15.00

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, auch via Livestream! Ich möchte auch damit beginnen, dass nach dem morgigen Tag nun die wohlverdienten Sommerferien im Westen Österreichs starten. Ich möchte an dieser Stelle einmal allen Schülerinnen und Schülern zu ihren Leistungen in diesem Schuljahr gratulieren, und ich möchte euch alle, meine Kolleginnen und Kollegen, einladen, dass wir gemeinsam den Lehrerinnen und Lehrern, den Schulleiterinnen und Schulleitern, den Kindern, den Schülerin­nen und Schülern und den Eltern für dieses Schuljahr einen Applaus spenden. (Allgemeiner Beifall.)

Ich habe ja schon letzten Freitag sozusagen die Zeugnisverteilung gehabt und habe schon die ersten drei Tage genossen, habe also jetzt schon die ersten drei Tage zwei Schulkinder zu Hause gehabt. Ich kann Ihnen sagen: Die Ruhe in den Ferien ist wohlverdient. Ich habe auch das Gefühl, die wollen jetzt einmal nur ihre Ruhe haben. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Auch die Lehrerinnen und Lehrer haben sich das jetzt einmal verdient. Die machen den wichtigsten Job in der Republik, nämlich all unseren Kindern die Wurzeln zu geben, damit die ihre Flügel entfalten können und dann in die Zukunft fliegen können, selbstbestimmt ein Leben leben können, mit all dem, was man braucht, um dieses selbstbestimmte Leben leben zu können.

Es schaut aber im Bildungsbereich nicht gut aus, und da möchte ich schon an die vorhergegangene Diskussion anknüpfen, Herr Bildungsminister. Also wenn das Einzige im Unterrichtsausschuss, im Bildungsausschuss ist, dass es darum gehen soll, die Schulgebäude energieeffizient zu machen, was ohnehin eine Selbstver­ständlichkeit ist und woran Sie ohnehin schon dran sind, dann zeigt das, welchen Stellenwert Bildung und Schule bei dieser Bundesregierung haben, nämlich genau gar keinen. (Beifall bei den NEOS.) Sie bringen im bildungspolitischen Bereich einfach gar nichts weiter.

Da ist mir ein Bild eingefallen. Ich weiß nicht, kennen Sie The Line? – The Line ist ein Bauprojekt in Saudi-Arabien, ein zusammenhängender Gebäudekomplex im Ausmaß von 170 Kilometern Länge, in dem neun Millionen Menschen wohnen sollen. Das ist die größte Baustelle der Welt. Nun, Österreich hat nicht nur 170 Kilometer Länge, sondern von Ost nach West 575 Kilometer Länge, aber es wohnen neun Millionen Menschen hier, und ich würde sagen, Bildung ist die größte Baustelle in unserem Land, und da muss dringend etwas passieren.

Schauen wir uns jetzt einmal ganz konkret an, wie es eigentlich mit dem Job der Lehrerinnen und Lehrer ausschaut. Wir haben uns gedacht, wir wollen uns das evidenzbasiert anschauen, und haben gemeinsam mit einem Meinungsforscher, Marktforscher 700 Lehrerinnen und Lehrer befragt, wie es ihnen tagtäglich im Job geht. Das war durchaus sehr erhellend, weil der wirklich überwiegende Großteil eigentlich rückgemeldet hat, dass mittlerweile Schule nicht mehr der Ort ist, wo sie in der Früh gerne hingehen.

Ich glaube, das ist wirklich alarmierend, denn so viele junge engagierte Jung­lehrerinnen und Junglehrer beginnen diesen Job mit dem Anspruch, etwas zu bewegen, etwas weiterzugeben, einen Dienst an den Kindern, an der Gesell­schaft zu leisten, und so viele werden in diesem System ernüchtert, wenn nicht sogar gebrochen.

Wissen Sie, was der Hauptgrund ist, warum die Lehrer sagen: Eigentlich freut es mich nicht mehr!? – Das ist die erdrückende Bürokratie. Neun von zehn Befrag­ten haben angegeben, dass in ihrem Arbeitsumfeld dringend etwas verändert werden muss. Also wenn ein Arbeitgeber hört, dass neun von zehn Beschäftig­ten bei ihm sagen: An meinem Arbeitsumfeld muss sich dringend etwas ändern!, dann sollten bei ihm alle Alarmglocken läuten. (Beifall bei den NEOS.)

Drei Viertel der Befragten haben gesagt: Mein Hauptproblem ist die Bürokratie, die Administration, das Führen von Statistiken, das Führen von Listen, die Dokumentation, das Erstellen von Protokollen! Das ist erdrückend, und ich komme nicht dazu, meinen Job zu machen!

95 Prozent der Befragten – das ist jetzt genau das Ergebnis Ihrer Arbeit im Ministerium – stimmen der Aussage zu: Lehrkräfte „sind mit zu vielen Erlässen, Verordnungen und Regelungen aus Ministerium und Bildungsdirek­tionen konfrontiert und finden immer weniger Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben“.

Natürlich kann man sagen, Bürokratie ist ja wichtig, es muss alles ordentlich vor sich gehen und das muss ja dokumentiert werden, das Hauptproblem ist aber, dass es immer mehr und immer mehr und immer mehr geworden ist und dass ganz viele der Lehrerinnen und Lehrer sagen: Wozu? Es ist so sinnlos! Ich schreibe da Protokolle, ich schreibe da Dokumentationen, ich schreibe Listen über Listen, und kein Menschen schaut sich das an!

Es gibt nämlich auch keine sinnvolle Aufgabenteilung im Schulsystem. Ich habe es schon gesagt: Was ist eigentlich der Anspruch, wenn man als junger Mensch sagt: Ich möchte diese Laufbahn machen, ich möchte Pädagogin oder Pädagoge werden!? – Will man dann seine Stunden damit verbringen, Listen auszufüllen oder in drei verschiedenen Schulverwaltungssystemen digital etwas eintragen zu müssen, oder will man sich damit beschäftigen, dass man selber seinen Laptop und das IT-System herrichtet, weil es in der Schule eigentlich niemanden gibt, der das für einen macht, oder Protokolle führen oder Dokumentationen machen?

Deswegen beginnt doch niemand diesen Job. Es sagt ja niemand: Ich möchte so wahnsinnig gerne in eine Schule gehen, weil ich dort so herrlich viel Bürokratie erledigen kann!, sondern die gehen dorthin, weil sie etwas anderes machen wollen.

Es gibt zum Beispiel immer mehr Fälle – wir kennen das; gerade auch als Mutter kenne ich das Thema, und das ist sehr ernst zu nehmen – von Mobbing in der Schule. Die Gefahr steigt natürlich auch mit den Mobiltelefonen, mit – was weiß ich – all den Whatsapp-Nachrichten und den sozialen Medien massiv, und es wird immer mehr zum Thema. Wenn Lehrer uns rückmelden, dass die Dokumen­tation der Konflikte mehr Zeitaufwand benötigt, als sie dann zur Verfügung haben, um diese Konflikte wirklich zu lösen, sollten doch auch bei Ihnen, der Sie eigentlich für dieses Thema zuständig sind, alle Alarmglocken läuten.

Ein Klassenvorstand hat mir letzthin geschrieben: Als Klassenvorstand ist man der Trottel vom Dienst! – Das ist auch ein Armutszeugnis, denn es ist ein wertvoller Teil des Lehrerdaseins, dass jemand bereit ist, diese Verantwortung zu übernehmen, Klassenvorstand zu sein und eine ganze Klasse über Jahre zu begleiten. Es ist doch im Ergebnis ein Nicht genügend, wenn am Ende heraus­kommt, dass sie sagen: Also eigentlich bin ich nur noch der Depp! Das ist komplett sinnlos, und ich möchte das nicht mehr machen! – Das ist zukunfts­vergessen. Sie rauben da wirklich ganzen Generationen von Kindern und Jugendlichen, aber auch dem Lehrpersonal die Zukunft. (Beifall bei den NEOS.)

Es gab dann auch die Möglichkeit, auszufüllen, was denn das Problem ist, und wir haben das für Sie schön, wie das ja Ihre Lehrer in den Schulen auch machen müssen, in Form einer Liste gemacht (eine lange, bedruckte Papierbahn entrollend), in der Sie dann über 300 Beispiele dafür nachlesen können: Formu­lare ausfüllen, Listen um Listen, Entschuldigungslisten, Abrechnung von Ausflügen, Abrechnung von Reisetätigkeit et cetera. All das sind Beispiele aus der Praxis, die Sie in Ihrem Elfenbeinturm vielleicht nicht sehen, die die Lehrerinnen und Lehrer tagtäglich erleben, sodass sie ihren Job nicht mehr machen können – und das stimmt.

Die Lehrergewerkschaft schlägt jetzt auch Alarm und sagt: Na ja, in Österreich kündigen täglich durchschnittlich drei Lehrer!, und das in einer Zeit von grassierender Personalnot, auf die Sie keine einzige Antwort haben.

Eines muss ich der ÖVP und der SPÖ sagen: Das mit der Pensionierungswelle der Babyboomer – ganz ehrlich – war ein An-die-Wand-Fahren mit Anlauf. Da gratuliere ich Ihnen wirklich. So tief kann man den Kopf gar nicht in den Sand stecken, wie Sie das getan haben, was die drohende Personalnot angeht. (Beifall bei den NEOS.)

Ich muss da aber auch die Gewerkschaft in die Pflicht nehmen, denn ganz offensichtlich macht die auch nicht immer den besten Job. Wissen Sie, wie viel Prozent der Lehrer in Österreich sagen, wenn man sie fragt, ob sie sich gesellschaftlich anerkannt fühlen: Ja, ich bin als Lehrer angesehen!? – 16 Pro­zent.

Auch da also wieder: Wenn ich der Arbeitgeber oder der zuständige Minister wäre, würde es bei mir klingeln, wenn nur 16 Prozent der Lehrer sagen: Ich bin mit meinem Job in der Gesellschaft angesehen! Wissen Sie, wie hoch da der Wert in Finnland ist? – 58 Prozent; in Singapur, das da am besten abschneidet, 72 Prozent! Es wäre möglich, Herr Minister, wenn Sie Ihren Job besser machen würden, dass der Job der Lehrerinnen und Lehrer auch in Österreich höher angesehen wäre.

Das Ergebnis ist völlig klar: Wir haben ein absolutes Mittelmaß. Wir schaffen mit unserem Bildungssystem weder Topexzellenz noch wirkliche Chancengerech­tigkeit, Chancenfairness oder das Versprechen abzugeben, jedem Kind die Flügel zu heben. Wir sind mau, wir sind Mittelmaß, und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das reicht uns NEOS nicht! (Beifall bei den NEOS.)

20 Prozent, also ein Fünftel aller Schüler, verlassen die Pflichtschule und können nicht gescheit lesen und rechnen. Das ist das Ergebnis einer seit Jahrzehnten völlig verfehlten Bildungspolitik. Und dann stellen Sie sich hin und reden etwas von Personalmangel und davon, dass man unsere Kinder und Jugendlichen jetzt irgendwie besser ausbilden und bilden muss! Wenn Sie solche Ergebnisse pro­duzieren, ist das wirklich ein Bauchfleck.

Es ist eine Privatisierung durch die Hintertür. Das kann man sich auch anschauen: Wie viel gibt ein Land pro Schüler durchschnittlich für Bildung aus? Österreich gibt pro Schüler relativ viel aus, wir geben deutlich mehr als Finnland und als Estland aus. Alle diese Länder schneiden aber wesentlich besser ab. Die dortigen Bildungssysteme, die dortigen Schulen sind einerseits gerechter und andererseits schaffen die Schüler beispielsweise bei den Pisa-Tests deutlich bessere Ergeb­nisse.

Wir geben also sehr viel Steuergeld aus, der Steuerzahler muss Länge mal Breite dafür zahlen, und gleichzeitig wird aber auch privatisiert, weil die Eltern Hun­derte Millionen Euro pro Jahr für private Nachhilfe in die Hand nehmen müssen. Eine Familie mit einem Kind gibt pro Jahr durchschnittlich 750 Euro für Nachhilfe aus. Immer mehr Eltern vertrauen dem öffentlichen Bildungssystem nicht und zahlen dann noch für eine Privatschule. Das sind übrigens genau die gleichen Probleme wie im Gesundheitsbereich: Es ist ein extrem teures System, die Menschen zahlen doppelt – teilweise dreifach –, mit ihren Steuer­leis­tungen, den Krankenversicherungsleistungen, und dann noch für die Wahlärzte und für die private Krankenversicherung.

Wir waren ja in Finnland und Estland und ich kann mich an ein Gespräch mit einer Lehrerin erinnern, die wir gefragt haben: Wie ist denn das eigentlich in Estland? Wie machen die Eltern das mit der Nachhilfe? Wie viel wird dafür ausgegeben? Die Lehrerin hat uns völlig fassungslos, mit großen Augen angeschaut und hat gesagt: But that’s our job! – Das ist doch unser Job! (Abg. Salzmann: Was wollen Sie damit den Lehrer:innen sagen? Was sagen Sie damit den Lehrer:innen ...?) Das ist doch unsere Verantwortung, den Kindern, die sozusagen nicht mitkom­men, dann entsprechende individuelle Zuwendung zu geben! – Und stellen Sie sich vor: Die holen sich am Nachmittag die Kinder, die Förderbedarf haben, und machen das mit den Kindern. Das ist alles möglich, liebe Kolleginnen und Kollegen, und das ist keine Utopie. Fliegen Sie dorthin und schauen Sie sich das an! (Beifall bei den NEOS. –

Abg. Salzmann: Was will sie damit den Lehrer:innen sagen? Dass sie keinen guten Job machen, oder was heißt das jetzt?)

Jetzt komme ich zu Ihnen, Herr Minister. Ganz ehrlich: Warum sind Sie eigentlich Bildungsminister? Warum? – Drei Gründe fallen mir ein: Sie sind ÖVPler, Sie sind Steirer, und ich glaube, die Rolle gefällt Ihnen auch sehr gut. – Was aber ist Ihr Antrieb? Was ist Ihre Vision? Was wollen Sie hinterlassen? Was ist Ihr Anspruch? Haben Sie eigentlich irgendeinen Gestaltungsanspruch, dass Sie sagen: Ich will etwas besser machen!? – Außer durch das Ministerium zu gehen und zu sagen: Es ist so schön hier, ich bin so stolz, dass ich hier bin! (Abg. Salzmann: Das finde ich dreist! Ich finde, dass das dreiste Aussagen sind!) – Das geht doch nicht, das ist zukunftsvergessen. (Beifall bei den NEOS.)

Nehmen Sie sich ein Beispiel an Bildungsstadtrat Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr! (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Salzmann: Euer Heiland! Der Bildungsheiland!) Der zündet ein Feuerwerk an Bildungsinnovation. So viel wie jetzt ist in der Bildung in Wien noch nie weitergegangen – so viel an Innovation! Das würde ich mir auch im Ministerium wünschen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Wöginger: Das ist das Epizentrum der Probleme! – Abg. Salzmann: Das ist euer Bildungsheiland! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist nicht einfach, weil das System reformresistent ist, aber Sie versuchen ja nicht einmal, irgendeinen Schritt in die richtige Richtung zu machen.

Jetzt komme ich zu den Grünen: Ich kann mich noch an die Zeiten erinnern, als hier Bildungspolitiker der Grünen gesessen sind. (Unruhe im Saal.) – Vielleicht regen Sie sich alle wieder ein bisschen ab. (Abg. Wöginger: Ja! So ein Schwach­sinn! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. – Abg. Salzmann: ... Strolz ...!) – Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, als hier im Hohen Haus Bildungspolitiker der Grünen gesessen sind, die in der Bildungspolitik wirklich einen Anspruch hatten. Ich weiß schon, ihr stellt das Klima über alles, aber ihr vergesst auf alle anderen Bereiche. In der Bildungspolitik habt ihr in den Jahren eurer Regierungsbetei­ligung genau gar nichts weitergebracht. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf der Abg. Blimlinger. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ganz konkrete Vorschläge: Kübeln Sie 50 Prozent der Bürokratie, die Sie den Schulen umhängen! 50 Prozent! (Abg. Salzmann: Ich freue mich schon ...!) Lassen Sie sich von den Lehrerinnen und Lehrern sagen, was alles sinnlos ist, und machen Sie diesen mutigen Schritt, wirklich einmal 50 Prozent all dieser bürokra­tischen Auflagen zu kübeln.

Zweiter Vorschlag – im Bereich Autonomie ist etwas weitergegangen, aber es sind sehr zaghafte Schritte –: Vertrauen statt Kontrolle! Geben Sie den Schulen endlich volle Autonomie, damit am Schulstandort eigenständig beschlos­sen oder entschieden werden kann, wie der Unterricht gestaltet werden soll, wie das Budget verwendet wird, welche Lehrerinnen und Lehrer angestellt werden!

Wissen Sie, ich glaube, das ist auch ein wesentlicher Teil des Verständnisses, dass man als Lehrerin und Lehrer einen guten Job machen kann, wenn man weiß, man ist wirksam und hat nicht Tausend Erlässe, Vorgaben, Verordnungen und so ein enges Konzept. In Finnland und Estland können die Lehrer sehr viel selber entscheiden, weil man dort auch sagt: Ihr seid die Besten in dem Job und wir vertrauen euch! – Vertrauen statt Kontrolle: ein ganz, ganz wesentlicher Zugang. (Beifall bei den NEOS.)

Dann natürlich die Unterstützung mit administrativem Personal: In keinem anderen Unternehmen würde man hergehen und sagen, die ganze Administra­tion bis hin zur IT lassen wir die Lehrerinnen und Lehrer, die Fachkräfte machen. Wir brauchen natürlich überall ein administratives und mittleres Management, und da ist gerade auch Christoph Wiederkehr mit in Verhandlungen, damit er da weitere Schritte machen kann, weil das ein wesentlicher Schritt ist, den er in Wien auch setzen will, damit da die Entlastung stattfindet. – Machen Sie das flächendeckend! Schaffen Sie zumindest einen Lehrer oder eine Lehrerin oder am besten eine IT-Fachkraft an jeder Schule, die für alle das entsprechend einrich­ten kann. Es kann nicht sein, dass jeder damit – mit den Themen, die es gibt – völlig alleingelassen wird. (Abg. Salzmann: Den gibt’s doch ...!) – Nein, das gibt es nicht überall. Lesen Sie die Rückmeldungen der Lehrerinnen und Lehrer, die mit bürokratischem Irrsinn und auch mit der IT völlig alleingelassen sind! (Abg. Salzmann: Freilich gibt’s das! Es gibt diese IT...!)

Helfen wir den Lehrerinnen und Lehrern dabei, dass sie auch wirklich ihren Job – zu unterrichten – machen können! Setzen Sie in jede Schule Schulpsycholo­ginnen und -psychologen, setzen Sie Schoolnurses in alle Schulen! Es ist natür­lich eine große Aufgabe, die jetzt sozusagen im Biotop Schule zu bewälti­gen ist. Es ist nicht nur der Unterricht. Es sind sehr viele Gesundheitsthemen, es sind sehr viele Mental-Health-Themen, Themen betreffend psychische Gesundheit. Das wäre eine großartige Unterstützung.

Und natürlich: voller Schub auf Digitalisierung, auf die WLAN-Ausstattung aller Schulen – wie wir das jetzt auch in Wien machen.

Kübeln Sie endlich diese starren Lehrpläne und fokussieren Sie viel stärker auf Kompetenzen, die entwickelt werden müssen, die im 21. Jahrhundert auch angepasst werden müssen! Damit meine ich nicht die Grundrechnungsarten oder Deutsch, sondern ganz generell Kompetenzen wie Empathie, Kreativität, auch Persönlichkeitsentwicklung, aber auch – wir haben es in der Pandemie erlebt – zum Beispiel Gesundheitskompetenzen. Health Literacy oder Financial Literacy: alles Themen, die wesentlich stärker verankert gehören und in einer modernen Schule definitiv Platz haben müssen.

Lassen Sie die Kindergärten nicht im Stich! Ich habe den Eindruck, das ist überhaupt ein Bereich, der Sie nicht interessiert. Ich erinnere mich, beim letzten Budget haben Sie so getan, als wenn das überhaupt nicht Ihr Thema wäre. Bildung beginnt schon im Kindergarten, und da muss endlich das Bekenntnis da sein, dass er ein Teil des Bildungssystems ist und wir einen flächendeckenden ganztägigen, hoch qualitativen Kindergarten in ganz Österreich haben müssen, der selbstverständlich nicht um 12 Uhr zusperrt, damit die Frau keine Wahlfreiheit hat und am Nachmittag bei den Kindern zu Hause sein muss. (Beifall bei den NEOS.)

Und ja: Sie können entscheiden, wie Sie in die Geschichte eingehen – ich glaube, es ist ziemlich klar, dass Sie nach der nächsten Wahl Geschichte sein werden –, vielleicht schlagen Sie noch einen Pflock ein, indem Sie öffentlich sagen: Na ja, diese Trennung mit zehn Jahren ist wirklich ziemlicher Unfug, das lassen wir jetzt einmal sein! Auch wir als ÖVP lernen einmal dazu und setzen Schritte in die richtige Richtung! Wir bleiben nicht irgendwo in einer nostalgischen Vergangen­heit, die nicht mehr funktioniert! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Vereinfacht gesagt: Tun Sie endlich etwas!, aber vor allem: Schaffen Sie die Büro­kratie ab! Bürokratie runter und Flügel rauf! Und allen, die vorhin für die Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerinnen und Schüler geklatscht haben, möchte ich sagen: Steht auf und tut etwas für das Bildungssystem, denn das ist eine riesengroße Baustelle! Klatschen allein hilft nicht! (Beifall bei den NEOS.)

15.20

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die beiden Minister recht herzlich begrüßen.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Polaschek. – Herr Minister, bei Ihnen steht das Wort.