Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Guten Morgen, Herr Minister! Die Pflichtschullehrergewerkschaft hat ja gestern ihren sehr klaren und eindrucksvollen Forderungskatalog veröffentlicht. Sie weist vor allem auf die angespannte Personalsituation im Pflichtschulbereich hin. Jetzt ist meine Frage:

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„Sind die bisher gesetzten Maßnahmen aus Ihrer Sicht ausreichend, um den Lehrkräftemangel, insbesondere an den Pflichtschulen, in Griff zu bekommen?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, Sie haben völlig recht: Der Bedarf an Lehre­rinnen und Lehrern ist sicher eine der größten Herausforderungen, vor denen wir derzeit im Bildungsbereich stehen. Wir haben deshalb mit der größten Lehrkräfteoffensive der Zweiten Republik begonnen. Wir haben Maßnahmen in den verschiedensten Bereichen auf Schiene gebracht, um gerade dazu tätig zu werden – das sind kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen.

Wir haben im Bereich des Personalmanagements und Recruitings einige wichtige Schritte gesetzt. Wir haben etwa die Bewerbung für den gesamten Bundesschul­bereich vereinheitlicht: Wir haben die Fristen vereinheitlicht, wir haben den gesamten Prozess voll digitalisiert, und dieser Vereinheitlichung, diesem Prozess haben sich auch die meisten Bundesländer bereits angeschlos­sen. Erste Analysen zeigen, dass wir durch diese volle Digitalisierung den Prozess beschleu­nigen, dadurch auch rascher Bescheid wissen, wo wir vermehrten Bedarf haben, und auch rascher entsprechende Zuteilungen machen können.

Es ist aber klar, wir müssen darüber hinaus noch mehr tun. Wir haben deshalb das Modell des Quereinstiegs, das ja schon seit Längerem besteht, auf neue Beine gestellt: Auf Basis eines sehr strengen Auswahlverfahrens kommen nun Personen dafür dann regulär in den Schulbereich, sie bekommen öffentlich-rechtliche Dienstverträge und sind ein vollwertiger Bestandteil der Schulgemein­schaft.

Wir haben gesehen, dass diese Maßnahmen wirken: Bisher waren es immer so ungefähr 300 Personen, die im Laufe eines Jahres als Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger in die Schulen gekommen sind, mittlerweile sind es bereits über 600 Personen, die sich heuer auf diese Art und Weise beworben haben. Wir sehen, dass das Interesse groß ist. Wir tragen damit auch einiges zur Entlastung bei, und ich gehe davon aus und bin sehr guten Mutes, dass wir auch heuer wieder alle Unterrichtsstunden werden anbieten können.

Es gibt einige Bereiche, es gibt einige Regionen, wo der Bedarf besonders groß ist, aber auf allen Ebenen wird intensivst daran gearbeitet, diesen Bedarf zu decken.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Der Quereinstieg, von dem Sie sprechen, betrifft ja jetzt nur den Sekundarbereich. Werden Sie den Quer­einstieg auch für den Primarbereich ermöglichen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Ja, der Primarbereich hat natürlich aufgrund einer anderen Struktur, weil es etwa kein Fächerprinzip gibt, weil die Lehrerin, der Lehrer ja im Grunde genom­men die ganze Zeit mit den Kindern arbeitet, etwas andere Voraussetzungen.

Wir überprüfen das aber sehr intensiv und arbeiten intensiv daran, auch für den Primarbereich die Möglichkeiten zu schaffen, quer einsteigende Personen zur Verfügung zu stellen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Seemayer. – Bitte sehr.

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sie haben die Quereinsteiger angesprochen. Hintergrund meiner Frage ist ein offener Brief an Sie, in dem die Personalvertreter:innen der Berufsschulen aufzeigen, dass der Quereinstieg als Berufsschullehrerin, -lehrer bei Weitem schwieriger ist als ein Quereinstieg in die normalen mittleren und höheren Schulen. Diese Ungleichheit führt natürlich dazu, dass in der Berufsschule auch der Lehrkräftemangel eklatanter ist.

Gibt es Ihrerseits Pläne, die Benachteiligung von Quereinsteiger:innen an Berufsschulen zu beheben?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Was das angeht, haben wir leider feststellen müssen, dass es da einiges an Missverständnissen gibt. Ich darf deshalb noch einmal ganz klar festhalten: Das klassische Modell für Personen mit Lehre und Berufspraxis hat sich nicht geändert, das heißt, all jene Personen, die auf diesem Wege in den Beruf kommen wollen, werden das natürlich weiterhin tun können.

Es gab immer eine zweite Variante, dass Personen mit einem fachlich geeigneten Studium auf Masterniveau unter Vorgabe von 60 ECTS Weiterbildung ins System gekommen sind. Diese Variante wurde nur sehr, sehr selten genützt. Mit dem Quereinstieg Neu gibt es jetzt vermehrt die Möglichkeit, auf diesem Weg einzusteigen und berufsbegleitend, je nach Studiendauer, 60 oder 90 ECTS zu absolvieren. In Summe ist das wie das bisherige Modell zwei, das nur sehr wenig genützt worden ist. Am ersten Modell, also Einstieg mit Lehre und Berufs­praxis, hat sich nichts geändert.

Wir haben natürlich das größte Interesse, möglichst viele engagierte und qualifizierte Personen im System zu halten und ins System neu dazuzube­kom­men. Ich kann da Entwarnung geben.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Weber. – Bitte.

Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Lehrermangel ist in vieler Munde. Ich weiß, Sie sind wirklich sehr bemüht, Maßnahmen zu setzen, um dem auch entsprechend entgegenzuwirken, und es ist wirklich notwendig, dabei an vielen Schrauben zu drehen.

Meine konkrete Zusatzfrage ist: Können Sie sich als eine Maßnahme gegen den Lehrermangel eine Verkürzung der Dauer der Pädagoginnen- und Pädagogen­ausbildung vorstellen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Ja. Ich darf vorausschicken, dass ich aufgrund meiner früheren Tätigkeiten auch sehr aktiv involviert war, als damals auf Basis des neuen Gesetzes die neuen, längeren Studien eingeführt wurden. Ich habe seitdem in meinen früheren Funktionen an der Universität auch die Verantwortung für diesen Bereich getragen und kenne ihn deshalb sehr gut.

Ich habe im Laufe der Zeit gesehen, dass es immer wieder Zweifel gegeben hat, ob die Studiendauer für die Sekundarstufe nicht zu lang ist und ob die Studienarchitektur für die Primarstufe passt. Auch in meiner neuen Funktion als Minister habe ich meine Kontakte weiter gepflogen und auch dazu sehr intensive Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Universitäten und pädagogischen Hochschulen geführt.

Nicht zuletzt auch auf Basis der Evaluierung des Qualitätssicherungsrates ist für mich klar, dass es, auch was die Qualität angeht, durchaus vertretbar ist, die Studiendauer für die Sekundarstufe auf ein sechssemestriges Bachelor- und ein viersemestriges Masterstudium zu verkürzen und auch für die Primarstufe die Struktur zu ändern. Das ist zwar nicht das Allheilmittel gegen den Lehrermangel, aber wir werden dadurch die Studien attraktivieren.

Wir werden auch eine grundlegende Reform in Gang setzen, was bedeutet, natürlich auch die Praxisinhalte entsprechend besser zu verankern und zu überprüfen, welche Lehrinhalte tatsächlich überhaupt notwendig sind, kurzum, die Curricula auch entsprechend zu entrümpeln.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Salzmann. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.