19.57

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Innenminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute schaffen wir etwas Neues, nämlich eine zentrale Stelle, die Vorwürfe von Misshandlung durch die Polizei in ganz Österreich entgegennimmt, untersucht und aufklärt, und zwar rasch, wirksam und unabhängig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Rasch – weil sie polizeiliche Ermittlungsbefugnisse haben, Beweise sichern können, Gegenstände beschlagnahmen können, Fingerabdrücke und andere Spuren sichern können, das ganze Programm; und das unterscheidet sie, Kollegin Schatz, von einer Schlichtungsstelle. Das ist nicht nur völkerrechtlich geboten, sondern auch gut für jene Beamte, die zu Unrecht in Verdacht geraten sind, dass sie jemanden misshandelt hätten, weil rasche Ermittlungen sie rasch entlasten.

Wirksam – weil in dieser Stelle ausgebildete Polizist:innen arbeiten werden, die das alles können, und zwar gemeinsam mit Angehörigen anderer Berufe aus Bereichen wie Sozialarbeit, Medizin oder Psychologie. Diese Multiprofessio­na­lität in einer Ermittlungsstelle ist tatsächlich ein Stück Kulturwandel. Sie soll und wird dazu beitragen, dass wir ein möglichst vollständiges Bild aus möglichst vielen verschiedenen Blickwinkeln erhalten.

Unabhängig – das haben einige in den letzten Wochen lautstark angezweifelt, weil diese Stelle ja im Innenministerium angesiedelt wäre. Sie unterliegen dabei aber einem Missverständnis. Das Innenministerium hat ein großes Dach für sehr viele verschiedene Behörden und Einrichtungen; eine davon ist die Polizei. Wichtig für die Unabhängigkeit dieser Stelle ist nicht ihre Adresse, son­dern die strikte Trennung von dieser Polizei, und die haben wir hergestellt und diese Unabhängigkeit mit zahlreichen weiteren Feuermauern abge­sichert.

Weiters sind vorgesehen: eine langfristig bestellte Leitung, Budgetsicherheit, Personalhoheit, fixe Arbeitsplätze für die Mitarbeiter:innen, die nicht gegen ihren Willen dorthin oder von dort wegversetzt werden können, und jede Weisung an diese Stelle müsste schriftlich ergehen und sofort dem Beirat dieser Stelle bekannt gegeben werden.

Unter diesen Umständen kann da nichts hineininterveniert, kein Verfahren beeinflusst oder gar „daschlogn“ werden. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Stelle passt schon dorthin, wo sie jetzt angesiedelt wird, nämlich im Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, weil es aber so viel Sorge um ihre Unabhängigkeit gegeben hat, haben wir diese nach der Begutachtung noch weiter gestärkt, indem wir den Beirat für diese Stelle jetzt zu 100 Prozent zivilgesellschaftlich beschicken – ohne ein einziges Mitglied aus einem Ministerium, gar aus dem Innenministerium.

Dieser Beirat wird nicht nur darauf schauen, dass in dieser Stelle ordentlich gearbeitet wird, über ihn können – wenn gewünscht sogar anonym – auch Beschwerden und Hinweise auf mögliche Misshandlungen eingebracht werden. Niemand muss mehr zur Polizei, um sich über einen Polizeiübergriff zu beschweren. (Beifall bei den Grünen.)

Für wen machen wir das alles? – Nicht nur für die Opfer von überschießender Polizeigewalt, obwohl das allein Grund genug wäre – ich weiß, wie trauma­tisierend dies sein kann, ich habe einige Opfer von solchen Übergriffen vertreten –; nein, wir machen das auch für die vielen, vielen Polizeibeamtinnen und -beamten, die jeden Tag ihre Uniform anziehen, ihren Dienst tun und dabei alle Regeln beachten, die Gewalt nur dort und nur so lange einsetzen, wie es unbedingt notwendig ist, und die das können, weil sie Profis sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese vielen Polizist:innen schaffen damit das, was für unsere Polizei am wich­tigsten ist, wichtiger als jede Budgetsteigerung und jede zusätzliche Ausrüstung, nämlich Vertrauen – Vertrauen in die Polizei und den Staat, für den sie steht –; und dafür gebührt ihnen unser aller Respekt.

Diese Polizeibeamt:innen sind stinksauer über jeden einzelnen ihrer Kollegen, der sich nicht im Griff hat oder sich ganz bewusst über die Grundregeln des Polizeiberufs hinwegsetzt und hinhaut, hindrischt, Menschen erniedrigt und damit dieses mühsam aufgebaute Vertrauen mit einem Schlag zerstört. Ich weiß das aus vielen Gesprächen, die ich in den letzten dreieinhalb Jahren mit vielen engagierten Polizistinnen und Polizisten in ganz Österreich geführt habe, und ich weiß, dass diese sich selbst diese Stelle dringend gewünscht haben, damit das Vertrauen in ihre Arbeit gestärkt wird. Auch für sie machen wir das! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich danke allen, die das mit bewerkstelligt haben: den Expertinnen und Experten und den NGOs für die jahrelange Begleitung, Beratung und auch für ihre solidarische Kritik, meinen Gegenübern im Innenministerium und in der ÖVP für manchmal zähe, aber immer faire Verhandlungen, vor allem aber den Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern des Grünen Klubs, die über Jahre an der Realisie­rung dieser Stelle gearbeitet haben. Ohne euch, ohne eure Fachkunde, ohne eure Ausdauer gäbe es diese Stelle nicht. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.03

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Dr.in Stephanie Krisper. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.