15.14

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind heute hier zu einer Sondersitzung zusammengekommen, weil vor Wochen vollmundig angekündigt worden ist – seitens der Regierungsfraktionen und der Bundeskanzler hat das hier auch selbst verkündet –, dass ein großes Paket gegen die Kinderarmut kommen wird.

Was ist jetzt in diesem Tagesordnungspunkt enthalten? – Na, nicht einmal eine Schmalspurversion, wenn wir ehrlich sind. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Na, so was!) Die von uns vor Wochen verlangte und einberufene Sondersitzung wurde gerade deshalb abgetan, weil die Regierung ja ach so viel gegen die Teuerung und insbesondere die Kinderarmut vorhabe und einen ganz großen Wurf plane – aber dieser große Wurf ist wirklich absolut nicht in dem vorliegenden Gesetzesantrag zu finden!

Versprochen wurden Zahlungen für Kinder aus Familien, die Mindestsicherung, Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Notstandshilfe beziehen, oder für Alleinerzieher:innen, die weniger als 2 000 Euro brutto verdienen. Von Beginn an war aber zum Beispiel unklar, was in die 2 000 Euro brutto auch tatsächlich miteinkalkuliert wird. Werden da andere Beihilfen miteinbezogen? Bezieht sich das rein auf das Gehalt? – Alles unklar.

Heute wird ein Großteil dieser Zielgruppen weiterhin im Regen stehen gelassen, weil sich der vorliegende Antrag ausschließlich auf Bezieher:innen von Mindestsicherung und Sozialhilfe bezieht. Für alle anderen Zielgruppen wird mit dem heutigen Tag genau gar nichts beschlossen, kein einziger Euro. Außerdem: Parlamentarisch brauchen wir über diesen Murks gar nicht mehr weiter zu diskutieren, weil er aus dem Wirtschaftsausschuss und nicht aus den zuständigen Ausschüssen hier im Parlament kommt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Shetty.)

Es wäre höchst an der Zeit, dass die Regierungsfraktionen und die Regierung tatsächlich auch ins Arbeiten kommen. Halbierung der Armut stand im Regierungsprogramm – maximal ein Jahr haben Sie noch Zeit. Wo ist diese Halbierung der Armut? – Wir sehen sie nicht. Die Zahlen geben sie nicht her. Die Armut steigt. Salbungsvolle Worte füllen keine leeren Teller, werte Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir sehen, dass jedes fünfte, beinahe jedes vierte Kind in Österreich von Armut betroffen oder bedroht ist, so heißt das: weniger Bildungschancen, weniger Teilhabe, weniger Freizeitmöglichkeiten, weniger Kreativchancen, nicht am Kindergeburtstag der Schulkolleginnen und Schulkollegen teilnehmen können und vor allem auch kein regelmäßiges gesundes oder warmes Essen.

17,5 Prozent der österreichischen Bevölkerung sind armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Das heißt, das Einkommen liegt unter der Armutsschwelle. Diese Personen sind erheblich materiell depriviert oder leben in einem Haushalt mit geringer Erwerbsintensität, viele davon sind Frauen. Wir müssen nach wie vor warten, dass Sie 2 Euro am Tag – 2 Euro am Tag! – Kindern aus diesen Zielgruppen zusprechen. Wir müssen noch immer warten! Es handelt sich um 2 Euro pro Tag, die diese Teuerung nicht abfedern werden, die Kinderarmut nicht abwenden werden, und diese 2 Euro haben Sie nicht auf die Reihe bekommen – seit Wochen nur vollmundige Ankündigungen! (Beifall bei der SPÖ.)

Notwendig wären aber eine gute Absicherung, keine Almosen, eine Unterhaltsgarantie, die auch tatsächlich Alleinerzieher:innen und ihre Kinder unterstützt, eine Kindergrundsicherung, keine Almosen, keine Einmalzahlungen, sondern tatsächlich ein armutsfestes Sozialnetz, Rechtsansprüche und kein Bittsteller:innentum – insbesondere, weil man Angst vor den nächsten Wahlen hat und um die Gunst so mancher Wählerin und so manchen Wählers buhlt –, sondern tatsächlich Selbstbestimmung für Kinder, für Alleinerzieher:innen, für Frauen, für die Menschen.

Das Beste aus beiden Welten wurde angekündigt – eine Versprechung (Abg. Michael Hammer: Ihr habt selber drei Welten!), wahrscheinlich schon eine Verheißung, würde ich fast meinen. (Abg. Schroll: Und ihr werdet bald nicht mehr recht viele sein, weil alle angeklagt sind!) Statt Halbierung der Armut gibt es wachsende Ungleichheit und noch immer keine wirkliche Beteiligung von Millionärinnen und Millionären, Milliardären, dass sie auch zur Kasse gebeten werden und ihren Beitrag leisten.

Ein kurzer Exkurs noch, weil ich wirklich mit viel Bauchweh zu dieser Sondersitzung gefahren bin: Gestern gab es eine Veranstaltung in Linz – einige Kolleginnen und Kollegen waren auch dabei –, Jugend im Dialog, mit jungen Menschen, die in Projekten für Arbeitssuchende dabei sind. (Abg. Eßl: Die kommt erst am Samstag! – Ruf bei der ÖVP: Die Veranstaltung mit Bauchweh kommt am Samstag! – Ruf bei der SPÖ: Geh bitte!) Diese jungen Menschen haben berichtet, sie haben kein Geld, und wenn sie Hunger haben, essen sie den ganzen Tag nichts. Wenn sie Einladungen zu Schnuppertagen in einem Betrieb haben und dieser Betrieb nicht fußläufig erreichbar ist, müssen sie zu Hause bleiben, weil sie sich das Busticket nicht leisten können. Diese jungen Menschen dürfen wir nicht im Stich lassen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

15.19

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Markus Koza zu Wort. – Bitte schön.