13.47
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! In dieser Sondersitzung zur Inflation möchte ich mit dem Positiven beginnen, und das Positive ist das, was die Regierung nicht gemacht hat: Sie hat keine Preisdeckel und keine Preisobergrenzen und keine anderen dieser kruden Dinge beschlossen. Ich betone das deswegen, weil wir in Österreich eine höhere Inflation haben als andere Länder in Westeuropa. Man kann daher relativ gut ausmessen, woran die Regierung schuld ist, nämlich genau an diesem Anteil, um den bei uns die Inflation höher ist als anderswo, also ungefähr 2 bis 2,5 Prozentpunkte. Sie hätte auch noch viel Schlimmeres machen können, und ich lobe das, was nicht passiert ist.
Diese zusätzliche Inflation, die die Regierung produziert hat, hat sie kreiert, indem sie in den letzten Jahren einfach Geld hinausgeblasen hat, was das Zeug gehalten hat, und jedem alles ersetzt hat, was sich der Einzelne zu verdienen vorgenommen hatte, und oft ein bisschen mehr als das.
500 Euro Klimabonus für jeden, nämlich auch für alle von uns hier herinnen, und aktuell gerade wieder einen Energiekostenzuschuss zwei für die Betriebe, auch weitgehend unabhängig davon, wie viel Energie sie tatsächlich verbrauchen – das sind 7 Milliarden bis 8 Milliarden Euro dafür und 4 Milliarden Euro für den Klimabonus, das heizt natürlich die Inflation an und hält die Nachfrage hoch. Und wenn die Nachfrage hoch ist, dann bleiben auch die Preise hoch. Das hat Minister Kocher bei seinen Schilderungen ein bisschen verkürzt dargestellt.
Was die Regierung machen sollte: Sie sollte dort, wo sie selbst für Preise verantwortlich ist, leisetreten, und dort, wo sie die Menschen entlasten könnte, sollte sie das tun.
Ich bringe dazu folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger‚ MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Echte Lösungen gegen die Teuerung“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Abgaben und Gebühren zu senken und auf Länder und Gemeinden über den Finanzausgleich Druck aufzubauen, diese Belastungen ebenfalls zu senken. Zusätzlich wird die Bundesregierung aufgefordert, die Menschen über niedrigere Steuern zu entlasten und über treffsichere Sozialpolitik Härtefälle abzufedern, anstatt durch ziellose Geldgeschenke und Förder-Gießkanne die Inflation weiter anzuheizen.“
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Manche Dinge nämlich, beispielsweise die Strompreisbremse für alle, dienen auch den Menschen, die eine Ferienwohnung oder ein Ferienhaus haben. Die haben jetzt auch die Strompreisbremse im Ferienhaus. Und die Stromerzeuger haben das genützt, um die Preise genau so weit anzuheben, dass sie die Strompreisbremse ausnützen. Das heißt, mit unserem Steuergeld füllen wir die Kassen der Energieversorger. (Abg. Wurm: Sage ich ja!) Und was machen die? – Die schütten das an die Landeshauptleute aus. Die können dann mit ihren Superlandesbudgets wieder ein bisschen Geld verblasen.
Ganz spannend ist: Was ist denn jetzt zum Beispiel die Antwort auf die hohen Preise, wenn Sozialminister Rauch im „Report“ auftritt? – Ja, wir haben zu wenig Wettbewerb im Handel! – Aha! Jetzt erkennen die Linken, dass Wettbewerb die Preise senkt. Das ist eine spannende Erkenntnis. Daran können wir weiterarbeiten. Jetzt geht es in die richtige Richtung. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wir haben nämlich auf dem Energiemarkt praktisch keinen Wettbewerb, weil die Energieerzeuger ein Kartell gebildet haben (Abg. Leichtfried: Das war das erste Mal!) und einander nicht in die Parade fahren, weil die roten und schwarzen Chefs dort sich das so ausgemacht haben. Da passiert nichts. (Abg. Wurm: Warum, Gerald? – Weil die EU das entschieden hat, weil Brüssel das entschieden hat, Gerald! – Abg. Leichtfried: Geh! Der Schüssel hat gar nichts entschieden! Was soll da der Schüssel entschieden haben?)
Wir haben eine E-Control-Behörde mit 120 Mitarbeitern, die dort arbeiten. Die tun nichts, was die Preise senken würde. (Abg. Belakowitsch: Weil die Wettbewerbsbehörde ...!) Mehr Wettbewerb wäre gut, aber bei den Stromversorgern hackt eine Krähe der anderen kein Auge aus. (Abg. Belakowitsch: Drei Lebensmittelanbieter haben ... Prozent Marktanteil! ...!) Da könnte die Regierung natürlich bei den eigenen Landeshauptleuten und bei den eigenen Landesräten einmal anrufen und etwas in Bewegung bringen.
Wettbewerb ist überhaupt nicht die Sache dieser beiden Parteien, aber auch nicht die Sache der SPÖ. Wo ist denn eigentlich der Wettbewerb bei den Taxis? Hm? Da werden die Kandidaten hinausgeprüft, damit es weniger Taxifahrer gibt. Wo ist der Wettbewerb bei den Notaren? Die können frei nach Lust und Laune abcashen. (Abg. Belakowitsch: Das ist eine klassische Neiddebatte! ...!) Wo ist der Wettbewerb bei den Fahrschulen?
Ja, Wettbewerb würde die Preise senken, aber das war in diesem Land leider noch nie das Thema: mit Wettbewerb die Preise zu senken.
Die EU verhandelt Freihandelsabkommen, zum Beispiel das Mercosur-Abkommen, und das wollen die Bauern nicht, weil wir dann ja mehr Wettbewerb hätten (Abg. Belakowitsch: Nein, vielleicht eine schlechtere Qualität! ...!), und dann würden vielleicht die Preise sinken. Um Gottes willen! (Beifall bei den NEOS.)
Auch für die Gesundheit zahlen die Menschen doppelt. Sie müssen hohe Beiträge in die Kassen zahlen und bekommen keine ärztliche Leistung, weil die Gewerkschafter in den Kassen nichts weiterbringen. In anderen Ländern, zum Beispiel in der Schweiz, gibt es Wettbewerb in der Krankenversicherung. Dort ist man Kunde und nicht Zwangsversicherter, und die Versicherung kümmert sich darum, dass man seine Leistung bekommt, weil Wettbewerb dem Kunden dient.
Jetzt möchte ich der SPÖ noch etwas zum Thema Inflation sagen. Wer das nämlich damals, in den Siebzigerjahren, gut verstanden hat, war Bruno Kreisky. Da war Ölpreisschock, die Preise sind hinaufgeschossen, und Kreisky hat erkannt: Jetzt muss ich die Nachfrage senken.
Kreisky hat nicht gesagt: Schüttet Geld aus!, er hat auch nicht gesagt: Machen wir einen Preisdeckel! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), sondern Kreisky hat gesagt: Machen wir Energieferien, das senkt die Nachfrage, machen wir einen autofreien Tag, das senkt die Nachfrage!, und er hat in seiner lustigen Art gesagt: Na, rasieren Sie sich nass und nicht mit dem Elektrorasierer, weil das weniger Energie verbraucht!
Also Kreisky hat verstanden: Nicht Preisdeckel und Preisbremse und andere marxistische Ideen sind die Antwort, sondern das Spiel von Angebot und Nachfrage. Da muss man die Nachfrage senken.
In diesem Sinne ist es besser, die Regierung tut nichts, als sie tut das, was die SPÖ von ihr gerne hätte. (Beifall bei den NEOS.)
13.53
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger‚ MES, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Echte Lösungen gegen die Teuerung
eingebracht im Zuge der Debatte in der 211. Sitzung des Nationalrats über den Dringlichen Antrag der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc., Genossinen und Genossen betreffend "Totalversagen der Bundesregierung im Kampf gegen die Teuerung"
Im Kampf gegen die Teuerung setzt die Regierung die auf falsche Maßnahmen. Diese Gießkannenpolitik heizt die Teuerung nur weiter an, und an der Supermarkt-Kasse werden sich viele fragen, warum sich die Anti-Inflations-Maßnahmen nicht so recht auf der Rechnung niederschlagen.
Statt Kanne braucht es Konsequenz, denn die Regierung muss zuallererst selbst auf die Teuerungsbremse steigen:
Über 10% der Preise im Warenkorb sind direkt oder indirekt vom Staat festgelegt. Überall dort, wo der Staat als Anbieter - und meist Monopolist - auftritt, müssen die politisch Verantwortlichen auf die Preisbremse treten (Gebühren, Abgaben, Mieten in Gemeinde- und Landeswohnungen, ÖBB Tickets etc.).
Das gilt vor allem im Energiebereich, wo die Landesregierungen über ihre Landesenergieversorger die Bürgerinnen und Bürger weiterhin über Gebühren zur Kasse bitten. Die von den politischen Mehrheitseigentümern bis hin zum Aufsichtsratsvorsitz besetzten Gremien der Landesgesellschaften sind gefordert, endlich alles zu tun, um (a) die sinkenden Preise am Energiemarkt unmittelbar an die Kund:innen weiterzugeben; (b) Rechnungen endlich transparent und nachvollziehbar zu gestalten.
ÖVP und Grüne müssen hier endlich die Landeshauptleute in die Pflicht nehmen und an ihre Rolle erinnern: Entweder die als Preistreiber oder die als Teuerungsbremser!
Auch den zweiten großen Bereich im Kampf gegen die Lücke zwischen Einkommen und Auskommen hat die Regierung in der Hand. Nämlich dort, wo der Staat den Bürger:innen ihr sauer verdientes Einkommen gleich wieder über Steuern abnimmt, um es dann umgehend ziellos mit der Gießkanne zu verschütten. Es ist daher notwendig, die Steuerlast zu senken und insbesondere die Lohnabgaben drastisch zu reduzieren.
Drittens gehören endlich klar die Grenzen der Wirtschaftspolitik sowie der Eingriffe in den Markt gezogen und die Verantwortung und Möglichkeiten einer gezielten Sozialpolitik aufgezeigt. Dies könnte sich etwa in einer negativen Ökostrompauschale - also einem steuerlichen Guthaben - für Haushalte mit besonders niedrigem Einkommen niederschlagen.
Die Zeit der Ausreden für ÖVP und Grüne ist endgültig vorüber - wer als Regierung die Teuerung ehrlich bekämpfen und dämpfen will, fängt bei sich selber an und nimmt die Landeshauptleute in die Pflicht!
Was ist zu tun:
Kurzfristig wirksam:
Administrierte Preise bremsen; die Ärmsten nicht zurücklassen; steuerlich nachhaltig entlasten, um die Kaufkraft zu stärken!
• STAAT ALS VORBILD STATT INFLATIONSTREIBER: Der Staat darf Preise nicht mit Inflation erhöhen: 11% der Preise (im HPVI-Warenkorb) sind direkt oder indirekt vom Staat festgelegt oder administriert. Den Anstieg der Gebühren stoppen- aber auch bei den Mieten für Gemeindewohnungen einigen. Das hätte eine unmittelbar preisdämpfende Wirkung. Netzentgelte sollten entweder gesenkt werden, oder die Gelder sollten tatsächlich für einen massiven Netzausbau herhalten, was die Energiepreise langfristig auch senken würde.
• GEZIELT UNTERE EINKOMMEN UNTERSTÜTZEN: Härtefälle abfedern: Haushalte, die besonders von Teuerung betroffen sind, müssen weiterhin gezielt unterstützt werden. Eine entsprechende Datengrundlage ist spätestens seit der Covid Krise ausständig.
• NACHHALTIG ENTLASTEN - RUNTER MIT DEN STEUERN AUF ARBEIT: Der breite Mittelstand muss durch eine Steuersenkung mehr Kaufkraft haben, um sich von der eigenen Leistung auch mehr leisten zu können – dafür braucht es steuerliche Entlastungsmaßnahmen. Weiters müssen Lohnnebenkosten dringend gesenkt werden, um Spielraum für die Tarif- und Lohnverhandlungen im Herbst zu schaffen, um Nettolöhne zu erhöhen und um die Kostenbelastung der Unternehmen zu reduzieren und dadurch die Preisspirale zu dämpfen. Damit es zu keinen Leistungskürzungen kommt, kann durch Kompensationszahlungen aus dem Bundesbudget gegengesteuert werden.
Mittelfristig wirksam:
Sparanreize setzen, damit die Preise für jene sinken, die nicht sparen können; eine gute Standortpolitik erzeugt Wettbewerb und Wettbewerb senkt Preise.
• Stärkung des Wettbewerbs und höhere Produktivität - mehr Fokus auf Strukturreformen und liberale Standortpolitik.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung wird aufgefordert, Abgaben und Gebühren zu senken und auf Länder und Gemeinden über den Finanzausgleich Druck aufzubauen, diese Belastungen ebenfalls zu senken. Zusätzlich wird die Bundesregierung aufgefordert, die Menschen über niedrigere Steuern zu entlasten und über treffsichere Sozialpolitik Härtefälle abzufedern, anstatt durch ziellose Geldgeschenke und Förder-Gießkanne die Inflation weiter anzuheizen."
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Präsident Ing. Norbert Hofer: Bevor ich das Wort erteile, darf ich noch ergänzen, dass der Entschließungsantrag ordnungsgemäß eingebracht ist und somit auch in Verhandlung steht.
Zu Wort gelangt nun Eva Maria Holzleitner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.