20.03

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Anfangs möchte ich schon den Kollegen der FPÖ, der hier von einer Denunzierungsstelle gesprochen hat, die heute anscheinend eingerichtet werden soll, daran erinnern, dass sein Parteikollege Rosenkranz jetzt in seiner neuen Rolle als Volksanwalt sich sehr wohl auch für die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle ausgesprochen hat.

Wenn Sie zugehört haben, Herr Kollege Herbert, dann wissen Sie, dass alle anderen Parteien, die hier bis jetzt zu Wort kamen – und wir werden das jetzt auch noch einmal betonen –, ausgesprochen haben, dass wir der Tatsache gewahr sind, dass die Polizei eine oft sehr schwere Arbeit verrichtet, wir ihr  dafür sehr dankbar sind und es nur um wenige Ausnahmefälle geht, in denen es wichtig ist, dass unabhängig und effizient ermittelt wird, in denen es Klarheit für die Betroffenen geben muss, aber auch, wie Kollege Bürstmayr schon ausgeführt hat, für die redlichen Kolleginnen und Kollegen; denn das Vertrauen der Bevölkerung in deren Arbeit, in deren korrekte Arbeit, wird dadurch verbessert, dass man den wenigen Fällen von Misshandlungen, von Polizeigewalt nachgeht und es dort Konsequenzen gibt.

Demnach unterstützen wir aus Prinzip sehr wohl solch eine Beschwerdestelle. Kollege Bürstmayr und ich haben in früheren Professionen ja jahrelang daran gearbeitet, dass es zu dieser kommt. Wir sehen positiv, dass sich im Gegensatz zum türkis-blauen Regierungsprogramm im türkis-grünen, auch sicher dank dir, Kollege Bürstmayr, die Intention wiederfindet, eine konsequente und unab­hängige Ermittlung bei Misshandlungsvorwürfen einzurichten.

Da bin ich aber auch schon beim Problem, denn es ist leider das passiert, was manchmal passiert, wenn Grüne und ÖVP verhandeln: Am Weg geht ein ganz wichtiger Baustein einer Reform verloren, man kann es der ÖVP nicht abringen, diese Korrektur vorzunehmen, die es bräuchte, und interpretiert sich die Welt dann selber ein wenig optimistisch schön.

Da bin ich beim Punkt Unabhängigkeit. Die wird es im Innenministerium für diese Stelle nicht geben. Es wäre anders gegangen und es hätte anders gehen müssen.

Warum wäre es anders gegangen? – Wir hätten sehr wohl eine Zweidrittelmehr­heit für eine Änderung in der Verfassung zusammenbekommen, um das woanders anzusiedeln. Dass man da mit der SPÖ nicht ins Gespräch gegangen ist, ist bedauerlich, denn die Türen standen, wie ich wahrnehme, doch dafür offen.

Und warum hätte es anders sein müssen? – In einer idealen Welt könnte man solch eine Stelle vielleicht in einem Innenministerium ansiedeln, aber nicht in Österreich im Jahr 2023, in einem Land, in dem die ÖVP seit über zehn Jahren die Hand auf dem Innenministerium hat. Wir wissen, was das zur Folge hatte, nämlich systematische Postenkorruption.

Relevant ist ja: Wer arbeitet dann in dieser Stelle? Jetzt denkt man sich vielleicht, na ja, super, die wird im Bundesamt für Korruptionsprävention und Korrup­tions­bekämpfung angesiedelt, im BAK – klingt super! Leider wissen wir aber absur­derweise aus dem U-Ausschuss, aus Chats et cetera, aus Anfragebeantwor­tungen, dass gerade dort Postenkorruption weiterhin virulent ist, bis rauf zum Leiter, der davor von Innenminister Nehammer interimistisch hingesetzt wurde, ohne Ausschreibung – das kann er entscheiden –, und sich dann durch die interimis­tische Besetzung zum Bestqualifizierten für die permanente Leitung gemacht hat; und die hat er jetzt inne.

Wir haben – nur beispielhaft eine Aussage aus dem U-Ausschuss – eine frühere Mitarbeiterin gehört, die gesagt hat: „Natürlich – so wie die anderen Beset­zun­gen im BMI – sind auch im BAK die Führungskräfte großteils mit ÖVP-Personen besetzt worden.“ Beim Leiter K., „der auch im Kabinett war, ist das ohnedies [...] bekannt“. Es wird gefragt, ob die Auskunftsperson Wahrnehmungen habe, „dass bei dieser [...] Postenbesetzung die Parteifarbe eine Rolle gespielt hat, dass auch Herr“ K. „bei dieser Beeinflussung involviert war?“ Antwort: „Ja, das habe ich.“

Wir wissen, es werden Menschen vor Bewerbungen demotiviert, es werden andere aufgefordert, sich zu bewerben, manche bekommen eine Ausbildung, die sie dann die Karriereleiter hochklettern lässt, andere nicht. Da ist systemische Postenkorruption möglich, und es hat sich seit den Strasser-Mails, seit den Kloibmüller-Chats nichts geändert, auch weil die Reformen gegen derartige Postenkorruption ausgeblieben sind.

Das Problem ist eben jetzt: Es liegt an der ÖVP, ob sie es zulässt, dass in dieser Behörde, im BAK, Leute sitzen dürfen, die das ernst nehmen und die Arbeit dort redlich machen. Da werden wir mit Anfragen dranbleiben und versuchen, das Auswahlverfahren mit Argusaugen zu beobachten. Status quo im Moment ist banges Hoffen und ein Dranbleiben unsererseits, aber heute: keine Zustimmung, weil das keine unabhängige Stelle ist. (Beifall bei den NEOS.)

20.08

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme gelangt nun Herr Bundesminister Mag. Gerhard Karner zu Wort. – Bitte, Herr Bundesminister.