Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Die Erhöhung des Leitzinses durch die EZB hat natürlich weitreichende Auswirkungen auf private Haushalte, zum Beispiel im Bereich der Wohnraumfinanzierung, natürlich auch auf den Bereich der Unternehmensfinanzierung, aber natürlich auch auf den Bundeshaushalt.
Welche konkreten Auswirkungen auf den Bundeshaushalt durch die erhöhten Zinsen sehen Sie derzeit?
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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 291/M, hat folgenden Wortlaut:
„Wie wirken sich die Erhöhungen des Leitzinssatzes durch die Europäische Zentralbank auf den Bundeshaushalt aus?“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ja, das hat natürlich Auswirkungen. Im Vergleich zum Zeitpunkt der Erstellung der damaligen Prognose, Ende September, hat sich die Erwartung hinsichtlich der Leitzinsentwicklung natürlich stark verändert. Im Euroraum hat sie sich um 80 Basispunkte erhöht, das ist schon gewaltig.
Im Vergleich zum aktuellen EZB-Leitzinssatz in der Höhe von 3,5 Prozent bedeutet das, dass der Markt derzeit noch mit weiteren Zinsanhebungen von insgesamt circa 40 Basispunkten rechnet. Aus heutiger Sicht rechnet man für 2023 mit einer durchschnittlichen Effektivverzinsung für Schuldenaufnahmen von 3,18 Prozent. Das hat also durchaus große Auswirkungen. Im Ergebnishaushalt – es ist ja auch immer wichtig, das zu berücksichtigen –, in dem Aufwände nach Werteinsatz periodengerecht abgegrenzt werden, ergibt die aktuelle Prognose für 2023 Mehrausgaben in der Höhe von 90 Millionen Euro.
Im Vergleich zum BFG 2023 beziehungsweise im Vergleich zum Erfolg von 2022 – wenn wir den Erfolg des letzten Jahres hernehmen – wäre das ein Anstieg von 1,4 Milliarden Euro aufgrund der Erhöhungen des Leitzinssatzes.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hanger? – Bitte.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Wir haben aufgrund der Pandemie und der wirtschaftlichen Situation ein Jahr einer sehr expansiven Budgetpolitik hinter uns. Sie fordern zu Recht ein, dass es jetzt natürlich notwendig ist, wieder auf einen nachhaltigen Budgetpfad zurückzukehren. Wir haben den Schuldenstand in den letzten Jahren ausgebaut. Meine konkrete Frage ist: Wie sehen Sie die Entwicklung des Schuldenstandes in der Republik Österreich in den nächsten Jahren?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Das hängt natürlich von verschiedenen Faktoren ab, die jetzt auf uns zukommen werden. Der größte Einflussfaktor auf die Finanzschuldenentwicklung ist natürlich die Neuverschuldung. Gerade deswegen ist eine nachhaltige Budgetpolitik, die Sie angesprochen haben, nach den Jahren der Krisenbewältigung so wichtig. Es ist ja kein Selbstzweck, und daher reden wir ja gemeinsam darüber, dass wir wieder zu einer nachhaltigen Budgetpolitik zurückkehren müssen.
Wir sind Gott sei Dank in der Situation, dass es in Österreich rechtzeitig eine Fixierung und auch Ausnützung der günstigen Zinskonditionen der Vorjahre gegeben hat, und das führt derzeit dazu, dass die Zinsbelastung nicht so abrupt ansteigt, wie es aufgrund der aktuellen Marktprognosen und Marktkonditionen erwartet würde.
Die hohe Inflation bringt natürlich auch Zinserhöhungen mit sich, das muss man ehrlicherweise sagen. Auf der anderen Seite führt die Geldentwertung auch zu einer – sozusagen – Reduktion der realen Staatsverschuldung. Das ist im eigentlichen gesamtvolkswirtschaftlichen Sinne zwar nicht gut, aber es ist ein Faktum. Das ist die Entwicklung, die ich momentan sehe.
Wie gesagt gibt es darum immer den Hinweis auf eine nachhaltige Budgetpolitik, nämlich nicht aus Selbstzweck, sondern um das entsprechend in den Griff zu bekommen und um die europäischen Vorgaben – der Schuldenpfad, der dann hoffentlich drinstehen wird, wenn die Fiskalregeldiskussion und die -verhandlungen gegen Ende des Jahres ein Ende finden werden – einhalten zu können.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Da nun alle Anfragen zum Aufruf gelangt sind, darf ich die Fragestunde für beendet erklären.
Ich bedanke mich bei Herrn Bundesminister Brunner herzlich. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)