15.49
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Kucher: Aber kein Wort zum kleinen Mann ...!) Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wieso müssen wir heute überhaupt hier stehen? – Wir diskutieren heute ein Geschäftskonzept eines Mannes, der in den letzten Jahren einen fast kometenhaften Aufstieg vollzogen hat. Viele von Ihnen haben ihn auch als Wunderkind der Immobilienbranche bezeichnet, und nein – auch wenn es den einen oder anderen nun wundert, was gerade passiert –, bei René Benko ging es nie um seriöse, langfristige Investments. Das Geschäftskonzept von René Benko beruht einzig und allein auf Fremdfinanzierung, auf Buchungsgewinnen und aggressiver Expansion. Benko beherrscht vor allem eines: Er baut aus Luftschlössern Paläste. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hörl: Sehr erfolgreich!)
Es mag Sie wundern: So ein Geschäftsmann tut jetzt einfach, was so ein Geschäftsmann tut. Er kommt, er räumt aus, zieht weiter und hinterlässt eine Sauerei. Das macht mich einfach nur betroffen, wenn ich an das Schicksal der betroffenen verbliebenen 2 000 Mitarbeitenden denke; und weil man von den Menschen, die so eine Ellenbogentechnik in ihrem Geschäftsleben anwenden, keine soziale Verantwortung erwarten kann, ist es, meine sehr geehrten Damen und Herren, die politische Pflicht, dass man diese Menschen zu sozialer Verantwortung verpflichtet. Genau das ist eine Millionärssteuer. (Beifall bei den Grünen sowie Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)
Die Benkos dieser Welt verlassen sich gerne auf den Staat, wenn es etwas zu holen gibt. Kika/Leiner, die Signa-Gruppe insgesamt: Sie alle haben sich kräftig an den Covid-Hilfen bedient, kräftig zugelangt. Jetzt hat man die größte Pleite in den letzten zehn Jahren hingelegt, und die Zeche sollen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zahlen, obwohl wir aus zahlreichen Verfahren und aus zahlreichen Untersuchungsausschussakten mittlerweile wissen, dass René Benko gelinde gesagt gar keinen Bock hat, Steuern zu zahlen, und dabei auch noch kräftig vom türkisen Finanzministerium unterstützt worden ist.
Ich sage es Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ärgert mich massiv, denn Solidarität kann keine Einbahnstraße sein. Wir müssen die ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vor solchen rücksichtlos spekulierenden Draufgängern beschützen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Mancher fragt sich jetzt vielleicht zu Hause: Hm, ist diese Insolvenz so kurz nach dem Verkauf von Kika/Leiner ein Zufall? – Nein, selbstverständlich nicht! Ich traue mich sogar zu sagen, das ist Teil des Geschäftskonzeptes von René Benko. Benko, der Kaufhausjongleur, hat das Ganze auch schon in Deutschland abgezogen. Dort wurde auch Galeria Kaufhof unter seiner Führung zum Sanierungsfall. Gläubiger haben auf zig Schulden verzichtet, zahlreiche Standorte sind geschlossen worden, viele Mitarbeiter sind gekündigt worden und das Ganze ist noch mit 700 Millionen Euro an Staatshilfen versüßt worden.
Es ist überall in Europa das Gleiche: Er kauft Kaufhäuser, von denen jeder sich denkt: Hm, das kann doch eigentlich jetzt, mit der Konkurrenz im Onlinehandel, gar nicht mehr so ein lohnendes Geschäft sein! – Dann werden Förderungen kassiert, die Arbeitsplätze – und das halte ich für besonders verwerflich – werden von den Kaufhausketten als politisches Pfand verwendet und dann wird filetiert: Die gute Immobilie wird von dem schlechten Handelsgeschäft getrennt. Dann wird abgestoßen. – Kaufen, auszuzeln, links liegen lassen, und jedes einzelne Mal bleiben die Mitarbeitenden und Steuerzahlenden auf der Strecke. Damit muss endlich Schluss sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Etwas, meine sehr geehrten Damen und Herren, glaube ich noch nicht ganz: Die Signa hat ja gesagt, der Kika/Leiner-Deal sei ein gutes Geschäft gewesen. Das kann man im Übrigen so ungefragt wahrscheinlich gar nicht übernehmen. Fakt ist jedenfalls, dass sich die schlechten Nachrichten rund um die Signa-Zentralen häufen. Hier und dort wird verkauft. Man fragt sich: Ist das alles freiwillig? Es werden – so wird berichtet – sogar in den Vereinigten Arabischen Emiraten Verkaufsangebote gelegt. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Sogar bei Kika/Leiner wurden im Übrigen noch letzten November – Achtung! – vier Häuser um 54 Millionen Euro abgestoßen – wie es gerüchteweise heißt auf Druck des größten Kreditgebers von Kika/Leiner, der Raiffeisen.
Wundern tut mich das keinesfalls, denn Benko ist ja während einer Niedrigzinsphase, während einer Phase, in der die Immobilienpreise immer und immer angestiegen sind, groß geworden. Die Banken, seine Investoren, sie alle haben einige Jahr sehr, sehr gut verdient, und das hat sich ja jetzt alles schlagartig geändert. (Abg. Wurm: Nina, da habt ihr ja mit Schuld von den Grünen, Nina ...!) Es gibt keine niedrigen Zinsen mehr und die Immobilienpreise stagnieren. Im Übrigen: Den Aufsichtsbehörden der Finanz ist diese Aufwerterei der Bilanz ein besonders großer Dorn im Auge. Es läuft – das kann man schon festhalten – alles nicht mehr so super rund für René Benko.
Außerdem haben wir auch frühzeitig per parlamentarischer Anfrage auf die Gefahren, die von so einem Milliardenunternehmen für den Finanzplatz Österreich ausgehen, hingewiesen, und wir haben auch auf die toxische Beziehung zwischen Raiffeisen und Signa hingewiesen. Leider haben wir da auch nur lapidare Antworten bekommen. Die Lage aber ist ernst. Wir haben bereits im Frühling im Grundbuch recherchiert und gesehen, dass allein im Zusammenhang mit Kika/Leiner 300 Millionen Euro an Pfandurkunden im Grundbuch für die Raiffeisenbanken eingetragen sind. Die Rolle der Raiffeisen als große Gläubigerin wird noch genauer zu beleuchten sein.
Abschließend ist noch Folgendes festzuhalten: Ob jemand und wer die politische Verantwortung für dieses Desaster, für diese 2 000 betroffenen Mitarbeiter trägt, wird jedenfalls noch zu klären sein. Was mir aber heute schon wichtig ist, zu betonen, ist, dass Sie alle von den großen Parteien sich wirklich den Vorwurf gefallen lassen müssen: Sie sind dem angeblichen Milliardär aus Innsbruck auf den Leim gegangen. Nur allzu gern haben Sie sich mit ihm ablichten lassen. (Abg. Kickl: Nicht ein Mal!) – Ja, Herr Kickl schüttelt den Kopf, aber es war die FPÖ, die René Benko auf der Jacht in Ibiza besucht hat. (Abg. Kickl – erheitert –: In hundert Jahren nicht! – Abg. Wurm: Vorher ... vorher!) –Ja, es ist einfach so: Liebe Großparteien, Sie haben sich vom Blender blenden lassen. (Abg. Kickl: Das Foto zeigen S’ mir jetzt!)
Aus aktuellem Anlass, aber nicht nur wegen dieses Anlasses, ist mir noch wichtig, Folgendes festzuhalten: Ich sage Ihnen schon, die Politik kann nicht weiter zuschauen, wenn Einzelne auf Kosten der Allgemeinheit mit Immobilien herumspekulieren, während die Wohnkosten in die Höhe schießen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, es ist unsere verdammte Pflicht, nicht einfach zuzuschauen. Deshalb machen wir am besten aus all diesen egoistischen Immobilienhaien Fischstäble! Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir aus den Immobilienhaien Fischstäble! – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Reifenberger.)
15.57
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte.