18.51

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! 1,3 Millionen Menschen in Österreich sind weiblich und über 60 Jahre alt – eine riesige Gruppe: 14,5 Prozent der Gesamt­bevölkerung. Die Stärkung von älteren Frauen soll mehr in den Fokus ge­rückt werden, wie es der Antrag der Regierung, über den wir hier sprechen, for­dert. Dieses Anliegen teilen wir natürlich.

Aber ganz ehrlich: Wann haben Sie das letzte Mal darüber nachgedacht, was Frauen über 50 am Arbeitsmarkt machen oder wie es sich auswirkt, dass Frauen für die Pflege ihrer Eltern in Altersteilzeit gehen oder die Betreuung der Enkelkinder übernehmen? Darüber denkt man ganz wenig nach. Selbst in der aktuellen Teilzeitdebatte geht es vor allem um junge Menschen, die in Teil­zeit arbeiten.

Die Frage, die nicht vorkommt, ist, wohin die Frauen über 50 verschwinden, wenn sie vom Arbeitsmarkt verschwinden. Dass sie vom Arbeitsmarkt verschwinden, das wissen wir, aber die Regierung kümmert sich nicht darum. Stattdessen will sich die Regierung, jetzt wörtlich, „weiterhin für die Stär­kung von älteren Frauen“ einsetzen. – Mhm. Wie das aussehen soll, geht aus dem Antrag nicht hervor.

Wir brauchen aber nicht nur einen Fokus auf ältere Frauen, sondern auf die Umstände, warum Frauen verstärkt von Altersarmut betroffen sind; warum sie vom Arbeitsmarkt verschwinden; warum auch ältere Frauen häufiger Ge­walterfahrungen machen; warum Frauen auch im Alter noch sagen: Ja, ich mache das, das geht schon in Ordnung!, wenn in der Familie irgendetwas erledigt werden muss – unbezahlt meistens.

Wenn Sie ältere Frauen, wenn Sie diese 1,3 Millionen Menschen in Österreich, die über 60 sind, tatsächlich stärken wollen, dann müssen wir diesen Sys­temwandel angehen. Wir müssen über Wiedereingliederung am Arbeitsmarkt reden, über die Möglichkeit, sich gegen Altersdiskriminierung im Beruf zu wehren, wir müssen über den Ausbau der Kinderbetreuung reden, damit Frauen, die mehr arbeiten wollen, auch tatsächlich mehr arbeiten können, sonst wird das auch mit der Schließung des Pensionsgaps nie etwas werden. Damit Frauen tatsächlich gestärkt werden, braucht es mehr als irgendwelche netten För­derprogramme, die dann an irgendwelche ÖVP-Kollegen vergeben werden. (Beifall bei den NEOS.)

Frauen arbeiten natürlich auch oft in Teilzeit, weil sie zum Teil auch von ihrem Mann gesagt bekommen, dass sich das steuerlich mehr rentiere, dass man nicht auf den Alleinverdienerabsetzbetrag verzichten wolle und solche Dinge. Das bringt mich zu dem Entschließungsantrag, den ich jetzt einbringe. Wenn nämlich jemand voll arbeitet, soll er von dieser Vollzeitarbeit auch voll profitieren:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vollzeitbonus“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Gesetzesvorlage vorzulegen, die einen steuerlichen Vollzeitabsetzbetrag von 100 Euro für jeden Monat, in dem eine Vollzeitbeschäftigung vorliegt, vor­sieht.“

*****

Das soll nämlich dem entgegenwirken, dass gerade bei Frauen der Teilzeitanteil besonders hoch ist. Über die Hälfte der Frauen, die beschäftigt sind, arbei­ten in Teilzeit, und das ist natürlich eine wesentliche Ursache für den Pensionsgap, den die Vorrednerinnen schon beklagt haben.

Keine Gruppe ist in den letzten Jahren bei den Abgaben- und Steuernachlässen so vernachlässigt worden wie die Gruppe der Vollzeitbeschäftigten, und daher sollen die Männer und die Frauen auch von der Vollzeitarbeit profitieren. (Beifall bei den NEOS.)

18.55

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Vollzeitbonus

eingebracht im Zuge der Debatte in der 202. Sitzung des Nationalrats über Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 3161/A(E) der Abgeord­neten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fokus: Stärkung von älteren Frauen (1930 d.B.) –TOP 6

Vollzeitbonus: Vollzeit muss sich steuerlich wieder auszahlen

Vollzeit zu arbeiten, muss sich steuerlich wieder auszahlen. Denn keine Gruppe wurde in den letzten Jahren bei Abgaben-/Steuerentlastungen so sehr vernachlässigt wie die Gruppe der Vollzeitbeschäftigten. Der Fokus lag nämlich auf einer Verschär­fung der Abgabenprogression, was sogar zu gestaffelten Beiträgen in der Ar­beitslosenversicherung und in der Krankenversicherung führte. Zudem zogen es die Regierungen vor, verstärkt bei den unteren Einkommensstufen zu entlasten, die oberen wurden jedoch nur nachrangig und minimal entlastet. Dieser Umstand hat den Teilzeittrend zusätzlich gefördert. Dabei wurde völlig übersehen, dass es speziell die Gruppe die Vollzeitbeschäftigten ist, die den wesentlichen Beitrag leistet, um den Sozialstaat zu finanzieren. Gleichzeitig verstärkt sich in den nächsten Jahren der demographisch bedingte Arbeitskräftemangel, der für einen Rekordwert an offenen Stellen sorgt. Es ist unverantwortlich, diesem volkswirtschaftlich ge­fährlichen Trend weiterhin mit einer Fülle an Teilzeitanreizen entgegen zu treten. Eine Maßnahme gegen diesen Trend muss daher ein Anreiz zu mehr Vollzeit sein. Kon­kret soll diesem Antrag nach für jedes Monat Vollzeitbeschäftigung ein 100 Euro Absetzbetrag gutgeschrieben werden – ein "Vollzeitabsetzbetrag" bzw. "Vollzeitbonus". Vor allem jüngere Beschäftigte, die oft noch keine Kinder haben und in der Phase des Vermögensaufbaus sind, würden besonders davon profitieren, da diese tendenziell Vollzeit arbeiten, oft sogar noch darüber hinaus. Insgesamt profitieren bei einer Annahme dieses Antrags sofort drei Millionen Vollzeitbeschäf­tigte. Künftig sogar nach mehr, da der Vollzeitbonus weitere Beschäftigte steuerlich überzeugen wird, (in Zeiten des akuten Arbeitskräftemangels) auf Vollzeit aufzustocken.

Der Anteil an Frauen, die Teilzeit arbeiten, ist besonders hoch. Damit sind gerade Frauen von Altersarmut gefährdet. Auch deswegen ist es wichtig, dass wir Anreize für Vollzeitarbeit schaffen. In erster Linie gelingt das durch eine flächendeckende Kin­derbetreuung. Aber es braucht auch Anreize im Abgabenbereich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Gesetzesvorlage vorzulegen, die einen steuerlichen Vollzeitabsetzbetrag von 100 Euro für jeden Monat, in dem eine Vollzeitbeschäftigung vorliegt, vorsieht."

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit mit in Verhandlung.

Nun hat sich Frau Bundesministerin Susanne Raab zu Wort gemeldet. – Bitte.