15.43

Abgeordnete Petra Tanzler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Minister, ich habe Ihnen bei Ihrer Rede vorhin aufmerksam zugehört, Sie haben über Tun und Maßnahmen gesprochen, nur leider sieht man nichts, und vor allem ist das Tempo zu langsam. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Deckenbacher, ich verstehe schon: Sie kommen hier heraus und wollen alles schönreden, aber es hilft nichts, denn die Tatsachen schreien einfach wirklich laut.

Ich möchte auch fortsetzen, was ich vorhin begonnen habe: Herr Minister und die Regierungsparteien, sind Sie sich eigentlich dessen bewusst, dass alles, was Sie entscheiden oder auch nicht umsetzen, im Endeffekt auf Kosten der nächsten Generation geht? Kinder haben ein Recht auf Bildung, auf die beste Bildung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Die jetzige Situation ist hausgemacht, sie ist die Folge von keinen oder von falschen Entscheidungen, und die Entscheidungen, die getroffen worden sind, sind allesamt weder sinnvoll noch wirksam.

Das ist aber auch kein Wunder. Ich darf an meine Rede im Herbst 2022 zum Budget für dieses Jahr erinnern: Das Budget 2023 habe ich als Stillstandsbudget bezeichnet, und ab 2024 ist es ein Budget, das weit unter der Inflation ist. Es ist kein Fortschritt möglich, das sieht man jetzt. Das haben Sie damals bestritten, aber jetzt haben wir diesen Zustand. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte noch einmal die GÖD-Resolution zitieren, in der steht: Es gibt eine „Flut an praxisuntauglichen Reformen und nicht evaluierten pädagogischen Innovationen“. – Damit sind wahrscheinlich die Deutschförderklassen, die Mika-D-Tests, die Sommerschule und so weiter gemeint.

Ich kann nur immer wiederholen, was ich seit Jahren und vermutlich in jeder Rede angeführt habe: Wir brauchen Ziele und wir brauchen Lösungen – mittel­fristige, kurzfristige, langfristige. Die kurzfristigen wären, dass Sie sofort eine echte Entlastung des Personals veranlassen, dass es sich wieder um den eigentlichen Bildungsauftrag kümmern kann, dass die Deutschförderklassen auf eine gute und sinnvolle Deutschförderung umgestellt werden, dass die Sommerschulen ausgebaut werden, um auch sinnvolle Angebote zum Beispiel für die Vorbereitung auf Nachprüfungen anzubieten, und dass es Gratis­nachhilfe für das ganze Jahr gibt. – Das wären jetzt kurzfristige Maßnahmen. (Zwischenruf des Abg. Lopatka.)

Mittel- und langfristig brauchen wir aber – und da brauchen wir nicht herumzu­reden – ganztägige, verschränkte, inklusive Schulen, die den Bildungsauftrag wirklich erfüllen können. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Künsberg Sarre und Meinl-Reisinger.)

Wenn man sich die nordischen Länder – wir haben das heute schon mehrfach gehört – oder auch rot geführte Bundesländer in Österreich ansieht – so weit brauchen wir gar nicht zu schauen –, dann sehen wir, dass diese im Ranking ganz weit voran liegen – beim Ausbau und auch beim Schulbesuch: wie viele Kinder dort diese Schulen besuchen. Ganz weit voran liegt Wien, dann kommt das Burgenland, dann Kärnten, und alle ÖVP-geführten Bundesländer sind weit abgeschlagen dahinter. Sie haben in Ihrem Bereich noch viel zu tun, um das einmal anzuheben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ganztagsschulen bürgen für Erfolg ohne Spaltung der Gesellschaft, jedes Kind bekommt dort, was es braucht, egal woher es kommt und welche Muttersprache es spricht. Ein flächendeckender Ausbau wäre einmal ein echter Erfolg für unser Land – inklusive des AK-Chancen-Index, mit dem viele Probleme auf einen Schlag gelöst wären.

Herr Minister, es braucht dafür Geld, und ich hoffe, dass Sie sich im Herbst beim nächsten Budget, das jetzt kommt, dafür einsetzen werden, dass endlich etwas in diese Richtung weitergeht, denn die Kinder und Jugendlichen haben sich das wirklich verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen Bildungseinrichtungen, in die Kinder ohne Schultasche hineingehen und aus denen sie ohne Hausübung und Nachhilfe wieder herauskommen, aber dazu braucht es halt auch eine Veränderung des Systems und vor allem Investitionen in die richtigen Maßnahmen.

Ich schäme mich eigentlich dafür, wie mit dem System umgegangen wird, wie mit den Pädagoginnen und Pädagogen und vor allem mit den Kindern und Jugendlichen umgegangen wird. Seit 2018 bewegen wir uns steil nach unten. Österreich hat sich ein modernes Bildungssystem verdient. Das hätten wir aber bereits – es wurde heute angesprochen, dass alle Minister vor Ihnen schlechte Entscheidungen getroffen haben, ich darf aber bitte daran erinnern, denn ich habe mich auch erkundigt, woran das lag –: Wenn die ÖVP vor zehn Jahren den Reformplänen zugestimmt hätte, dann hätten wir diese verschränkten Ganz­tagsschulen bereits, dann müssten wir jetzt nicht darüber reden, Frau Kollegin! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Salzmann: Wir wollen sie ja nicht! Wir wollen ja Wahlfreiheit! – Abg. Wöginger: Wir wollen sie aber nicht! – Abg. Salzmann: Wir wollen Wahlfreiheit und keine Zwangsschule!)

Wenn die Leute außerhalb dieses Hauses wüssten, wie unwichtig Ihnen Bildung ist, würden sie Sie nicht mehr wählen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Die wollen wir nicht! – Abg. Salzmann: Wir stellen es den Eltern frei – das ist es! – Abg. Wöginger: Verschränkter Unterricht! Zwangsunterricht! Kommunis­mus! – Abg. Salzmann: Unsere Eltern wissen schon selbst, was sie wollen!)

Der Dringliche Antrag der NEOS ist wichtig und richtig, und auch wir sind der Meinung, dass die Schulen mehr Autonomie brauchen. Es muss jedoch unbe­dingt sichergestellt werden, dass sie in der Verwaltung und in der Adminis­tration entlastet werden, und ich sehe die Gefahr, dass mit der Abschaffung der Bildungsdirektionen noch mehr Verwaltung auf die Schulen übertragen wird. (Abg. Wöginger: Kinder bis um vier einsperren, das ist euer Zugang! Ein Wahnsinn! Die gehen bei uns auf den Sportplatz, und nicht eingesperrt lassen! – Abg. Holzleitner: Das ist doch nicht Einsperren! Die tägliche Turnstunde würde niemanden einsperren! – Abg. Meinl-Reisinger: Also Maria-Theresia war eine Kom­mu­nistin, oder wie? – Abg. Wöginger: Nein, war sie nicht! Aber die hat auch Kinder nicht eingesperrt!) Da brauchen wir noch mehr Besprechungen und mehr Informationen. Diesem Antrag werden wir jetzt nicht zustimmen, denn die Bildungsdirektionen werden wir im Moment noch brauchen. (Beifall bei Abgeord­neten der SPÖ. – Abg. Krainer: Bitte die Zwischenrufe vom Kollegen Wöginger mitschreiben!)

Wir wollen Lehrer, die wieder mehr Zeit für die Schülerinnen und Schüler haben, wir wollen Schulleiter, die wieder Zeit für pädagogische Konzepte haben – das, wofür sie eigentlich ausgebildet wurden und was ihre Aufgaben sind (Abg. Wöginger: Kommunismus ist das! Purer Kommunismus!) –, eine Schule, die Freude am Lernen vermittelt und die die Kinder gerne besuchen, denn Freude wirkt sich positiv auf den Lerneffekt aus – das sollten Sie vielleicht auch wissen.

Zum Schluss meiner heutigen Rede zum Bildungsbereich: Ich wünsche allen Kindergartenkindern, allen Schülerinnen und Schülern, allen Studierenden, Pädagoginnen und Pädagogen und natürlich auch Leiterinnen und Leitern erholsame Ferientage. Ich bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen in allen Bereichen für ihren Einsatz unter wirklich schwierigen Bedingungen, meist über das geforderte Maß hinaus – sonst wäre dieses System schon gekippt, Herr Minister. Allein ihnen ist zu verdanken, dass es funktioniert. Ich werde mich weiterhin bemühen und dafür einsetzen, dass sich da etwas bewegt und das verbessert wird. – Danke. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lopatka: Mein Gott! – Abg. Meinl-Reisinger: Sie hat überhaupt nichts zur Schulautonomie gesagt! ... SPÖ ...!)

15.49

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brückl. – Bitte.