11.57

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Gäste heute bei dieser Sondersitzung! Meine Damen und Herren auf der Galerie! Sehr geehrte Österreicherinnen und Österreicher, die uns zuschauen! Die Frau Klubob­frau der NEOS hat gemeint, wir stecken „den Kopf in den Sand“, wenn es um die Frage der Neutralität geht.

Ich glaube, da sieht man am deutlichsten: Der Standort bestimmt den Stand­punkt. Die österreichische Neutralität – und dazu bekenne ich mich – war hilfreich und nützlich für die Republik Österreich, ist hilfreich und bleibt hilfreich für die Republik Österreich. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen. – Abg. Kickl: Also doch nicht aufgezwungen worden!)

Nur eine Ergänzung zu dem Thema, ich hätte eine Debatte beendet: Wer bin ich, um Debatten zu beenden? (Abg. Hafenecker: Na, Corona habts beendet! – Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.) Ich habe sie für mich beendet, denn die Neutralität hilft uns in ganz vielen Bereichen, und sie ist aus meiner Sicht, gerade in Zeiten wie diesen, auch gar nicht hoch genug einzu­schätzen.

Denken Sie alleine daran, dass wir, weil wir neutral sind, 52 internationale Organisationen in Österreich beheimaten, darunter sind als bedeutendste die Vereinten Nationen mit Sitz in Wien! (Beifall der Abgeordneten Pfurtscheller und Steinacker.) Das wäre ohne Neutralität nicht denkbar. (Abg. Scherak: In New York ist die UNO nicht? – Abg. Hafenecker: Die USA sind auch neutral?) Die 52 internationalen Organisationen geben uns die Möglichkeit, Gesprächskanäle offen zu halten und Wege zu finden – gerade auch, wenn es um Konflikte geht –, dass das Gespräch erhalten bleibt.

Deswegen auch ganz klar – und ich weiß, dass das für viele Irritationen in der Ukraine und bei ukrainischen Abgeordneten gesorgt hat –: Internationale Organisationen zeichnen sich dadurch aus, dass die Konfliktparteien selbst beim schlimmsten Konflikt einen Weg finden können, miteinander zu sprechen, und deshalb war es richtig und wichtig, auch die russischen Abgeordneten zur OSZE-Konferenz zuzulassen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeord­neten der SPÖ. – Abg. Kickl: Die aber heute nicht da sind, sondern ...!)

Die Frage der Neutralität, so wie Österreich sie lebt, ist eine, die unsere Vorvä­ter, die die Republik aufgebaut haben, schon beantwortet haben. Wir ha­ben sie beim Beitritt zur Europäischen Union weiterentwickelt, und das wissen Sie, Frau Klubobfrau! (Abg. Meinl-Reisinger: Hab’ ich ja gesagt!)

Österreich hat die militärische Neutralität immer in den Vordergrund seiner neutral gestalteten Politik gestellt. Wir sind noch im selben Jahr, 1955, Mitglied der Vereinten Nationen geworden – das unterscheidet uns zum Beispiel von der Schweiz. Wir haben immer eine aktive Neutralitätspolitik gelebt und haben uns nie davor gescheut, Frieden zu erhalten. Das können wir mit gerader Haltung sagen, auch den vielen Soldatinnen und Soldaten dankend, die in friedenserhaltenden Missionen (Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmans­dorffweltweit im Rahmen der UNO oder mittlerweile auch der Europäischen Union im Einsatz sind und waren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der Grünen.)

Diese Mischung aber, die verstehe ich nicht: dass man auf der einen Seite sagt, wir tun zu wenig für die Sicherheitspolitik, weil wir ja neutral sind, während wir doch auf der anderen Seite – das hat Österreich bewiesen und Sie haben es selbst erwähnt – klare Haltung zeigen.

Neutralität heißt nicht, sich zu verschweigen. Neutralität heißt, Unrecht zu benennen. Neutralität heißt auch, dort zu helfen, wo Hilfe notwendig ist – und das tut Österreich in großem Umfang; sei es, wenn es darum geht, Kriegs­vertriebene zu beherbergen, wenn es darum geht, Verwundete zu versorgen und deren Rehabilitation in Österreich zu ermöglichen, wenn es darum geht, im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäi­schen Union die Sanktionspolitik gegenüber der Russischen Föderation zu ver­treten, ja, und sei es, wenn es darum geht, die Ukraine aktiv zu unterstüt­zen, mit mittlerweile 52 Milliarden Euro vonseiten der Europäischen Union, da­mit sie eben nicht untergeht. Daran ist Österreich beteiligt, auch in der sogenannten Friedensfazilität.

Das heißt, dass die EU zum ersten Mal in ihrer Geschichte ein Land auch direkt unterstützt, wenn es um Fragen von Waffen und Munition geht, Öster­reich als neutrales Land aber eben sagt: Wir blockieren diese Hilfe nicht, weil wir wissen, dass 24 andere Mitgliedstaaten anders aufgestellt sind – 23, um ganz genau zu sein –, wir legen aber darauf Wert, dass die Ausrüstung, die wir beschaffen, nicht tödlich wirken kann – Schutzausrüstung, Helme, gepan­zerte Fahrzeuge, all das. Das ist der österreichische Beitrag, und das weiß der Botschafter der Ukraine sehr genau, denn wir sind in gutem und engem Austausch. Er ist mehr als hartnäckig, wenn es darum geht, Hilfe für sein Land zu organisieren, er macht das mit großem Einsatz und Leidenschaft.

Wir sind aber auch, und auch das weiß der Botschafter, immer an der Seite der Ukraine, wenn es darum geht, zu helfen, wenn es darum geht, in Städten und Dörfern zu helfen – ich denke da an den Gemeindebund, der direkt den Dörfern und Gemeinden hilft, die genauso wie die großen Städte bedroht sind –, wenn es darum geht, Kiew zu unterstützen, das als Hauptstadt großen Nöten ausgesetzt ist, wenn es darum geht, auch mit Feuerwehrfahrzeu­gen, Rettungsfahrzeugen zu unterstützen, überall dort, wo Hilfe notwendig ist, um zivile Einrichtungen zu unterstützen.

Das heißt, die österreichische Neutralität ist eine gelebte Friedenspolitik, ist eine auch wehrhafte Neutralität, und die Wehrhaftigkeit dieser Neutralität ist aus meiner Sicht in vielen Bereichen auch noch näher zu benennen.

Wenn wir darüber nachdenken, wo wir noch helfen können und was wir noch tun können, so heißt neutral zu sein aus unserer Sicht auch, immer wieder als Brückenbauer aufzutreten.

Erinnern Sie sich? Es war gerade nach dem Ausbruch des Krieges, ich bin in den Morgenstunden am 24.2. informiert worden, dass die Invasion beginnt, ich habe Sie als Parteiverantwortliche informiert, in der Folge die Landeshauptleute, es gab eine Sondersitzung hier im Nationalrat, es gab eine Sondersitzung in Brüssel, und ich habe noch in dieser Sondersitzung vor einem Jahr mit Präsident Selenskyj telefoniert. Ich habe Sie um Entschuldigung gebeten, dass ich die Sitzung verlasse. (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ja kein Brückenbauen!)

In diesem Telefonat hat er dramatische Worte an die Welt gerichtet, weil er ge­sagt hat, er wisse nicht, wie lange er noch Präsident eines Landes ist, und er wisse auch nicht, wie lange er noch am Leben ist. Das war zu dem Zeitpunkt, als die Russische Föderation versucht hat, vom Norden in den Süden vor­zustoßen und Kiew einzunehmen.

Österreich war gleichzeitig immer da, auch für die Ukraine, als wir Kiew besucht haben, sobald es möglich war. Ja, und ich bin nachher nach Moskau geflo­gen, zu Putin, weil ich es nicht gescheut habe, denjenigen, der an dem Krieg schuld ist, mit den Verbrechen zu konfrontieren, die ich in Butscha gese­hen habe, und gleichzeitig auch daran zu erinnern, welch unglaubliche Verluste die russische Armee erleidet.

Mir wurde vorgeworfen, ich hätte nichts erreicht. – Ich sage Ihnen ganz offen: Es war jede Minute wert, ihn damit zu konfrontieren, und es war es genauso auch wert, nachher mit ihm zu telefonieren, in Absprache mit den Vereinten Na­tionen, mit der Europäischen Union, mit dem internationalen Roten Kreuz, denn Österreich war an dieser Diplomatie – dass die grünen Korridore geöffnet worden sind – mitbeteiligt.

Und da ist die Rolle der Türkei gar nicht hoch genug einzuschätzen. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber das ist die Türkei! Und die ist nicht neutral! Das ist so lächer­lich!) Das Minenräumen durch die Ukraine bei Odessa war die Forderung der Russischen Föderation, um Getreidetransporte zuzulassen, und dafür hat es die Sicherheitsgarantie der türkischen Kriegsmarine, dass die russische Kriegs­marine Odessa nicht einnimmt, für die Ukraine gebraucht. Die Türkei hat das ermöglicht, denn aus diesem Zusammenspiel aus Vereinten Nationen und Gesprächsdiplomatie ist es tatsächlich gelungen, Getreideschiffe aus Odessa rauszubringen, die für die Ernährung der Welt wichtig sind. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abgeordneten Laimer und Yildirim.)

Das alles ist mit ein Wert der Neutralität; und einen möchte ich noch hervorheben, der da auch oft zu kurz kommt, denn es wird ja oft gesagt, die Neutralität behindere uns im Rahmen der Europäischen Union oder schaffe nicht das, was Sie einfordern, nämlich dass wir unsere Sicherheitspolitik verändern: Innerhalb der Europäischen Union gibt es überhaupt kein Problem mit der Neutralität, und ich bin auch von keinem Regierungschef und keiner Regie­rungschefin jemals darauf angesprochen worden oder sogar aufgefordert worden, diese zu überdenken oder zurückzunehmen. Die Kunst der EU-27 – dass 27 Mitgliedstaaten geschlossen sind, gerade in dieser Frage des Krieges – ist es, auf die Unterschiede, auf die geschichtlichen Besonderheiten Rücksicht zu nehmen.

Sie haben Finnland erwähnt. Die finnische Premierministerin war erst bei mir, und die Geschichte Finnlands ist tatsächlich eine ganz andere. (Abg. Bela­kowitsch: Wirklich?!) Und auch die Betroffenheit Finnlands, Nachbar zu sein, unmittelbarer Nachbar eines kriegsführenden Landes, hat eine völlig andere Diskussion ausgelöst (Abg. Meinl-Reisinger: Ja wollen Sie darauf warten? Das ist doch fahrlässig!) und hat auch eine völlig andere parlamentarische Diskussion ausgelöst. Nur um es auch da mit Klarheit zu sagen: In Finnland sind acht im Parlament vertretene Parteien für den Nato-Beitritt, das heißt, Sie sehen, dass die Bevölkerung an sich einen anderen Diskussionsprozess hat als in Österreich.

Sie haben es erwähnt, Frau Klubobfrau, Sie nennen es „Kopf in den Sand ste­cken“. – Ich sage Ihnen, das Gegenteil ist der Fall. Die österreichische Geschichte, das Erreichen der Neutralität, das Erreichen der Freiheit von der Besatzung, das sind Werte, die den Menschen in Österreich unendlich viel wert sind und wichtig sind (Abg. Meinl-Reisinger: Ja!), und so wie beschrieben hat Neutralitätspolitik auch einen Sinn. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber Sie müssen auch die Zeitenwende erkennen!)

Und ich werde Ihnen noch eine Zukunftsperspektive nennen, warum es geradezu ein Vorteil ist, auch für die Europäische Union, wenn sie neutrale Mit­gliedstaaten hat (Abg. Kickl: Also doch nicht aufgezwungen!): Wenn wir auf­treten, mit Drittstaaten in Verhandlungen treten – denken wir an In­dien, die größte Demokratie der Welt –, wenn Österreich als EU-Mitgliedsland mit Indien in Verbindung tritt (Abg. Hafenecker: Dann fürchten sich ...!), dann redet Indien mit einem Mitgliedstaat der EU, nicht aber mit einem Mitgliedsland eines militärischen Bündnisses. (Abg. Meinl-Reisinger: Ich sag’ ja nicht Nato-Beitritt! Entschuldigung, hören Sie mir zu? Aber selbstverständlich muss ganz Europa ...!)

Warum ist das in Indien eine besondere Thematik? – Wenn Sie die Weltpolitik betrachten, werden Sie draufkommen, dass Indien mit seiner Riesenarmee hauptsächlich russische Waffensysteme verwendet – als größte Demokratie der Welt, russische Waffensysteme! Warum macht Indien das? – Weil die Ver­einigten Staaten von Amerika Pakistan unterstützen (Abg. Hafenecker: Nein, die Amerikaner unterstützen niemanden! Die sind neutral ...!) und es daher für Indien undenkbar ist, westliche Waffensysteme zu kaufen.

Gleichzeitig haben wir aber die Aufgabe, eine Brückenfunktion auszuüben, dass wir Indien an Europa heranholen und auch Indien überzeugen können – denn das ist bis jetzt nicht gelungen (Abg. Meinl-Reisinger: Aber das muss Europa tun!) –, die Haltung der Vereinigten Staaten, der Europäischen Union ge­genüber der Russischen Föderation vollumfänglich zu unterstützen. (Abg. Kickl: Ganz sicher!) Das ist ein wichtiger Wert, und es ist übrigens ein Versäum­nis, das wir bei Weitem noch nicht aufgeholt haben, auch bei den afrikanischen Staaten und auch bei Staaten in Südamerika: dass wir begreifen müssen, dass die Sicht des sogenannten Westens – der Vereinigten Staaten von Amerika, der Europäischen Union – nicht die Weltsicht ist.

Wenn wir aber viele Verbündete dafür brauchen, dass wir tatsächlich die Rus­sische Föderation zu einem Umdenken bringen und zu einem Beenden dieses Krieges, dann brauchen wir Verbündete in der Welt (Abg. Meinl-Reisinger: Richtig! Und deshalb brauchen wir ein starkes Europa!), und auch dafür – das zu erreichen – kann die Neutralität eine wertvolle und nützliche Hilfe sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich habe ja von Gesprächskanälen gesprochen, die wichtig sind, offen gehalten zu werden, und das ist auch wichtig. Österreich hat da auch eine wichtige Funktion, wenn es um den Westbalkan geht. Der ganze Fokus der europäischen Aufmerksamkeit liegt derzeit auf dem Russland-Ukraine-Konflikt, das ist auch dem Irrsinn und dem Leid geschuldet, die die Menschen in der Ukraine der­zeit ertragen müssen.

Gleichzeitig sind wir aber auch den Staaten des Westbalkans verpflichtet, diese nicht zu vergessen, diese mitzunehmen in den Prozess der europäischen Erweiterung und Einigung und ihnen das Signal zu geben, dass sie nicht verges­sen sind, auch wenn der Krieg tobt. Auch dabei hat Österreich eine we­sentliche Rolle und wird immer als Brückenbauer auftreten, gerade wenn es zum Beispiel um den Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo geht.

Miteinander ins Gespräch zu kommen, Gesprächskanäle offen zu halten, das kann bei keinem Konflikt ein Fehler sein (Abg. Meinl-Reisinger: Aber das tun ja die USA auch, das tun ja auch nicht neutrale Staaten! Das tut die Türkei, das macht die USA, das macht Frankreich, macht Deutschland!), denn es gibt kein Urteil darüber ab, wer im Recht oder im Unrecht ist. Das ist in dieser Frage, gegen­über der Russischen Föderation ganz klar: Es gibt einen Aggressor, es gibt einen, der die Ukraine angegriffen hat, und dennoch ist es wichtig, dass man die Form der Diplomatie wahrt, um entschlossen auf diesem Weg der Neutralität, wie sie Österreich lebt, voranzuschreiten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sie haben die Sicherheitspolitik erwähnt. Sie haben recht: Die Sicherheitsdoktrin gehört tatsächlich überarbeitet (Beifall bei Abgeordneten der NEOS Ruf: Na bravo!), aber das eine ist das Überarbeiten einer Doktrin, das andere ist das Handeln. Diese Bundesregierung hat gehandelt. Wir haben das Vertei­digungsbudget nachhaltig erhöht: über 5 Milliarden Euro (Abg. Meinl-Reisinger: Das Parlament hat das erhöht! ... Die Budgethoheit liegt immer noch beim Parlament!), das höchste in der Geschichte der Zweiten Republik. Es handelt sich dabei nicht um ein Aufrüsten des österreichischen Bundesheeres, es handelt sich in Wahrheit um ein Nachrüsten, um die Versäumnisse aufzuholen.

Weil manchmal spöttisch davon gesprochen wird, dass wir nicht so offen über die Schwächen unserer eigenen militärischen Landesverteidigung sprechen sollen, an all die, die das meinen: Machen Sie sich keine Sorgen! Der russische Geheimdienst und andere wissen das. Umso wichtiger ist es, dass sie sehen, dass es uns jetzt mit der Änderung in dieser Frage ernst ist, um die militärische Landesverteidigung tatsächlich wieder zu einer glaubwürdigen zu machen. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

Wehrhafte Demokratie und wehrhafte Neutralität heißt aber eben auch, dass wir uns nicht nur auf die militärische Landesverteidigung konzentrieren, sondern eben auch auf die wirtschaftliche und auch auf die geistige Landesver­teidigung. Das ist ein ganz wichtiger Bereich, der in den letzten Jahren sehr stark in den Hintergrund getreten ist. Jetzt wird aber wieder sichtbar, wie entscheidend es sein kann, dass die Menschen, die in einem Land leben, den Wert der Demokratie, der Freiheit und des Rechtsstaates als identitätsstif­tend und für sich selbst als hohes Gut und hohen Wert begreifen. – Da gibt es auch noch viel zu tun.

Es gibt auch viel zu tun – Frau Klubobfrau, auch da haben Sie völlig recht –, wenn wir sagen: Wo passiert gerade Desinformation? Wo wird wieder Angst geschürt und versucht, mit Angst Politik zu machen, um Menschen ein­zuschüchtern, Entscheidungsprozesse, auch hier im Hohen Haus, zu beeinflussen? (Abg. Hafenecker: Das hat Frau Meinl-Reisinger gerade gemacht, vorher!)

Eines ist mir aber auch ganz wichtig: Wenn wir aus der Pandemiebekämpfung etwas lernen wollen, dann haben wir auch daraus zu lernen, dass wir alles dafür tun müssen, die Menschen auf den Weg mitzunehmen, ihnen unsere Poli­tik der klaren Haltung gegen den Krieg zu erklären (Abg. Hafenecker: Koste es, was es wolle!) – auch jenen Menschen, die daran zweifeln, die Sorgen haben, wenn wir Sanktionen mittragen (Abg. Belakowitsch: Sind Sie sicher, dass Sie in drei Jahren noch ... überzeugt sind?), weil sie Angst haben, dass der Krieg damit auch nach Österreich kommt.

Wie man sieht, ist da auch noch viel zu tun, da ist Österreich anders als andere EU-Mitgliedstaaten, auch das müssen wir ernsthaft zur Kenntnis nehmen. Wir müssen den Menschen erklären, warum es eben ganz besonders wichtig ist – auch darauf haben Sie hingewiesen –, Ursache und Wirkung nicht zu verwechseln. Die Ursache für die Teuerung der Energie, das Treiben der In­flation (Abg. Belakowitsch: Die höchste seit 71 Jahren!) ist nicht, dass Sank­tionen beschlossen worden sind, sondern dass der Krieg begonnen worden ist, weil die russische Armee in die Ukraine eingefallen ist.

Dieses Verdrehen der Tatsachen, dieses anders Darstellen, das macht den Men­schen Angst, das stimmt. Unsere Aufgabe ist es aber, Angst zu nehmen. Dieses Angstnehmen halte ich auch für eine der wesentlichsten Aufgaben des Hohen Hauses – zumindest für jene, die diese Mehrheit im Parlament vertreten, damit die Bundesregierung ihre Arbeit machen kann –, gemeinsam mit uns in der Bundesregierung: darüber zu sprechen, dass die, die uns ständig Angst gemacht haben, auch geirrt haben. Als der Krieg ausgebrochen ist – Sie ha­ben es vorhin erwähnt, wir haben eine Energieabhängigkeit von der Russi­schen Föderation, bei Gas von 80 Prozent –, exakt am 24. Februar, betrug der Füllstand der Speicher zwischen 18 und 20 Prozent. Jetzt liegt er trotz Ausspeicherung und kalter Jahreszeit zwischen 60 und 70 Prozent und wird dann in den warmen Monaten bei 50 Prozent sein. So bereiten wir uns auf den nächsten Winter, für die nächste Einspeicherung vor. (Abg. Kickl: Lauter russisches Gas!)

Jetzt kommt der Punkt: Sie haben behauptet – da muss ich jetzt ganz klar in der Beantwortung oder in der Gegendarstellung zu Ihrer Behauptung sein –, wir hätten geschwindelt, indem wir gesagt haben, wir haben die Abhängigkeit von russischem Gas reduziert. (Abg. Meinl-Reisinger: Auf 20 Prozent!) Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist tatsächlich gelungen, wenn Sie die Monatsbetrachtung wählen.

Achtung, jetzt kommt aber ein wichtiger Punkt, und der ist aus meiner Sicht einer der wesentlichsten: Es hat tatsächlich einen Paradigmenwechsel in der Außenpolitik der Russischen Föderation gegeben. Der Paradigmenwechsel ist: Selbst in der Zeit der Sowjetunion, in der Zeit des Kalten Krieges, einer Ost-West-Konfrontation (Abg. Meinl-Reisinger: Haben die ... nicht gelie­fert!) – Vietnamkrieg, Afghanistan, Kubakrise – hat die Sowjetunion niemals die Gaslieferungen in den Westen als Mittel der Politik eingesetzt, um den Westen in irgendeiner Form zu erpressen. (Zwischenruf der Abg. Krisper.) Es gab keine Reduzierung der Lieferungen. Tabubruch des russischen Präsidenten: Das ist jetzt passiert.

Wissen Sie, wann ich von den 20 Prozent gesprochen habe, davon, dass es uns gelungen ist, die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren? (Abg. Meinl-Reisinger: Wir haben gedrosselt! Das war eine Momentaufnahme!) – Als die russische Seite begonnen hat, die Lieferungen von Gas bis auf 30 Pro­zent des Zugesagten zu reduzieren, während wir dringend Gas gebraucht haben, um einzuspeichern, um für diesen Winter vorzusorgen: 70 Prozent weni­ger Gas, aber trotzdem Einspeicherziele, trotzdem Angst, ob Energie­versorgungssicherheit gegeben ist (Abg. Meinl-Reisinger: Und Sie haben sich auf die Schulter geklopft!), trotzdem Angst davor, dass dieser Winter dazu führt, dass Menschen frieren, dass es keinen Strom gibt. (Abg. Belakowitsch: Hat eh genug gegeben!) Unsere Aufgabe war es und ist es, dafür Sorge zu tra­gen, dass das nicht passiert – und das ist gelungen. Es ist gelungen! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wenn ich daran denke (Abg. Kickl: ... die Leute nur noch zahlen können!), dass uns in der Zeit ganz viele gesagt haben, wir werden das nicht schaffen, wir werden kein anderes Gas in die Speicher bekommen: Natürlich ist anderes Gas in diesen Speichern! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Sie haben aber mit einem recht, das ist tatsächlich so: Wenn die Russische Föderation, sprich Gaz­prom, vollumfänglich liefert, dann wird die OMV aufgrund ihrer Verträge dieses Gas auch nehmen. Wenn Sie das verbieten wollen (Abg. Meinl-Reisinger: Leadership, Herr Kanzler! Treffen Sie Entscheidungen!), dann müssen Sie es auch ersetzen.

Nur damit wir wissen, wovon wir sprechen: Die strategische Reserve der Republik Österreich (Abg. Meinl-Reisinger: Entschuldige ...! Sicherheitspolitik muss eingepreist werden, selbstverständlich! Unglaublich!), das sind Hunderte Millio­nen Kubikmeter Gas, hat die Österreicherinnen und Österreichern bisher schon 4 Milliarden Euro gekostet. (Abg. Doppelbauer: Ja dann hättet ihr die Verträge halt nicht ...! Wer hat denn die Verträge unterschrieben? Wer hat denn den Putin ...?) Die Frage ist, und das ist das Entscheidende: Wie beweist man Unabhängig­keit und Freiheit? – Ja, in der langfristigen Strategie, damit man das russische Gas nicht mehr braucht, ist es vollkommen richtig: Ausbau der erneuer­baren Energien, um tatsächlich fossile Energieträger überhaupt in den Hinter­grund zu stellen. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Das, was dieser Republik gelungen ist – und darauf können Sie alle hier gemeinsam stolz sein –, ist: Als man versucht hat, uns mit Minderlieferungen zu erpressen, als man versucht hat, Einfluss zu nehmen, die parlamentarische Debatte zu beeinflussen, als man versucht hat, Menschen Angst zu machen und sie auf die Straße zu bringen, um gegen die Solidarität der Republik gegen­über der Ukraine zu protestieren, ist das alles nicht gelungen (Ruf: Tun S’ einmal Luft holen!), denn wir haben vorgesorgt, wir haben Sicherheit gegeben und wir haben bewiesen, dass wir frei sein können. Das ist ein großer Erfolg, und der ist auch Ihnen und Ihren Gesetzesbeschlüssen geschuldet. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Eines sei hier auch klar gesagt – ich komme sofort zur Beantwortung der Fragen, der Präsident hat mich schon ermahnt –: Danke an die Österreicherinnen und Österreicher, an die Menschen, die in Österreich leben, für die Großzügig­keit, als sie sofort bereit waren, Flüchtlinge und Vertriebene aus der Ukraine aufzunehmen; danke an die Lehrerinnen und Lehrer, die sich bemüht haben, die Kinder rasch in den Schulunterricht zu integrieren; danke an die Kinder, die bereit waren, sofort die neuen Mitschüler aufzunehmen und in die Klassengemeinschaft mit hineinzubringen! Das ist eine große Leistung, auch darauf kann und soll Österreich stolz sein, da es gezeigt hat, dass wir in der Nachbarschaftshilfe nach wie vor unschlagbar sind. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Eines noch: Ein großes Danke von dieser Seite an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Unternehmerinnen und Unternehmer, Bäuerinnen und Bauern, Studentinnen und Studenten, Familien (Abg. Belakowitsch: Familien!), an alle, die sich nicht durch die Angst beschränken haben lassen, an alle, die weiter an dieses Land geglaubt haben und weiter investieren! Wir haben 2022 ein Wirtschaftswachstum von 4,7 Prozent, wir haben eine Rekordbeschäf­tigung, die Unternehmen suchen händeringend Mitarbeiterinnen und Mitarbei­ter, und das trotz all dieser Angst, die gestreut worden ist, trotz all dieser Unsicherheit, die gesät worden ist!

Dieses Land und diese Menschen sind viel, viel stärker, als so manche, sogar hier in diesem Haus, glauben, und dafür verdienen die Österreicherinnen und Österreicher ein großes Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordne­ten der NEOS.)

Österreich frei, sicher und unabhängiger zu machen, ist weiter unser Ziel, und daran arbeiten wir Tag für Tag.

Formal komme ich jetzt zur Beantwortung Ihrer Fragen. Es sind 45 übermittelt worden. Ich bitte um Nachsicht, wenn in der Kürze der Zeit nicht alle Fra­gen so vollumfänglich beantwortet werden wie erwartet. Wenn das so sein sollte, wird schriftlich noch detailreich nachgelegt.

Ich danke auch meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Hintergrund. Sie können sich vorstellen, in den wenigen Stunden ist es nicht einfach, 45 Fragen in hoher Qualität und umfänglich zu beantworten. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) – Das rechtfertigt ruhig einen Applaus an die Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter, das finde ich schon. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grü­nen sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

Zu den Fragen 1 und 2:

Der Importanteil wurde bereits deutlich gesenkt. In den Jahren 2019 bis 2021 betrug die Importabhängigkeit noch über 80 Prozent. Im Oktober 2022 betrug der Anteil etwa 17 Prozent. Dieser Wert schwankt je nach Verbrauchs­situation unserer Nachbarländer, aber auch wichtig ist: Im Jahresschnitt gab es eine Senkung der Abhängigkeit von 80 Prozent auf 50 Prozent. Das heißt, wir haben, das Jahr 2022 gerechnet, die Abhängigkeit von russischem Gas um 30 Prozent reduziert.

Klar ist, dass unsere angestrebte Abhängigkeit so niedrig wie möglich ist. Aufgrund der vorhandenen, über Jahrzehnte aufgebauten Infrastruktur kann ein Ausstieg aus russischem Gas jedoch nicht von heute auf morgen erfolgen. Das haben wir auch immer gesagt. Wir arbeiten aber daran – auch in den Fragen der Pipelinekapazität, der Anschlussfähigkeit nach Deutschland und jener, neues Flüssiggas nach Österreich zu bringen –, genau diese zukünftige Unabhän­gigkeit und Freiheit sicherzustellen.

Ich sage Ihnen noch etwas, Frau Klubobfrau und Abgeordnete, das mir auch wichtig ist – und ich habe gerade auch mit dem Vizekanzler darüber gesprochen –: Wir werden alles tun, damit wir tatsächlich Einsicht in diese Verträge, von denen Sie gesprochen haben, erhalten. Die sind tatsäch­lich außergewöhnlich langfristig, und ja, es trifft ein Unternehmen, das im Miteigentum des Staates und damit der Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler steht, und damit ist es unsere Verantwortung, auch zu wissen, wie sehr dieses Unternehmen gefährdet ist und was tatsächlich in diesen langen Abnahmeverpflichtungen drinnen steht. Die Möglichkeiten dazu werden wahrscheinlich nur über den parlamentarischen Weg eines Gesetzes gegeben sein, aber genau das prüfen wir jetzt gerade. (Beifall der Abg. Meinl-Reisin­ger. – Zwischenrufe bei den NEOS.)

Zu den Fragen 4 bis 7:

Sämtliche angesprochenen Gesetzesvorlagen wurden bereits von der Bun­desregierung an das Parlament übermittelt und liegen dort auf. Das weitere Prozedere liegt somit beim Hohen Haus.

Zur Frage 8:

Ende Jänner 2023 gab es 268 offene Stellen bei rund 27 433 unselbstständig Beschäftigten in diesem Bereich.

Die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte, die den Zugang für ausländische Fach­kräfte auch im Energiebereich vereinfachen soll, ist bereits in Kraft. Derzeit sind keine legislativen Schritte geplant.

Zu den Fragen 9, 10 und 13:

Bei dieser Materie handelt es sich um unterschiedliche Maßnahmen, sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene und auch auf europäischer Ebene. Das federführende Klimaministerium hat bereits einen Bund-Länder-Dialog gestartet. Für diese Fragen verweise ich deshalb auf die zuständige Fachministerin.

Zu den Fragen 11 und 12:

Die Nutzung der Geothermie als erneuerbare Energiequelle ist unbestritten und kann künftig einen wichtigen Beitrag zur Energiebereitstellung und Dekar­bonisierung leisten. Die geltende Rechtslage erlaubt bei entsprechender Vorbe­reitung durch die Projektwerbenden bereits eine rasche Abwicklung der Verfahren.

Gesetzliche Änderungen, dass die Grundeigentümer nicht mehr über den geothermalen Wärmeinhalt in ihren Grundstücken verfügen dürfen, führen zu einer Enteignung und sind aus verfassungsrechtlichen und gesellschafts­politischen Gründen schwer umsetzbar.

Die Klimaministerin ist dazu in Gesprächen mit den jeweiligen Stakeholdern.

Zur Frage 14:

Die bereits im vergangenen Jahr beschlossenen Gesetze Energiekrisenbeitrag-Strom und Energiekrisenbeitrag-fossile Energieträger sehen die vorüber­gehende Begrenzung einerseits von außergewöhnlichen Markterlösen von be­stimmten Erzeugern und andererseits von Zufallsgewinnen in bestimm­ten Bereichen tätiger inländischer Unternehmen vor.

Damit hat die Bundesregierung im Einklang mit der EU-Notfallmaßnah­menverordnung Strom gehandelt. Insgesamt ermöglichen wir damit die Anwen­dung einer Obergrenze für Marktpreise aus dem Verkauf von Strom einer­seits und die Besteuerung von Zufallsgewinnen bei fossilen Energie­trägern andererseits. Wichtig ist, dass auch Energieversorgungsunternehmen ihren Beitrag bei der Bewältigung der Energiekrise leisten.

Zur Frage 15:

Wie die Frage bereits korrekt ausführt, handelt es sich bei den angesprochenen Akteuren um Versorger, um Betreiber in Landeshand. Die strategische Aus­richtung von Landesenergieunternehmen obliegt den Eigentümern.

Zur Frage 16:

Zur Stärkung der österreichischen Industrie haben wir ein Rekordbudget im Rahmen der Transformationsoffensive in Höhe von 5,7 Milliarden Euro aufgestellt, das die Transformation der Wirtschaft hin zu einer auf erneuerbaren Energien basierenden nachhaltigen und digitalen Wirtschaft unterstützt. Damit dient sie dem Erhalt und dem Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie und unseres Standortes.

Zur Frage 17:

Ja, dazu gibt es bereits einen Entwurf auf Arbeitsebene, der die wechselseitige Ver­pflichtung zur Solidaritätsleistung im Falle einer Gasmangellage sicherstellt.

Zur Frage 18:

Wie bereits bei den Fragen 1 und 2 ausgeführt, hat die österreichische Bun­desregierung bereits maßgebliche Schritte unternommen, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu senken.

Zu den Fragen 19 bis 21:

Weder in Österreich noch in der internationalen statistischen Nomenklatur gibt es eine festgelegte Berufsliste betreffend klimarelevante Berufe oder Green Jobs. Es gibt jedoch eine vom AMS erarbeitete Liste klimarelevanter Berufe, die eine bestmögliche Annäherung liefert. Sie enthält rund 350 so bezeichnete klimarelevante Berufe. Diese Liste ist jedoch nicht als öffentlich-rechtliche Statistik zu verstehen.

Zu den Fragen 22 bis 25:

Wegen des Fokus der gegenständlichen Fragen auf die Energieversorgung beziehen sich die Antworten auf die Fragen 22 bis 25 nur auf jene Berufe, die der Energieversorgung zuzurechnen sind.

Im Vergleich zu Ende März 2022 gibt es rund 17 Prozent mehr offene Stellen in der Branche Energieversorgung.

Im ersten Quartal 2022 gab es 26 282 unselbstständig Beschäftigte im Bereich Energieversorgung. Heuer sind es 27 433.

Im ersten Quartal 2022 gab es 388 Arbeitslose inklusive AMS-Schulungsteilneh­mer im Bereich Energieversorgung; heuer: 347.

Zur Zahl der ausgestellten Rot-Weiß-Rot-Karten in der Branche Energieversor­gung: 2022 wurden insgesamt 19 Rot-Weiß-Rot-Karten inklusive der Blue Card EU ausgestellt.

Zu den Fragen 26 und 27:

Im Bereich der wirtschaftlichen Landesverteidigung gab es im Rahmen des Staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagements von April 2020 bis Juni 2022 eine coronaspezifische Taskforce zum Thema Krisenbedarfsde­ckung. Dies diente dem Informationsaustausch zwischen Bundes- und Landes­stellen und der Wirtschaft zur Koordinierung, zum Monitoring und zur allfälligen Maßnahmenvorbereitung bei möglichen Versorgungsengpässen.

Seit Oktober 2022 gibt es die dauernde Fachgruppe Versorgungssicherheit im Staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagement unter Feder­führung des Wirtschaftsministeriums, des Landwirtschaftsministeriums und des Energie- und Umweltministeriums.

Zusätzlich gibt es seit Sommer 2022 die Krisenkoordinationsstelle des Wirtschaftsministeriums als beratendes Gremium für den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft. Damit ist es dem Bundesminister und in weitere Folge der Bundesregierung möglich, Krisen frühzeitiger zu erkennen und rasche Entscheidungen zu treffen.

Zur Frage 28:

Klar ist, dass im Jahr 2021 ganz andere Umstände geherrscht haben. Die rezenten Entwicklungen, sprich die Pandemie, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und deren Folgen, wie die Teuerung, waren zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar.

Die weitere Vorgehensweise bezüglich der Standortstrategie obliegt dem zu­ständigen Fachminister für Wirtschaft und Arbeit.

Zu den Fragen 29 bis 31:

Wie ich bereits in meinem Einleitungsstatement gesagt habe: Österreich ist neutral, und das wird aus unserer Sicht auch weiterhin so bleiben.

Neutral zu sein heißt jedoch nicht, gleichgültig zu sein. Wir haben eine klare Meinung: Dieser Krieg ist ein Unrechtskrieg. Es ist Russland, das die Ukraine angegriffen hat und Völkerrecht gebrochen hat, zivile Einrichtungen angreift und damit jede Grenze überschritten hat.

Zur Frage 32:

Wien wird als Drehscheibe der globalen Spitzendiplomatie sehr geschätzt. Die Neutralität half Österreich in der Vergangenheit, zahlreiche internationale Organisationen anzusiedeln. Österreich ist der Sitzstaat, wie schon vorhin er­wähnt, von 52 internationalen Organisationen und Einrichtungen. Diese Rolle gilt es zu bewahren und weiter zu stärken. Die Rollen von Präsident Erdo­ğan und auch von UN-Generalsekretär Guterres beim Zustandekommen des Getreideabkommens waren ganz wesentliche. Mit beiden war ich im Zuge meiner Reise nach Kiew und Moskau im engen Austausch und konnte dabei auch die bei meinen Gesprächen gewonnenen Eindrücke der Lage ein­bringen.

Zu den Fragen 33 bis 36:

Vor allem in Zeiten, in denen Krieg in Europa herrscht, war es wichtig und richtig, das Verteidigungsbudget für die kommenden vier Jahre um mehr als 5,2 Milliarden Euro zu erhöhen. Allein im Jahr 2023 stehen dem Bundesheer mehr als 680 Millionen Euro zur Verfügung, um endlich notwendige Investitionen zu tätigen.

Im Hinblick auf die Fachfragen darf ich auf die zuständige Verteidigungsminis­terin Tanner verweisen.

Zur Frage 37:

Österreich unterstützt sämtliche zivile und militärische Missionen der EU und beteiligt sich aktiv an acht Missionen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Der spezifische Charakter unserer Sicherheits- und Vertei­digungspolitik hindert uns also nicht daran, uns solidarisch und aktiv an EU-Friedensmissionen zu beteiligen. Das heißt, die irische Klausel kommt da offenkundig nicht zur Anwendung.

Österreich ist sogar überproportional an Missionen beteiligt. Bei 2 Prozent An­teil an der Bevölkerung der EU gibt es durchschnittlich bis zu 10 Prozent Beteiligung an militärischen Friedenseinsätzen.

Zu den Fragen 38 bis 40:

Ich darf auf die zuständige Verteidigungsministerin verweisen.

Zu den Fragen 41 und 42:

Nein, da es eine souveräne Entscheidung eines jeden Staates ist, im Rahmen seiner Gesetze die Ukraine zu unterstützen. Da Österreich keine Waffen oder Munition an die Ukraine liefert, werden auch keine Ausbildungstätigkeiten im Rahmen der Mission durchgeführt.

Zu den Fragen 43 und 44:

Etwaige Änderungen oder Weiterentwicklungen werden laufend geprüft. Wie Sie wissen, ist am 1. Dezember 2021 das im Nationalrat mit großer Mehr­heit beschlossene Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz in Kraft getreten, damit hat die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst ihre Arbeit aufgenommen.

Das war die größte Verfassungsschutzreform in der Zweiten Republik. Mit dieser Reform wurde ein verstärkter Fokus auf die Spionageabwehr gesetzt. Auch der Ausbau der technischen und personellen Ressourcen innerhalb des Verfas­sungsschutzes gehen damit einher. Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst arbeitet ebenso mit Hochdruck am personellen Ausbau.

Zur Frage 45:

Ich habe immer gesagt: Österreich wird reagieren und klare Kante zeigen, wenn rote Linien überschritten werden. Wenn in Österreich akkreditierte aus­ländische Diplomaten Handlungen setzen, die nicht der Wiener Diplo­matenkonvention entsprechen, ist das so eine rote Linie. Die Entscheidung, welche russischen Diplomaten ausgewiesen werden, wurde in enger Absprache zwischen Außenministerium und relevanten Inlandsbehörden getroffen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.31

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf voraussetzen, dass Sie wissen, dass die Redebeiträge jetzt nur noch maximal 10 Minuten lang sein dürfen.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brandstätter. – Bitte sehr.