17.10

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal und vor den Bildschirmen! Sie werden wahrscheinlich eher Autobesitzer sein als nicht. Da spreche ich jetzt für die gesamte österreichische Bevölkerung – der Kraftfahrzeugbestand beträgt ungefähr 5,1 Millionen Pkws. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand ein Leasingfahrzeug besitzt, ist ziemlich hoch: Mehr als die Hälfte der privaten Pkws, die auf Österreichs Straßen unterwegs sind, 54 Prozent, sind Leasingfahrzeuge. (Abg. Deimek: Ein Strafschwurbler! Die Grünen kippen gleich in Ohnmacht!) Bei diesen Leasingfahrzeugen kann man davon ausgehen, dass junge Menschen, die potenziell das Auto zum Rasen verwenden, noch stärker vertreten sind. (Abg. Deimek: So ist es!)

Worauf will ich hinaus? – Wir sollen ein Gesetz beschließen, das in letzter Konsequenz ermöglicht, ein Auto zu enteignen, falls es zum Rasen verwendet wird, wobei die Raserei per Gesetz jedenfalls dann gegeben ist, wenn sie unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen wurde – das ist die Voraus­setzung dafür, dass das Fahrzeug enteignet werden kann –, und diese haben wir innerorts bei einer Überschreitung von mehr als 80 km/h. Außerorts – da wird dann nicht mehr zwischen Freilandstraßen, Bundesstraßen und dem hochran­gigen Straßennetz differenziert – genügen 90 km/h.

Allein schon deshalb wird die Regelung irgendwo wackelig. Ich würde mir wünschen, dass wir, wenn wir schon solche Regelungen treffen, sie schon so ausbauen, dass sie einer rechtsstaatlichen Überprüfung standhalten. Wenn man hergeht und sagt: 80 km/h im Ortsgebiet!, dann spricht man von einer Über­schreitung um 160 Prozent. Auf der Autobahn, wo wir eine Standardgeschwin­dig­keit von 130 km/h haben, genügt bereits eine Überschreitung um 69 Prozent, damit man das Auto verliert. – Da wird der Verfassungsgerichtshof nicht mitspielen, das sage ich Ihnen gleich. (Abg. Deimek: Da werden die grünen Schwurbler aber ganz nervös werden!) Man kann nicht standardmäßig diktieren, dass eine Überschreitung auf der Autobahn um 69 Prozent genauso schnell die besonders gefährlichen Verhältnisse schafft wie eben 160 Prozent Überschreitung im Ortsgebiet. Im Ortsgebiet könnte ich mir das noch viel niedriger vorstellen, denn da wird es wirklich gefährlich, da sind die gefährlichen Verhältnisse viel schneller da. – Das ist ein Einwand.

Ein weiterer großer Einwand: Wir sind gewohnt, dass das Eigentumsrecht in Österreich sehr streng geschützt ist, und das ist gut so – das hat Grund­rechtsschutz. Ein Eingriff ins Eigentumsrecht kann nicht so leichtfertig erfolgen, da braucht es ein rechtsstaatliches, ein EMRK-konformes Verfahren.

So wie das jetzt geregelt ist, entscheidet über den Verfall die Bezirkshaupt­mannschaft – und das muss gar nicht ein:e juristische:r Mitarbeiter:in sein – per Strafverfügung, in der die Geldstrafe für die Geschwindigkeitsübertretung festgesetzt wird. (Abg. Deimek: ... der Verkehrsreferent und geht nachher wegen Amtsüberschreitung in den Häfen! Das wird lustig!) – Sehr geehrte Frau Bundesministerin, das geht so nicht!

Ich weiß, wie da gearbeitet wird. Die arbeiten alle tüchtig, aber wir dürfen ande­rerseits doch nicht unter den Scheffel stellen, dass eine richterliche Ausbildung halt doch besser in die Lage versetzt, die Kriterien, die das Gesetz vorsieht – und diese sind in diesem Fall eh sehr dürftig –, dann, wenn es geboten erscheint, auf den Einzelfall anzuwenden. Ich kenne diese Bescheide, in die mit Textbausteinen Begründungen hineinkopiert werden – und das soll dann Rechtsstaat sein!

Das lasse ich mir, wenn es wegen irgendetwas um eine Geldstrafe geht, ja eher noch gefallen. Wenn wir aber jemanden enteignen (Abg. Deimek: Aus dem Verwaltungsrecht nämlich, nicht aus dem Strafrecht!), dann würde ich mir schon sehr wünschen, dass wir Mindeststandards an Rechtsstaatlichkeit einhalten.

Das ändert alles nichts daran, dass wir das Anliegen, die Raserei massiv zu bekämpfen, teilen. Wir haben deswegen im Jahr 2021 beim ersten Raserpaket mitgestimmt. Ich hätte mir gewünscht, dass wir jetzt Zahlen bekommen: Wie hat das gewirkt? (Abg. Deimek: Hat eben nicht gewirkt, sagen alle!) Wie hat es sich ausgewirkt, dass genau diese Geschwindigkeitslimits – 80, 90 km/h – zu sechs Monaten Führerscheinentzug führen? Wie viele solche Führerscheinentzüge wurden schon durchgeführt? Was ist los, werden die Möglichkeiten des Geset­zes jetzt schon ausgeschöpft? Warum jammern die Menschen in Wien immer noch darüber, dass es so viele illegale Straßenrennen gibt? Wird da das Gesetz nicht angewandt? Warum geht man dann gleich jetzt, bevor man dieses Gesetz evaluiert, einen solchen Schritt weiter, der uns als Ultima Ratio bleiben und nicht aus der Hüfte geschossen werden sollte? – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Deimek: Autohass, mehr ist es nicht! Danke, Herr Anwalt, gute Rede!)

17.16

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte.