15.23

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Minister, wenn Sie sich jetzt mit Vorgängerregierungen oder Vorgängern im Sozialminis­terium vergleichen, dann muss ich schon eines sagen: Sie können sich nicht vergleichen, denn die Zeit, die Österreich und die Menschen durchleben, eine Inflation von über 10 Prozent, ist mit den letzten zehn oder 20 Jahren nicht vergleichbar, denn wir hatten diese Teuerung seit 50 Jahren nicht in Öster­reich. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie auch immer, nach massivem, monatelangem Druck der Sozialdemokratie, der Gewerkschaften, der Pensionistenvertretungen haben Sie heute ange­kündigt, diese extrem ungerechte Pensionsaliquotierung immerhin für zwei Jahre auszusetzen; immerhin! Diese heutige Ankündigung ist ein erster wichtiger Schritt und ein Erfolg der Sozialdemokratie, ein Erfolg für 200 000 Pen­sionistinnen und Pensionisten in Österreich (Beifall bei der SPÖ –Abg. Michael Hammer: Ihr habt gar nichts beigetragen! Ihr sagt Pensionsraub, aber einen Beitrag habt ihr nicht!), für 200 000 Menschen, die heuer und nächstes Jahr in Pension gehen werden, die ein Leben lang, Jahrzehnte gearbeitet haben. Somit werden zumindest diese zwei Jahrgänge der Pensionistinnen und Pen­sionisten vor Pensionsraub geschützt.

Aber – das „Aber“ ist großgeschrieben –, Herr Minister, warum braucht man eigentlich Monate dazu, um sich als Sozialminister und als Regierung in dieser Ungerechtigkeitsfrage zu bewegen? Warum braucht es diesen Druck, und warum eigentlich nur zwei Pensionsjahrgänge? Warum eigentlich keine gene­relle Regelung für alle kommenden Pensionistinnen und Pensionisten? Diese Fragen stellen sich gerade so viele Menschen in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch eine Frage: Was ist mit denen, die 2022 in Pension gegangen sind, die letztes Jahr in Pension gegangen sind? Haben Sie auf die vergessen, sind Ihnen die durchgerutscht? Immerhin 100 000 Menschen, auch die haben ein Le­ben lang gearbeitet, sind 2022 in Pension gegangen und heuer schon, im ersten Jahr ihrer Pension, verlieren diese 100 000 Pensionistinnen und Pensio­nisten fast 3 Prozent der ihnen zustehenden Pension. 3 Prozent machen bei einer normalen Pension von 2 000 Euro brutto durchschnittlich in Summe 15 000 Euro Verlust im Laufe der gesamten Pensionszeit aus. Das ist ein türkis-grüner Strafabzug für 100 000 Menschen, nur weil sie nicht im Jänner Ge­burtstag haben, Herr Bundesminister, sondern erst später im Jahr in Pen­sion gehen.

Das geschieht in einer nicht vergleichbaren Zeit für die Menschen, in einer Zeit der größten Teuerung seit 50 Jahren, die besonders Pensionistinnen und Pensionisten in Österreich ganz hart trifft, Menschen, die ein Leben lang hart gearbeitet haben, die ihren Beitrag geleistet haben, die Jahrzehnte ins Pensionssystem eingezahlt haben, Menschen, die auf das Pensionssystem vertraut haben.

Jetzt kommt ein wichtiger Punkt: Vertrauen – Vertrauen, das Sie in den letz­ten Monaten massiv beschädigt haben, weil für diese Menschen die Rechtssicherheit einfach nicht gegeben ist, die vertraut haben. Unser Sozial­sprecher Beppo Muchitsch hat das schon sehr eindringlich geschildert.

Was ist mit jenen, die ab 2025 in Pension gehen? Wissen Sie, was jetzt passieren wird? Ich kann es Ihnen sagen, Sie haben nur zwei Jahre ausgesetzt. Dort, wo es für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möglich ist, wer­den Menschen versuchen, so rasch wie möglich noch in diesen zwei Jahren, für die es ausgesetzt ist, in Pension zu gehen. Wissen Sie, was das heißt? Das ist ein Pensionsrun! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich weiß nicht, ob die Wirtschaft so glücklich über einen Pensionsrun ist und darüber, damit ausgebildete, erfahrene Arbeitskräfte, die sie zurzeit drin­gend, händeringend braucht, zu verlieren. Das ist nicht nur sozial einfach unge­recht und unvernünftig, es ist natürlich wirtschaftlich völlig daneben, Herr Bundesminister. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihre halbe Lösung ist ein kleiner Schritt, aber sie drängt Menschen, so früh wie möglich in Pension zu gehen, damit sie nicht ungerecht behandelt werden beziehungsweise nicht der Unsicherheit erliegen. Deswegen muss der nächste Schritt, nämlich diese ungerechtfertigte Aliquotierung dauerhaft und gene­rell abzuschaffen, sofort gesetzt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch die künftigen Pensionistinnen und Pensionisten, die in den nächs­ten Jahren in Pension gehen, haben ein Leben lang hart gearbeitet, ihre Beiträge geleistet und vertraut. Sie brauchen Sicherheit, liebe Bundesregierung. Die­se Sicherheit muss man ihnen geben, und daher muss diese Regelung dauerhaft und rückwirkend abgeschafft werden. Wir wollen, dass alle diese Sicher­heit haben und dass alle auf das österreichische Pensionssystem vertrauen kön­nen. (Beifall bei der SPÖ.)

Als Sozialdemokratie haben wir am Wochenende eines angekündigt (Abg. Wöginger: 73 Kandidaten!), wir haben angekündigt, dass wir als SPÖ bereit sind, vor das Höchstgericht zu ziehen, diese ungerechte Pensionsregelung vor den Verfassungsgerichtshof zu bringen. Diese Aliquotierung ist verfassungswid­rig, Herr Bundesminister, weil sie ungleich behandelt, weil sie nach Geburts­datum geht. Das kann sich niemand aussuchen, und deswegen ist es vor der Ver­fassung eine Ungleichbehandlung, die wir einklagen werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Das Pensionssystem geht immer nach Geburtsdatum!)

Man kann es wie Beppo Muchitsch mit zwei Worten zusammenfassen: Weg da­mit! Weg damit, sehr geehrte Bundesregierung!

Ich lade alle Abgeordneten der Opposition ein, im Speziellen die FPÖ, die sich ja immer sehr auf diese Seite geschlagen hat – man wird sehen, was das Wort wert ist –, ihre Unterschrift unter unsere Verfassungsklage zu setzen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.30

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klubobmann Wöginger. – Bitte sehr.