Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Auf­hebung der Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung“ (3258/A)(E)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 3258/A(E). Dieser ist inzwischen allen Abgeordneten zugegangen, es erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Länger arbeiten, bedeutet eine höhere Pension. Dieser Grundsatz, der seit Einführung der Pensionsversicherung Gültigkeit hat, wurde leider durch die türkis/grüne Regierung durch die Einführung der Staffelung der ersten Pensionsanpassung durch­brochen. Derzeit ist es leider so, dass, je früher man im Jahr die Pension antritt, desto höher die nächste Pensionsanpassung und desto geringer der lebenslange Pen­sionsverlust.

Dadurch, dass es die Regierung verabsäumt hat, durch geeignete Maßnahmen die Teuerung effektiv zu bekämpfen, hat diese Teuerung nunmehr auch dramati­sche Auswirkungen für angehende Pensionist*innen. Andere Regierungen haben durch effektive preissenkende Politik ihre Inflationsrate längst weit unter die 10-Prozent-Marke gedrückt. Die Österreicher*innen leiden also immer noch deutlich schlimmer unter der Teuerung, als es nötig wäre.

Für Pensionistinnen und Pensionisten wird es dadurch besonders übel. Durch die Aliquotierung der Anpassung der Pensionen im ersten Pensionsjahr, erhalten Neupensionist*innen je nach Monat, in dem sie ihre Pension antreten, im darauffolgenden Jahr nur eine anteilige Inflationsabgeltung:

Eine Person, die im Jänner in Pension geht, erhält 100% der Inflationsanpassung.

Geht die Person im Februar in Pension, gibt’s 90% Inflationsanpassung.

Im März bleiben der Person noch 80% der Inflationsanpassung.

Im April sind es schon nur noch 70% Inflationsanpassung.

Im Mai noch rutscht man auf 60% Inflationsanpassung.

Im Juni bleiben noch 50% der Inflationsanpassung.

Im Juli sind es nur noch 40% Inflationsanpassung.

Im August bleiben 30% Inflationsanpassung.

Im September 20% Inflationsanpassung.

Im Oktober 10% Inflationsanpassung.

Im November und Dezember 0%.

Wenn die Inflation sich irgendwo zwischen Null und zwei Prozent bewegt, mag man das weniger spüren. Doch gerade jetzt in der Krise wirkt sich die Minder- oder gar Nichtanpassung stark aus und zwar bis ans Lebensende.

Bei der Pensionsanpassung zieht man die Inflation von Mitte des Vorvorjahres bis Mitte des Vorjahres heran. Das heißt: Man weiß schon jetzt, dass die Anpas­sung 2024 zwischen 8 und 10 Prozent liegen wird. Wer also erst im Herbst oder Winter in Pension geht, fällt um diese Anpassung fast oder gänzlich um. Dieser Verlust bleibt und summiert sich über die gesamte Bezugsdauer.

Leider hängt es derzeit also vom Geburtstag ab, ob man einen lebenslangen Verlust in der Pension hinnehmen muss, denn der Pensionsstichtag bestimmt, wie viel Pensionsanpassung man im nächsten Jahr bekommt. Hat man das Glück mit Jänner eines Jahres in Pension zu gehen, bekommt man im nächsten Jahr die volle Anpassung, mit Juli nur mehr die Hälfte und mit November oder Dezember gar keine Anpassung mehr. Dadurch ist es derzeit lukrativer nach Möglichkeit vorzeitig in Pension zu gehen, einige wenige Prozente Abschläge in Kauf zu nehmen, dafür aber die volle – auf Grund der hohen Inflation – viel höhere Pensionsanpassung zu erhalten.

Ein Beispiel: Ein Mann wird im Oktober 2023 65 Jahre alt und kann daher am 01.11.2023 regulär in die Alterspension gehen. Weil er erst im November sein Alterspensionsstichtag erreicht, fällt er – wie vorhin geschildert – um die ge­samte Inflationsanpassung (von sehr defensiv gerechnet 8,5%) um.

Wäre er heuer bereits mit 1. Februar, also neun Monate vor seinem regulären Pen­sionsantritt in Pension gegangen, hätte er zwar Abschläge in Kauf nehmen müssen, angesichts einer Inflationsanpassung in dieser Höhe, hätte es sich für ihn allerdings trotzdem kräftig gelohnt.

Bei der durchschnittlichen männlichen Angestelltenpension von 2.655 Euro brutto stellt sich das wie folgt dar: Durch die Abschläge auf Grund des früheren Pen­sionsantritts hätte der Mann zwar „nur“ 2.515 Euro Bruttomonatspension (an Stelle der 2.655 Bruttomonatspension bei regulärem Pensionsantritt), aber diese 2.515 € brutto würden dafür fast um die ganze Inflation (90 Prozent davon) mit 1. Jänner 2024 angepasst. Seine Jahresbruttopension im ersten Pensions­jahr 2024 wäre bei Antritt Februar 2023 37 903,60 Euro, bei Antritt im November nur mehr 37 171,05 Euro, also ein Verlust im ersten Pensionsjahr von 732,55 Euro, obwohl er 9 Monate länger arbeiten würde. Der Verlust summiert sich (bei der Annahme einer durchschnittlichen Pensionsanpassung von 2,2 Prozent) innerhalb von 5 Jahren auf 3.827,51 Euro und innerhalb von 10 Jahren Pensionsbe­zug auf 8.094,99 Euro. Und das alles, wenn er heuer 9 Monate länger arbeitet!

Bei der Inflationsanpassung geht es grundsätzlich um die Wertsicherung der zukünftigen (Lebens-) Pension. Es geht nicht um die Vergangenheit. Daher ist nicht entscheidend in welchem Monat man in Pension geht, sondern in welchem Jahr, denn es wird bei der Berechnung der Pensionen innerhalb eines Jahres nicht differen­ziert und es ist auch bei der Anpassung der Pensionen nicht zu tun. Der Wert­verlust muss daher zur Gänze für die nächsten Pensionsjahre ausgeglichen werden.

Je höher die Pensionsanpassung beziehungsweise die Inflation ist, desto größer die Ungerechtigkeit – im Jahr 2024 führt das dazu, dass Menschen, die ab No­vember oder Dezember 2023 ihre Pension erstmals antreten, eine dauerhafte Pen­sionskürzung in der Höhe von über acht Prozent in Kauf nehmen müssen. Daraus kann ein gewaltiger finanzieller Nachteil entstehen: Zwei Frauen gehen 2023 regulär mit 60 in Pension. Eine im Jänner, die andere im November. Beide mit einer (in etwa durchschnittlichen ASVG-) Monatspension von 1.655 € brutto. Bereits im ersten Pensionsjahr ergibt sich bei der Annahme von 8,5 Prozent Anpas­sung für jene Frau, die mit 1. November in Pension ging ein Jahresver­lust von 1 893,50 Euro. Dieser Verlust steigt von Jahr zu Jahr an. Im Jahr 2030 hat diese Frau, im Vergleich zu jener die mit 1. Jänner 2023 in Pension ging, einen Jahresverlust von mittlerweile 2 157,60 Euro (bei der Annahme von durchschnittlich 2,2 Prozent jährlicher Anpassung ab 2025). Der Gesamtverlust dieser Pensionistin beträgt 2030 bereits 14.162,09 Euro!

Auch die Zahl der Betroffenen ist nicht klein: Pro Jahr gehen in Österreich rund 100.000 Menschen neu in Pension, 90.000 davon nicht im Jänner – sie hätten von der aliquoten Pensionsanpassung finanzielle Nachteile.

Bereits heuer erleiden Pensionist*innen durch die Aliquotierung einen erheblichen Nachteil. Nicht nur, dass die Anpassung 2023 nur einen Teil der tatsächlichen Inflation abgegolten hat, wurde diese durch die Aliquotierung weiter gekürzt. Zwar wurde die Regelung für heuer etwas abgemildert, sodass zumindest die halbe Pensionsanpassung gewährt wird, es macht aber einen Unterschied, ob man 5,8 Pro­zent oder nur 2,9 Prozent Anpassung in Zeiten einer Inflation zwischen 8 und 10 Prozent erhält. Und zusätzlich bedeutet die Regelung eben einen lebenslangen Pensionsverlust.

Ein weiterer besonderer ungerechter Aspekt der Staffelung entsteht nunmehr durch die Anhebung des Frauenpensionsalters. Für die nächsten 10 Jahre, beginnend mit 2024, werden durch die halbjährliche Erhöhung des Antrittsalters um ein halbes Jahr, die Pensionsantritte für Frauen vorwiegend in die zweite Jahreshälfte fallen.

Jahrgang

Regelpensionsalter

Jahr Pensionsantritt

Ab 1.1.1964

60,5

01.07. – 01.12.2024

Ab 1.7.1964

61

01.07. – 01.12.2025

Ab 1.1.1965

61,5

01.07. – 01.12.2026

Ab 1.7.1965

62

01.07. – 01.12.2027

Ab 1.1.1966

62,5

01.07. – 01.12.2028

Ab 1.7.1966

63

01.07. – 01.12.2029

Ab 1.1.1967

63,5

01.07. – 01.12.2030

Ab 1.7.1967

64

01.07. – 01.12.2031

Ab 1.1.1968

64,5

01.07. – 01.12.2032

Ab 1.7.1968

65

Ab 01.07.2022

 

Damit werden die Pensionen von Frauen, die zwischen 2024 und 2033 in Pension gehen automatisch durch die Aliquotierung gekürzt und bei den ohnehin rela­tiv niedrigen Frauenpensionen ist diese Auswirkung eine weitere Benachteiligung.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zu übermit­teln, mit der

1)    die Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung rückwirkend mit 1.Jänner 2022 aufgehoben wird und die volle ersten Anpassung wieder uneingeschränkt zur Geltung gelangt und

2)    die Sonderregelung für das Jahr 2023 aufgehoben wird und die betroffenen Pensionist*innen mit der Pensionsauszahlung im Juni 2023 die Nachzahlung zur vollen Pensionsanpassung erhalten.“

Die unterfertigten Abgeordneten verlangen unter einem die dringliche Behandlung des gegenständlichen Antrages gem. § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1.

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Herrn Abgeordneten Muchitsch als Antragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort gemäß § 74 Abs. 5 der Geschäftsordnung erteilen. Herr Abgeordneter, Sie haben 20 Mi­nuten. Sie kennen die Usancen. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.