12.31

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen an den Bildschirmen! Frau Kollegin Fürst, vorab nur einen Satz: Dieses Gesetz, von dem Sie jetzt reden, beschließen wir heute gar nicht. Das dürfte Ihnen entgangen sein. Das liegt noch zur Notifikation bei der EU; wir werden das hoffentlich bald zum Wohle des Qualitätsjournalismus, zum Wohle des heimischen Zeitungs- und Medienmarkts und des Medienstandorts beschließen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Hafenecker: Zum Wohle der „Wiener Zeitung“!)

Kollege Egger hat schon ausgeführt, was diese Bundesregierung in den letzten drei Jahren alles dafür getan hat, um diesen Medienstandort abzusichern. Wenn man sich die Bundesregierungen der letzten 25 Jahre anschaut, sieht man, dass wir in drei Jahren gemacht haben, was vorher in 25 Jahren nicht passiert ist. (Zwischenruf des Abg. Brandstätter.)

Vor drei Jahren aber war es so, dass wir am Beginn des Jahres 2020 mit dem Umstand konfrontiert waren, einerseits eine EU-Richtlinie umsetzen zu müssen, die 2019 beschlossen wurde und mit 2021 hätte umgesetzt werden müssen, nämlich jene, dass es keine Pflichtveröffentlichungen mehr im Amtsblatt gibt, und dass andererseits, wie schon ausgeführt, das Amtsblatt die „Wiener Zeitung“ – und zwar mehr oder weniger ausschließlich – finanziert. Damit war die Situation gegeben, dass wir uns überlegen mussten: Wie geht das mit der „Wiener Zeitung“ weiter? (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Glauben Sie mir, ich bin Historikerin, ich bin sehr an Kulturgut, an historischen Dingen interessiert. Ich gehe meinen Kollegen und Kolleginnen immer mit solchen Fragen, auch was Archive betrifft, wahnsinnig auf die Nerven. Daher war es am Anfang auch so, dass ich selbstverständlich der Meinung war, wir müssen einen Weg finden, wie wir die „Wiener Zeitung“ im Print erhalten können. Das haben wir auch auf viele Arten versucht. Wir haben mit Investoren mögliche Konzepte, die keine waren, besprochen. (Abg. Brandstätter: Welche Investoren? – Abg. Brandstötter: Welche Investoren? – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Es war natürlich so, dass wir alles sehr genau geprüft haben. Leider, muss ich sagen, hat irgendwie nichts von dem, was uns da angeboten wurde, nur ansatzweise einer operationalisierbaren Lösung entsprochen – so leid es mir tut. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

So kam es zu dem Entschluss, zu sagen: Okay, wir gehen einen neuen Weg, wir transformieren die „Wiener Zeitung“ in eine Digitalzeitung! – Print ist in diesem Sinn leider – Sie wissen das – in schwierigen Umständen. Wir wissen das vom „Kurier“, wir wissen das von der „Kleinen Zeitung“. Ich bin auch jemand, der die Abonnements auf Papier hat, ich gehöre noch zu dieser Generation. Viele Kolleginnen und Kollegen, die 30 Jahre jünger sind, fragen mich, ob ich irgendwie sozusagen noch ganz dicht bin, warum ich so etwas in Print lese. Sie lesen alles digital, und so wird das auch, so schwer es uns gefallen ist, für die „Wiener Zeitung“ sein.

Es ist jetzt schon ein Digitalprojekt in Vorbereitung. Da arbeiten sehr viele junge Journalistinnen und Journalisten, Redakteure, die natürlich einen ganz anderen Blick auch auf die Zukunft haben als wir – oder als ich, sage ich jetzt einmal –, die kurz vor der Pension stehen. Da geht es also schon darum, in die Zukunft zu weisen. Dieses Zukunftsprojekt in der „Wiener Zeitung“ findet statt, und es freut mich sehr, dass es diesen Wandel geben wird und dass wir die „Wiener Zeitung“ umstellen.

Vielleicht ein Wort zur SPÖ: zunächst Danke, dass ihr bei der Transparenz, die uns ja besonders wichtig ist – um auch an die vorige Diskussion zum Unter­suchungsausschuss anzuschließen –, mitgeht! Es ist dringend notwendig, so eine Inseratentransparenz zu haben. Sie wird sozusagen mit diesem Gesetz auch gegeben sein, und darauf freue ich mich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Andererseits muss ich aber zu dem Appell, den Frau Rendi-Wagner irgendwie am Anfang ihrer Rede getätigt hat, zwei Worte sagen: Die Erste, die ihre Zeitung eingestellt hat, war die Sozialdemokratie, die ihre Wiener Zeitung 1989 verkauft hat, weil sie nicht mehr rentabel war (Abg. Brandstötter: ... ist die „Wiener Zeitung“ jetzt doch eine Parteizeitung? – Abg. Leichtfried: Das war die „Arbeiter-Zeitung“!), an einen Investor – das waren genau solche Investoren wie für die „Wiener Zeitung“ –, und drei Jahre später musste sie, und zwar tatsächlich im Sinne eines Konkurses, liquidiert werden. Da war noch gar nicht von online et cetera die Rede. Was also das Einstellen von Zeitungen betrifft, hat die SPÖ Routine. Es wundert mich, dass Sie das nicht sehen, dass es heute ungleich schwieriger als damals ist, ein Printmedium zu erhalten. (Abg. Leichtfried: Schwacher Vergleich!)

Noch ein Wort zum Schluss: Es ist heute der 27. April. Vor 78 Jahren haben sich KPÖ, ÖVP, SPÖ und einige Unabhängige im Wiener Rathaus zusammen­gefun­den, um die Unabhängigkeitserklärung zu unterzeichnen. Mauthausen war zu dem Zeitpunkt noch nicht befreit, aber Wien war durch die Rote Armee befreit. Wie dies ein Neuanfang war, genauso ist es heute ein Neuanfang für die älteste Tageszeitung der Welt – so leid es mir tut. Es ist ein Neuanfang. Es ist ein Weg in die Zukunft.

Da mein Ceterum-censeo sich ja erübrigt hat – die Windisch-Kaserne wird nicht mehr nach einem Kriegsverbrecher heißen, obgleich sie leider auch nicht, was ich zutiefst bedaure, nach Richard Wadani benannt wird –, verlangt das natürlich nach einem neuen Ceterum-censeo. (Abg. Hafenecker: Ja, die Kommunisten sind eh im Vormarsch!) Da orientiere ich mich dieses Mal tatsächlich am Klimaschutz: Ich bin im Übrigen der Meinung, dass der Ottakringer Bach durch den autofreien Heldenplatz fließen soll. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Hafenecker: Genau deswegen wählen jetzt alle die KPÖ – weil’s eh wurscht is!)

12.37

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Klubvorsitzende Beate Meinl-Reisinger. – Bitte.