14.13

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Frau Präsidentin! Kollegen und Kolleginnen! Geschätzte Regierungsmitglieder! Heute ist der Jahrestag des Beginns des Angriffskrieges gegen die Ukraine: Hunderttausende Tote bisher, entsetzliche Zerstörungen, entsetzliches Leiden. Für uns im Parlament kann dieser unglückliche Jahrestag aber auch Anlass dazu sein, dass wir uns anschauen: Was heißt dieses eine Jahr Krieg für Österreich?

Da ist einmal die humanitäre Hilfe zu leisten. Selbstverständlich leisten wir die sehr, sehr gern, weil es einfach notwendig ist, den Ukrainern und Ukrai­nerinnen beizustehen. Wenn ich von humanitärer Hilfe spreche, dürfen wir aber natürlich trotz des Krieges nicht die über 45 000 Toten beim Erdbeben in der Türkei und in Syrien, aber auch nicht die Frauen, die kämpfenden Menschen im Iran vergessen.

Nun, was heißt dieser Krieg für die österreichische Neutralität? – Dieser Krieg heißt nicht nur, keine Waffen zu liefern. Das ist selbstverständlich, aber österreichische Neutralität muss mehr heißen, als dass es nur um die Waffen geht. 71 Prozent russisches Gas sind mit österreichischer Neutralität und Unabhängigkeit nicht vereinbar.

Ich muss hier ganz einfach auch die Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP erinnern: fünf Jahre Liefervertrag mit Russland. Die Paten dieses Liefervertrags über 50 Milliarden Euro bis 2040 waren Sebastian Kurz und Wladimir Putin. Beide waren anwesend, als dieses Abkommen geschlossen wurde.

Wenn wir das russische Gas nicht abnehmen, müssen wir trotzdem zahlen. Das heißt, es gibt da eigentlich eine verantwortungslose einseitige Bindung an Russland, es ist ein Knebelvertrag, und niemand von der ÖVP, die ja hinter dem Vertrag steht, hat bisher heute erklärt, wie wir aus dem Knebelvertrag der Gaslieferungen herauskommen. Also wie kommen wir da heraus, bitte? (Beifall bei der SPÖ.)

Die Entwicklung ist aber nicht verwunderlich. Putin wurde seit vielen Jahren beispiellos hofiert. Putin und Kurz gaben der russischen Gazprom und der österreichischen OMV die politische Linie der Kooperation vor. (Abg. Pfurtscheller: Wer ist in Moskau niedergekniet und hat den Boden geküsst? Wer war das noch einmal schnell?) Putin tanzte auf der Hochzeit der FPÖ-nahen Außenministerin, Putin wurde dabei in Österreich mit einem Hofknicks der FPÖ-nahen Außenministerin begrüßt, und die FPÖ schloss schließlich einen Freundschaftsvertrag, einen Kooperationsvertrag in Moskau (Abg. Leicht­fried: Da schau her!) mit der Putin-Partei. Das ist nicht Neutralität. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leichtfried: Was steht denn in diesem Vertrag?)

Nun zur Energie: Die Preise explodieren, die österreichischen Haushalte leiden. Die SPÖ ist ganz klar für eine Gaspreisbremse, die SPÖ ist für eine Miet­preisbremse – das werden wir heute auch noch diskutieren –, aber die Regierung sagt Nein. ÖVP und Grüne sagen Nein zu diesen Vorschlägen der SPÖ, deren Umsetzung für die Haushalte einfach notwendig wäre.

Nun zur Sicherheit: Die NEOS sprechen hier davon, offen zu diskutieren. Ich bin schon sehr dafür, dass wir Sicherheitsstrategien diskutieren, aber dass die NEOS uns in die Nato pressen wollen, ist völlig inakzeptabel. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Das stimmt ja gar nicht!)

Ich kann nur sagen: Frau Meinl-Reisinger, lernen Sie Geschichte! Ich darf einen kurzen Exkurs machen: Rüstungswettlauf in den Fünfzigerjahren, drohender Atomkrieg. Das Tauwetter zwischen den Atommächten begann in Wien. Kennedy und Chruschtschow waren da, und das war kein Zufall.

Wien ist heute Sitz der UNO, der OSZE, der Atomenergiebehörde, der Unicef und 140 weiterer internationaler Organisationen. Frau Meinl-Reisinger, Frau Krisper, glauben Sie, das ist gottgewollt? Das ist das Ergebnis der harten Arbeit von österreichischen Patrioten und Patriotinnen, von Diploma­ten, von Politikern und Politikerinnen, allen voran von Bruno Kreisky. (Beifall bei der SPÖ.)

Lernen Sie Geschichte! Wien und Österreich haben eine Erfolgsgeschichte als Ort der internationalen Begegnung, und das war nicht gottgewollt, son­dern das ist das Ergebnis der Arbeit von Politikern, die an die österreichische Neutralität geglaubt haben und sie auch politisch ausgespielt haben.

Abschließend: Die SPÖ ist für eine aktive Neutralitätspolitik – Gesprächskanäle offen halten! Das hat ja die Pressekonferenz von Pamela Rendi-Wagner und Reinhold Lopatka gezeigt. Nur: Dass Reinhold Lopatka OSZE-Beauftragter ist, ist ja auch nicht gottgewollt. (Zwischenruf der Abg. Seidl.) Er ist Politiker eines neutralen Landes, und das ist positiv.

Jetzt geht es darum, die Kriegslogik zu durchbrechen. Als Humanist und Men­schenfreund bin ich für Frieden. Wir müssen alles tun, damit wir mitein­ander reden, sodass es wieder zu einem Frieden kommt. Das ist alternativlos. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.18

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Vizekanzler Werner Kogler zu Wort gemeldet.

Herr Vizekanzler, ich mache Sie darauf aufmerksam: 10 Minuten Redezeitbe­schränkung haben Sie in dieser Debatte. (Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen.) – Bitte.