9.42

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Kollegen Wöginger und Stocker haben sich gefragt, wo Herr Kickl ist. Ich kann da vielleicht helfen, denn ich sehe zwei Möglichkei­ten, warum er nicht da ist: Entweder interessiert ihn das Thema Teuerung nicht, oder es gibt kein Wording aus Moskau. Diese zwei Möglichkeiten hätte ich gesehen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Abg. Amesbauer: Ein Schen­kelklopfer! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, Sie haben der FPÖ alternative Fakten vorgeworfen. Ich muss ehrlich sagen: Ich widerspreche Ihnen oft, aber da kann ich Ihnen gar nicht allzu sehr widersprechen. Nur, diese Situation muss natürlich schon für alle gelten. (Abg. Wurm: Nur fest zusammenhalten, wird schon! – Abg. Belakowitsch: Wird schon!) Wenn man sich auf die Statistik Austria bezieht, dann muss man schon auch eines sagen, Herr Bundeskanzler: Faktum ist auch, dass wir in der Coronazeit vom Wirtschaftswachstum her die Schlechtesten in Europa waren und dass wir jetzt bei der Inflation die Schlechtesten in Westeuropa sind. Das sind auch Fakten, die Sie zur Kenntnis nehmen müssten und für die Sie auch die Verantwortung tragen, Herr Bundeskanzler.

Können Sie sich an das Jahr 2021 erinnern? – Wahrscheinlich nicht so sehr, weil Sie es lieber verdrängen würden. (Abg. Belakowitsch: Sie auch wahrscheinlich!) Im Jahr 2021 haben wir begonnen, vor dieser Teuerung zu warnen. Wir waren die Einzigen, die vor dieser Teuerung gewarnt haben. (Abg. Meinl-Reisinger: Na geh, geh, geh! Jörg! – Abg. Wurm: Träumer! Ihr seid ja immer zu spät! – Abg. Bela­kowitsch: Ihr wart überall dabei!) Wir waren die Einzigen, die darauf hinge­wiesen haben, dass das zu einem riesigen Problem werden könnte. (Abg. Meinl-Reisinger: Im Gegenteil! – Abg. Belakowitsch: Machts was gegen die Teuerung in Wien!) Und was haben Teile der Bundesregierung gemacht? – Sie haben uns als Teuerungshysteriker bezeichnet.

Wenn man jetzt das Wort Hysteriker deuten möchte – Kollege Taschner kann das sicher besser als ich, aber ich versuche es auch –, so ist es: irrational, übertrieben – solcher Zustand, solche Handlungen. Und wenn man über das Wort hysterisch redet, dann waren das mehr Ihre Maßnahmen, als Sie er­kannt haben, was für ein Problem da vor uns liegt: Milliarden um Milliarden für Einmalzahlungen ausgegeben, die nicht gewirkt haben; Milliarden ausge­geben für Überförderungen von Unternehmen; Milliarden nicht einkassiert von Unternehmen, die von dieser Krise massiv und ungerechterweise betroffen waren und profitiert haben.

Das war Ihre Politik, Herr Bundeskanzler. Da darf man sich nicht wundern, dass es den Menschen in Österreich jetzt so schlecht geht, wie es ihnen geht. Das ist etwas, das Sie zu verantworten haben. Sie haben zu spät das Falsche ge­tan, und unser Land ist in eine wirtschafts- und sozialpolitische Katastro­phe geschlittert. (Abg. Deimek: Jetzt ist der Stocker ruhig!) 1,5 Millionen Menschen können die Wohn- und Energiekosten nur mehr teilweise zahlen. Eine halbe Million Menschen kann ihre Mieten nicht mehr zahlen. (Abg. Hafenecker: Vor allem in Wien!) Einer Million Menschen fehlt das Geld für eine warme Mahlzeit. (Ruf bei der ÖVP: Blödsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Alles, was Ihnen dazu einfällt, ist, dass Sie wieder jene unterstützen, die es nicht brauchen, und auf der anderen Seite jene belasten, die eh schon genug da­runter leiden. Wie können Sie erklären, jetzt noch einmal die CO2-Steuer zu er­höhen, sehr geehrter Herr Bundeskanzler? Wie kann man das erklären? (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, Sie haben die Zweidrittelmehrheit angesprochen. Ich sage Ihnen jetzt etwas: Wir haben jahrelang Vorschläge gemacht, wie man die Teuerung wirklich bekämpfen könnte. Wir haben, glaube ich, inzwischen schon 34 Anträge dazu gestellt. Und was haben Sie gemacht? – Sie haben jeden Vorschlag der Sozialdemokratie blockiert. Sie haben das Einfrieren der Mieten blockiert, Sie haben die Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungs­mittel blockiert, Sie haben den Energiepreisdeckel blockiert. Sie haben das Recht der Menschen auf ein anständiges Leben in Österreich blockiert. Das ist das, was vorzuwerfen ist, und nichts anderes! (Beifall bei der SPÖ.)

Dass die Menschen in Österreich jetzt jeden Euro zweimal umdrehen müssen, dass sie sich am Ende des Monats zwischen Essen und Heizen entschei­den müssen, dafür sind Sie, dafür ist diese Bundesregierung, dafür ist die parla­mentarische Mehrheit dieser Bundesregierung verantwortlich. Ich fordere Sie auf: Zeigen Sie einmal staatspolitische Verantwortung und beenden Sie Ihre Blockade gegen die Menschen! (Beifall bei der SPÖ.)

9.46

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.