12.18

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrte Damen und Herren Besucherinnen und Besucher auf der Galerie und all diejenigen, die uns jetzt von zu Hause aus zuschauen! Nun, wir wurden jetzt alle gemeinsam Zeuge der dunklen und finsteren Welt des Kai Jan Krainer. Das ist eine Möglichkeit, die Wirklichkeit darzustellen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist natürlich auch das Recht der Opposition, das Glas als halb leer zu bezeichnen, aber ich sage Ihnen von der SPÖ etwas: Mit dieser Einstellung lösen Sie keine einzige Krise, mit dieser Einstellung schaffen Sie keine Heraus­forderung und mit dieser Einstellung werden Sie auch nicht die Zukunft dieses Landes gestalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es gab ja für diese Sondersitzung eine Allianz zwischen Sozialdemokratie und FPÖ. Das gibt auch uns als Bundesregierung die Möglichkeit, die Maß­nahmen, die wir im Rahmen des regulären Sitzungsbetriebs des Parlaments umsetzen wollten, jetzt vorzuziehen und gleichzeitig auch die Opposition einzuladen, sich unseren Initiativanträgen anzuschließen, damit jetzt tatsächlich rasch Maßnahmen umgesetzt werden können, die aus unserer Sicht notwendig sind und ergriffen werden müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wie kommt es dazu? – Tatsächlich ist es so, dass gerade im gemeinnützigen Wohnbau – das ist vor allem der Bereich der Genossenschaftswohnungen – eine dramatische Preissteigerung bevorsteht, nämlich in der Höhe von 15 Prozent. (Abg. Kollross: ... seit einem Jahr! Ihr tragt seit einem Jahr dazu bei!) Daher ist es aus unserer Sicht wichtig und notwendig, da einzugreifen und jetzt mit einem Programm gegen die Teuerung, einem sogenannten Antiteuerungsprogramm, weitere Schritte zu setzen, um eben auf der einen Seite inflationsdämpfende Maßnahmen weiter fortzuführen und auf der anderen Seite die Menschen zu entlasten.

Was bedeutet das? – Es wird einen Mietendeckel bis zu 5 Prozent geben, sodass die Menschen im geförderten Wohnbau diese Steigerung um 15 Prozent, durch die sie belastet würden, nicht mittragen müssen.

Darüber hinaus haben wir ja vor allem bei den Energiekonzernen angekündigt und schon umgesetzt, dass wir uns nicht länger papierln lassen und die Nichtweitergabe des Preises an die Kundinnen und Kunden tatsächlich einfor­dern werden. (Abg. Heinisch-Hosek: So redet kein Bundeskanzler! Das ist ja unglaublich! – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Aus diesem Grund haben wir die Übergewinnsteuer der Konzerne erhöht, und wir haben sie noch einmal erhöht, als wir gemerkt haben, dass es noch immer viel zu zäh und viel zu mühsam ist, dass den Kundinnen und Kunden vernünftige Angebote gemacht werden. (Abg. Kollross: Das Einzige, was wir brauchen, ist eine vernünftige Regierung!) Es ist dabei die E-Control jetzt natürlich besonders gefordert, um auf der Seite der Konsumentinnen und Konsumenten für Recht und Ordnung zu sorgen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Ja, es ist tatsächlich bisweilen noch immer ein Skandal, wenn man sich manche Energiekonzerne im Osten ansieht (Abg. Stöger: Was heißt im Osten?), sieht, wie sie beginnen, die Kundinnen und Kunden schlecht zu behandeln, schlechte Angebote zu liefern, und wir einschreiten müssen, um eben Maßnah­men zu setzen, die die Inflation drücken. (Ruf bei der SPÖ: Redet der von Polen? Von Polen?)

Die Energiekosten sind der Haupttreiber der Inflation. (Abg. Erasim: Und die Fehlleistung der Regierung!) Sie kennen die Argumentation aller anderen Bereiche. Sie wissen, dass es schon so weit ist, dass wir hier in eine Phase kommen - - (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen. – Abg. Wöginger – in Richtung Abg. Kucher –: Hast deinen Laden nicht im Griff? – Abg. Leichtfried: Das ist ein echter Blitzgneißer! – Abg. Kucher: Nach zwei Jahren kommt er drauf! – Abg. Matznetter: Die Mikl-Leitner ...! – Abg. Erasim: Der Schmähkanzler präsentiert einen Schmähpreisdeckel! Na super! – Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen. – Abg. Wöginger: Das ist ein Ordnungs­ruf! – Abg. Michael Hammer: Die Letzte aus dem Doskozil-Lager! – Heiterkeit bei der ÖVP.)

Soweit ich das gewohnt bin, gilt im Hohen Haus das freie Rederecht und auch das Ausredenlassen der jeweils Redenden. (Abg. Erasim: Auch der Zwischenruf! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich bin sehr erstaunt, dass die Sozialdemo­kratie in Allianz mit der Freiheitlichen Partei diese Sondersitzung einberufen hat und dann die Argumente derer, die politisch verantwortlich sind – und wir stehen ja Rede und Antwort vor Ihnen –, nicht hören will. Ich nehme das zur Kenntnis, lasse mich aber dennoch nicht davon abbringen, das Folgende auszu­führen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Also: Mietendeckel, Gewinnabschöpfung – jetzt erweitern wir bei den Energie­konzernen, vor allem was Erdöl und Gas betrifft. Auch da gibt es eine deutliche Kostensenkung in der Produktion und auch diese muss stärker an die Kundinnen und Kunden weitergegeben werden.

Dann gibt es einen Bereich, der schon von den Wirtschaftsforscherinnen und Wirtschaftsforschern eingefordert worden ist – wir als Bund haben da bereits die ersten Schritte gesetzt und die Bundesgebühren nicht erhöht –, näm­lich die Einführung des Gebührenstopps, weil auch die Erhöhung der Gebühren im Infla­tionsausmaß tatsächlich ein Problem bei der Bekämpfung der Inflation ist. (Abg. Kollross: Das habt ihr schon am 10. Mai angekündigt!)

Das heißt auf der einen Seite, wir werden weiter dort, wo wir als Bund direkt eingreifen können, das auch tun. Das bedeutet zum Beispiel eine direkte Entlastung gerade für die Pendlerinnen und Pendler, für die, die auf das Auto oder auf die ÖBB angewiesen sind. Wir werden sowohl für das Klima­ticket als auch für die Mautvignette den Preis für das nächste Jahr nicht erhö­hen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Erasim: Muss man sich dafür dann ein Tattoo stechen lassen?)

Bei der Gebührensenkung, dem Gebührenstopp spielen natürlich auch die Gemeinden eine große Rolle. Wenn man gerade da eine Maßnahme setzen will, die Wirkung zeigt, muss man gleichzeitig auch den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern signalisieren, dass gerade so sensible Bereiche wie Wasser, Kanal, die wesentliche Infrastruktur weiter erhalten bleiben muss, ohne dass die Gebührenerhöhung automatisch an die Gemeindebürgerinnen und Gemein­debürger weitergegeben wird. (Abg. Stöger: Wie geht das? Wer zahlt die Energie­kosten und das Wasser?)

Wie wird das möglich gemacht? – Wir werden dazu den Gemeinden 150 Millio­nen Euro zur Verfügung stellen – das wird über die Länder abgewickelt –, dass sozusagen die Gebühren nicht erhöht werden, aber dass die Abdeckung der Mehrkosten, die gerade im Betrieb von Kanal und Wasser anfallen, auch tatsächlich sichergestellt ist. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Gerade in der Diskussion der letzten Monate über das Thema Inflation und deren Auswirkungen gab es sehr oft auch die Beispielnennung anderer Länder. Die Freiheitliche Partei zum Beispiel schätzt aus vielerlei Gründen unseren Nachbarstaat Ungarn sehr, und die Sozialdemokratie und andere loben Spanien sehr. (Abg. Michael Hammer: Kuba!)

Vielleicht noch ein Hinweis an Kai Jan Krainer, der gerade sehr klar bedauert hat, dass die Meritorder nicht aufgelöst worden ist: Ja, da haben Sie recht. Das hat die österreichische Bundesregierung auch gefordert. Aber wissen Sie, wer es auf europäischer Ebene verhindert hat? – Ihr sozialdemokra­tischer Bundeskanzler in der Bundesrepublik Deutschland, der sich klar dafür ausgesprochen hat, es nicht zu tun, und damit war der Beschluss innerhalb der EU nicht möglich. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Vielleicht hilft Ihre heutige Rede, in der Sozialistischen Internationalen, sofern es diese noch gibt, tatsäch­lich ein Umdenken zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Bleiben wir aber bei den Länderbeispielen, bei Ungarn, das oft zitiert wird, weil Ungarn sehr massiv in die Märkte eingegriffen hat: Ungarn hat sehr viele Deckel eingeführt, was zum Beispiel bei der Spritpreisdeckelung dazu geführt hat, dass es einen Spritmangel gegeben hat. Es gibt mittlerweile eine Rekordinflation in Ungarn, die 25 Prozent beträgt, und es gab zum Beispiel auch eine Mangelversorgung in den Lebensmittelmärkten. Das – ich weiß, Herr Kickl, Sie brüsten sich ja jetzt mit der neuen Freundschaft zu Viktor Orbán – ist nicht der Weg und das ist vor allem auch nicht das Land, in dem ich leben möchte, wenn es um diesen Bereich geht. (Abg. Kickl: Da sollten Sie vielleicht einmal mit Herrn Kurz reden! – Abg. Meinl-Reisinger: Ein Flirtwettbewerb! – Abg. Kickl: Besprechen Sie das mit Herrn Kurz!)

Wenn ich daran denke, dass wir dann noch dazu die Herausforderung hatten, dass 700 Schlepper von Viktor Orbáns Innenminister freigelassen worden sind, muss ich mir tatsächlich Sorgen machen, in welcher ideologischen Orientie­rung sich die Freiheitlichen da befinden.

Gut, das war jetzt Ungarn, kommen wir zu Spanien: Spanien hat tatsächlich eine ganz niedrige Inflation. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Spanien hat auch tatsächlich die Energiepreise aufgrund der Situation auf der iberischen Halbinsel anders lösen können.

Keiner von Ihnen, der hier sitzt, würde aber gerne politische Verantwortung – übrigens gerade bei einem sozialdemokratischen Premierminister – für die Zustände in Spanien tragen: Rekordarbeitslosigkeit von über 30 Prozent bei Jugendlichen, Rekordarbeitslosigkeit bei Erwachsenen und seit letztem Jahr eine dramatisch schwindende Kaufkraft der Haushalte, letztes Jahr lag sie bei 6 Prozent und in diesem Jahr noch drückend. Kein Mensch von uns will und wollte politisch – ich glaube, auch Sie als Sozialdemokraten oder Frei­heitliche nicht –, dass diese Lebensumstände für die Österreicherinnen und Österreicher Wirklichkeit werden. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Matznetter: Wir reden hier über Inflationsbekämpfung!)

Ja, reden wir über Inflationsbekämpfung – das ist ein Einwurf des Abgeordneten Matznetter von der SPÖ –: Die Inflation war zu Jahresbeginn, im Jänner, bei 11 Prozent und liegt jetzt bei 7 Prozent. Das ist ein Minus von 4 Prozent. Sie ist noch immer hoch, aber es ist ein Minus von 4 Prozent. (Abg. Kickl: Aber bei uns ist alles super!)

Ja, der August bleibt weiter angespannt. Wissen Sie, warum? – Weil wir eine paradoxe Situation haben: Wir haben im Tourismus ein herausragendes Jahr erlebt. Wir haben eine sensationelle Auslastung nach den Krisenjahren, und in unserem Warenkorb haben Dienstleistung und Tourismus eine besondere Rolle. Das heißt, während wir uns auf der einen Seite freuen, dass die Wertschöp­fung in Österreich weiter stattfinden kann, der Tourismus wieder boomt und damit ein wichtiger Teil des BIP tatsächlich wieder lebt, sind wir damit konfron­tiert, dass gerade im August noch ein Ausschlag nach oben möglich ist, weil der Warenkorb in Österreich anders ausschaut. Die gute Nachricht ist: In den Monaten September, Oktober, November, Dezember wird nach Prognosen der Wirtschaftsforscher die Inflation weiter sinken und diesen Weg werden wir auch weiter konstruktiv begleiten. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Hafenecker: Macht einmal eine Umfrage dazu!)

Aber vielleicht, Herr Abgeordneter Krainer, kann ich ein wenig Licht in Ihre düstere Welt der Darstellung der Situation Österreichs bringen. Zum einen waren 2022 in Österreich nach EU-Berechnungen um 120 000 Menschen weniger von Armut betroffen als 2017. (Abg. Heinisch-Hosek: Das stimmt überhaupt nicht!) Bekanntlich war 2017 noch ein Jahr unter der Regentschaft eines sozialdemokratischen Kanzlers. Und ja, auch im Bereich der Arbeits­losigkeit können wir den Vergleich mit anderen Ländern suchen.

Sie haben ja auch das Thema Wirtschaft und Wirtschaftsstandort in Ihrer Rede kurz angesprochen (Abg. Erasim: Wer war denn damals Finanzminister?!): Es ist festzuhalten, dass wir in Österreich die niedrigste Arbeitslosigkeit seit zehn Jahren haben.

Unser derzeitiges Problem ist, dass wir zu wenige Arbeitskräfte in unserem Land haben. Wir müssen mehr aufpassen, dass wir nicht aufgrund von Mangel an Arbeitskräften das Wirtschaftswachstum dämpfen, als dass unsere Wirtschaft an sich selbst durch tüchtige Unternehmerinnen und Unternehmer und fleißige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gefährdet wäre. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie haben mit einem völlig recht, das ist der Opposition klar, und das wissen auch wir: Die Inflation und die Teuerung belasten die Menschen natürlich jeden Tag. Jeden Tag werden die höheren Preise festgestellt. Jeden Tag sieht man an der Zapfsäule, im Lebensmittelhandel, auch im Mieten- und Wohnbe­reich, wo auch immer, dass die Preise viel zu hoch sind. Genau deshalb hat die Bundesregierung sich ja für einen anderen Weg als andere Staaten entschieden, nämlich die Kaufkraft zu erhalten und den Menschen mehr Geld zur Verfügung zu stellen.

Sie müssen sich einmal genau hinterfragen, Sie als Opposition machen dieser Bundesregierung nämlich zwei Vorwürfe: Der eine Vorwurf lautet, wir hätten zu viel Geld in die Hand genommen, wir wären zum Teil mit der Gießkanne drübergefahren und würden dadurch die Inflation treiben. Der andere Vorwurf lautet, wir würden zu wenig tun und deswegen hätten die Menschen zu wenig Geld. (Abg. Meinl-Reisinger: Das stimmt ja nicht!) Ich sage Ihnen ganz offen, beide Vorwürfe gehen sich in Wirklichkeit nicht aus. (Abg. Matznetter: Ob der Herr Benko mehr Geld kriegt, wird es nicht ...! – Oh-Rufe bei der ÖVP.) Ich glaube, es wäre gut, Sie entscheiden sich einmal für eine Stoßrichtung. Beides auf einmal kann es so nicht geben. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Stöger: Ihr solltet die Inflation bekämpfen!)

Das Thema war: Wie können wir den Menschen tatsächlich helfen? Wir haben in den letzten Monaten und vor allem auch im letzten Jahr von vielen Modellen gehört, viele Vorschläge gehört, die meisten davon waren sehr populistisch. Die einen orientieren sich neu und nehmen marxistische oder kommunistische Anleihen, die anderen posten Videos von Fackelzügen, die etwas die Anmutung von Videos der Identitären haben (Ruf bei der SPÖ: Mit denen koaliert ihr! – Abg. Schroll: Das ist euer Koalitionspartner in Niederösterreich, Herr Kanzler! – Ruf bei der SPÖ: Und in Oberösterreich!), und versuchen, aus dem heraus einen Lösungs­ansatz für die Menschen zu kreieren, die von der Teuerung und Inflation betroffen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren – damit die, die zuhören und diese Sitzung von zu Hause verfolgen, es wissen; die, die hier sitzen, haben es schon gehört –, der Plan der Bundesregierung war und ist es, von 2022 bis 2026 40 Milliarden Euro in die Hand zu nehmen (Abg. Stöger: Die ihr zuerst den Leuten abnehmt!), um gegen die Folgen der Teuerung und gegen die Inflation vorzugehen.

Was alles steckt in diesen 40 Milliarden Euro einer aus Sicht der Opposition angeblich untätigen Bundesregierung? Die Wirklichkeit ist nun einmal eine andere und ich will Ihnen kurz beschreiben, warum ich als Bundeskanzler dieser Republik glaube, dass das Glas halb voll ist, dass wir eine Chance haben, besser durch diese Krise zu kommen, als viele uns das zutrauen. Die Menschen in diesem Land verdienen es sich, dass wir Zutrauen in sie haben, dass wir Zuversicht haben und nicht ständig nur das Schlechte und Dramatische sehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Matznetter: Alkohol und Psychopharmaka!)

40 Milliarden Euro ist eine Summe, die man kaum greifen kann. Dahinter verbergen sich der Antiteuerungsbonus (Abg. Herr: Einmalzahlungen!) und die ökosoziale Steuerreform – zum ersten Mal; trotz Krisenbewältigung, trotz Corona, trotz des Krieges in der Ukraine, trotz der Energiekrise, trotz der Infla­tion. Trotz all dem bauen wir das System neu und gestalten es um: mit der ökosozialen Steuerreform und der Bepreisung von CO2 auf der einen Seite und einem wichtigen Meilenstein, der in diesem Puzzle seit 30 Jahren fehlt, auf der anderen Seite, nämlich der Abschaffung der kalten Progression. Die schleichende Steuererhöhung gibt es nicht mehr, und das heißt für Sie, die Sie uns jetzt zuschauen, dass jede Reform im Steuersystem, gerade aufgrund der ökosozialen Steuerreform, nachhaltig wirkt. Das bedeutet auch, dass Ihnen mehr Geld zum Leben bleibt.

Wir haben über die Sozialpartnerschaft gesprochen: Ja, tatsächlich, Herr Krainer, ich glaube auch, dass die Sozialpartnerschaft das beste Mittel ist, um in einer wirtschaftlich schwierigen Situation zu verhandeln und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Unternehmerinnen und Unternehmer mit ihren Interessen zusammenzuführen. Warum ich das glaube? – Weil das abseits der Polemik, auch hier im Hohen Haus, qualitativ hochwertig und sachlich stattfindet, nämlich durch die Fachgewerkschaften und die jeweiligen Fachgruppen. Die jeweiligen Gewerkschafter wissen sehr genau, wie es jeder Branche geht, wie viel tatsäch­lich möglich ist und was die Branche überfordert – denn auch das ist nicht im Interesse der Sozialpartnerschaft; darauf hat der Finanzminister hingewiesen.

Eines ist wichtig: Es geht nur im Zusammenspiel, es geht nur im Zusammen­wir­ken, denn Arbeitsplätze sind nur so lange da, solange es Unternehmen gibt, und solange es Unternehmen und Arbeitsplätze und Arbeitnehmerinnen und Arbeit­neh­mer gibt, so lange sind wir auch in der Lage, den solidarischen Wohl­fahrtsstaat in Österreich, in diesem unglaublich guten Land, der in den letzten Jahrzehnten aufgebaut worden ist, auch weiterzuentwickeln, zu erhalten. Das geht nur durch Leistung, das geht nur durch Arbeit, und das geht nur, wenn die Wirtschaft auch Möglichkeiten hat, Wertschöpfung zu generieren und etwas zu leisten – für uns, für sich selbst und damit für die Arbeitsplätze und damit wiederum für unser Sozialsystem. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Einige, die oft nicht erwähnt werden, viel zu oft nicht erwähnt werden, und genauso schwer an dieser Krise gerade zu tragen haben, die die Inflation genauso spüren und die immer wieder in Ziehung kommen, wenn es um Produk­tionspreise geht, das sind die Landwirte, die Bäuerinnen und Bauern dieses Landes. (Abg. Kollross: Horcht, jetzt kommt eine Parteitagsrede!) Sie stehen für die Lebensmittelversorgungsicherheit. Spätestens seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine, als plötzlich nicht mehr klar war, ob das ukrainische Korn tatsächlich weiterhin die Welt versorgen kann, war jedem, der in Öster­reich lebt, klar, wie wichtig Lebensmittelversorgungssicherheit ist und wie wichtig es ist, dass es Menschen gibt, die sich diese Arbeit antun, das Land gestalten und gesunde Lebensmittel produzieren. Auch sie werden von uns als Bundesregierung auf diesem Weg begleitet und mit Sicherheit nicht vergessen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, politische Verantwortung zu tragen und nicht nur darüber zu reden heißt, Redliches zu tun, selten bis gar nicht dafür Lorbeeren zu ernten und harte Bretter zu bohren. Das ist das Alltagsleben, der Auftrag dieser Bundesregierung in der Bewerkstelligung der Krisen, wie es sie in der Zweiten Republik, seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges noch nicht gegeben hat. Das ist weder einfach, noch ist es leicht. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Ich weiß, es ist nicht alles perfekt, es passieren Fehler. Meine sehr geehrten Damen und Herren, aber nur dort, wo gearbeitet wird, können überhaupt Fehler passieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kollross: Darum arbeitet ihr nicht!) Die, die nur vom Spielfeldrand hineinrufen, nur die, die vermeintlich alles besser wissen, und die, die in Zeiten der Krise immer die Ängste stärken, sind tatsächlich das große Problem. (Abg. Kollross: Ihr arbeitet nichts und macht trotzdem Fehler! – Ruf bei der SPÖ: Wie geht denn das? – Abg. Steinacker: Wie unqualifiziert ist denn dieser Zwischenruf?!) Sie tragen nichts zur Lösung bei, sie verstärken Ängste, und Ängste sind immer schlecht, denn Ängste stärken immer die radikalen Kräfte – links wie rechts. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Wollen Sie jetzt das demokratische Kräftespiel abschaffen? – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, einmal mehr biete ich als Bundes­kanzler der Opposition an, diese Initiativen zu unterstützen, in Zeiten der Krise nicht das Trennende zu suchen, sondern das Einende, und mit dafür zu sorgen (Abg. Schroll: Hunderte Anträge haben wir eingebracht!), dass wir diese Krisen gemeinsam besser durchschreiten können und stärker aus ihnen herauskommen, als wir hineingegangen sind. (Ruf bei der FPÖ: Packen Sie Ihren Koffer!)

Ein Versprechen kann ich als Bundeskanzler dieser Republik Ihnen geben: Im Gegensatz zu den anderen glaube ich an Ihre Stärke, ich glaube an die Stärken dieses Landes und ich glaube auch, dass wir eine gute und gesicherte Zukunft vor uns haben und dieses Land ständig weiterentwickeln werden. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Matznetter: Aber glauben heißt nix wissen!)

12.36

Präsident Ing. Norbert Hofer: Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung keine Rednerin und kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Zunächst kommt es zu einer tatsächlichen Berichtigung. (Ruf bei der SPÖ: Hat er die Unwahrheit gesagt, der Nehammer?) – Herr Abgeordneter Wurm, Sie haben sich dazu zu Wort gemeldet. Bitte schön.