9.39

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Als die Bundesregierung eine Aktuelle Stunde zum Thema Maßnahmen für eine bessere Gesundheitsversorgung angesetzt hat, bin ich tatsächlich gespannt und neugierig gewesen, was wir heute oder bis heute präsentiert bekommen, welche konkreten Maßnahmen, die er heute präsentieren wird, sich der Herr Bundesminister denn ausgedacht hat.

Ich muss es festhalten: Es ist eine Riesenenttäuschung, denn außer einer kleinen Novelle des Primärversorgungsgesetzes, das, Herr Bundesminister, heute noch gar nicht im Parlament behandelt wird, sondern gerade einmal erst zugewiesen wird, und der Ankündigung, im Finanzausgleich mit den Ländern Reformen verhandeln zu wollen, ist nichts da.

Diese Bundesregierung hat es in dreieinhalb Jahren geschafft, im Gesundheitsbereich genau gar nichts zu verbessern, sondern, ganz im Gegenteil, viele Dinge noch maßgeblich zu verschlimmern. (Beifall bei der FPÖ.)

Lassen Sie mich das ein bisschen weiter ausführen: Was ist denn in den letzten Jahren passiert? – Wir haben eine Coronapandemie gehabt, die mehr Mittel, mehr Zuwendung und raschere Reformen im Gesundheitssystem erfordert hätte. Was ist tatsächlich passiert? – Eine Schikane der Mitarbeiter im Gesundheitswesen, weitere bürokratische Auflagen, keine zusätzlichen Mittel im Gesundheitsbereich und vor allem leere Versprechungen wie die Prämie für Pflegekräfte und Ähnliches, die nicht in dieser Form ausgezahlt worden sind. Man hat die Helden des Alltags – wenn Sie an den Sommer 2020 denken –, die auch hier im Hohen Haus mit Standing Ovations bedacht worden sind, im Regen stehen lassen und schwerst demotiviert.

Jetzt steht man mit um 10 Prozent zu wenig Personal, mit geschlossenen Abteilungen, mit Ärztemangel, mit über 300 unbesetzten Kassenstellen in der Fläche, mit Pflegeheimen, die ganze Abteilungen schließen müssen, da, und der Herr Gesundheitsminister präsentiert eine noch nicht einmal in Verhandlung befindliche Novelle des Primärversorgungsgesetzes. – Das ist zu wenig, Herr Minister! (Beifall bei der FPÖ.)

Weil Sie den Finanzausgleich angesprochen haben – wie wichtig das ist, welche historische Chance das ist –: Ihnen ist schon bewusst, dass es diese Bundesregierung war, die den bestehenden Finanzausgleich um zwei Jahre verlängert hat und diese historische Chance, entsprechende Reformen über den Finanzausgleich zu machen, zwei Jahre nicht genutzt hat? Das möchte ich Ihnen auch ins Stammbuch schreiben. (Beifall bei der FPÖ.)

Schauen wir uns das Primärversorgungsgesetz, das Sie vorgelegt haben und das jetzt in die Debatte kommt, etwas genauer an: Sie wollen die Anzahl der Fachärzte oder der Allgemeinmediziner, die für ein Primärversorgungszentrum notwendig ist, reduzieren. Das ist vielleicht ein Schritt in die richtige Richtung, löst aber das Grundsatzproblem nicht.

Auf der anderen Seite öffnen Sie die Primärversorgungszentren für Träger wie die ÖGK oder – ich weiß nicht – vielleicht in Zukunft auch noch für andere private Anbieter. Das ist aber weit entfernt von dem, was wir in der niedergelassenen Versorgung tatsächlich brauchen. Wir brauchen den eigenverantwortlichen Hausarzt, den Einzelmediziner, der Verantwortung übernehmen kann, der auch eine größere Versorgungsstruktur rund um sich aufbauen und Kollegen aus anderen Fachgruppen und medizinischen Berufen im größeren Umfang anstellen kann. Dann würde eine Primärversorgung in der Fläche tatsächlich funktionieren – wenn man Primärversorgung als Ganzes denkt, breiter denkt, aber einzelne, klare Verantwortliche zulässt.

Wir diskutieren seit über einem Jahr über den Facharzt für Allgemeinmedizin. Seit einem halben Jahr haben Sie die fertig akkordierten Vorschläge in der Schublade des Ministeriums liegen. Sie hätten den vollen parlamentarischen Rückhalt, von allen Fraktionen, sodass dieser Facharzt für Allgemeinmedizin beschlossen werden könnte. Sie bringen ihn nur nicht zum Beschluss. Es kommt keine Regierungsvorlage, mit der wir ihn beschließen können. Dabei wäre dieser Facharzt für Allgemeinmedizin genau der Kern der Primärversorgung, den wir in Österreich so dringend benötigen würden. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie sich dann hinstellen – Sie und Herr Bundeskanzler Nehammer – und Hunderte zusätzliche Kassenstellen versprechen, dann frage ich Sie: Wo sind denn die Attraktivierungen, die Verbesserungen für die Ärzte, damit diese Kassenstellen auch angenommen werden? Ich sehe sie nicht.

Ich habe Ihnen heute sehr aufmerksam zugehört: Das Einzige, was Sie angesprochen haben, ist ja der bundesweit einheitliche Leistungskatalog, den Sie schon längst hätten umsetzen können, der eigentlich auch ein Schlüsselelement der Kassenreform der schwarz-blauen Bundesregierung von 2017 war, die von Ihrer Bundesregierung schlicht und ergreifend nicht fortgesetzt worden ist, sondern jetzt dreieinhalb Jahre lang im Stillstand verharrt ist. Dass dann die erwünschten Reformeffekte nicht zustande kommen, dass die Ärzte mittlerweile schon rotieren, weil es keinen bundesweit einheitlichen Honorarkatalog gibt, und die Patienten noch immer keine bundesweit einheitlichen Leistungen haben, ist kein Versäumnis der alten Bundesregierungen (Abg. Meinl-Reisinger: Na das lag schon am Murks davor!), sondern es liegt an Ihren Vorgängern und an Ihnen, dass das nicht in Angriff genommen worden ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten in der jetzigen Gesetzgebungsperiode, in den letzten dreieinhalb Jahren, 32 Sitzungen des Gesundheitsausschusses, die letzte davon letzte Woche. Diese Bundesregierung hat es nicht zusammengebracht, wesentliche Reformen auch nur ansatzweise vorzulegen und ins Parlament zu bringen. Wir sehen es an der heutigen Tagesordnung: Es gibt nur einen Plenartag, der zweite Plenartag muss ausfallen, weil gar nicht ausreichend Vorlagen da sind.

Herr Bundesminister, das ist zu wenig, kommen Sie endlich ins Laufen! Den Rückhalt im Parlament für Reformen hätten Sie, es fehlt nur an Ihren Vorgaben. (Beifall bei der FPÖ.)

9.44

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Ribo. – Bitte sehr.