16.42

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Abgeordnete! Herr Kollege Berlakovich, ich bin bei Ihnen, wenn Sie sagen, es gibt zunehmend eine Fülle an Volksbegehren. Ich bin auch der Meinung, dass das auch eines schön darlegt: Es zeigt das Bedürf­nis in unserer Gesellschaft nach politischer Mitsprache, nach demokrati­scher Mitsprache, und es zeigt auch sehr schön, dass dieses Bedürfnis immer stärker vorhanden ist.

Natürlich kann man darüber diskutieren, ob es in Ordnung ist, dass sich ein Volksbegehren gegen eine Person richtet. Was man aber schon sehr deutlich sieht, ist, dass es in unserer Gesellschaft zunehmend einen politischen Unmut gibt.

Auch wenn wir als Sozialdemokratie die in diesem Volksbegehren vertretene Meinung nicht teilen, so muss ich Ihnen schon sagen, dass wir diese positive Meinung, die Sie in Ihrer Rede über Regierungschef Nehammer vertreten haben, keineswegs so teilen – ganz im Gegenteil. Ich muss Ihnen sagen, ich bin jetzt seit drei Tagen wieder hier im Parlament, und bei einem bestimmten großen Thema ist mir eine gewisse politische Ignoranz sehr stark aufgefallen (Rufe bei der ÖVP: Na!), nämlich beim Thema der Inflation. (Rufe bei der ÖVP: Na geh! – Abg. Steinacker: Da musst du nachlesen die letzten Monate! Da musst du nachlesen!) Wir sitzen seit drei Tagen in diesem Plenum, und ich frage Sie: Welches Gesetz haben wir zu diesem Thema beschlossen? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Herr: Null! Keines! – Ruf bei der ÖVP: ... Excel-Listen!)

Welches Gesetz haben wir zur Eindämmung und zur Bekämpfung der Inflation beschlossen? – Kein einziges Gesetz haben wir diesbezüglich beschlossen! (Abg. Haubner: Ihr eh nicht!) Ja, ich gebe Ihnen recht, wir haben einige Gesetze beschlossen (Abg. Steinacker: Ihr nicht!), Geld zu verteilen, Geldförderungen zu machen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das sind aber Maßnahmen, die die Inflation noch befeuern. (Rufe bei der ÖVP: Welche? Strompreisbremse! Eine Wirtschafts­wissenschaftlerin spricht da! Keine Ahnung! – Abg. Voglauer: EIWOG!)

Ich frage Sie wirklich: Österreich liegt in der Inflation bei 8 Prozent und die Regierung lässt sich feiern – wir liegen nur mehr bei 8 Prozent und nicht mehr bei 10 Prozent! (Abg. Herr: Super!) Dann brauchen Sie bitte nicht so zu tun, als ob das ein reiner Zufall wäre, dass wir so eine hohe Inflation haben.

Ich glaube, dass das die Ursache für den politischen Unmut in diesem Land ist, weil in Wirklichkeit auf die Sorgen und auf die Probleme der Menschen auch nicht Bedacht genommen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Inflation ist politisch hausgemacht. (Ruf bei der ÖVP: Keine Ahnung!) Warum ist sie hausgemacht? – Weil Sie vonseiten der ÖVP nicht bereit sind, in den Markt einzugreifen. Immer, wenn jemand sagt, man muss den Markt im Bereich der Energie, im Bereich der Lebensmittel, im Bereich der Mieten regulieren, kommen Sie daher und erklären uns, das hat etwas mit Kommunismus und Marxismus zu tun. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Mir wäre es neu, dass die Schweiz ein kommunistisches Land ist, aber die Schweiz hat die Energiepreise reguliert. (Beifall bei der SPÖ.) Die Schweiz hat die Mietpreiserhöhung mit 40 Prozent des Verbraucherpreisindex gedeckelt und wir nicht.

Ich frage Sie abschließend, weil ich leider zum Schluss kommen muss: Warum haben Sie nicht die Mietpreisbremse beschlossen? Warum sind Sie dagegen? (Abg. Voglauer: Wie ist das denn in Wien?) Ich habe bisher immer nur ein Nein vonseiten der ÖVP gehört (Ruf bei der ÖVP: ... nicht notwendig!), aber ich habe nie gehört, warum Sie dagegen sind. Ich weiß, warum Sie dagegen sind: Weil Sie sich ansonsten hinstellen und der Bevölkerung erklären müssten, dass Sie gegen die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung arbeiten. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das tut weh!)

Sie müssten ihnen erklären, dass Sie gegen die Interessen der Mieter und Miete­rinnen arbeiten, und das ist genau der Grund, weshalb es eine derartige Frustration und Verzweiflung in unserer Bevölkerung gibt: weil die Probleme und Sorgen in Wirklichkeit nicht ernst genommen werden.

Ich möchte abschließend noch eines sagen: Wir von der Sozialdemokratie (Ruf bei der ÖVP: Wer ist das „wir“ bei euch? – Heiterkeit bei der ÖVP) kritisieren die Regierungsarbeit nicht aus einem Selbstzweck heraus, auch wenn Sie das glauben. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Sobotka gibt das Glocken­zeichen.) Wir haben ein bestimmtes Anliegen (Ruf bei der ÖVP: Donaustadt oder Liesing?), und unser Anliegen ist jenes: Wir haben aus der Geschichte gelernt und wissen, dass Armut Demokratie zerfrisst. Wenn Sie in Wirklichkeit nichts tun, um die Sorgen und Probleme der Leute ernst zu nehmen, wenn Sie nicht versuchen, die Inflation zu bekämpfen, dann wird der Rechtspopulismus in unserer Gesellschaft unaufhaltbar sein, und dann tragen Sie die Verantwortung dafür. (Beifall bei der SPÖ.)

16.46

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Voglauer. – Bitte.