16.36

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Die Herren Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte dort fortsetzen, wo der Kollege geendet hat: Es braucht einen nationalen Schulterschluss.

Wenn es diesen nationalen Schulterschluss geben soll: Warum binden Sie dann die Opposition nicht ein, mit ihren Vorschlägen, mit ihren Maßnahmen, mit ihren Anträgen? Warum werden gute und wichtige Anträge der Opposition bei Ihren Maßnahmen nicht entsprechend berücksichtigt? Warum werden gute Vorschläge unserer Parteivor­sitzen­den und anerkannten Virologin Pamela Rendi-Wagner erst Tage und Wochen später umgesetzt? Warum warten Sie einige Tage und Wochen, um erst dann diese Vor­schläge selbst vor laufender Kamera zu präsentieren? Ein nationaler Schulterschluss, meine sehr geehrten Damen und Herren, sieht ganz anders aus. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Amesbauer.)

Viele fragen sich: Warum schützen Sie nicht auch jene Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer in Betrieben und auf Baustellen, die in dieser Hinsicht nicht geschützt sind, wo diese Covid-19-Maßnahmen nicht eingehalten werden? Warum kommt die Polizei nicht dorthin, um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schützen, wo Anrainer, Nach­barn anrufen und sagen: Schaut euch bitte an, wie da gehandelt wird, da ist Gefahr im Verzug?!

Viele fragen sich auch: Warum haben wir in Österreich seit dem 15. März mehr Arbeitslose als das zehnfach größere Deutschland? Auch da muss man sich die Frage stellen: Warum ist das so? Ist alles richtig gemacht worden? – Es wird dieser Zeitpunkt kommen, meine sehr geehrten Damen und Herren, an dem wir all diese Dinge werden kritisch aufarbeiten und auch hinterfragen müssen.

Je länger eine Krise dauert, umso mehr Menschen geht es in unserem Land schlech­ter. Deswegen haben wir als Oppositionspartei und SPÖ dazu immer wieder Anträge eingebracht und werden es auch heute tun; denn unabhängig davon, ob jemand selbstständig oder unselbstständig ist, ob jemand Klein- oder Großunternehmer ist, ob jemand AlleinerzieherIn ist, geringfügig, teilzeit- oder vollzeitbeschäftigt ist, ob jung oder alt, wir alle brauchen Maßnahmen, um diese Menschen in ihren sozialen und wirtschaftlichen Belangen zu unterstützen und die Probleme abzufedern.

Aus diesem Grund braucht es ein Bündel an Maßnahmen. Wir werden heute wieder Anträge dazu einbringen. Lassen Sie mich zwei Punkte hervorheben: Es geht erstens um die Schaffung und Errichtung eines Unterstützungsfonds für jene Arbeitnehme­rin­nen und Arbeitnehmer, die weder eine Chance auf Kurzarbeit noch auf Arbeitslosen­geld haben. Das sind geringfügig Beschäftigte, das sind Künstlerinnen und Künstler. Es braucht auch eine finanzielle Unterstützung für AlleinerzieherInnen, die aufgrund ihrer Betreuungspflichten, da sie jetzt zu Hause bleiben, ihre Arbeitszeit verringern müssen.

Es braucht Unterstützung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die jetzt zu Hause bleiben, weil sie ihre Familienangehörigen pflegen und betreuen müssen, was momen­tan teilweise nicht mehr gewährleistet ist, und deswegen brauchen wir nicht nur für Arbeitgeber, nicht nur für die Landwirtschaft, nicht nur für die EPUs, sondern auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land einen Unterstützungsfonds. (Beifall bei der SPÖ.)

Beim zweiten Punkt geht es mir um eine Erhöhung der Leistungen aus der Arbeits­losenversicherung. 200 000 Menschen mehr befinden sich in der Arbeitslosigkeit, über­wiegend haben sie einvernehmliche Vereinbarungen unterschrieben. Dazu kom­men 100 000 Menschen, die normalerweise bei diesem Wetter wieder zu arbeiten begin­nen, jetzt aber zu Hause bleiben müssen und weiter in der Arbeitslosigkeit bleiben. All unsere Bemühungen, diese Menschen auch in Kurzarbeit zu bringen und die Richt­linien für Kurzarbeit zu ändern, diese Vierwochenfrist zu verkürzen oder abzuändern, haben Sie nicht angenommen. Aus diesem Grund stellen wir den Antrag, dass die Dauer des Anspruchs auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung um die Zeit der Krise zu verlängern ist. Das Arbeitslosengeld ist außerdem, genauso wie die Not­standshilfe und die Familienzuschläge, zu erhöhen, nämlich um einen Zuschlag von 30 Prozent, damit wir eine Nettoersatzrate von 70 Prozent zustande bringen und auch sichern können, genau so, wie es der ÖGB und die AK fordern.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag  

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend dafür Sorge zu tragen, dass allen beim Arbeitsmarktservice als arbeitslos registrierten Personen, ein ,COVID-19-Aus­gleich‘ in Form eines 30-%igen Zuschlages zu allen Arbeitslosenversicherungs­leis­tungen (Arbeitslosengeld und Notstandshilfe inklusive der Familienzuschläge) rückwir­kend mit 1. April 2020 gewährt wird. Dieser Zuschlag soll über die Finanzämter, bei denen alle Daten aller Erwerbstätigen vorhanden sind, automatisch, also ohne formale Antragstellung ausgezahlt werden.“

*****

Wenn Ihnen, meine sehr geschätzten Damen und Herren von ÖVP und Grünen, die Menschen, die jetzt unverschuldet in die Arbeitslosigkeit gekommen sind, diese Men­schen, die jetzt nicht wieder zurück in die Jobs kommen können, wichtig sind, dann stimmen Sie unserem Entschließungsantrag zu! (Beifall bei der SPÖ.)

16.42

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch, Genossinnen und Genossen

betreffend Erhöhung der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 2

Die größte Gesundheitskrise unserer Zeit fordert enormen Tribut. Nicht nur die gesund­heitlichen Auswirkungen, sondern auch die wirtschaftlichen Folgen, sind derzeit noch gar nicht zu beurteilen.

Die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt sind jetzt schon dramatisch. Die Arbeitslosenzahlen explodieren, allein vom 15. bis zum 31. März ist die Arbeits­losigkeit in Österreich um fast 194.000 Personen gestiegen. Und AMS (Arbeitsmarkt­service)-Chef Kopf hat davor gewarnt, dass Anfang April eine weitere Kündigungswelle droht. Die Regierung darf nicht tatenlos zuschauen, wie die Arbeitslosigkeit im Land steigt und steigt und immer mehr Menschen in existenzbedrohende Situationen schlit­tern.

Die Aussage von Bundeskanzler Kurz: „Koste es was es wolle!“ darf nicht zur hohlen Phrase verkommen sondern muss mit Leben erfüllt werden.

Arbeitslose Menschen und ihre Familien brauchen jetzt eine bessere finanzielle Ab­sicherung, weil es in Zeiten wie diesen nahezu unmöglich ist, wieder Arbeit zu finden. Umso wichtiger sind jetzt rasche Hilfen, welche die wirtschaftlichen bzw sozialen Bedrohungen durch Corona für die ArbeitnehmerInnen abfedern.

Es ist notwendig, zu allen Leistungen der Arbeitslosenversicherung, also Arbeitslosen­geld, Notstandshilfe inklusive der Familienzuschläge, einen Zuschlag in der Höhe von 30 Prozent auszuzahlen. Damit ist eine Nettoersatzrate in der Höhe von 70 Prozent des bisherigen Einkommens gesichert.

Es braucht einfach eine bessere finanzielle Absicherung der von Arbeitslosigkeit Be­troffenen, unbürokratisch und ohne das AMS (Arbeitsmarktservice) noch mehr zu belasten, als es jetzt schon ist. Daher soll dieser Zuschlag automatisch (ohne Antrag) über die Finanzämter abgewickelt werden.

Dieser Zuschlag ist auch für die Zeit nach Corona notwendig, denn auch nach der COVID-Krise wird die Arbeitslosigkeit hoch bleiben – es braucht ausreichend Binnen­nachfrage, damit insbesondere die kleinen Unternehmen, der Wirt ums Eck, der Friseur etc. wieder Nachfrage haben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend dafür Sorge zu tragen, dass allen beim Arbeitsmarktservice als arbeitslos registrierten Personen, ein „COVID-19-Aus­gleich“ in Form eines 30-%igen Zuschlages zu allen Arbeitslosenversicherungs-leistun­gen (Arbeitslosengeld und Notstandshilfe inklusive der Familienzuschläge) rückwirkend mit 1. April 2020 gewährt wird. Dieser Zuschlag soll über die Finanzämter, bei denen alle Daten aller Erwerbstätigen vorhanden sind, automatisch, also ohne formale Antragstellung ausgezahlt werden.“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Lukas Hammer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.