11.18

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Prä­sidentin! Geschätzter Herr Vizekanzler! Frau Ministerin! Herr Minister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich freue mich wirklich sehr, dass wir Sie, Frau Präsidentin, heute erstmals hier im Parlament zu Gast haben. Ich kann mich an sonst keinen Austausch mit einem Präsidenten, einer Präsidentin des Europäischen Parlaments in meiner Zeit als Abgeordnete erinnern, deshalb halte ich es für wirklich sehr, sehr positiv und wichtig, heute diesen Austausch zu pflegen.

Seit 1995 ist Österreich Mitglied der Europäischen Union, und peu à peu ist es gelungen, die Kommunikation zwischen den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament und den Kommissionsmitgliedern zu intensivieren. Wir haben das gestern auch im Rahmen einer Aktuellen Europastunde erlebt, die ja mittlerweile viermal im Jahr stattfindet und in der eben auch Mitglieder des Europäischen Parlaments zu Wort kommen – was ganz, ganz wichtig ist –, oder auch im Rahmen unserer Ausschüsse, die tagen, in denen wir einfach ganz konkret über Vorhaben der EU-Institutionen diskutieren und debattieren und in denen wir unsere Regierungsmitglieder dementsprechend auch binden und mit Positionierungen ausstatten können, wenn sie dann in die Ratssitzungen gehen.

Das ist ganz, ganz wichtig, weil dort auch über die künftige Ausgestaltung und die Ausrichtung der Europäischen Union, nämlich auch über die Veränderung, die es dringend braucht, öffentlich und transparent diskutiert werden kann. Die Europäische Union, geschätzte Kollegen und Kolleginnen, muss definitiv sozialer werden. Sie muss souveräner und solidarischer werden. (Beifall bei der SPÖ.) Sie muss auch demokratischer und transparenter werden. Das ist dringend notwen­dig. Da sind wir in den nationalen Parlamenten gefragt, da sind das Europäische Parlament, aber vor allem auch die Bundesregierungen der jeweiligen Mitglied­staaten gefragt. Wir als EU-Bürger:innen fordern diese Transparenz, diese Stärke der Demokratie, dieses Sozialere ein, aber das fordern wir natürlich auch als Vertreter:innen der Nationalstaaten ein.

Apropos souveränes Europa – zu diesen Abhängigkeiten im Energiebereich oder auch im Technologiebereich, im Bereich der Digitalisierung: Wir sind noch immer Abhängig von Big Techs, die ihren Firmensitz nicht in Europa haben. Das muss endlich ein Ende haben. Dieses selbstbestimmte, souveräne Europa muss in allen möglichen Bereichen definitiv auch gelebt werden, auch im Bereich der Pro­duk­tion von medizinischen Versorgungsmitteln. Wir haben die Engpässe doch erlebt und erleben auch akut, wenn es bei einer leichten Halsentzündung keine Anti­biotika gibt. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Auch die echte Sozialunion muss endlich auf den Boden gebracht werden. Wir propagieren das schon sehr, sehr lange. Denken wir an den Arbeitsmarkt inner­halb Europas: Dass Menschen ausgebeutet werden, für Hungerlöhne arbeiten, das muss doch bitte endlich der Vergangenheit angehören. Wir müssen alles dafür tun, dass das gestoppt wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Denken wir auch an armutsbetroffene Menschen innerhalb der Europäischen Union  Kinder, Frauen und Männer –: Ehrlich, es versteht niemand mehr, warum Menschen in der Europäischen Union von Armut betroffen sind, während Konzerne schöpfen, schöpfen, schöpfen (Abg. Wurm: Da habt ihr ...! ... Sozialdemokratie war dabei!) und dabei kein gerechter Steuerbeitrag geleistet wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Außerdem, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, versteht auch niemand mehr, dass mitten in Europa tagtäglich Menschenrechtsverletzungen stattfinden. Wir wollen das nicht länger akzeptieren. Stoppen wir diese illegalen Push-backs, die mitten in Europa stattfinden! (Beifall bei der SPÖ.)

In all dem sind wir, aber vor allem auch die Bundesregierungen und die EU-Insti­tutionen in Summe gefordert. Schaffen wir eine fairere steuerpolitische Union! Schaffen wir eine Union, in der man Forschungsgelder in die Hand nimmt, sodass nicht mehr anderen die Entwicklungen im Bereich künstliche Intelligenz überlassen werden! Der AI-Act ist ein guter und wichtiger Ansatz auf europäi­scher Ebene, aber es braucht definitiv mehr.

Diese demokratische Union, diese klimafreundliche Union braucht auch bitte keine Regierungsmitglieder, die sich wieder auf die Verbrenner stützen. Das ist kinderfeindlich, wenn ich das so sagen darf. Es braucht eine echte ökologische und soziale Transformation. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Europa war oftmals ein Motor – denken wir an gleichstellungspolitische Fragen, wenn es um Lohntransparenz gegangen ist. Danke an Evelyn Regner, die das mitverhandelt hat! (Beifall bei der SPÖ.) Auch ein Danke an Sie, Frau Präsidentin, dass Sie, obwohl Sie persönlich wirklich anderer Meinung sind, hinter dem Fred-Matić-Report stehen, in dem es um die Selbstbestimmung von Frauen, die Selbstbestimmungsrechte von Frauen, um die sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte von Frauen geht ein Danke dafür! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Disoski und Neßler.)

Abschließend komme ich zu einem Thema, das uns aktuell natürlich am aller­inten­sivsten beschäftigt: der schreckliche Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Es gilt die volle Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung, die volle Solidarität mit allen Opfern des Krieges  mit Frauen, Kindern und Männern. Gleichzeitig müssen wir aber die Gesprächskanäle offen halten (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Steinacker) und von dieser Kriegsrhetorik, von dieser Aufrüstungsrhetorik wegkommen. Europa und die Welt brauchen Frieden in der Ukraine. Alle haben das Recht auf Frieden. Dafür müssen wir arbeiten  national und auf europäischer Ebene. Wir müssen nämlich dem Friedensnobelpreis gerecht werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Neßler.)

11.23

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steger. – Bitte.