12.45

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abge­ordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! (Abg. Rauch: Wer sind Sie? – Die Abgeordneten der SPÖ halten die aktuelle Ausgabe der „Wiener Zeitung“ mit der Überschrift „1703 2023“ auf der Titelseite in die Höhe.) Bevor ich zu den heutigen Tagesordnungspunkten komme, möchte ich gerne den Bogen ein bisschen breiter spannen, denn gestern war für uns und für die heimische Medienpolitik ein, wie ich denke, ganz zentraler und wichtiger Tag.

Wir haben gestern die neue Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorgestellt. Das war eine Notwendigkeit, die sich aufgrund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes ergeben hat. Dieses Erkenntnis besagt, dass die jetzige GIS-Finanzierung des ORF verfassungswidrig ist und dass auch all jene, die keinen Fernseher oder Radio zu Hause haben, aber online streamen können, von der künftigen Finanzierung umfasst werden sollen.

Das ist also eine Aufgabe, die wir uns nicht selbst ausgesucht haben, sondern die uns der Verfassungsgerichtshof gestellt hat. Wir haben gesagt, wenn wir das machen müssen, dann müssen wir es so machen, dass es am Ende durch ein massives Sparpaket im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und durch die Abschaf­fung von Sonderprivilegien günstiger für alle Österreicherinnen und Österreicher sowie die Menschen, die in Österreich leben, wird. Und das, sehr geehrte Damen und Herren - -

Präsidentin Doris Bures: Entschuldigung, können Sie (in Richtung SPÖ) das – die „Wiener Zeitung“ ist es – wieder herunternehmen?

Bitte, Frau Ministerin. (Abg. Steinacker: Die hat nicht sehr viele Inhalte, die „Wiener Zeitung“!)

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab (fortsetzend): Und das haben wir geschafft, wie gesagt durch ein Sparpaket von 325 Millionen Euro, zu dem sich der ORF committet hat, und durch weitere gesetzliche Sparmaßnahmen. Wir haben es auch geschafft, am Medienstandort Österreich auch wieder ein Gleichgewicht und überhaupt eine Fairness im Wettbewerb herzustellen, das zu verbessern, insbesondere natürlich durch Einschnitte in die Kostenstruktur des ORF, selbstverständlich aber beispielsweise auch durch Werbeeinschränkungen und durch eine Trans­formation von orf.at, weg von der Zeitungsähnlichkeit hin zum Digitalen. (Abg. Meinl-Reisinger: Transformation?!)

Nun möchte ich auf die heutigen Tagesordnungspunkte eingehen. Das beste­hende Medientransparenzgesetz regelt die Kooperationen zwischen den Medien und der öffentlichen Hand, insbesondere wenn es um die Vergabe von Inseraten geht. Dieses Gesetz ist absolut in die Jahre gekommen und es haben sich insbesondere in den letzten Jahren Lücken ergeben. Für mich war daher, als ich vor einem Jahr als Medienministerin angelobt wurde, klar, dass wir das Medien­transparenzgesetz jedenfalls verschärfen müssen.

Es braucht lückenlose Transparenz, wenn Medien mit dem Staat kooperieren. Nicht jedes Inserat ist schlecht, sehr geehrte Damen und Herren! Ich als Frauenministerin habe oft Kampagnen beauftragt, mit denen wir Frauen darüber informieren, wo sie Hilfe bekommen, mit denen wir Frauen darüber informieren (Zwischenruf bei der SPÖ), wie sie die Helpline erreichen und wo ein Gewalt­schutzzentrum ist. Das sind legitime Aufgaben, aber jeder Cent, jeder Euro, der dabei ausgegeben wird, muss für Sie, sehr geehrte Damen und Herren (in Rich­tung Galerie), hundertprozentig und lückenlos aufgelistet werden.

Das neue Medientransparenzgesetz soll also ein Mehr an Transparenz ab dem ersten Euro bringen, eine bessere Nachvollziehbarkeit bei Einschaltungen und Medienkooperationen durch die öffentliche Hand. Es soll auch operativ einfacher werden, diese Einschau zu erhalten. Das sind riesige Datenkonvolute, zu denen man als Normalsterblicher eigentlich kaum Zugang hat. Künftig wird es eine Datenbank geben, in der man auf einen Klick einsehen kann, wer welches Inserat geschaltet hat, in welcher Höhe, wie viel da ausgegeben wurde, und bei großen Medienkampagnen eben auch, ob es den gewünschten Effekt gebracht hat. All diese Meldepflichten werden außerdem auf Social Media, auf Plakatwer­bung und auch auf Kinowerbung ausgeweitet.

Für jede Kampagne mit einem Budgetvolumen von mehr als 150 000 Euro muss ein Transparenzbericht erstellt werden, und, wie gesagt, wir als Bund orientieren uns dabei an der Privatwirtschaft. Wenn man in der Privatwirtschaft eine Kam­pagne schaltet, dann muss man sich auch überlegen: Welchen Nutzen will man denn mit dieser Kampagne erzielen? Was will ich denn damit erreichen? Was ist denn das Ziel, weshalb setzt man das Geld ein? Und der Bund, die öffentliche Hand wird das künftig auch tun müssen: sich diese Wirkungsziele zu setzen und am Ende des Tages auch zu kontrollieren, ob sie erreicht worden sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nun zur „Wiener Zeitung“, sehr geehrte Damen und Herren: Im Regierungs­programm ist, wie es bereits ausgeführt wurde, auf Basis von EU-Recht vorge­sehen, dass die sogenannten Veröffentlichungspflichten, die Unternehmerinnen und Unternehmer getroffen haben, nämlich die Veröffentlichung von Ein­tragungen im Firmenbuch in der „Wiener Zeitung“ vorzunehmen und dafür auch zu bezahlen, abzuschaffen sind. Gleichzeitig haben wir uns im Regierungspro­gramm zum Ziel gesetzt, im Zuge dessen ein neues Geschäftsmodell für die „Wiener Zeitung“ vorzusehen, und das setzen wir nun um. Die „Wiener Zeitung“ wird transformiert.

Ich möchte noch einmal ausdrücklich sagen: Wer von einer Abschaffung der „Wiener Zeitung“ spricht, der sagt die Unwahrheit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir haben uns auch auf Basis der Daten, die uns vorliegen, ein neues Geschäfts­modell überlegt, denn wir sehen, dass das jetzige Geschäftsmodell Folgendes bringt: guten Journalismus, ausgezeichneten Journalismus, ja – aber kaum Lese­rinnen und Leser. Die „Wiener Zeitung“ verkauft 6 000 bis 8 000 Exemplare, und die Leserstruktur der „Wiener Zeitung“ ist wie folgt: Sie hat mehr Leserinnen und Leser, die über 90 Jahre alt sind, als Leserinnen und Leser unter 30 Jahren. Was wir wollen, ist, diesen guten Journalismus, der natürlich gegen Fakenews wirkt und der natürlich eine super Informationsquelle, besonders auch für die Jugend, sein soll, einem breiteren Publikum zugänglich zu machen und eben besonders junge Menschen zu erreichen.

Jeder, der Kinder im Jugendalter zu Hause hat, weiß, dass die Informations­quel­len über digitale Medien funktionieren, dass man sich über Whatsapp-Gruppen und womöglich über Telegram informiert, aber jedenfalls digital. Und daher ist die Transformation der „Wiener Zeitung“ ins digitale Zeitalter ein Geschäfts­modell, mit dem wir erreichen wollen, die Marke der „Wiener Zeitung“ zu erhalten und für die Zukunft abzusichern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeor­dneten der Grünen.)

Vielleicht noch ein Punkt zur Journalismusausbildung: Jeder, der sich in diesem Bereich ein bisschen auskennt, weiß, dass die „Wiener Zeitung“ bereits jetzt eine großartige Journalistinnen- und Journalistenausbildung hat, und die wird selbstverständlich nicht im Kanzleramt angeboten, sondern in der Redaktion der „Wiener Zeitung“. Dort, wo die Journalistinnen und Journalisten arbeiten, können junge, neugierige angehende Journalist:innen auch reinschnuppern und ausgebildet werden. Ich habe das ehrlich gesagt als großartiges Konzept empfunden, weil ich viele der dortigen Absolventinnen und Absolventen kennengelernt habe und ich weiß, dass diese am heimischen Medienmarkt sehr gefragt sind.

Ich möchte bitte nicht, dass irgendeine:r von diesen jungen Absolventinnen und Absolventen, die dort die Ausbildung gemacht haben oder die Ausbildung dort machen werden, irgendwo sozusagen diskreditiert wird und dass ihnen ein Stempel der Nicht-Unabhängigkeit aufgedrückt wird (Abg. Leichtfried: Dann hättet ihr es bleiben lassen!), denn das sind großartige Journalistinnen und Jour­nalisten, sie waren es bisher und werden es natürlich auch künftig sein. Gott sei Dank gibt es jetzt mehr Plätze, denn der heimische Medienmarkt braucht gut ausgebildete Journalistinnen und Journalisten für die Gewährleistung der Unabhängigkeit der Berichterstattung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben im Verfassungsausschuss auch das Qualitätsjournalismusförderungsgesetz behandelt. Damit wird die existierende Presseförderung um eine weitere Säule erweitert. (Abg. Leichtfried: Das kommt heute nicht!) Wir wollen natürlich die Medienvielfalt in Österreich erhalten. Wir wollen die Transformation der klassischen Medien in das digitale Zeitalter begleiten. Das tun wir mit einer Förderung der digitalen Transformation und das tun wir künftig auch mit einer Qualitätsjournalismusförderung im Umfang von insgesamt 20 Millionen Euro.

Wir haben dieses Vorhaben nun an die Europäische Kommission zur weiteren Konsultation und zur beihilfenrechtlichen Genehmigung übermittelt. Dieses Verfahren wurde formell gestartet, und ich bin zuversichtlich, dass wir die Zustimmung erhalten werden, um die Gesetzesvorlage daran anschließend auch im Plenum behandeln zu können.

Ich danke Ihnen sehr herzlich für die Debatte, auch im Verfassungsausschuss, und hoffe auf eine breite Mehrheit zu den Gesetzesvorhaben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.55

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte.