9.28

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuallererst möchte ich als Gesundheitssprecher der Österreichischen Volkspartei Kollegen Philip Kucher ganz herzlich zu seiner neuen Funktion als geschäftsführender Klubobmann gratulieren. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Ich hoffe, du bleibst uns als Gesundheitssprecher erhalten. Du weißt, wie sehr wir den pointierten und manchmal ein bisschen angespitzten Gedanken­austausch mit dir schätzen. Alles Gute! (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Für mich ist es jetzt schon 42 Jahre her, dass ich begonnen habe, als Arzt zu ar­beiten, davon ein Vierteljahrhundert als Spitalsarzt an vorderster Front. In diesen gut vier Jahrzehnten hat sich die Medizin ganz intensiv weiterentwickelt. Sie ist viel spezialisierter geworden, sie ist ungleich wirksamer geworden, zugleich – und das wird oft übersehen – ist sie auch viel verträglicher und sanf­ter geworden. Gleichzeitig ist eine neue Generation herangewachsen – eine Generation, die andere Vorstellungen von der Arbeitswelt hat, als wir sie vielleicht hatten. Das heißt, es hat sich sehr, sehr viel geändert.

Was sich nicht geändert hat, sind vielfach die Rahmenbedingungen – und, wie Kollege Ralph Schallmeiner es vorhin angesprochen hat, dass sich eigent­lich jahrzehntelang kaum etwas bewegt hat, hat uns dorthin gebracht, wo wir jetzt sind. Ich bin daher froh über diese Bundesregierung, die nun – und das ist gut und richtig – entsprechende Weichen stellt, die diesen Änderungen gerecht werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das Primärversorgungsgesetz wird novelliert – mit dem Ziel, dass es rascher geht, Primärversorgungszentren einzurichten. Sie haben einen großen Charme, weil sie tageszeitlich ausgeweitet sind, weil sie im Angebot über ver­schiedene Gesundheitsberufe hinaus viel breiter aufgestellt sind, und was ich auch von vielen Kolleginnen und Kollegen höre, ist, dass sie sagen, sie schätzen es, im Team und auf Augenhöhe zu arbeiten. Genau das bieten die Primärversorgungszentren, und das zu erleichtern ist ein wesent­licher Schritt, der mit dieser Gesetzesnovelle gelingt.

Natürlich sind Primärversorgungseinrichtungen nicht das Einzige, das wir in der Primärversorgung und in der allgemeinmedizinischen Versorgung brauchen, sondern wir brauchen natürlich generell mehr Ärzte im kassenärztlichen System, und auch das wird in zwei Schritten angegangen. Als kurzfristige Maß­nahme ist noch für heuer geplant, 100 zusätzliche kassenärztliche Stellen zu schaffen, wahrscheinlich mit einem gewissen Schwerpunkt auf Kinderheilkunde, und das mit einer kräftigen Anschubfinanzierung für die Ordinations­gründung kurzfristig zu ermöglichen. Damit wird es auch gelingen, entsprechend motivierte junge Ärztinnen und Ärzte für das wirklich sehr erfüllende Berufs­leben in der niedergelassenen Praxis zu gewinnen.

Mittelfristig wird das nicht ausreichen, denn mittelfristig müssen wir es schaffen, dass die kassenärztliche Tätigkeit wieder gegenüber dem Wahlarztsystem eigentlich das attraktivere Berufs- und Lebensmodell wird. Das wiederum kann parallel zum Finanzausgleich geschehen, den der Herr Bundesminister schon angesprochen hat. Wir wollen nämlich die Weichen dafür stellen, dass es möglich wird, einen österreichweit einheitlichen Leistungskatalog für alle Ärztinnen und Ärzte zu schaffen. Dann wissen die Patientinnen und Patienten, dass sie in allen Bundesländern das Gleiche angeboten bekommen, wir können damit den niedergelassenen Bereich auch dahin gehend motivieren, jene Leistungen anzubieten, die wir als Gesellschaft brauchen und die er auch zu erbringen in der Lage ist, und wir können es insgesamt attraktiv machen. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ganz wichtig ist auch der Sektor der Pflege. Da sind in den zwei Pflegepaketen – eines beschlossen, eines auf dem Weg – insgesamt 38 Maßnahmen auf den Weg gebracht worden; ich sage nur: Kompetenzausweitungen, Ausbau der Ausbildungsmöglichkeiten, Ausbildungszuschuss mindestens 600 Euro im Monat, Pflegestipendium mindestens 1 400 Euro im Monat und insgesamt 570 Millionen Euro für Gehaltserhöhungen jetzt zur Überbrückung, bis das im kommenden Jahr ins Regelsystem übergeht.

Ein letzter Punkt, der mir ein großes Anliegen ist: In den letzten Jahrzehnten haben wir alle Gesundheitsberufe massiv mit Aufgaben überhäuft, die fern von ihren Kernaufgaben sind – ich nenne Dokumentations- und Organisa­tionsaufgaben. (Abg. Kassegger: Wer ist „wir“?) Diese nehmen zum Teil schon den größeren Teil der Arbeitszeit in Anspruch, und das ist nicht nur in­effizient (Abg. Kassegger: Wer ist „wir“? Ihr seid seit 40 Jahren in der Regie­rung!), das ist auch frustrierend und geht zu Lasten der Arbeitszufriedenheit. (Abg. Kassegger: Redet er jetzt zu sich selbst, oder wie? Ich kenne mich nicht mehr aus!) Ich gebe das Versprechen ab: Da müssen wir zurücksteuern, und von diesem Thema werde ich nicht mehr abweichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zum Schluss ein doppeltes Dankeschön: eines an die Bundesregierung, die hier die Weichen stellt, und das ganz große Danke an die Gesundheitsberufe, die rund um die Uhr unsere Versorgung gewährleisten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.34

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobmann Kucher. – Bitte sehr. (Abg. Ottenschläger – in Richtung des sich zum Redner:innenpult begebenden Abg. Kucher –: Kommt der Sebastian Kurz in der Rede wieder vor?)