18.50

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Hohes Haus! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um die Überarbeitung der bereits zehn Jahre alten Österreichischen Sicherheitsstrategie. Die Initiative für den heutigen Beschluss geht auf einen Antrag meines Vorgängers zurück. Dr. Bösch ist inzwischen aus dem Nationalrat ausgeschieden, hat aber als Wehrsprecher damals, nämlich bereits am 24. März 2022, also genau einen Monat nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine, diesen Antrag hier im Hohen Haus eingebracht.

Leider war es so, dass unsere diesbezüglichen Anträge von den Regierungsfrak­tionen bereits letztes Jahr zweimal hier im Plenum abgelehnt und im Landes­verteidigungsausschuss vertagt wurden. Letzte Woche wurde dann eine leicht adaptierte Version des Antrages von Kollegen Bösch von den anderen Parteien als eigener Antrag übernommen. Man sieht daran aber zumindest eines: Auch wenn es lange dauert – die Opposition kann etwas bewirken. (Beifall bei der FPÖ.)

Für uns als Parlamentarier ist eines wichtig, und zwar dass wir in die inhaltliche Erarbeitung dieser neuen Sicherheitsstrategie frühzeitig eingebunden werden. Dies wird zwar seitens der Verantwortlichen vollmundig versprochen – Kollege Stögmüller, der nach mir sprechen wird, wird es sicher entsprechend darlegen –, andererseits ist es aber so, dass ab jetzt bis Dezember im stillen Kämmerlein, das heißt ohne Einbindung der Opposition, verhandelt wird. Ich will nicht, dass das Parlament erst am Ende des Prozesses hinzugezogen wird und dann vielleicht diesen Entwurf der Regierungsfraktionen hier im Hohen Haus einfach nur abnicken soll. Wir werden auf alle Fälle darauf achten, wie ÖVP und Grüne mit unserer Neutralität und unserer Sicherheit umzugehen gedenken.

Bereits jetzt bricht Österreich ständig das Gebot der Neutralität. Es ist nunmehr zu befürchten, dass mit einer neuen Sicherheitsstrategie der verfehlten schwarz-grünen Politik der Boden für einen solchen Verfassungsbruch bereitet werden soll. Die immerwährende Neutralität ist unser Identitätsmerkmal und ein Schutzschirm für Österreich – allerdings nur dann, wenn sie konsequent und glaubhaft gelebt wird und wenn sie auch entsprechend verteidigt werden kann. Unsere Neutralität steht nicht nur im Verfassungsrang, sondern übrigens auch im Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen. Dort wird sie als unumstößlich bezeichnet. Ich hoffe, dass der ÖVP-Kanzler und sein grüner Vizekanzler dies bei der Erstellung der Sicherheitsstrategie dann nicht plötzlich vergessen. Gerade die Grünen haben nämlich schon in der Vergangenheit immer wieder an der militärischen Selbstständigkeit Österreichs und damit an unserer Verfassung gerüttelt.

Wichtig ist uns auch – das wurde heute schon genannt – die Wiederbelebung der umfassenden Landesverteidigung. Diese steht zwar ebenfalls in unserer Verfassung, wird aber seit dem Fall des Eisernen Vorhangs leider nicht mehr mit Leben erfüllt. Weiters plädieren wir dafür, dass in Anbetracht der sicherheits­politi­schen Lage in Europa die Landesverteidigung wieder ernst genommen wird. Unter Landesverteidigung verstehe ich – im Gegensatz zu Ihnen, Frau Bundes­minister – nicht nur die Befähigung zu einer Schutzoperation gegen subversive Kräfte, sondern auch die Befähigung zu einer Abwehroperation gegen konven­tionelle Kräfte.

Um dieses Ziel in absehbarer Zeit zu erreichen, muss auch die Erhöhung unserer Schmalspurmobilmachungsstärke von nur 55 000 Mann in die neue Sicherheits­strategie beziehungsweise in die Ableitungen daraus einfließen. Mit 55 000 Mann ist Landesverteidigung nicht möglich. Inhaltlich darf die neue Sicherheitsstrategie aber kein verstecktes Bundes-Krisensicherheitsgesetz, welches ja zum Glück zumindest vorerst gescheitert ist, werden.

Dem von den anderen Parteien eingebrachten Abänderungsantrag werden wir zwar zustimmen, ich möchte dennoch kritisch anmerken, dass der ausdrückliche Bezug auf die Leitlinien des sogenannten strategischen Kompasses der EU teilweise durchaus im Widerspruch zu einer ernst gemeinten Neutralitätspolitik steht. Der strategische Kompass der EU enthält nämlich unter anderem auch Programme wie die Europäische Friedensfazilität, mit der Waffen und Munition in die Ukraine geliefert werden. Er enthält auch das EU-Trainingsprogramm Eumam Ukraine, mit dem ukrainische Soldaten mit Unterstützung der EU-Staaten ausgebildet werden. Vom strategischen Kompass ist aber auch die strategische Partnerschaft zwischen EU und Nato umfasst.

Frau Bundesminister, dies sind Dinge, die ich in der Österreichischen Sicher­heitsstrategie nicht lesen möchte. Es lebe die immerwährende Neutralität Österreichs! (Beifall bei der FPÖ.)

18.54

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter David Stögmüller. – Bitte.