10.13
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Über diese – ich weiß nicht, wie ich es nennen soll, ich muss echt nur lachen – Coronaimpfbesessenheit der FPÖ, da weiß ich echt nicht, soll ich darüber lachen oder weinen? (Abg. Amesbauer: Die habt ihr im Kopf! Ihr seid impfbesessen! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Aber Kollege, weil Sie gesagt haben, Vergangenheit aufarbeiten – bitte machen Sie das! Ich darf Sie daran erinnern, dass die FPÖ vor 13 Jahren selber eine Impfpflicht gefordert hat und – wörtlich – ungeimpfte Kinder aus Kindergärten aussperren wollte. (Abg. Kickl: Von welchen Impfungen sprechen Sie?) Vielleicht wollen Sie da einmal Vergangenheitsbewältigung in Ihrer eigenen Partei betreiben! (Beifall bei den Grünen.)
Ich greife gerne auch eine andere Formulierung des Kollegen von der FPÖ auf: Sie haben gesagt, wir brauchen die beste Gesundheitsversorgung für alle. – Ja, und ich möchte als Frauensprecherin meiner Fraktion hinzufügen: insbesondere auch die beste Gesundheitsversorgung für Frauen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Pfurtscheller und Scheucher-Pichler.)
Wieso ist diese Ergänzung wichtig? – Die schnelle Antwort ist: It’s still a man’s world! Das gilt halt auch in der Medizin. Es ist nicht nur hinlänglich bekannt, sondern auch ausreichend erforscht, dass sowohl die medizinische Forschung als auch Krankheitsdiagnosen, Therapien und Medikamentendosierungen nach wie vor in der Regel auf den Mann, auf den männlichen Körper ausgerichtet sind. Frauen und Mädchen haben aber andere Erkrankungsrisiken, andere Erkrankungsverläufe (Abg. Kickl: Ich habe gedacht, die Biologie ist wurscht!) und sind außerdem durch gesellschaftliche, ökonomische und auch strukturelle Rahmenbedingungen wie zum Beispiel Mehrfachbelastungen tatsächlich auch mit anderen gesundheitsrelevanten Einflüssen konfrontiert, die sich auch maßgeblich auf die Gesundheit auswirken können; oder anders formuliert: Gesundheitsthemen von Frauen unterscheiden sich von jenen von Männern. (Abg. Kickl: Jetzt ist die Biologie also doch wichtig!)
Genau deshalb ist der neue Frauengesundheitsbericht so wichtig, den wir im Regierungsübereinkommen schon vereinbart haben und hier mit einem Fünfparteienantrag auch auf Schiene gebracht haben. Er liegt mittlerweile vor. Wir haben damit einen Baustein zur Umsetzung des Aktionsplans Frauengesundheit geleistet, der damals, 2017, von der Frauen- und Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner präsentiert worden ist, und es ist gut, dass wir da einen weiteren Baustein umsetzen konnten.
Der Bericht ist inzwischen fertig, wir haben ihn vergangene Woche im Gesundheitsausschuss diskutiert und uns auf Initiative der SPÖ darauf verständigt, einstimmig, wenn ich mich richtig erinnere, dass wir im Herbst zum Ausschuss auch ein Expertenhearing – ein Expert:innenhearing – machen werden. Danach kommt der Bericht auch ins Plenum und wird hier debattiert und diskutiert werden.
Dieser Diskussion möchte ich nicht vorgreifen, ich möchte aber aus aktuellem Anlass einen Aspekt aus diesem Bericht hervorheben, den wir auch letzten Montag im Rahmen des 6. Frauengesundheitsdialoges diskutiert haben. Dieser Aspekt ist der niederschwellige Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in unserem Land.
Der aktuelle Anlass ist die heutige Angelobung der schwarz-blauen Regierung in Salzburg, die entweder schon stattgefunden hat oder gerade stattfindet. Wer einen Blick in das Regierungsprogramm der Salzburger ÖVP-FPÖ-Koalition wirft, der sieht schnell, dass nicht nur der Ausbau der Kinderbetreuung durch eine Herdprämie von Frauen ersetzt worden ist. (Abg. Belakowitsch: ... ist eine Herdprämie! Können Sie ...?) Er oder sie sieht auch, dass die neue Salzburger Regierung das Selbstbestimmungsrecht von Frauen infrage stellt.
Anstatt, wie von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen, ungewollt Schwangeren einen niederschwelligen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen zu garantieren, stellt dort Schwarz-Blau hart erkämpfte Frauenrechte offen infrage. Das äußert sich zum Beispiel darin, dass die Regierung dort plant, eine Statistik zu Schwangerschaftsabbrüchen, eine Motivforschung zu Schwangerschaftsabbrüchen in Auftrag zu geben. (Abg. Ribo: Geht gar nicht!)
Als würde das nicht schon reichen – da kann ich mir als Frau nur ungläubig die Augen reiben und haareraufend hier stehen und den Kopf schütteln (Abg. Belakowitsch: Ein echter Skandal! – Abg. Ribo: Ja, das ist ein Skandal! – Abg. Belakowitsch: Ein Skandal! Wir sind das einzige Land, in dem ...!) –, doppeln Sie diesen Zynismus noch, vervielfachen Sie diesen frauenfeindlichen, reaktionären Zynismus noch und propagieren Adoption oder Pflegeelternschaft statt Abtreibung. Da frage ich Sie: Geht es Ihnen echt noch gut? (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Ja! – Abg. Kickl: Ja, Ihre Politik ist nicht gut angekommen in Salzburg!)
Geht es Ihnen echt noch gut? Hart erkämpfte Frauen- und Selbstbestimmungsrechte sind für uns Grüne nicht verhandelbar, und ich freue mich auch, dass ich da die SPÖ und auch die NEOS an unserer Seite weiß, dass drei Parteien im Parlament sehr klar für Selbstbestimmungsrechte von Frauen stehen. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)
Sehr geehrte Damen und Herren, Frauen haben ein Recht auf ein Leben ohne Diskriminierung in allen Lebensbereichen, einschließlich des Zugangs zur Gesundheitsversorgung (Abg. Kickl: Was die Salzburger von Ihnen halten, das haben Sie bei der Wahl gesehen!), und das umfasst natürlich auch den Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen.
Was passiert, wenn man Frauen diesen sicheren Zugang verwehrt, das sehen wir, wenn wir einen Blick nach Polen werfen. Das ist dramatisch, was dort passiert. (Abg. Belakowitsch: Dramatisch! Welches Drama ...!) Die rechte, rechtskonservative, reaktionäre Regierung hat dort vor einigen Jahren ein De-facto-Abtreibungsverbot umgesetzt, und was passiert? – Frauen sterben, weil Ärztinnen und Ärzte ihnen eine lebensrettende Abtreibung verwehren. Das passiert dort, gerade erst in der Vorwoche hat wieder eine Frau wegen eines erzkonservativen, frauenfeindlichen Abtreibungsverbotes in Polen ihr Leben lassen müssen!
Es ist klar, dass Maßnahmen für eine bessere Gesundheitsversorgung von Frauen auch bedeuten, dass man diesen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen sicherstellen muss, denn es ist unhaltbar, dass in Österreich im Jahr 2023 Frauen in ein anderes Bundesland fahren müssen, um eine Abtreibung durchführen zu lassen. Es ist untragbar, dass Abtreibungen in Österreich im Jahr 2023 immer mehr zu einer sozialen Frage, zu einer finanziellen Frage werden.
Schlusssatz, Herr Präsident: Für uns Grüne ist klar, das Selbstbestimmungsrecht von Frauen umfasst auch ihr Recht auf einen sicheren Schwangerschaftsabbruch (Abg. Belakowitsch: Es ist unerträglich, was Sie da erzählen! 5 Minuten zur Gesundheitsreform – 5 Minuten Abtreibung! Das ist unfassbar, ... das Thema!), und dieses Recht werden wir auch, gemeinsam mit anderen Fraktionen hier im Hohen Haus, gegen Angriffe von konservativer, rechter und reaktionärer Seite verteidigen. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie der Abg. Scheucher-Pichler.)
10.19
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fiedler. – Bitte.