13.00
Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Ist gut, ist gut, ist gut. Mahlzeit an dieser Stelle! Wenn ich mir die dünn besetzten Reihen der ÖVP anschaue, dann weiß ich schon, wo ich sie vermuten kann. (Abg. Zarits: ... Frechheit! Das ist wirklich eine Frechheit! – Abg. Schmidhofer: Die Beate ist auch nicht da! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
„Mahlzeit Burgenland“ heißt es auch bei einem ORF-Podcast. Da geht es um das Tratschen und Kochen und es werden dann Persönlichkeiten aus dem Burgenland vorgestellt. „Bei die Leit“ heißt es ein bisschen weiter im Westen. Da kann man interessante Tirolerinnen und Tiroler kennenlernen. Bei „Uschi hoch zu Beet“ geht es um Garten, Kräuter und Schneckenbekämpfung. – Das sind drei von 120 Podcasts, die der ORF mittlerweile betreibt. Manche davon sind eigens produziert, andere wiederum sind Nebenwirkungen von Radiosendungen oder anderen Produktionen. Sie breiten sich aus. Der ORF ergreift Raum! (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)
Während wir hier über mäßig sinnvolle Kennzahlen wie Textlängen oder tägliche Beitragsmengen auf der blauen Seite, also orf.at, diskutieren, sind im Schatten mittlerweile diese 120 Podcasts gewachsen. Sie stehen für etwas. Sie stehen für massive Marktverzerrung – bei Podcasts und auch auf vielen anderen Gebieten. Private Medienhäuser stehen vor einer Reihe von Hürden, wenn sie in diese Gebiete vordringen wollen, in denen der ORF mittlerweile zu Hause ist. Private Medienhäuser müssen sich nämlich einfallen lassen, wie sie das finanzieren – sie müssen Budgets aufstellen, sie müssen Businesspläne erarbeiten, sie müssen das Geld, das sie investieren wollen, erst einmal verdienen.
Der ORF hingegen kann beispielsweise einen True-Crime-Podcast, nämlich „Tatort Vorarlberg“, produzieren, um Kriminalfälle aus dem Ländle zu beleuchten, ohne sich groß Gedanken darüber zu machen. – Jetzt verstehen Sie mich nicht falsch: Jeder Einzelne dieser Podcasts ist wahrscheinlich hervorragend gemacht und produziert, denn Equipment, Sprecherausbildung, Produktionserfahrung, das ist ja nicht das Thema beim ORF. Auch die Menge an Podcasts ist nicht das eigentliche Thema, denn kein Podcast des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weniger wird die Krise der Medien, vor allem der privaten Medien, entscheiden. Dieser kleine Ausschnitt zeigt aber stellvertretend, was bei der Erstellung des neuen ORF-Gesetzes alles nicht gemacht worden ist, denn: Welchen Public Value, welchen öffentlich-rechtlichen Mehrwert liefern Plobergers Pflanzentipps, wenn es doch auch schon Uschis Pflanzentipps auf den ORF-Podcasts gibt? (Beifall bei den NEOS.)
Was ist relevant an „Suti kocht“ des ORF Vorarlberg, dass in Zukunft jeder Haushalt 15,30 Euro Minimum im Monat dafür bezahlen muss, oder an „Oberdenglers Rückschau“? – „‚Sepp Oberdengler‘ ist“ – ich zitiere – „ein fiktiver, abgewählter Vizebürgermeister einer steirischen Gemeinde, der meinungsmutig die Dinge anspricht, ‚wie sie sind‘“. Bislang ist aber davon auch nur eine Folge erschienen.
Was hilft das dabei, Reichweite zu machen, Publikum zu binden, zu schauen, dass man Public-Value-Inhalte auch konsumiert? Über Public Value, über diesen berühmten öffentlich-rechtlichen Mehrwert, wollte diese Regierung nicht sprechen. Man wollte nicht darüber sprechen, was ein ORF im Jahr 2023 und darüber hinaus leisten können muss, wofür er da ist, was seine Aufgabe ist und was nicht seine Aufgabe ist. Damit spricht man auch nicht über die Auswüchse, die ich gerade mit diesen Podcasts auch symptomatisch aufgelistet habe.
Eine andere, auch verlassene Baustelle betrifft die Entpolitisierung sowie die notwendige Gremienreform. Man kann ja übrigens diese Themen nicht ansprechen, ohne nicht auch sofort beleidigte Nachrichten von ORF-Mitarbeitenden zu bekommen. Denen möchte ich schon auch etwas sagen: Schreiben Sie bitte nicht mir! Schreiben Sie nicht jenen Personen, die ganz offensichtliche Probleme ansprechen! Schreiben Sie jenen, die diese Probleme einfach nicht lösen! (Beifall bei den NEOS.) Schreiben Sie jenen, die Sie als Mitarbeitende des ORF auch in einem schlechten Licht dastehen lassen!
Eigentlich haben wir mit diesem Gesetz, das jetzt beschlossen wird, genau gar nichts erreicht. Ein ORF mit all seinen Schwächen wird einzementiert. Der Podcast „Nahaufnahme“ – des ORF Niederösterreich übrigens –, in dem interessante Persönlichkeiten zu Gast sind, bleibt ebenso erhalten wie „Zu Gast nach 11“ – ebenfalls ORF Niederösterreich –, in dem ebenfalls – Überraschung! – interessante Persönlichkeiten aus ihrem Leben erzählen.
Die Novelle des ORF-Gesetzes ist keine Reform! Das ist eine absolut vergebene Chance. Alle Probleme, die es beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt – und derer gibt es wirklich genügend –, bleiben weiterhin erhalten. Mitarbeiter, die sich nachweislich von der Politik haben instrumentalisieren lassen, die massiv interveniert haben, die werden nicht rausgeschmissen, nein, sie werden versetzt. (Beifall bei den NEOS.)
Was ist das Learning? – Ich kann machen, was immer ich möchte, ich falle immer weich! Es ist alles wurscht! Oder anders gesehen: Wir haben einfach keinen Plan! – An der Spitze dieses Komplettversagens steht, dass keine Gremienreform gemacht wurde. Es steht nicht im Regierungsübereinkommen, sagen Sie, Frau Ministerin. – Ja, aber Covid stand auch nicht im Regierungsübereinkommen und man hat sich trotzdem darum kümmern müssen. (Beifall bei den NEOS.)
Wenn Herbert Kickl sich hier herausstellt und gegenüber dem ORF droht, droht, dass er die Finanzierung abdrehen wird, und Journalistinnen und Journalisten beschimpft, dann muss man schon eines sagen: Diese nicht gemachte Gremienreform bereitet das Feld auf für eine FPÖ, die dann einen ORF vorfindet, der hergerichtet ist, wo sie den Durchgriff hat. Das ist dramatisch, was da auf uns zukommt. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kickl: Niemand will einen Durchgriff! Der Durchgriff ist jetzt gegeben!)
Eine Entpolitisierung der Gremien würde den ORF genau aus diesem Würgegriff der regierenden Parteien befreien. Er würde dazu führen, dass er sich stärker und wirklich wahrhaftig auf seinen Kernauftrag konzentrieren kann. Solange der ORF aber ein Instrument der Macht, des politischen Orchesters bleibt, bleibt das einfach ein Kampf gegen Windmühlen. Deshalb werden wir NEOS diesem ORF-Gesetz heute nicht zustimmen.
Wir wollen Kompetenz vor Parteibuch. Wir wollen eine ehrliche Debatte über die Aufgaben und Ziele des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wir wollen die Zivilgesellschaft in eine so wichtige Debatte einbeziehen. Wir wollen einen unabhängigen ORF. Wir wollen nicht diesen Murks. Das ist eine vergebene Chance und daher werden wir nicht zustimmen. (Beifall bei den NEOS.)
13.07
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin MMag.a Dr.in Susanne Raab. – Bitte, Frau Minister.