9.16

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Muna Duzdar, als ehemalige Kollegin im Bundesrat heiße ich dich heute herzlich willkommen. Ich freue mich, dass wir uns wiedersehen.

Vielleicht ein paar grundsätzliche Worte zu dem, was hier auch angesprochen worden ist: Irgendwie ist mir vorhin „Torquato Tasso“ von Goethe eingefallen, der gesagt hat: „Durch Heftigkeit ersetzt der Irrende, was ihm an Wahrheit und an Kräften fehlt.“ (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei den Grünen. – Abg. Kassegger: Der hat schon recht gehabt!)

Das passt vielleicht nicht so schlecht dazu, aber zurück zur Sachlichkeit und Seriosität, ein paar grundsätzliche Worte zur wirtschaftlichen Situation, die Sie, Frau Klubobfrau, auch angesprochen haben: Die gute Nachricht ist zuallererst, dass die Schreckensszenarien, die auch zu Beginn des russischen Angriffskriegs diskutiert worden sind, Rezession, Energieengpässe, hohe Arbeitslosigkeit, Einkommensverluste, nicht eingetreten sind – das ist die gute Nachricht! –, natürlich auch aufgrund der Maßnahmen, die die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat. Da geht es jetzt nicht um parteipolitische Spielchen, sondern da geht es um Fakten, die wir hier eigentlich beleuchten müssen.

Wir haben als Republik Österreich im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Staaten trotz widriger Umstände ein Wirtschaftswachstum – ja klar, wir erleben das für die Zukunft, für das nächste Jahr natürlich in abgeschwächter Form – von 0,3 bis 0,5 Prozent. Im letzten Jahr betrug es übrigens 5 Prozent und lag damit weit über dem europäischen Schnitt, auch weit über Deutschland, unse­rem Nachbarn, mit dem wir uns ja immer ganz gerne vergleichen. Im internationalen Vergleich ist das also durchaus positiv. Wir stehen jetzt bei pro­gnostizierten 0,3 bis 0,5 Prozent Wachstum – Deutschland ist in einer leichten Rezession. Auch da macht uns der Vergleich also doch relativ sicher.

Als Basis für unsere stabile und leicht positive – ja, leicht positive! – Entwicklung nennen Expertinnen und Experten – da muss man ja nicht mir zuhören, sondern Expertinnen und Experten – die hohe Kaufkraft, die wir haben. Die ist im europäischen Vergleich wesentlich höher als in anderen Staaten, und das hat natürlich auch mit den Unterstützungsmaßnahmen auf der einen Seite, aber auch mit den strukturellen Reformen und Maßnahmen – dazu komme ich noch – zu tun, die wir auf den Weg gebracht haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Während also in anderen Ländern die realen Haushaltseinkommen nach unten gegangen sind – auch in Ländern mit einer niedrigeren Inflation: Spanien hat beispielsweise ein Minus von bis zu 6 Prozent, jetzt ist es ein bisschen weniger geworden, Frankreich hat ein Minus von 4 Prozent, Deutschland hat ein Minus ‑, ist bei uns das reale Haushaltseinkommen nach oben gegangen. Das sind die positiven Nachrichten, die wir heute hier sicher auch diskutieren sollten.

Die Kaufkraft ist laut Statistik Austria – wieder nicht meine Statistik, sondern Statistik Austria – um 0,6 Prozent gestiegen, real gestiegen, also um die Inflation bereinigt gestiegen. 0,6 Prozent: Das ist doch eigentlich beeindruckend – Gott sei Dank.

Dann haben wir die kalte Progression abgeschafft. Wir haben Lohnabschlüsse, die hoch sind, ja, und diese führen ja auch laut Wirtschaftsforscherinnen und Wirtschaftsforschern dazu, dass es auch 2023 Gott sei Dank zu einer Einkommensstabilisierung kommen wird. Das sind wieder positive Nachrichten, die wir heute vielleicht auch besprechen sollten.

Die Maßnahmen, die wir gesetzt haben, waren also vom Volumen her intensiv – ja, das stimmt –, aber – und das ist ja auch interessant in der Diskussion – sie waren interessanterweise auch treffsicher – wieder nicht meine Statistik. Also, weil Sie immer von der Gießkanne sprechen: Laut OECD-Statistik gehören wir zum besten Drittel aller OECD-Staaten, was die Treffsicherheit betrifft. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Das sagen aber alle anders!) Noch einmal: Das ist nicht meine Analyse, sondern die Analyse der OECD-Expertinnen und -Experten.

Es ist also eine ähnliche Analyse wie bei der Coronakrise: Wir haben vielleicht nicht alles richtig gemacht, ja, aber laut diesen Fakten und diesen Analysen der Expertinnen und Experten haben wir sicher auch nicht alles falsch gemacht. (Abg. Matznetter: Eigentlich habts kaum was richtig gemacht! – Abg. Meinl-Reisinger: Warum ist die Inflation so hoch bei uns?!)

Klar ist, wir haben zu Beginn der Krise intensiv unterstützt, damit auch die Kaufkraft gesichert ist. Das war unser Zugang: Wir wollten die Kaufkraft der Österreicherinnen und Österreicher entsprechend sichern. Es gab zum Teil Maßnahmen, die mehr in die Breite gegangen sind, ja (Zwischenruf des Abg. Matznetter), weil wir schon gesehen haben, dass der Mittelstand, die Breite auch stark von der Teuerung betroffen ist. Wir haben auch andere Maßnahmen gesetzt, mit denen wir noch mehr versucht haben, treffsicherer und zielgerich­teter zu agieren. Auch die Analyse des Budgetdienstes des Parlaments hat gezeigt, dass gerade die letzten Maßnahmen, bei denen es insbesondere um Kinder von Alleinerzieherinnen und -erziehern gegangen ist, sehr, sehr treffsicher waren und insbesondere die Bezieher der niedrigsten Einkommen entlastet haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Darüber hinaus haben wir wie vorhin schon erwähnt strukturelle Entlas­tungen – Abschaffung der kalten Progression, Valorisierung der Sozialleis­tun­gen – beschlossen, die zusammen mit den substanziellen Lohnerhöhungen auch eine deutliche Entlastung für die Menschen bringen.

Wir haben in den letzten eineinhalb Jahren doch zahlreiche Maßnahmen gesetzt, die auch die Abgabenquote reduzieren: Senkung der Tarifstufen, Senkung der Körperschaftsteuer, Senkung der Lohnnebenkosten – dazu komme ich gleich noch – und auch Abschaffung der kalten Progression. Das sind Maßnahmen, die in den letzten eineinhalb Jahren die Steuern doch deutlich gesenkt haben, und das ist natürlich gut für die Österreicherinnen und Österreicher. Im Vorjahr ist die Abgabenquote übrigens um 0,2 Prozent nach unten gegangen, sie ist auf 43,1 Prozent des BIP gesunken. Heuer sinkt die Abgabenquote aufgrund der Abschaffung der kalten Progression noch weiter auf unter 43 Prozent, auf 42,7 Prozent, und sie bleibt Gott sei Dank auch über den Betrachtungszeitraum bis 2026 stabil unter den 43 Prozent.

Natürlich ist das trotzdem eine hohe Abgabenbelastung, aber wir haben auf der anderen Seite auch ein starkes Sozialsystem. Das ist ja in der Diskussion auch mit einzuberechnen. Das österreichische öffentliche Pensionssystem – auch eines Ihrer (in Richtung NEOS) Lieblingsthemen natürlich, verständlicherweise – nimmt beispielsweise mit Nettoersatzraten von über 80 Prozent einen Spitzenplatz im OECD-Vergleich ein. Die hohe Abgabenbelastung ist also natürlich auch insbesondere auf die Sozialversicherungsbeiträge zurückzu­führen.

Weil immer das Beispiel Schweiz genannt wird – und es sind ein paar Vorarlberger hier –: Wir schauen ja auch immer gerne in die Schweiz, sie wird auch als Vorzeigeland genannt, aber in der Schweiz werden die Sozial­versicherungsleistungen nicht in die Abgabenquote miteingerechnet. Würde man das tun – und Gerald Loacker weiß das natürlich auch ganz genau –, dann läge die Abgabenbelastung nur noch ganz geringfügig unter der von Österreich – das nur, damit man auch die Fakten einmal entsprechend darstellt.

Zusätzlich haben wir eine langjährige Forderung, die durchaus nachvollziehbar ist, umgesetzt, nämlich jene nach einer Senkung der Lohnnebenkosten. Es kann immer mehr sein, ja, dafür habe ich durchaus Verständnis. Wir haben die Lohnnebenkosten aber gesenkt, beispielsweise mit dem Beitrag zum Familienlastenausgleichsfonds: 0,2 Prozent, das sind 1,5 Milliarden Euro bis 2026. 1,5 Milliarden Euro bis 2026 kommen allein aus diesem Teil, und dann kommt noch die Senkung der Beiträge zur Unfallversicherung dazu, das sind noch einmal 300 Millionen Euro bis 2026. Das ergibt also insgesamt 1,8 Milliarden Euro – ja, es kann immer mehr sein, überhaupt keine Frage – an Entlastung alleine bei den Lohnnebenkosten. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Das steht ja in keiner Relation zu den Subventionen!)

Übrigens – noch einmal nicht meine Statistik, sondern die der OECD – zeigt ein OECD-Bericht für Österreich trotz deutlicher Nominallohnzuwächse entgegen dem Trend in den sogenannten reichen Industrieländern einen Rückgang der Abgabenbelastung für den Faktor Arbeit. Das ist ja auch interessant. Also noch einmal: Das sagen nicht wir, das sagt die OECD. Als Grund dafür werden die massive Ausweitung und der Ausbau der Familienförderungen genannt, zum Beispiel durch den Familienbonus Plus, den wir ins Leben gerufen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Aber sehen Sie das Problem? Das baut alles auf Subventionen auf!)

Im Titel Ihrer Aktuellen Stunde heißt es ja: „sich [...] wieder etwas aufbauen können“. Das sehe ich genauso wie Sie, ja, das ist, glaube ich, wichtig. Österreich sollte wieder mehr zu einem Land der Eigentümer und Eigentümerinnen werden. (Abg. Matznetter: ... ja eigentümlich, was ihr ...!) Eigentum, vor allem privates Eigentum, ist doch eine wesentliche Säule für den Wohlstand und auch für die persönliche Freiheit jedes Österreichers und jeder Österreicherin. Vor allem in Zeiten wie den aktuellen, mit multiplen Krisen, die wir zu bewältigen haben, ist es, glaube ich, besonders wichtig, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Erwerb von Eigentum, den Erhalt und die Weitergabe an die nächste Generation zu ermöglichen und zu fördern. Es sind vor allem junge Familien, die wir dabei unterstützen müssen. Die stellen sich ja auch die Frage, ob dieser Traum vom Eigenheim, von den eigenen vier Wänden, sozusagen ein Phänomen der Vergangenheit ist. – Nein, das sehe ich nicht so (Abg. Scherak: 36 Jahre ÖVP-Bundesregierung!), das ist kein Phänomen der Vergangenheit. Aber so ehrlich muss man sein: Die Bedingungen, um Eigentum zu erwerben, haben sich natür­lich auch verändert. Das sind momentan nicht die besten und deswegen ist es ja umso wichtiger, auch die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Ja, aber das habts ihr alles mitverursacht! Alles! – Abg. Scherak: Die ÖVP klatscht ...!)

Wir diskutieren ja deswegen auch einige Rahmenbedingungen zur Erleichterung, gerade für das erste Eigenheim – Sie kennen die Diskussion –, beispielsweise die Befreiung von der Grunderwerbsteuer, aber auch von anderen Nebenkosten in dem Bereich.

In diesem Zusammenhang vielleicht auch ein paar Sätze zur Diskussion über Vermögensteuern, weil das unmittelbar im Zusammenhang steht: Es ist schon interessant, denn wenn es um Eigentum geht, um Anschaffung von Eigentum, dann spielen Vermögensteuern auch eine gewaltige Rolle. Von einer Vermö­gen­steuer, wie sie diskutiert wird, wären natürlich neben den Betrieben, neben den kleinen und mittleren Unternehmen, ganz stark auch die Grund­stücke, die Wohnungen und die Häuser der Österreicherinnen und Österreicher betroffen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Selbst wenn man eine Schwelle einziehen würde, wie sie ja auch zum Teil vorgeschlagen wird, wäre das Eigentum, das mit eigenem Geld hart erarbeitete Eigenheim, das vielleicht auch als Vorsorgewohnung angelegt worden ist, auch stark betroffen. Diese Diskussion kann man führen, okay, aber da gibt es natürlich auch andere Zugänge (Abg. Matznetter: ... nicht einmal mit dem Ministergehalt aus!), die die Fakten entsprechend stärker berücksichtigen.

Interessanterweise haben wir in Österreich – das noch zu dem Thema – eine Vermögensbesteuerung, wir haben eine Immobilienertragsteuer, die Einkünfte aus Miete und Pacht müssen versteuert werden. Wir haben in Österreich halt keine Substanzbesteuerung, sondern eine Ertragsbesteuerung, und das ist auch eine Vermögensbesteuerung. (Abg. Meinl-Reisinger: Wir haben auch eine Grundsteuer! Wir haben auch eine Grundsteuer, und das ist auch eine Substanz­steuer!) – Die haben wir auch, eben, genau. Wir haben also bereits viel Vermögensbesteuerung in Österreich. Es ist ja auch aus gutem Grund so, dass einer meiner Vorvorvorvorvorgänger, SPÖ-Finanzminister Lacina, diese Vermögensbesteuerung 1993 abgeschafft hat. Das geschah ja nicht ganz grundlos. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Michael Hammer: Der hat sich noch ausgekannt! Nicht so ein linker Träumer!)

Auch da gilt es aber, bei Steuererleichterungen natürlich weiter am Ball zu bleiben. Das ganze Thema Vorsorge beispielsweise könnte man sicher steuerlich auch noch entlasten. Da gibt es ein paar Maßnahmen, die durchaus noch Sinn machen würden. (Abg. Meinl-Reisinger: Go for it!)

Zur Inflation, weil Sie das auch angesprochen haben: Wir haben mit dem jüngsten Inflationspaket durchaus auch Maßnahmen gesetzt, die die Transparenz erhöhen und dadurch auch den Wettbewerb stärken. Das ist, glaube ich, wichtig. Natürlich ist es so, dass hauptverantwortlich für die Bekämpfung der Inflation die EZB ist. Ich glaube, das ist auch allen hier im Saal klar. Da kann man sich die Frage stellen – das haben wir eh schon öfters diskutiert –: Hat sie es richtig gemacht, hat sie es intensiv genug gemacht? – Geht so, da bin ich auch eher kritisch, okay. (Ruf bei der FPÖ: Eher falsch!) Klar ist aber, dass das Aufgabe der EZB ist.

Was wir zur Inflationsbekämpfung schon machen können: Sie haben die expansive Fiskalpolitik angesprochen – ja, das müssen wir sukzessive reduzieren. (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, aber dann machen Sie’s endlich! Sie sagen das seit Monaten in Interviews! Und am nächsten Tag geben Sie eine neue Förderung raus! ... wie eine kognitive Dissonanz! – Abg. Kassegger: ... seit 15 Jahren genau das Gleiche!) Das ist auch mein Zugang, um die EZB – um diesen Zusammenhang vielleicht auch noch herzustellen – bei ihren geldpolitischen Maßnahmen entsprechend zu unterstützen.

Um das geht es ja auch. Also die Situation, die budgetäre Situation der Mitglied­staaten muss in einem positiven Ausmaß erfolgen, in einer Nachhaltigkeit erfolgen, damit wir eben Institutionen wie die EZB auch entsprechend unter­stützen. (Abg. Meinl-Reisinger: Da braucht es endlich strukturelle Refor­men!)

Zur Inflationssenkung, die Sie angesprochen haben: Die Regierung feiert sich nicht ab wegen der Inflationssenkung, die wir jetzt erleben. (Abg. Meinl-Reisinger: Die ÖVP! Soll ich euch das Posting zeigen? Ich zeig’ euch die Postings!) Wir stellen es nur dar, wie es ist, die Fakten wiederum. Das würde Ihnen vielleicht auch gut stehen, einmal die Fakten darzustellen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Götze und Schwarz.)

Was sind die Fakten? Die Inflation geht im Juni jetzt um einen weiteren Prozentpunkt zurück, auf 8 Prozent, Gott sei Dank. Wir haben seit einem Jahr wieder die niedrigste Inflation, seit Jänner ist sie um 3 Prozentpunkte zurückgegangen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Sie ist immer noch zu hoch, überhaupt keine Frage, und wir müssen alles daran setzen, die Inflation auch noch nach unten zu bringen, aber das Positive ist zumindest, dass der Trend in die richtige Richtung geht, und das bestätigen ja auch hier alle Expertinnen und Experten – aber ja, der Wert ist nach wie vor zu hoch. (Abg. Meinl-Reisinger – ein Smartphonedisplay in Richtung Bundesminister Brunner haltend –: Abfeiern!) – Das hat nichts mit Abfeiern zu tun, sondern das hat mit einer ganz konkreten Darstellung der Fakten zu tun (Abg. Matznetter: Es gibt da nichts zu feiern!), und Sie können das ignorieren oder nicht, aber es ist halt einfach so. (Beifall bei der ÖVP.  Abg. Meinl-Reisinger: Dank unserer konse­quenten Regierungspolitik ...?)

Weil Sie den europäischen Vergleich angestellt haben: Ja, wir sind, nachdem wir letztes Jahr leicht unter dem europäischen Schnitt waren, jetzt leicht über dem europäischen Schnitt. Das ist zu hoch. Der Abstand zu Deutschland hat sich wieder etwas reduziert, weil in Deutschland die Inflation ja nach oben gegangen ist, während sie bei uns um 1 Prozentpunkt nach unten gegangen ist. Dennoch sind wir weit weg von diesem 2-Prozent-Ziel, das die EZB ausgegeben hat und das natürlich auch immer noch das Ziel der EZB ist, und ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass wir das so schnell erreichen werden. (Abg. Matznetter: Solange wir die Regierung haben, sicher nicht!) Da haben sich auch die Prognosen der Expertinnen und Experten der letzten Monate und Jahre doch etwas geändert.

Es ist aus meiner Sicht zentral, dass der Staat in solch einer außergewöhnlichen Situation hilft, in Krisenzeiten den besonders Betroffenen hilft, aber das hat natürlich auch eine Art Erwartungshaltung an den Staat und auch Auswirkungen auf das Budget mit sich gebracht.

Es ist in den vergangenen Jahren wahrscheinlich nicht so attraktiv gewesen, auf diese fiskalische Nachhaltigkeit, die Sie auch angesprochen haben, Frau Klubobfrau, hinzuweisen, aber das ist unsere Verantwortung. (Abg. Scherak: Ja wer war denn da ÖVP-Finanzminister?!) Das ist unsere Verantwortung, auch meine Verantwortung als Finanzminister, und das tue ich ja auch unermüdlich. Es braucht deswegen natürlich auf nationaler Ebene und auf europäischer Ebene nachhaltige Budgets (Abg. Meinl-Reisinger: Was heißt: es braucht?! Dann macht endlich Reformen, die sind dringend notwendig! – Abg. Kassegger: Die haben wir aber nicht ... 8 Milliarden Zinsen!), und auf europäischer Ebene einen Rahmen, der nachhaltige Haushalte entsprechend sicherstellt. Darum kämpfen wir übrigens auf europäischer Ebene ganz intensiv mit über zehn anderen Staaten auch gemeinsam dafür, dass die Fiskalregeln, die momentan gerade auf europäischer Ebene diskutiert werden, entsprechend eingehalten und auch transparent umgesetzt werden. (Abg. Kassegger: Die sind ausgesetzt worden! Das glaubt ihr ja selber nicht! Abg. Meinl-Reisinger: Kehrt einmal vor der eigenen Tür!) – Sie können vielleicht nachher noch einmal herauskommen und Ihre Sichtweise darstellen.

Diese budgetäre Nachhaltigkeit, diese fiskalische Nachhaltigkeit ist ja auch kein Selbstzweck, sondern es geht um Vorsorge. Es geht um die Vorsorge für nächste Generationen, die wir auf den Weg bringen werden (Abg. Scherak: 36 Jahre ÖVP in der Bundesregierung, auch 20 Jahre ÖVP-Finanzminister!), und deswegen müssen wir diese budgetäre Nachhaltigkeit auch auf europäischer Ebene entsprechend unterstützen.

Jetzt geht es darum, dass wir nach den Krisen – man ruiniert ja kein Budget in Krisenzeiten, sondern man würde es ruinieren, wenn man dann die richtige Abzweigung nicht nimmt (Abg. Amesbauer: Wie die ÖVP die letzten 20 Jahre!), und da bitte ich Sie alle um Unterstützung, diese Abzweigung auch entsprechend richtig zu nehmen. (Abg. Loacker: Ihr seid seit 37 Jahren in Regierungsverant­wor­tung!) – Herr Abgeordneter Loacker, da würde ich mich über Ihre Unterstützung auch sehr freuen.

Budgetär haben wir auch das Ziel, dass wir erstens einmal die Maastricht­kriterien, das 3-Prozent-Ziel, im nächsten Jahr wieder erreichen, das schaut gut aus. (Abg. Kassegger: Wieso „wieder“? Das ist überhaupt noch nie erreicht worden!) – Na selbstverständlich ist es erreicht worden, um Gottes willen! Oh weh, darüber müssen wir aber noch reden, Herr Abgeordneter. Natürlich haben wir es erreicht! Die 3 Prozent haben wir meistens erreicht, nur in diesen Krisenzeiten nicht, in diesen zwei Jahren (Abg. Kassegger: Und die 60 Prozent auch!), weil die Regeln auf europäischer Ebene ausgesetzt worden sind. Da müssen Sie sich die Regeln auf europäischer Ebene einmal anschauen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.  Abg. Kassegger: Und die 60 Prozent auch, oder?) Auch die 60 Prozent! Da geht es ja darum, dass der Pfad in Richtung 60 Prozent stimmt. Auch da gibt es ja nicht nur 3 Prozent und 60 Prozent, sondern es gibt dazwischen auch noch viele andere Regeln, die eingehalten werden müssen, die Österreich natürlich einhält – also da bitte auch die Details vielleicht ein bissel anschauen (Abg. Kassegger: Also alles in Ordnung ..., alles gut! Okay!), das würde uns allen und vor allem der Diskussion zu mehr Sachlichkeit verhelfen. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. Abg. Scherak: Die ÖVP war auch schon einmal ...! Abg. Kassegger: Ja eh, er ist einfach zu gut! Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. – Abg. Meinl-Reisinger: Sie haben jetzt eigent­lich gar nicht wirklich was zu dem Problem... gesagt!)

9.34

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. – Bitte.