14.34

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Als Erstredner möchte ich einleitend kurz erklären, worum es nun geht. Es geht um die Frage, inwieweit russische und weißrussische Sportler sanktioniert werden sollen, also von Sportveranstaltungen, insbesondere von Olympischen Spielen, ausgeschlossen werden sollen. Da gibt es zwei unterschiedliche Extremstandpunkte. Den einen wird Kollege Shetty dann, nehme ich einmal an, noch erläutern. So viele, wie Sie glauben, sind es nicht, die für den Standpunkt, den Shetty und einige andere auch vertreten, stehen – das werde ich dann noch erläutern.

Sie sagen, diese Sportler gehören alle ohne Wenn und Aber ausgeschlossen. Der Standpunkt der Freiheitlichen Partei ist, dass die Politik sich nicht auch noch in den Sport einmischen sollte. (Abg. Zarits: Ihr macht es aber!) Wir sind der Meinung, Sportler haben das Recht, das Menschenrecht auf Teilnahme am kulturellen Leben – laut Vereinten Nationen ist das ein Menschenrecht – und sollten eben nicht sanktioniert werden. Im Spannungsfeld dieser beiden Extrempunkte spielt sich das Ganze ab.

Es gibt seit über einem Jahr Krieg und das wirtschaftliche Sanktionsregime. Der Standpunkt der Freiheitlichen Partei zur Sinnhaftigkeit und zur Wirkungsmacht dieser Sanktionen ist ja bekannt: Die sind allerhöchstens schädlich für die euro­päische und österreichische Wirtschaft und auf keinen Fall oder nur sehr, sehr bedingt schädlich für die russische Wirtschaft. Ich sage nur, Russland hat letztes Jahr einen Handelsbilanzüberschuss von 310 Milliarden Euro erwirtschaf­tet, wohingegen wir hier in Europa mit Teuerungskrisen und einem Wegrutschen der wirtschaftlichen Stabilität zu kämpfen haben.

Darüber hinaus wird Russland durch diese Sanktionspolitik selbstverständlich in die Arme anderer getrieben. Ich sage nur Brics; die Brics-Staaten sind stärker denn je, die Europäische Union ist schwächer denn je – so viel zu den Wirtschafts­sanktionen. Darum geht es aber nicht. Wir kennen Ihre Meinung zu diesem Sanktionsregime, Sie rufen nach noch mehr Sanktionen, noch mehr Sanktionen. Wobei – das ist ganz eigenartig, das ist ja auch willkürlich und unlogisch, nicht rund und geschlossen – es auf Gas komischerweise keine Sanktionen gibt und auf Uran auch nicht. Warum wohl nicht? – Möglicherweise weil die Franzosen Uran für ihre Atombrennstäbe brauchen? Das alles ist nicht logisch, da herrscht ein hohes Maß an Willkür.

Ich komme zu den Sportlern: Nicht genug, dass es Wirtschaftssanktionen gibt, jetzt wollen Sie auch noch die Sportler sanktionieren und ausschließen. Ich möchte auf noch etwas hinweisen: Ich berichte jetzt von der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Wir haben heute Abend noch die Wahl eines Mitglieds vorzunehmen. Ich habe die Ehre, für die Freiheitliche Partei gemein­sam mit Kollegen Graf in dieser Parlamentarischen Versammlung zu sitzen. Dort gab es eine hochinteressante Diskussion genau dieses Thema betreffend. Die, sage ich einmal, üblichen Verdächtigen wollen natürlich auch über dieses internationale Gremium Sportler ausschließen. Wir kennen die Stellungnahme beziehungsweise den Vorschlag des Internationalen Olympischen Komitees, über den wir heute sicher noch reden werden: „Recommended Conditions“ für deren Teilnahme.

Jetzt liegt einmal ein Vorschlag vor, der noch nicht beschlossen worden ist. Es geht darum, dass Sportler aus Weißrussland und Russland unter Umständen, unter bestimmten Bedingungen doch teilnehmen können. Es hat dazu ein Hearing der Vertreter des IOC gegeben oder besser: von drei Vertretern des IOC und der Vertreter der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Es ist sozusagen die europäische Seifenblase, die europäische Bubble, die europäische Käse­glocke, innerhalb derer wir uns bewegen. Wenn man sich auf der Weltkarte anschaut, wer bei den Sanktionen mitmacht – sowohl wirtschaftlich, aber auch im Sport­be­reich –, dann wird man feststellen, dass die übrige Welt – also außer Europa, den USA und Japan – nicht unserer Meinung ist.

Diese Erkenntnis sollte in den europäischen Organisationen, und da rede ich nicht nur vom Europarat, sondern auch von der Europäischen Union in Brüssel, einmal Platz greifen. Wir sind nicht alleine auf der Welt – Punkt eins. Punkt zwei: Unsere Maßstäbe und Werte sind nicht der Maßstab für die ganze Welt. Da gibt es auch noch andere Zugänge, insbesondere was die Menschenrechte betrifft. Meines Erachtens widerspricht das Verhalten der Parlamentarischen Versamm­lung des Europarates da völlig dem, was postuliert wird.

Es gibt, und da zitiere ich jetzt die entsprechende Sonderbeauftragte der Verein­ten Nationen, Frau Xanthaki, ein Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben. Was Sie hier machen oder vorschlagen, ist eine klassische Diskriminie­rung. Das stammt nicht von mir, sondern von der Frau Professorin, die das sehr wohl auch inhaltlich abdeckt. Es ist eine klassische Diskriminierung, wenn jemand – wie in diesem Fall – nur wegen einer Zugehörigkeit zu einer Nation ausgeschlossen wird. Da passiert eine vollkommene Vermischung von Staats­verhalten mit individuellem Verhalten. Blankoscheckartig sollen alle ausgeschlos­sen werden.

Was bitte können die Sportler dafür? Lassen Sie doch die Politik aus dem Sport draußen! Es hat sich dazu im Übrigen auch eine afrikanische Sportlerin, die Vertreterin der afrikanischen Sportler, zu Wort gemeldet. Ich versuche zu übersetzen: Athleten sollten niemals den Preis für einen Konflikt zahlen. – Sie hat auch artikuliert, dass sie die vollste Unterstützung der afrikanischen Sportler, die sie vertritt, hat, wenn sie sagt, dass derartige Ausschlüsse vollkommen überschießend sind, das Menschenrecht auf Teilnahme am kulturellen Leben verletzen und diskriminierend sind. Diese Kurve kriegen Sie nicht.

Besonders gut gefallen hat mir die Position eines armenischen Ringers, Welt­meisters und Silbermedaillengewinners, der gesagt hat: Wir sind schon seit langer Zeit im Krieg mit Aserbaidschan um Nagorny-Karabach. Ich habe niemals gefordert, dass aserbaidschanische Sportler ausgeschlossen werden. Ich habe das niemals gefordert. Wir sind Athleten, wir haben mit dem Krieg nichts zu tun. Wir sind der Olympischen Charta verpflichtet, den olympischen Werten, den Ideen, und in diesen steht eben keine Diskriminierung. Er hat gesagt: Politiker zerstören den Traum des Sportlers. Sport darf nicht als Instrument politischer Bestrafung missbraucht werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich ersuche Sie doch eindringlich, da nicht Ihre vollkommen falsche grundsätz­liche Politik weiter zu verfolgen, überschießend zu sanktionieren, geradezu mit Schaum vor dem Mund auch über alle Sportler drüberzufahren und diese zu diskriminieren. Denken Sie nach, machen Sie da eine Kehrtwende und unterstüt­zen Sie den Antrag, den Kollegin Petra Steger gestellt hat, der natürlich von der Mehrheit abgelehnt wurde, nämlich dieses Sanktionsregime bitte nicht auch noch auf den Sport auszudehnen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

14.41

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.