14.21.48

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Werte Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir diskutieren heute einen enorm wichtigen Gesetzesvorschlag für unser Land, das Energieeffizienz-Reformgesetz. Das Energieeffizienz-Reformgesetz reiht sich ein in eine Reihe von Energiegesetzen, worauf Abgeordnete Doppelbauer gerade in ihrem konstruktiven, wenn ich mir das zu bemerken erlauben darf, sehr konstruktiven Beitrag zu dieser Debatte hingewiesen hat. Deswegen möchte ich auch kurz auf den Inhalt des Entschließungsantrages eingehen, bevor ich auf das Energieeffizienz-Reformgesetz zu sprechen komme.

Es ist völlig klar: In Zeiten einer globalen Energiekrise spielt die Energiegesetzgebung eine fundamental wichtige Rolle. Die Energiegesetzgebung ist nicht nur für die Menschen in unserem Land, für die Wirtschaft in unserem Land und für die Sicherheit in unserem Land wichtig. Es geht darum, ob wir energieunabhängig sind oder weiterhin von einem fossilen Despoten abhängig. Deshalb ist eine Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien das Gebot der Stunde.

Deswegen freut es mich jedes Mal wieder, wenn ich darüber reden darf, dass es uns gelungen ist, in diesem Haus eine Beschleunigung der Umweltverträglichkeitsprüfung zustande zu bringen. Die wird im Bereich der UVP-Verfahren einen wirklichen Genehmigungsturbo für den Ausbau der erneuerbaren Energien bringen. Deswegen freut mich auch, dass sich diese Bundesregierung in einem Ministerratsvortrag im Jänner dieses Jahres zur Schaffung eines Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetzes bekannt hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist ein ambitioniertes und komplexes Projekt. In Zeiten einer Energiekrise ist es, und davon bin ich wirklich überzeugt, höchste Zeit, dass wir einen Genehmigungsturbo für die breite Masse an Erneuerbarenprojekten ohne UVP-Pflicht zünden, dass wir statt mehrerer Bescheide von verschiedenen Behörden für alle Vorhaben der Energiewende einen One-Stop-Shop einrichten, dass wir PV-Anlagen auf bereits versiegelten Flächen überhaupt bewilligungsfrei stellen.

In Zeiten der Energiekrise ist es einfach nicht mehr zumutbar und nicht mehr praktikabel, dass sich jede einzelne Projektwerberin, jeder einzelne Projektwerber durch neun Landesbauordnungen, durch neun Elektrizitätsgesetze, durch neun Naturschutzgesetze und so weiter und so fort kämpft. Wir müssen auch in dem Bereich durch bundesweit einheitliche Regeln für Genehmigungsfreistellungen, Anzeigeverfahren und vereinfachte Verfahren weiterkommen. (Beifall bei den Grünen.)

Sehr, sehr wichtig ist mir in dem Zusammenhang die Energieraumplanung. Die Stärkung der vorgelagerten Energieraumplanung soll die Genehmigungsverfahren gemäß einem konkreten Gesetz entlasten und weiter beschleunigen. Das Orts- und das Landschaftsbild alleine sollen Erneuerbarenprojekte nicht mehr behindern können. Auch die Bundesländer, die jetzt schon Windenergie haben, haben ein wunderschönes Landschaftsbild. Auch Niederösterreich hat ein schönes Landschaftsbild, auch das Burgenland hat ein schönes Landschaftsbild, auch die Steiermark hat ein schönes Landschaftsbild. Es geht also, den Ausbau der erneuerbaren Energien mit der Wahrung des Orts- und Landschaftsbildes zu vereinbaren.

All das, all diese Vorhaben erfordern eine gute legistische Vorarbeit, und letztendlich – und damit schlage ich eine Brücke zum Energieeffizienz-Reformgesetz – brauchen wir auch für dieses Vorhaben eine Zweidrittelmehrheit für darin enthaltene Verfassungsbestimmungen in diesem Haus.

Womit wir beim Energieeffizienz-Reformgesetz wären: Wir diskutieren mit diesem Vorschlag ein Gesetz, das unseren Energiesparplan für Österreich festlegen wird. Warum ist Energiesparen so wichtig? – Ich darf vielleicht daran erinnern, weil das in einem der Debattenbeiträge infrage gestellt worden ist, dass Energiesparen Klima schützen heißt. Energiesparen bedeutet mehr Unabhängigkeit für unser Land und heißt vor allem auch Geld sparen für und mit den Menschen in unserem Land. (Beifall bei den Grünen.)

Wir alle können uns noch sehr gut daran erinnern, was wir letztes Jahr um diese Zeit in diesem Haus diskutiert haben, vor welchen Herausforderungen wir gestanden sind: Wladimir Putin, der in einem abscheulichen Krieg Energie als Waffe einsetzt und damit die Preise in die Höhe treibt. Das ist für die Menschen in unserem Land eine große Herausforderung. Wir haben aber im letzten Jahr gezeigt, dass wir dem etwas entgegensetzen können. Und wir haben dem auch etwas entgegengesetzt, und zwar auf drei Ebenen:

Wir haben eine Vielzahl von Unterstützungsmaßnahmen beschlossen, und ich darf vielleicht an dieser Stelle auch noch einmal daran erinnern: Es gab Direktzahlungen, es gab Steuersenkungen wie bei der Elektrizitätsabgabe und der Erdgasabgabe. Wir haben den Klimabonus mit einem Antiteuerungsbonus aufgestockt: 500 Euro für jeden, für jede Einzelne in diesem Land. Wir haben einen Teuerungsausgleich beschlossen, einen Energiekostenausgleich beschlossen. Die Erneuerbarenpauschale, der Erneuerbarenförderbeitrag wurde ausgesetzt, der Pendlereuro und die Pendlerpauschale wurden erhöht, Unternehmen wurden mit diversen Zahlungen unterstützt. Wir haben eine Sonderfamilienbeihilfe und ein Kinderarmutspaket beschlossen und, und, und. (Beifall bei den Grünen.)

Eine zweite Säule: Es ist uns gelungen, gut über diesen Winter zu kommen. Der Erneuerbarenausbau in diesem Land, also der Ausstieg aus den fossilen und der Einstieg in die erneuerbaren Energien, befindet sich auf einem absoluten Rekordniveau. Wir haben noch nie so viel Fotovoltaik dazugebaut wie im letzten Jahr, und wir sind auf bestem Kurs, diesen Rekord dieses Jahr wieder zu brechen. Es wurden in den letzten drei Jahren mehr Fotovoltaikanlagen errichtet als in den 20 Jahren davor zusammen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Dritte ist – und dafür danke ich wirklich jedem und jeder einzelnen Person in diesem Land, die da mitgeholfen hat –, Gas zu sparen. Wir haben Energie gespart; je weniger Energie wir verbrauchen, desto weniger leicht sind wir damit auch erpressbar. Beim Gassparen haben wir im letzten Jahr mehr als der EU-Durchschnitt zusammengebracht. Wir haben im letzten Jahr 20 Prozent weniger Gas verbraucht als im Vergleich dazu in der Fünfjahresperiode davor. Dafür danke ich wirklich jedem und jeder Einzelnen, die dazu einen Beitrag geleistet hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Energiesparen bleibt wichtig, um unsere Unabhängigkeit zu stärken. Das Energiesparen bleibt wichtig für den Klimaschutz. Das Energiesparen braucht jedoch einen vorhersehbaren, passenden Rahmen in einem guten Gesetz, damit es nachhaltig gut funktioniert. Genau deshalb liegt Ihnen dieses Gesetz heute vor, und genau deshalb wollte ich noch einmal erklären, worum es in diesem Gesetz geht und was die zentralen Punkte dabei sind. Es ist genau dieser Rahmen, den das Energiesparen braucht. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte erstens auf den Inhalt eingehen, der heute bereits angesprochen worden ist. Wir geben uns ein ambitioniertes Ziel. Ja, wir setzen EU-Recht um, denn wir haben eine Verpflichtung dazu, EU-Recht umzusetzen.

Wir geben uns ein ambitioniertes, aber auch umsetzbares Ziel für den Endenergieverbrauch und die zu erreichenden Energieeinsparungen, und wir orientieren uns dabei an der EU-Energieeffizienz-Richtlinie, und zwar auch schon an der neuen Fassung, die bereits von Rat und Parlament beschlossen wurde, also in Kürze in Kraft tritt, und schaffen damit für alle Unternehmen in diesem Land Klarheit und Rechtssicherheit auf dem Weg zur Energieeffizienz.

Energieeffizienz klingt ja immer so abstrakt. Worüber sprechen wir da? – Wir sprechen darüber, dass dieses Gesetz die ganz konkrete Grundlage dafür ist, dass Gebäude renoviert werden, dass die Wirtschaft effizienter wird, dass Menschen unterstützt werden, sich aus hohen Energiekosten hinauszuinvestieren. Natürlich ist das eine gemeinsame Verpflichtung! Natürlich ist es eine Verpflichtung, die nicht nur den Bund betrifft. Deswegen sieht dieses Gesetz ganz klare Einsparziele für die Länder vor, weil eben alle für das gemeinsame Ziel der Republik Verantwortung übernehmen müssen, vor allem wenn viele der Kompetenzen im Bundesländerbereich liegen.

Diese Aufteilung der Zielverpflichtung, dieses Mithineinnehmen der Bundesländer, dieses Schultern einer gemeinsamen Aufgabe aller Beteiligten, das geht nur mit Zweidrittelmehrheit. Das geht nur mit Zweidrittelmehrheit, werte Abgeordnete! (Abg. Schroll: Dann müsst ihr euch bemühen!)

Zweitens: Was ist die zweite große Säule in diesem Paket? – Wir unterlegen die Einsparziele mit einem konkreten Budget für Investitionen in Energieeffizienz. Wir haben in diesem Haus bereits die Novelle des Umweltförderungsgesetzes beschlossen und zusätzliche Maßnahmen bis 2030 mit zusätzlichen budgetären Mitteln gesichert. Damit setzen wir ein konkretes Budget für konkrete Programme um. Worum geht es da? – Da geht es um die Renovierung von Gebäuden, um die Renovierung von Krankenhäusern, von Pflegeheimen, um moderne und effiziente Produktionsanlagen, aber auch da haben wir ganz bewusst im Sinne dieser Debatte einen besonderen Schwerpunkt auf die Unterstützung von energiearmen Haushalten gelegt und wollen und werden das auch weiter tun.

Wichtig ist zu sehen, dass wir mit diesem Budget, mit diesem Energieeffizienzgesetz und mit dem, was dazugehört, nicht nur Unterstützung für die Menschen in unserem Land schaffen, sondern auch Wertschöpfung und Beschäftigung auslösen. Gerade von Energieeffizienzmaßnahmen – da schaue ich zum Abgeordneten Muchitsch – profitieren der Elektriker, die Elektrikerin, die regionalen Unternehmen, die Installateure, Installateurinnen, Spengler, Bauunternehmen, Lagerhäuser, Bauhäuser, you name it. Mit diesem Gesetz schaffen wir Wertschöpfung und Beschäftigung in diesem Land. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der dritte Punkt, der mir sehr am Herzen liegt: Der Vorschlag legt einen besonderen Schwerpunkt auf armutsbetroffene Haushalte mit hohen Energiekosten, energiearme Haushalte. Das sind Menschen mit geringem Einkommen, aber sehr hohen Energiekosten. Warum ist das so? – Weil sie oft alte Elektrogeräte verwenden, weil neue nicht leistbar sind, weil sie in schlecht isolierten Gebäuden wohnen und vieles mehr.

Wir haben als Bundesregierung in diesem Bereich schon viel gemacht. Es gibt erstmals in Österreich eine Umweltförderung, die eine soziale Brille aufhat. Wer wenig verdient, bekommt bei der Umstellung von Öl oder Gas bis zu 100 Prozent der Kosten zum Beispiel einer neuen Wärmepumpe gefördert. 100 Prozent, das hatten wir in diesem Land noch nie, bei keiner einzigen Förderung. Diese Bundesregierung hat es gemacht, mit Blick auf energiearme Haushalte. (Beifall den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben mit den Sozialorganisationen ein neues Programm aufgesetzt. Das ist gerade gestartet. Warum mit den Sozialorganisationen? – Weil die den besten Zugang zu den Menschen haben, die es wirklich brauchen. Dieses neue Programm lässt armutsbetroffenen Haushalten einerseits eine Energiesparberatung zukommen, und andererseits – auch das ist ein völliges Novum, das hat es in diesem Land noch nie gegeben – ermöglicht es, kostenfrei stromfressende Geräte wie alte Kühlschränke zu tauschen. Wenn man sich die Investition nicht leisten kann, unterstützen wir mit Budget, um das stemmen zu können, ganz zielgerichtet dort, wo es am dringendsten gebraucht wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aus dem Sozialministerium wurden der Wohnschirm und der Energieschirm aufgestockt. Der ermöglicht Stundungen bei Energierechnungen und verhindert ganz konkret Delogierungen von Familien, die in Zahlungsrückstand geraten sind. Ein großes Danke an dieser Stelle auch an Sozialminister Johannes Rauch, der das auf den Weg gebracht hat!

Was fehlt jetzt noch, und was liefert dieses Gesetz? – Was fehlt, sind verbesserte Strukturen; verbesserte Strukturen, um Maßnahmen gegen die Energiearmut besser koordinieren zu können, nämlich zwischen den Ministerien, den Bundesländern, den Energieunternehmen, die eigene Programme haben, und den sozialen Einrichtungen. Deswegen sieht dieser Vorschlag die Einrichtung einer Koordinierungsstelle für Energiearmut vor. Das ist ein Ergebnis der Verhandlungen der letzten Wochen: eine Koordinierungsstelle für Energiearmut, eine Koordinierungsstelle, die Leute zusammenbringt, die Verfahren vereinfacht, die jene Menschen energiewirtschaftlich und sozialarbeiterisch schulen soll, die armutsbetroffene Menschen beraten, damit diese ganz konkrete Hilfestellungen geben können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sehen, das ist ein umfassendes Gesetz. Es ist ein großes Gesetz. Es ist ein Gesetz, das viele Themen aufgreift, das wichtige Verbesserungen umsetzt und aus diesem Grund für viele Punkte auch eine Verfassungsmehrheit braucht. Dieses Gesetz ist auch die Umsetzung einer wichtigen EU-Richtlinie zur Energieeffizienz, bei der wir jetzt Handlungsbedarf haben, weil Österreich mittlerweile eine hohe Vertragsstrafe der EU-Kommission droht. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Deswegen mein Appell an alle Abgeordneten, an jeden und jede einzelne Abgeordnete in diesem Parlament: Politik heißt, Verantwortung für die Menschen in unserem Land zu übernehmen. Politik heißt, Entscheidungen zu treffen und dabei an die Zukunft zu denken. Sie stimmen heute darüber ab, jeder und jede Einzelne von Ihnen. Sie stimmen heute darüber ab, ob wir mit diesem Gesetz Schaden von der Republik abwenden (Zwischenruf des Abg. Leichtfried), Sie stimmen heute darüber ab, ob wir mit diesem Gesetz das Klima schützen und die Zukunft der Menschen in Österreich sichern. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Ich möchte deswegen noch einmal an Sie appellieren, an jede und jeden Abgeordneten: Denken Sie bei Ihrem Abstimmungsverhalten an die Österreicherinnen und Österreicher und daran, was für dieses Land gut ist! (Abg. Leichtfried: Genau das werden wir machen!) Lassen Sie sich bei dieser Entscheidung nicht von Parteitaktik, nicht von einzementierten Positionen leiten, sondern von der Verantwortung für dieses schöne Land und für alle Menschen, die in diesem Land leben! – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.37

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Walter Rauch. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Leichtfried: Eine schlechte Rede!)