11.28

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Wir diskutieren jetzt – wieder zurück zum Thema! – die abschließenden Ergebnisse des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses. Nicht nur, dass die Erkenntnisse viele sind, sondern sie sind auch aktuell, denn sie helfen uns ein bisschen, Aktuelles besser zu verstehen. (Abg. Michael Hammer: Es spricht das Team Babler zu Ihnen!)

Wenn man sich zum Beispiel fragt: Warum war es so notwendig, dass heuer im April noch einmal eine Mieterhöhung um 8 Prozent durchgeführt wird, obwohl sich viele ohnehin am Ende des Monats das Leben nicht mehr leisten können und obwohl die Immobilienwirtschaft seit 2008 ihre Mieteinnahmen verdoppelt hat und allein die Indexierung der Richtwert- und Kategoriemieten in den Jahren 2022 und 2023 bisher schon über 1 Milliarde Euro zusätzliche Einnah­men für die Immobilienwirtschaft gebracht hat, warum war das so notwendig?, dann könnte man die Frage stellen: Haben vielleicht auch Vertreter und Vertreterinnen der Immobilienwirtschaft an die ÖVP gespendet? – Siehe da: ja.

Man wird beispielsweise auch in dieser Frage fündig, wenn man sich allein die Zahlen von 2017 bis 2019 anschaut, als 700 000 Euro Spenden aus der Immobilienbranche an die ÖVP geflossen sind. Ich denke, dann versteht man ein bisschen besser, warum man sich so hart und so vehement in einer Zeit der größten sozialen Krise dafür eingesetzt hat, dass da weiterhin die Einnahmen fließen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nur eine Zahl noch dazu: 80 Prozent der privaten Mieteinnahmen fließen an die top 10 Prozent der vermögendsten Menschen in Österreich. Also da lüftet sich der Schleier dann schon etwas. Entschuldigt hat sich übrigens bisher für dieses gesamte Verhalten noch niemand.

Ich mache aber mit zwei anderen Geschichten weiter. Sigi Wolf – das haben wir nun schon öfter gehört – ist ebenfalls jemand, der der ÖVP beim Lukrieren von Spenden geholfen hat. Da hat es bei der ÖVP in der Wahlkampfkasse ordentlich geklingelt. Dementsprechend hat er dann eine Sonderbehandlung erfahren, wie ein normaler Mensch sie nie in Anspruch nehmen könnte – wage ich zu sagen. Der Finanzminister hat de facto den persönlichen Steuerberater von Herrn Wolf gespielt. Da geht es um 11 Millionen Euro, die Herr Wolf im Übrigen nicht nach Vorschrift versteuert hat – also Gewinne, die eigentlich dem Staat gehört hätten.

Wozu hat man allerdings Freunde? Herr Wolf ruft bei den ÖVP-Männern und -Frauen im Finanzministerium an und sagt, er hat eigentlich gerade keine Lust, diese Millionen zurückzuzahlen, obwohl sie dem Staat zustehen würden, und man ist dort der Meinung: Wir schenken ihm 4 Millionen Euro. Thomas Schmid schreibt: „ich kaempfe […] für euch mit allen Mitteln.“

Warum erwähne ich dieses Zitat? – Weil man als Bürger oder Bürgerin nun vielleicht im Kopf hat: Ja, da haben sie sich halt dafür eingesetzt, dass der weni­ger Steuern zahlen muss. – Das war allerdings ein Prozess, der über Jahre gegangen ist, bei dem man sich wirklich fragt: Was haben diese Beschäftigten im Finanzministerium zu tun gehabt, dass es da 30 Termine auf Ministerebene gab, bei denen man sich nur zusammengesetzt hat, um zu überlegen: Wie schafft man es, dass ein Millionär, einer der reichsten Menschen in Österreich, ja kein Steuergeld zurückzahlen muss?

30 Termine, 350 Nachrichten von Thomas Schmid; man war erfolgreich damit, und zwar mit den seltsamsten Methoden – das ist nicht House of Cards für Arme, das ist „House of Cards“. Man hat geschaut, dass diejenigen, die der Meinung waren: Nein, der sollte das Geld schon zurückzahlen!, bei einem Termin nicht dabei sind, oder hat die Termine immer wieder so lange hinausgeschoben, bis die, die das ordnungsgemäß abwickeln wollten, gerade keine Zeit hatten.

Ich hoffe, alles, was sich da in Österreich zugetragen hat, wird einmal verfilmt. Selbst als man es dann wirklich dazu gebracht hat, dass einer der reichsten Menschen 4 Millionen Euro geschenkt bekommt, hat er sich noch einmal aufge­regt, weil er die Zinsen ja auch nicht zurückzahlen wollte. Da wurden ihm eh schon 4 Millionen Euro geschenkt, und er kommt noch einmal daher und sagt, nein, er will das noch einmal reduziert haben. Wieder springt die ÖVP und es geht weiter, wieder wird Monate lang interveniert, damit diese vermögenden Menschen keine Steuern zahlen.

Man kann sich das eigentlich gar nicht auf der Zunge zergehen lassen, was da passiert ist. Wer nun glaubt: Na ja, okay, das war halt ein Einzelfall, Herr Wolf hat halt auf Schloss Reifnitz für die ÖVP besonders viele Spenden geworben, da ist man ihm halt entgegengekommen!, dem sei gesagt: Es war überhaupt kein Einzelfall! Genau dieselbe Geschichte könnten wir mit Herrn Benko weiterer­zäh­len, nur dass es da nicht um 4 Millionen Euro gegangen ist, sondern um 14 Millionen Euro an Steuergeld (Ruf bei der SPÖ: Unglaublich!), das er nicht zahlen wollte, das uns allen gemeinsam aber zugestanden wäre. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit 14 Millionen Euro könnte man im Übrigen die „Wiener Zeitung“ für längere Zeit finanzieren. Da hat offenbar noch niemand ein Problem gesehen, dass man einem der reichsten Menschen der Welt – der ganzen Welt! –, René Benko, 14 Millionen Euro hat zukommen lassen, aber für die „Wiener Zeitung“, für die Demokratie in diesem Land, für den kritischen Journalismus hat es dann leider nicht gereicht.

Somit komme ich auch schon zum Schluss. Die Überlegung ist: Was macht man nun mit der Situation? Es gibt eine Partei, die sich offenbar tatsächlich als Hure der Reichen fühlt, wenn man sich anschaut, was da in den letzten Jahren passiert ist. Wie kann man dem vorbeugen? – Eine Erkenntnis ist, dass, wer so viel Ver­mögen hat, auch immer Machtansprüche stellt und ständig versucht, in die Politik und in die Demokratie einzugreifen. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Deshalb brauchen wir in diesem Land, ganz, ganz, ganz dringend Millionärs­steu­ern. (Beifall bei der SPÖ.)

Dazu nur ein letztes Zitat (Abg. Hafenecker: Christian Kern oder Alfred Gusenbauer!), weil ich zum Beispiel einen dieser Sponsoren persönlich befragen durfte, Herrn Berndt, der nach seiner Spende dann Aufsichtsratsvorsitzender wurde: Er sagt, das hat überhaupt nichts damit zu tun. – Es gilt natürlich die Unschulds­ver­mu­tung, wie immer. Er hat allerdings 65 000 Euro gespendet. Nun kann sich jeder zu Hause überlegen, wann er sich, wenn er einmal 65 000 Euro auf der Kante und frei herumliegen hat, denkt: Ui, das ist mir nun übrig geblieben, das spende ich.

Er hat dann sozusagen gesagt, das ist ja gar kein großer Posten. It is no big deal, hat er gesagt, diese 65 000 Euro, die kümmern ihn ja gar nicht; warum wir Fragen dazu stellen, was soll denn mit 65 000 Euro für ein Einfluss gewährt worden sein?

Es braucht Millionärssteuern in diesem Land. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.34

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wolfgang Zanger. – Bitte. (Abg. Michael Hammer: Das ist ...! – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)