16.21

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staats­sekre­tärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen sowie Zuseher und Zusehe­rinnen auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Ich möchte ausdrücklich den Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband, von dem eine Delegation hier ist, begrüßen. – Schön, dass ihr hier seid! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Haubner und Kaniak.)

Das Thema passt ja auch gut. Keiner der Interessenvertreter, die heute einen Betrieb besuchen, hört nicht das Klagen über den Fachkräftemangel. Das Thema ist da, und das Thema wird – das ist, glaube ich, schon zu Beginn, bei der Begrün­dung des Dringlichen Antrages, von der Frau Klubobfrau gesagt wor­den – immer größer.

Es ist ja selten so, dass ich Beate Meinl-Reisinger fast durchgängig recht geben muss in dem, was sie hier gesagt hat. In diesem Ausnahmefall muss ich das konzedieren: Wir haben ein Problem, wir haben ein durchgehendes Problem, und es ist völlig richtig, dass es bei dem Kapitel, das aufgrund unseres Antrages zur Aktuellen Stunde in der Früh diskutiert wurde, im Bereich der Gesundheit, schon deutlich sichtbar geworden ist, aber es zieht sich quer durch.

Wie lösen wir das Problem? (Abg. Hörl: Arbeitszeitverlängerung!) Darüber nehmen die Diskussionen hier doch sehr unterschiedliche Formen an. – Frau Kollegin Meinl-Reisinger, Ihr Kollege Bernhard hat gesagt, wir müssen die Lohnneben­kosten für die Drittstaatsangehörigen senken, damit sie temporär zu uns kommen. (Abg. Meinl-Reisinger: Insgesamt! Nein, insgesamt!) Fairerweise muss man dazu sagen: Denen ist das ziemlich wurscht, bei denen muss das Gesamt­package passen. (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, aber insgesamt muss man die Lohn­nebenkosten senken!) Wo Sie recht haben, Frau Kollegin: ein Land, in dem einem Ablehnung, Hass entgegenschwappen. Wir müssen aufpassen, dass wir bei den Ländern, in die Schlüsselarbeitskräfte und Facharbeitskräfte gehen wollen, dann nicht bald an letzter Stelle, hinter Katar, sind.

Demonstrativ war es ja dann, als Kollegin Belakowitsch herausgekommen ist. – Frau Kollegin Belakowitsch, ich habe eine schlechte Nachricht für Sie (Abg. Belakowitsch: Oje! Na sagen Sie es! – Abg. Wurm: Sie werden Obmann!): Wenn Sie das lösen wollen, dann geht es sich nämlich nicht aus. Selbst wenn Sie 500 000 junge Damen und Herren überzeugen, ein weiteres Kind zur Bedeckung des Fachkräftemangels zu zeugen, dann braucht das neun Monate, bis diese Kinder auf der Welt sind. (Abg. Wurm – erheitert –: Geh! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) Dann braucht das eine sorgfältige Kindererziehung, dann braucht es eine gescheite Schule, und zwar mit mehreren Sprachen (Zwischenrufe bei der FPÖ), und mit im Schnitt 18 Jahren haben wir sie im Arbeitsprozess. Ich schwöre Ihnen bei aller Liebe – ich habe vier Kinder –: Das geht sich nicht aus, Frau Kollegin! (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger – erheitert –: Bitte, ich hab’ viel gemacht!)

Daher müssen wir uns um die Integration bemühen, sodass wir welche bekom­men, die den Bedarf heute und morgen decken, und unser Problem ist nicht, dass die unter Umständen fünf Sprachen sprechen. (Zwischenruf des Abg. Brückl.) Unser Problem sind solche, die ausgrenzen und andere Menschen wegen ihrer anderen Sprachen und anderen Kulturen schlecht behandeln. Das wird nämlich dazu führen, dass sie entweder selber weggehen oder nicht kommen. (Zwischenruf des Abg. Stefan.)

Ich weiß nicht, Sie schreiben sich hinten schon mit tsch, Sie sind wahrscheinlich sechste Generation Migration. Ich wünsche mir, dass die sechste Generation unserer jetzigen Migranten dann nicht in einem Parlament am Pult steht und gegen die Menschen hetzt, die gekommen sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der NEOS.) Die Kinder und Kindeskinder jener, die gekommen sind, arbeiten heute brav in den Betrieben. Das sind engagierte Menschen. Reden Sie einmal mit den Betrieben, welchen Migrationshintergrund die Menschen haben! Das betrifft fleißige Menschen. Die haben es nicht notwendig, sich von Ihnen von diesem Pult aus erklären zu lassen, dass sie arbeitsunwillig sind! (Abg. Belakowitsch: Ich habe es auch nicht notwendig, dass ich mich so ...!) Dann bricht nämlich alles zusammen, wenn die nicht mehr da sind. Ich wünsche viel Glück im Spital, Frau Kollegin (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch – Zwischenruf des Abg. Stefan), wenn dort niemand mit Migrationshintergrund arbeitet! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

Das passt zu Kollegen Waldhäusl, der Gymnasiast:innen, die engagiert in diesem Land leben, erzählt: Na, wenn Sie nicht da wären, wäre Wien noch, wie es war! (Zwischenruf des Abg. Stefan.) – Erstens ist das ein Blödsinn, aber das Zweite ist: Ein solch widerlicher Umgang mit engagierten jungen Menschen ist das Gegen­teil dessen, was wir gegen den Fachkräftemangel brauchen.

In diesem Sinn hoffe ich, dass Sie zur Besinnung kommen, bei aller Maximierung der Stimmen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Ein Mensch, der hier in Österreich leben will, ist ein Mensch, und den behandelt man in entsprechender Art und Weise; übrigens auch nicht so, wie Herr Minister Karner – da hat die Frau Klubobfrau auch recht –, der eine Köchin – Mangelberuf – mit ihren Kindern nach Indien abschieben lässt. Die Kinder waren noch nie dort! (Zwischen­ruf des Abg. Amesbauer.)

Und zu Ihrer Sprache, Frau Kollegin Belakowitsch (Abg. Amesbauer: Deutsch oder was?): Meine Eltern, weil ich aus bürgerlichen Verhältnissen komme, waren so unfair zu mir, dass sie mich in die französische Schule geschickt haben, ins Lycée Français de Vienne. Das heißt, ich war als Kind plötzlich in einer Umgebung, in der ausschließlich Französisch gesprochen wurde, auch in der Pause – ach wie schrecklich! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich verspreche Ihnen, Frau Kollegin, ich habe es trotz dieses widerwärtigen Umgangs mit Ausländern, den meine Eltern mir als kleines Kind verordnet haben, geschafft. Ich bin heute froh darüber, dass es so ist, und ich wünsche es allen anderen Kindern auch, auch deshalb, damit Sie nicht genug Stimmen bekommen, wenn diese einmal Staatsbürger sind, damit dieses Land ein freundlicheres wird und im Index ganz oben ist, nicht ganz hinten bei Katar. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

16.26

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.