20.07

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundes­minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist schon bemerkenswert, wenn mein Vorredner von der Freiheitlichen Partei zum Thema Grundversorgung spricht und kein einziges Mal - kein einziges Mal! – den Ukrainekrieg erwähnt. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS so­wie des Abg. Bürstmayr.)

Lieber Herr Kollege Amesbauer, ich weiß nicht, ob dir bewusst ist, dass in der Grundversorgung in Österreich derzeit circa 56 000 Menschen aus der Ukraine untergebracht sind. Sie sind deswegen untergebracht, weil einer, dem Sie oft das positive Wort reden, nämlich ein gewisser Herr Putin, in der Ukraine einmar­schiert ist und dort die Leute massakriert. Deswegen sind die Menschen ge­flüchtet und sie sind auch zu uns geflüchtet, weil wir Nachbarn sind und weil wir uns dazu committet haben, sie aufzunehmen und ihnen eine Grundversor­gung anzubieten. Mit keinem einzigen Wort, Herr Amesbauer, hast du das er­wähnt. Das ist wirklich eine Schande der Sonderklasse für einen Parla­mentarier. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Schauen wir einmal ein bisschen in die Geschichte: Wann kam diese 15a-Ver­einbarung über die Grundversorgung zustande? – Das war kurioserweise im Jahr 2004. Wer hat damals regiert? – Es war Schwarz-Blau. Die schwarz-blaue Bundesregierung hat 2004 den Beschluss gefasst, mit den neun Bundesländern in Verhandlung zu treten, um eine Grundversorgung einzurichten und sie auch zu vereinheitlichen.

Ich darf vorlesen, wie es im Art. 1 Abs. 1 dieser Vereinbarung heißt: „Ziel der Vereinbarung ist die bundesweite Vereinheitlichung der Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde, die im Bundesgebiet sind“. – Diesen Passus haben die Freiheitlichen be­schlossen. Kurioserweise haben übrigens die Grünen nicht mitgestimmt, aber alle anderen im Parlament waren dafür. (Heiterkeit des Abg. Schwarz.)

Diese Vereinbarung über die Grundversorgung hat bislang auch prinzipiell sehr gut funktioniert. Sie wurde dann jahrelang nicht angepasst. Erst im Jahr 2016, als ein großer Flüchtlingsstrom nach Europa kam und auch in Österreich sehr viele ihre Zuflucht gefunden haben, wurden die Tarife erstmals angepasst. Im vorigen Jahr, im Juli, haben wir dann nochmals die Tarife angepasst, weil natürlich die Teuerung beziehungsweise die Inflation insgesamt vorangeschritten ist.

Wir setzen uns aber natürlich zum Ziel, jene Menschen, die bei uns landen, die bei uns um Asyl ansuchen oder die als Vertriebene aus der Ukraine kommen, bestmöglich zu versorgen, so dass es auch menschenwürdig ist. Dazu bekennen wir uns auf jeden Fall.

Dieses Gesetz, das wir jetzt beschließen – es ist ein Gesetz mit nur vier Para­grafen –, hat zum Ziel, in dieser schwierigen Phase der Teuerung auch jenen Quartiergebern unter die Arme zu greifen, die Quartiere bereitstellen. Wenn es jetzt in den Erläuterungen heißt, wie du erwähnt hast, dass mög­licherweise zusätzliche Quartiere gebraucht werden: Ja, wir wissen nicht, wie es in der Ukraine weitergeht, aber ich denke, es sollte auch bei Ihnen Konsens sein, dass Menschen, die in unserer Nachbarschaft ihre Heimat verlassen müssen, bei uns entsprechend versorgt werden. Daher werden wir dieses Gesetz beschließen, nämlich dass es einen Teuerungsausgleich gibt, befristet für sechs Monate: 50 Euro für private Unterkünfte bei Unterbringung einer Einzel­person, 100 Euro bei Unterbringung einer Familie pro Monat, befristet bis zum Ende dieses Monats, rückwirkend ab Oktober.

Vielleicht noch zu den Zahlen: Derzeit sind 91 000 Menschen in Österreich in der Grundversorgung. Es waren zu Beginn des Jahres sogar 93 000. Warum gibt es weniger? – Das hat zwei mögliche Gründe: erstens weil die Asylantragszahlen tatsächlich zurückgehen – danke, Herr Minister, für alle Bemühungen in verschiedenen Ländern, zuletzt auch in Marokko, zu versuchen, Abkommen zu schließen –, und zweitens weil es auch hoffentlich zunehmend gelingt, dass Menschen aus der Ukraine, die in der Grundversorgung sind, am Arbeitsmarkt bei uns Fuß fassen und damit die Grundversorgung verlassen können. Es gibt jetzt 2 000 Menschen weniger in der Grundversorgung als noch zu Beginn dieses Jahres.

Mit diesem Gesetz wollen wir klarstellen, dass wir die Quartiergeber – die Länder, aber indirekt die Quartiergeber – unterstützen, wenn sie bereit sind, Quartiere für jene Menschen, die vertrieben worden sind oder die bei uns um Asyl ansuchen oder die nicht abgeschoben werden können, zur Verfügung zu stellen, damit diese auch menschenwürdig untergebracht sind. Dazu stehen wir als Republik Österreich und dafür beschließen wir jetzt auch diese Gesetzes­novelle. Ich bin froh, dass zumindest vier der fünf Parteien diesen Konsens pflegen. Es wäre sehr schön, wenn Sie von der FPÖ – und Herr Kassegger, der jetzt dann auch ans Rednerpult kommt – zumindest diesen Grundkonsens herstellen, dass jene Menschen aus unserer Nachbarschaft, die zu uns vertrieben werden, auch dementsprechend versorgt werden. Darum würde ich wirklich herzlich bitten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischen­ruf des Abg. Amesbauer.)

20.12

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt MMMag. Dr. Axel Kassegger. – Bitte, Herr Abgeordneter.