14.53

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Das ist eigentlich eine Rede, von der ich mir wünschte, ich würde sie nicht halten müssen, und ich wünschte mir, ich würde sie nicht halten müssen, weil es das Problem, über das ich reden muss, nicht gibt. Das Problem gibt es aber, und es ist auch nicht nur ein Problem, es ist eine wahre Plage, eine Pandemie, die weltweit tagtäglich das Leben von Millionen von Mädchen und Frauen drastisch beeinträchtigt, und ich spreche da natürlich von Gewalt gegen Frauen. Es ist traurige Realität: In Österreich war bereits jede dritte Frau zumindest einmal von Gewalt betroffen, von körperlicher, sexualisierter oder auch psychischer Gewalt.

Hier im Hohen Haus sitzen 183 Abgeordnete, davon sind 73 Frauen. Schauen Sie sich einmal um: Statistisch gesehen hat jede dritte Abgeordnete eine Form von Gewalt erfahren, ist von einem Mann eingeschüchtert, bedroht, angeschrien, geschlagen, getreten, gewürgt oder geprügelt worden, so wie jede dritte Frau in unserem Land.

Es gibt hier im Nationalrat vier Parteien, denen Gewaltschutz und Gewaltprä­vention echte und ehrliche Anliegen sind, und es gibt eine Partei, die FPÖ, die Gewalt gegen Frauen immer nur dann interessiert, wenn sie das Problem für ihre hetzerische Agenda instrumentalisieren kann, wenn sie es rassistisch ausschlachten kann, wie das gerade eben auch die Vorrednerin getan hat und wahrscheinlich auch der nächste Abgeordnete der FPÖ später noch tun wird.

Soll ich Ihnen aber etwas sagen? Alle, die hier sitzen, und alle, die heute zuschauen, wissen, dass Ihnen Gewaltschutz und Gewaltprävention egal sind, und zwar nicht nur egal sind, sondern dass Sie sie sogar aktiv bekämpfen. Sie bekämpfen sie aktiv und Sie diffamieren sogar all jene, die im Gewaltschutz, in der Gewaltprävention tätig sind und wichtige Unterstützung für Frauen leisten. Erinnern wir uns exemplarisch daran, dass die FPÖ in Amstetten einst eine Förderung für ein Frauenhaus abgelehnt hat. Ihre Stadträtin meinte damals – ich zitiere das –: Frauenhäuser sind ein „Unfug“, der abgestellt gehört, und sie sind „an der [...] Zerstörung von Ehen [...] maßgeblich beteiligt“. – Was ist das für eine unfassbare Diffamierung der wichtigen Arbeit, die die Frauenhäuser tagtäglich leisten?! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Schauen wir uns an, was Herr Kickl, der glücklicherweise nur kurze Zeit Innen­minister war, in dieser kurzen Zeit gemacht hat: Er hat die bestens bewährten, bestens etablierten Hochrisikofallkonferenzen abgeschafft. Wäh­rend seiner Amtszeit ist auch die Zahl der polizeilich ausgesprochenen Betretungs- und Annäherungsverbote gesunken. Oder schauen wir uns an, was die FPÖ-Abgeordneten im Europaparlament machen: Dort waren sie die Einzigen – die Einzigen! –, die geschlossen gegen das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt gestimmt haben. Sie haben gegen Gewaltschutz gestimmt! Sie haben dagegengestimmt! Wer soll Ihnen bitte glauben, wenn Sie sich jetzt hier herausstellen und sich rhetorisch für Gewaltschutz starkmachen? – Das glaubt Ihnen niemand! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Jede dritte Frau in unserem Land, jedes dritte Mädchen ist von Gewalt betroffen. In der Vergangenheit ist dieses Problem von der Politik nicht als Priorität behandelt worden. Das hat diese Bundesregierung geändert. Es gibt substanziell mehr Budget für Gewaltschutz, für Gewaltprä­vention, beispielsweise 33 Prozent mehr für die Frauen- und Mädchenbera­tungs­stellen, um deren wichtige Arbeit abzusichern.

Wir haben die von Herbert Kickl damals abgeschafften Hochrisikofallkonfe­renzen wieder eingeführt. Wir haben mehrere wichtige Schwerpunkte in der Täterarbeit gesetzt. Wir haben die Frauenhelpline gegen Gewalt, deren Nummer Sie hier (auf die Tafel auf dem Redner:innenpult weisend) auf der Tafel sehen, finanziell und personell aufgestockt.

Wir haben ein Schusswaffenverbot für Gewalttäter, für jene, die schon einmal gewalttätig waren, erlassen. Auch da hat übrigens die FPÖ als einzige Partei dagegengestimmt.

Heute setzen wir eine wichtige weitere Maßnahme, die von Expertinnen und Experten lange Zeit gefordert worden ist, um. Mit der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern, die wir heute beschließen, bauen wir die wichtigen Gewaltschutzstrukturen im Land weiter aus, indem wir 12 Millionen Euro für Start- und Übergangswohnungen für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder zur Verfügung stellen.

Wieso ist das wichtig? – Damit das auch alle wissen, denn diese Zahl ist ebenfalls erschütternd: Rund ein Drittel aller Frauen, die temporär in einem Frauenhaus Schutz finden, kehrt nach dem Aufenthalt im Frauenhaus wieder zum gewalttä­ti­gen Partner zurück. Diese Entscheidungen treffen die Frauen oftmals nicht aus Überzeugung, sondern schlichtweg darum, weil es keine leistbare Wohnung für sie und für ihre Kinder gibt.

Deshalb haben wir bereits im Regierungsübereinkommen vereinbart, dass wir die Bundesländer beim Ausbau der wichtigen Start- und Übergangswohnungen unterstützen und so den gewaltbetroffenen Frauen und Kindern schneller Schutz und Unterstützung bei ihrem Start in ein gewaltfreies Leben geben wollen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Was es noch braucht: Es braucht dringend eine Diskursverschiebung. Die Männer sind bei Gewalt gegen Frauen das Problem, also müssen sie zwangs­läufig auch Teil der Lösung sein. Die oft vorwurfsvoll gestellte Frage: Na, wieso bist du denn bei ihm geblieben?, muss endlich der Vergangenheit angehören. In den Vordergrund gerückt gehört die Frage an den Mann als Täter: Wieso bist du gewalttätig geworden? Wieso bedrohst du, wieso schlägst du?

Männergewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das uns alle betrifft, aber für ihr Verhalten, für ihre Taten sind alleine die Täter verantwortlich. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte zum Schluss kommen und abschließend all jenen danken, die tagtäglich in den Gewaltschutzeinrichtungen, in den Beratungseinrichtungen wichtige Arbeit für gewaltbetroffenen Frauen, Mädchen und deren Kinder leisten: Vielen Dank für Ihr Engagement!

All jenen Mädchen und Frauen, die jetzt zuschauen, die von Gewalt betroffen sind, möchte ich sagen: Sie sind in dieser Situation nicht allein, Sie sind auch nicht an dieser Situation schuld. Es gibt Hilfe, es gibt Unterstützung, ein sehr breites Unterstützungsangebot. Ich bitte Sie wirklich: Nehmen Sie es in Anspruch! (Beifall bei den Grünen.)

14.59

Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Brandstötter, Sie hätten jetzt noch ungefähr 1 Minute, dann müsste ich Sie unterbrechen. Wollen Sie trotzdem beginnen, oder sollen wir es später machen? (Abg. Brandstötter: Nein, das will ich nicht!) – Also später, gut.

Dann unterbreche ich die Sitzung bis 15 Uhr.