach vielleicht heißt: Krieg oder Frieden?, es stellt sich simpel für uns alle miteinander die Frage: In welcher Welt wollen wir leben? Wollen wir wieder in einer Welt leben, in der das Recht des Stärkeren zählt, in einer Welt, in der politische Interessen gepaart mit militärischen Kapazitäten am Schlachtfeld durchgesetzt werden? Oder wollen wir zu einer stabilen und nachhaltigen Friedensordnung zurückkommen, zu der wir uns als Österreich nach 1945 bekannt haben, wo wir dem Recht von Verträgen, der Rechtstaatlichkeit den Vorrang gegenüber allen militärischen Aggressionen gegeben haben?

Der Krieg wurde vor einem Jahr vom Zaun gebrochen, aber selbstverständlich sind die Aggressionen Putins gegenüber der Ukraine nicht neu. Dieser Krieg hat in Wahrheit 2014 mit der illegalen Annexion der Krim begonnen, je­denfalls für die Ukrainerinnen und Ukrainer. Das hätte schon damals für uns alle, auch in Österreich, ein Weckruf sein müssen. Dieser Weckruf – so ehr­lich muss man sein – wurde nicht von allen gehört.

Die Zeitenwende ist jetzt da: So hat Olaf Scholz, der deutsche Bundeskanzler, das letztes Jahr ja bezeichnet. In Wahrheit ist diese Zeitenwende aber schon viel früher eingeläutet worden. Viele Staaten haben uns gewarnt: baltische Staa­ten, Polen. Wir haben vielleicht nicht gut genug zugehört, wiewohl auch hier bei uns, unter anderem von uns NEOS, immer wieder, auch nach 2014, War­nungen ausgesprochen worden sind, was es heißt, Putin den roten Teppich auszurollen oder Projekte wie Nord Stream 2 voranzutreiben. (Abg. Kickl: ... die erste, die mitgedackelt wäre ...!)

Die Zeitenwende – das ist ein Begriff, der meines Erachtens wirklich Gültigkeit hat – bedeutet zu unser aller großem Bedauern auch ein Abgehen von der sogenannten Friedensdividende, an die wir geglaubt haben, also von der Möglichkeit abzurüsten und unser Budget, das Geld der Steuerzahlerin­nen und Steuerzahler, nicht in einen Rüstungswettbewerb zu stecken, sondern in Sozialpolitik, in Bildungspolitik, in Forschung und Innovation. Auch all das ist leider Gottes obsolet geworden, da muss man die Naivität einfach ablegen. So haben entlang dieses Gedankens der Zeitenwende doch die meisten europäi­schen Staaten ihre Lehren daraus gezogen, aber, wie ich meine, Österreich nicht.

Deutschland – und das ist eine historische Entwicklung gewesen – hat eine mas­sive Aufstockung des Verteidigungsbudgets veranlasst. Finnland und Schwe­den – Finnland, das geradezu symbolisch für die Idee, die Ideale von Neutralitätspolitik gegenüber einem starken, aggressiven Nachbarstaat steht; das wurde ja auch immer Finnlandisierung genannt – haben ihre Sicher­heits- und Verteidigungspolitik überdacht und nach jahrzehntelanger Paktfrei­heit Anträge auf Nato-Mitgliedschaft gestellt. Die beiden Staaten haben erkannt, dass Neutralität alleine nicht schützt. Es schützt uns nur eine starke Partnerschaft, das Bündnis mit gleichgesinnten Partnerinnen und Part­nern, die sich auch alle zu unserer Wertegemeinschaft bekennen. (Beifall bei den NEOS.)

Ich glaube, dass man vielleicht auch noch von einer Zeitenwende bezüglich einer veränderten Machtstruktur innerhalb der Europäischen Union sprechen wird, war es doch über Jahrzehnte eine deutsch-französische Achse, die die Fort­entwicklung der Europäischen Union geprägt hat. Jetzt sehen wir – zu Recht, denke ich – ein neues Selbstbewusstsein osteuropäischer Staaten, balti­scher Staaten, Polens, von Ländern, die sagen: Wir haben es euch gesagt, ihr habt nicht gut genug zugehört. Wie konntet ihr es zulassen, dass nach 2014 noch solche bewussten politischen Entscheidungen – übrigens auch hier in Österreich, wenn ich an die jahrelangen Verträge mit Gazprom denke, die ge­schlossen worden sind, vorangetrieben von ÖVP, SPÖ und FPÖ – getrof­fen werden? Wir haben euch gewarnt, dass ihr in Russland keinen verlässlichen Partner sehen könnt und dass ein weiterer Angriff droht.

Wir sehen nichts anderes als einen Neoimperialismus, und deshalb sage ich es auch sehr oft: Es ist nicht nur – aber natürlich auch, angesichts der Ermor­dungen, Vergewaltigungen, Folterungen, Deportationen von Kindern, der massi­ven Zerstörung von Häusern, von Wohnhäusern, von Infrastruktur; was wir tagtäglich sehen, die Bilder aus der Ukraine können uns nicht unberührt las­sen – eine moralische Frage, jetzt die Ukraine zu unterstützen (Abg. Bela­kowitsch: Sondern?!), es ist unser ureigenstes Interesse, gerade als ein kleines Land wie Österreich (Zwischenruf des Abg. Hafenecker), ein kleines Land, das darauf bauen muss, dass Verträge Gültigkeit haben und nicht das Recht des Stärkeren gilt. Putin muss in der Ukraine gestoppt werden, um nachhaltig Freiheit und Frieden zu sichern. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Deshalb ist es so wichtig, klar Position zu beziehen, nicht nur, aber gerade auch mit Sanktionen. Wir werden keinen nachhaltigen Frieden sehen. Wir wer­den Destabilisierung sehen, wie wir das auch seit Jahrzehnten erleben, durch Desinformationskampagnen und Hackerangriffe und durchaus auch mit Unterstützung von der einen oder anderen politischen Partei oder Bewegung in europäischen Staaten. Es gibt ja auch schon lange Jahre gute Beziehungen des Kremls zu vor allem rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien, die allesamt auf eine Destabilisierung Europas abzielen, darauf, unsere libe­rale Gesellschaftsordnung, unsere offene Gesellschaft, die Werte, die unsere Freiheit, aber auch unseren Wohlstand bedeuten, zu untergraben.

Ich spreche daher an dieser Stelle auch meinen Dank an die mutigen Ukrainerinnen und Ukrainer aus, die uns gezeigt haben, was es bedeutet, für ihre Freiheit und für ihre Selbstbestimmung zu kämpfen. Sie haben auch all jene Lügen gestraft, die gesagt haben: In drei Tagen ist die Ukraine eingenom­men und Putin hat gewonnen.

Putin hat diesen Krieg schon verloren, wie ich glaube. Er hat kein einziges Kriegsziel erreicht, vielmehr hat er bewirkt, dass Europa so stark und geschlossen zusammensteht wie nie zuvor und entschlossener als bisher die eigene, souveräne Autonomie, auch in Sicherheits- und Verteidigungs­fragen, vorantreibt. Vor allem wurde auch die Nato gestärkt, und jedenfalls wird sie mit dem Beitritt Schwedens und Finnlands weiter massiv gestärkt.

Ich habe gesagt, die Zeitenwende ist in Österreich nicht angekommen, und ich möchte das an zwei Beispielen festmachen. Ich möchte zunächst auch Worte des Danks und des Lobs dafür aussprechen, dass sich die österreichische Bundesregierung durchaus entschlossen in der Ukrainefrage positioniert hat, die Sanktionen mitträgt und auch die Ukraine stark unterstützt, zumindest im zivilen und im humanitären Bereich. In zwei Bereichen sehen wir aber, dass es kein Leadership und keine wirklich entschlossenen politischen Entschei­dungen gegeben hat, wie das andere Länder vorangetrieben haben.

Viele europäische Länder haben gesagt: Wir können doch diesen Krieg von Putin nicht finanzieren. Wir können doch nicht mit unserem Geld für russisches Gas Bomben, Granaten, Soldaten und all das, was an Kriegsverbrechen in der Ukraine passiert, mitfinanzieren. So haben sich die meisten europäischen Staaten in den letzten Monaten unabhängig von russischem Gas gemacht, nicht aber Österreich. Der Anteil von russischem Gas an den Gesamtimporten ist zuletzt wieder auf über 70 Prozent gestiegen, das ist nahezu so viel, wie es vor dem Krieg gewesen ist.

Ich kann mich erinnern, Herr Bundeskanzler, Herr Vizekanzler – die Energiemi­nisterin ist jetzt nicht da –, dass Sie sich vor Weihnachten hingestellt, sich auf die Schulter geklopft und gesagt haben: Durch unsere großartige Arbeit ist es gelungen, die Abhängigkeit von russischem Gas auf 20 Prozent zu redu­zieren. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Kogler.) Ich glaube, Sie müssen ein bisschen ehrlich sein, Sie haben da die Österreicherinnen und Österreicher angeschwindelt, und zwar in einem ungeheuren Ausmaß, das unverzeihlich ist, denn die Abhängigkeit ist nach wie vor gegeben. Wir finanzieren damit den Krieg. Zuletzt haben wir in einem Monat 1 Milliarde Euro überwiesen. Schauen wir uns an, was wir, was Österreich im letzten Jahr für russisches Gas an Russland gezahlt hat: Es sind nahezu 7 Milliarden Euro gewesen. 7 Milliarden Euro! Im Vergleich dazu: Wir haben im letzten Jahr 600 Millionen Euro Hilfe an die Ukraine geleistet. Jetzt frage ich Sie: Kann man da von Entschlos­senheit sprechen, davon, dass die Zeitenwende auch in energiepoliti­schen Fragen bei uns angekommen ist? – Ich meine: wirklich nicht. (Beifall bei den NEOS.)

Wir sind damit weiter erpressbar und der Begriff Gaskolonie erscheint mir angesichts dieses Neoimperialismus und der Fantasie von einem Groß­reich Russland durchaus angebracht. Wir wollen aber unabhängig und frei und selbstbestimmt sein, und das selbstverständlich auch in Energiefragen.

Sprachlosigkeit herrscht in Österreich aber vor allem auch in Fragen der Sicherheits- und der Verteidigungspolitik. Es ist notwendig, zu sehen, dass seit Beginn des Angriffskriegs letztes Jahr nichts mehr ist, wie es war. Ich ver­stehe ja alle, die gerne den Kopf in den Sand stecken, die sagen: Bitte, wir wollen doch wieder unsere guten wirtschaftlichen Beziehungen, unser Gas aus Russland haben! Wir wollen das alles nicht!, und hoffen, dass Neutralität uns in irgendeiner Weise schützen kann.

Es ist aber nicht mehr die Zeit des Kalten Krieges, wir stehen nicht mehr als Block zwischen Ost und West. Wir sind Teil der westlichen Wertegemeinschaft, und das ist gut so. Wir sind Teil des vereinten Europas, der europäischen Union, und das ist gut so. Wir haben auch gesagt – selbstbewusst und entschlos­sen –, dass wir an der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Europa teilnehmen, und zwar ohne Einschränkungen, weil wir in dieser Frage nur gemeinsam stärker sind und Friedenssicherung, aber auch Friedens­schaffung im ureigensten Interesse unseres Kontinents liegen muss. (Beifall bei den NEOS.)

In Österreich aber haben Sie, Herr Bundeskanzler, die Diskussion abgewürgt. Sie haben quasi ex cathedra gesagt: Nein, darüber reden wir nicht! – Sprachlo­sigkeit. Wir müssen eine Sicherheitsdebatte führen, und zwar nicht, um zu sagen: Wir sind im Krieg mit Russland!, sondern weil wir doch erkennen müssen, dass Russland, dass Putin, dass der Kreml seit vielen Jahren, weit über das letzte Jahr hinaus, im Krieg mit uns sind. Sie führen Krieg mit Gas als Waffe, mit Desinformationskampagnen, mit ihren Social-Media-Bots, mit ihren Trollfabri­ken, mit der Finanzierung von Le Pen in Frankreich und der Einmischung in die französische Präsidentschaftswahl, mit einer Unterstützung der Brexit­kampagne, mit dem Versuch der Einmischung in die US-Präsident­schaftswahlen und natürlich auch mit den guten Beziehungen zu ihren starken Freundinnen und Freunden hier in Österreich, der FPÖ.

Das ist doch schon lange unterwegs. Wenn wir unsere Freiheit, unsere Selbstbestimmung ernst nehmen, dann müssen wir doch erkennen, dass wir eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa und damit auch für Österreich denken und diese Sprachlosigkeit ein für alle Mal beenden müssen. (Beifall bei den NEOS.)

Wir haben immer noch eine Sicherheitsdoktrin, eine Sicherheitsstrategie auf dem Tisch liegen, die mehr als zehn Jahre alt ist. 2013 ist sie beschlossen, aber früher ausgearbeitet worden. Diese Sicherheitsdoktrin bezeichnet Russ­land auf gleicher Ebene wie die USA als wichtigen und durchaus auch verlässli­chen Partner. Das ist doch fahrlässig; und wenn das jetzt nicht geändert wird und wir unsere Rolle als Österreich im gemeinsamen Europa gegenüber Russland nicht neu definieren, ist das nicht nur fahrlässig, sondern eine vorsätzliche Gefährdung der Sicherheit der Menschen in Österreich.

Es ist Ihre Pflicht und Aufgabe als Bundesregierung, für die Sicherheit und die Freiheit der Menschen in Österreich zu sorgen. Es ist nicht Ihre Aufgabe, nostalgische Referate darüber zu halten, wie sehr die Neutralität wie Mozart­kugeln oder Lipizzaner zu unserer Identität beiträgt. (Beifall bei den NEOS.) Nostalgie schützt uns nämlich auch nicht, sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregierung.

Unsere Vorstellungen als NEOS sind ganz klar: Wir wollen darüber offen debattieren. Wir sehen tatsächlich die Notwendigkeit einer strategi­schen Autonomie, einer Handlungsfähigkeit, eines selbstbewussten Auftretens Europas, dass wir in die Lage versetzt werden, unsere eigenen Interessen zu verteidigen, unsere eigenen Werte zu verteidigen.

Das bedeutet selbstverständlich eine noch stärkere Sicherheits- und Verteidigungspolitik Europas, aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir derzeit in einer Situation sind, in der ohne die USA – die natürlich auch ein Partner sind, ich bekenne mich sehr zu dieser transatlantischen Partner­schaft – nichts geht. Die Nato ist gestärkt, aber ich wünsche mir, dass Österreich einen Beitrag zu einer souveränen Sicherheits- und Verteidigungs­politik leistet, zu einer neuen Architektur in Europa, als eine Säule in einer Partnerschaft, auch mit der Nato.

Daher müssen wir selbstverständlich auch die Frage stellen, was das für unser Verständnis und Ihr versteinertes Verständnis von Neutralität in der heu­tigen Zeit heißt. Das sind wir den Österreicherinnen und Österreichern schuldig: ernsthafte Debatten zu führen und nicht Showdebatten, die irgendwie den Mief von Nostalgie in sich tragen. (Beifall bei den NEOS.)

Daher werden wir auch einen Antrag stellen, dass Sie uns hier im Hohen Haus und damit dem Volk binnen sechs Monaten eine neue Sicherheitsstrategie vorlegen mögen. Eigentlich wäre schon in den letzten sechs Monaten Zeit ge­wesen, das zu tun. Selbstverständlich werden wir auch einen Antrag stel­len, dass binnen sechs Monaten der Ausstieg aus russischem Gas vollendet wird, wie das beispielsweise auch Deutschland gemacht hat.

Jetzt möchte ich am Schluss, weil ich es schon angesprochen habe, vielleicht noch ein paar Worte zur FPÖ sagen. Ich will eigentlich gar nicht mit Ihnen streiten (Abg. Hafenecker: Reden wir über den Haselsteiner!), denn die Schwächlichkeit Ihrer Argumentation in dieser Frage sehen ja eh im­mer mehr Menschen. Sie werden natürlich wieder hier herauskommen und vor allem Unwahrheiten behaupten. Sie werden sagen: Es sind die USA schuld, es ist die Nato schuld!, und Sie werden Opfer und Täter komplett miteinander vermengen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es gibt nur einen, der derzeit Frie­den schaffen kann, und das ist Putin, indem er seine Truppen aus der Ukraine abzieht. Das ist der schnellste Weg zu Frieden. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Es ist aber nicht der schnellste Weg zu Frieden, jetzt die Ukraine in Verhand­lungen zu drängen und damit zu sagen: Unterwerft euch Putin!, denn das wird nur ein sehr kurzsichtiger und kurzfristiger Frieden sein. Wir werden es nicht zulassen, dass Sie, obwohl Sie das Wort freiheitlich im Namen tra­gen, mit Ihrer Art der Politik unsere Freiheit in Europa so gefährden. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Mit liberal haben Sie schon lang nichts mehr zu tun, das wissen wir eh!)

Am Schluss wird es natürlich Verhandlungen geben müssen, keine Frage, aber erst ab dem Zeitpunkt, zu dem klar ist, dass der Frieden nachhaltig ist und dass keine weiteren imperialistischen Bestrebungen Russlands passieren können (Abg. Kickl: Wann ist denn Schluss? Wann ist denn Schluss? – Zwischenruf der Abg. Steger) – als ob es nicht Putin gewesen wäre, der diesen Krieg begonnen hat, als ob es nicht seine Panzer wären, die in die Ukraine gerollt sind, als ob es nicht seine Soldaten wären, die Frauen vergewaltigen, Kinder deportieren, Menschen ermorden und Massaker anrichten, als ob es nicht auch unsere Sicherheit und Freiheit wären, die da auf dem Spiel stehen.

Neutralität, wie Sie sie oft bedienen, ist ein Deckmantel für klar prorussische Interessen. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Sie sind willfährige Propa­gandagehilfen Putins, und ich finde das sehr schade, denn angesichts einer Politik in Österreich, bei der die beiden Parteien ÖVP und SPÖ komplett den Kopf in den Sand stecken und keine Reformen wagen, bräuchten wir eine weitere Kraft in unserem Land, die entschlossen für Freiheit, Selbstbe­stimmung und Sicherheit sorgt (Abg. Kickl: Sie wissen gar nicht, was Freiheit be­deutet! – Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Hafenecker) und auch entschlossen Reformen einmahnt, mit unseren starken Partnern in Europa.

Ich finde es schade, zur Kenntnis zu nehmen, dass Sie das nicht sind. Sie, Herr Kickl, legen sich lieber mit Kommunisten ins Bett. (Abg. Kickl: Sagen Sie, was Sie wollen! Einen EU-Zentralstaat, das wollen Sie!) Die linken Extremen und die Rechtsextremen kommen in dieser Frage zusammen. Unter dem Deck­mantel Frieden und Neutralität verfolgen Sie klar die Interessen Putins, und da gibt es natürlich einen Begriff dafür: Das ist die Hufeisentheorie, wenn die Linksextremen und die Rechtsextremen zusammenkommen, aber Sie fühlen sich offensichtlich wohl in der Gesellschaft von Kommunisten.

Das ist die Hufeisentheorie. Sie sind ja so ein Pferdenarr, Herr Kickl: Ich habe Ihnen hier ein schönes Hufeisen mitgebracht (ein Hufeisen in die Höhe haltend), aber ich gebe es Ihnen nicht, weil es ja auch ein Glückssymbol ist, und das fände ich dann doch ein bisschen zu viel. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.56

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf den Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich, Martin Selmayr, begrüßen, er ist jetzt eingetroffen. Eingetroffen ist auch der Botschafter der Ukraine, Wassyl Chymynez – herzlich willkommen und danke, dass Sie auf meine Einladung hin gekommen sind, Herr Botschafter! (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

Der Herr Bundeskanzler gelangt zu Wort. – Bitte sehr.